Mein
liebster Schatz !
2.6.43
Meinen letzten Brief wirst Du wohl erhalten haben, in dem ich Dir über unseren Kummer vorgejammert habe. Wir sind nun am 31.5. dort weggerollt und gestern hier angekommen.
Es war ziemlich Mitternacht, so daß ich am Tage nicht einsatzfähig war. Ich hätte Dir gern gleich geschrieben. Ich hole es also hiermit eiligst nach und bitte Dich um Entschuldigung. Es ging dort ziemlich plötzlich weg. Wie ich Dir schon schilderte, hielt uns das Wetter zurück, und es war jeden Tag sehr bedenklich. Am Samstag bekamen wir dann Befehl, daß wir am Sonntag morgen 5 Uhr nach Charkow rollen und von dort, nachdem verladen, mit der Bahn heimwärts fahren. Sollte sich das Wetter noch wesentlich bessern, dann würden wir wahrscheinlich unterwegs mit unseren Wagen von den Waggons herunter und dann weiterfahren. Erst allgemeines Gemurre. Wir waren aber dann doch froh, daß wir verladen hatten, denn unterwegs fing es dann so stark an zu regnen, daß es ganz aussichtslos gewesen wäre, auf der Landstraße zu fahren.
Diese Fahrt bot ohne weiteres eine Neuigkeit, als wir auf der offenen Güterlore unseren Kraftwagen stehen hatten und wir dann draußen frei promenieren konnten und bei Regen waren wir doch trocken untergebracht. Obwohl wir am Anfang sehr gemurrt hatten, waren wir dann doch froh, daß wir auf diese Weise gereist sind, denn wir wären unweigerlich unterwegs