Mein
liebster Schatz !
25.6.43
Jetzt scheint die Post wieder regelmäßig zu kommen, denn ich erhielt gestern von Dir den Brief vom 15.6., für den ich mich herzlich bedanke. Daß die Kinder diesmal keine Pfingstferien bekommen, fand ich verwunderlich, denn sie haben doch keinen Ausfall an Unterrichtsstunden sein längerer Zeit gehabt. Ich kann mir nicht denken, warum man das wieder für notwendig gehalten hat. Die Kinder hätten doch sicher auch lieber einige Tage ausgespannt. Mein Angebot über die Hergabe meines Badeanzugs und der Badehose bist Du also wieder einer Sorge enthoben, wenn Du für unsere Beiden etwas in nächster Zeit nötig hast. Ich glaube, daß diese Sachen sich ganz gut verwenden lassen. Es ist ja alles gute Wolle, so daß sie schon ihre Freude daran haben können. Wenn Ihr jetzt so reichlich vom Bade Gebrauch macht, dann müßt Ihr ja schon etwas haben. Daß Du für das Bild von Kurt und von mir einen Rahmen besorgen willst, das ist ganz in Ordnung, denn wie ich schon aus Deiner Mitteilung ersehe, liegen diese Dinge bei ihm erst ewig rum und dann werden sie mit der Zeit verkramt. Das sind nun einmal seine Gewohnheiten, die wir nicht mehr herausbringen. Daher ist es zweckmäßig, wenn Du es gleich selbst in die Hände nimmst. Für die Übersendung des Rundbriefes Deines Vaters danke ich Dir . Es ist sehr aufmerksam gewesen, doch wie Du schon aus meinen früheren Briefen gesehen hast, ist er nun doch, zwar verspätet, eingetroffen. Antwort hat er ja inzwischen schon erhalten. Was nun den Besuch anbelangt, so glaube ich schon, daß Du Dir nichts gefallen lassen wirst, vor allem, wenn es Euch persönlich angeht. Du bist ja auch nicht auf den Mund gefallen und weißt Dich Deiner Haut zu wehren. Lieber wäre es mir ja schon in Deinem Interesse, daß es nicht erst nötig wäre. Ich habe ja schon an Siegfried nun auch geant wortet und dabei auch zu diesem Punkt Stellung genommen. Diese Frau versteht es eben besser, sich in dieser Richtung mehr in den Vordergrund zu stellen und weiß aus ihrer Tätigkeit etwas zu machen. Ich selbst lege also großen Wert darauf, daß Du Dich während dieser Tage nicht kaputt machst, denn Du hast Ruhe so notwendig wie nur etwas. Diese Frau geht dann wieder nach hause und hat dann den lieben langen Tag weiter nichts zu sorgen, als für ihren Mann. Du dagegen hast andere und größere Aufgaben und dafür mußt Du Dich schonen. Das halte ich Dir immer wieder vor Augen. Daß Du nun nach meiner Schilderung selbst zu der Überzeugung gekommen bist, daß es nicht notwendig sei, mit mir zu schimpfen, das freut mich sehr. Es wäre wirklich zwecklos, denn unsere Versorgung ist ausreichend und ich kann nicht sagen, daß ich hier Hunger leiden muß. Es ist klar, daß es nicht jeden Tag nur Dinge gibt, die einem schmecken. Ab er bis jetzt war es immer so, daß man es essen konnte und daß man auch satt wurde. Verfressen war ich ja noch nie, so daß ich wirklich keine Schwierigkeiten in dieser Beziehung hatte. Wie ich aber lese, hast Du bald Grund, wegen etwas anderem zu schimpfen. Daß Dir die Päckchenmarken so knapp geworden sind, konnte ich mir nicht denken. Ich habe aber wieder zwei bekommen, die sende ich Dir mit, damit Dein „Groll“ nicht erst zum Ausbruch kommt. Habe ich das nicht fein getroffen? Ja, etwas Glück muß man auch haben. Daß Ihr die Pfingsttage so nett verlebt habt, hat mich sehr gefreut. Auf der Mainau war es sicherlich schön. Gerade um diese Jahreszeit blühen so wunderbar die Rosen. Daß Ihr nach Hagnau gehen solltet, das wollte ich Euch auch schon raten. Aber wie ich sehe, geht es auch ganz ohne meine Vorschläge. Das ist ganz richtig, wenn Ihr Euch nicht durch den Regen habt aufhalten lassen. Daß Ihr unterwegs eingekehrt seid, das hat mich gefreut, und ich glaube auch, daß es den Kindern gefallen hat. _ Es ist ganz in Ordnung, wenn Ihr Euch durch den Besuch des Zirkus wieder einmal eine Abwechslung verschafft habt. Daß Vater sich auch einmal sowas ansieht, das wundert mich, wenn ich seine sonstige Sparsamkeit betrachte. Ich kann zwar annehmen, daß dies in jenem Fall die Firma getragen hat. Ihm schadet es jedenfalls nichts, wenn er sich einmal etwas ansieht. Er kommt ja doch nicht aus dem Bau heraus. An Siegfried habe ich gestern auch geschrieben. Es war langsam an der Zeit. Ich bin es nicht gewohnt, so lange eine Antwort anstehen zu lassen. Die Durchschläge habe ich Dir heute beigelegt. Seinen Brief ebenfalls. Wahr scheinlich wird er schon auf meine Antwort gewartet haben. Ich grüße Dich und die Kinder recht herzlich und bin mit vielen Küssen Dein Ernst.
Mein
liebster Schatz ! 26.6.43
Nun kann ich aber wieder einmal schon zufrieden sein, denn ich erhalte jetzt Deine Briefe schön pünktlich. Die verloren geglaubten Briefe sind auch angekommen. Es sind die Briefe vom 3. und 4.6. und Dein Schreiben vom 16.6. Über alle habe ich mich sehr gefreut und ich danke Dir dafür bestens. Das kann ich mir denken, daß Ihr es gespürt habt und daß Ihr am folgenden Tag müde gewesen seid, als ihr Euren ausgiebigen Spaziergang nach Hagnau beendet hattet. Ihr seid es nicht mehr so gewöhnt. Das macht sich dann gleich bemerkbar. Aber es wird Euch nichts weiter geschadet haben. Ich las das auch aus Deinen Zeilen, daß es Dir wiewohl als auch den Kindern gefal len hat. Ich habe mich ja hier immerhin an längere und anstrengende Spaziergänge gewöhnt, denn die vielen Buckel, die man hier laufen muß, wenn man irgendwo hin geht, das ist nicht so ohne, vor allem jetzt in dieser Jahreszeit und bei dieser Wärme. Aber Bewegung muß man sich machen, sonst wird man ja ganz faul und das ist bestimmt von übel. Wenn man baden geht, dann ist man froh, wenn man den Bunker glücklich wieder erreicht hat, denn es ist doch ein ganz netter Höhenunterschied vom Strand aus bis zu unserer Hütte zu überwinden. Wenn ich mich dann noch so rich tig ausgeschwommen habe, dann kann ich immerhin sagen, ich habe mich bewegt. Wie Du schreibst, ist der Kurtel in Erholungsurlaub. Was macht er denn. Geht es ihm wieder besser, daß er jetzt beim Militär bleibt oder wird er doch entlassen? Paula wird ihn ja genug bedauern, denn das kann sie ja, soweit es sich um ihre eigenen Angelegenheiten handelt. Das sieht unserem Stromer ähnlich. Wenn Du ihm den Auftrag gegeben hättest, er soll Roßbollen sammeln, dann hätte er sich wohl etwas dagegen gewehrt. so aber, wenn er mit dem anderen Jungen geht, dann erbietet er sich von selbst. Dir kann es ja nur recht sein. Wenn Du diese an die Tomaten legst, so ist das dafür nicht von Schade, denn die können nicht genug Stickstoff bekommen. Aber auch zur Verarbeitung des Misthaufens ist es bestimmt nicht schlecht. _ Unsere Helga kann einem schon etwas leid tun. Ich für mein Teil würde ja selbst gern in Urlaub kommen, aber hier muß ich mich nach höheren Gesetzen richten. Ich weiß aber, daß nicht nur Helga auf mich Wert legt, denn Du bist ja auch noch da und es tut mir selbst weh, wenn ich Dir in dieser Hinsicht einen so wenig günstigen Bescheid geben kann. Am liebsten wäre es mir, ich könnte Euch einmal überraschen. Aber dafür sind nach meiner Übersicht gegenwärtig keine Aussichten vorhanden. Es freut mich, wenn ich von Dir immer wieder höre, daß Du Spaß an den gesandten Büchern hast. Daß Dir das Buch „Segelfahrt ins Wunderland“ gefällt, ist ja nur recht. Da fehlen noch einige Bücher von Günther Walschow . Das Buch „Der Flieger von Tsingtau“ und „Silbervogel in den Kordilleren“, das kann man sich später einmal zulegen, wenn man will. Ich habe hier wieder ein nettes Buch, das ich jetzt mit an Dich abschicken werde. Es ist von dem bekannten Weltreisenden Colin Ross. Es ist interessant zu lesen, und ich denke, daß Du auch Gefallen daran finden wirst. Weitere Bücher, die ich mir auch noch ansehen bzw. lesen werde, habe ich auch hier. Das Buch, was ich schon immer einmal haben wollte und das Du auch kennst, denn Du hast mir früher davon erzählt, ist „Der abenteu erliche Simplizissimus“ Ich lese jetzt gerade darin. Ich glaube, daß es auch Dir wieder Freude machen wird. Außerdem habe ich zwei gute Bände von Sven Hedin da. Daraus kannst Du ersehen, daß ich nicht geschlafen habe und versuche, unsere Bücherei zu bereichern. Ich weiß nicht, ob man sich sonst diese Sachen gleich wieder kauft, wenn man daheim ist. Meist scheut man doch die größeren Kosten. Ehe ich aber das Geld sonst unnütz ausgeben, da verwerte ich es lieber so. Daß Dein Vater mir auch noch ver schiedene Bücher sandte, weißt Du ja aus seinen eigenen Schreiben und auch aus meiner Bestätigung. Ich habe hier einen richtigen Bücherstapel liegen. Ich muß jetzt direkt Leseabende einsetzen, damit ich durchkomme. Ohne daß ich sie gelesen habe, will ich sie nicht immer nach hause schicken. Ich kann es ja auch mit der Zeit einrichten, daß ich das eine oder andere Buch lese. Man muß auch einmal was für seinen Geist tun und für das Wissen. Doch jetzt Schluß für heute. Ich will damit nicht sagen, daß ich nun wieder das Maß voll habe, weil der Bogen auch alle ist, aber ich muß ja später auch noch etwas zum Schreiben haben. Bleibt mir recht schön gesund. Grüße und küsse die Kinder herzlich von mir und nimm Du ebensolche Grüße und Küsse entgegen von Deinem Ernst.
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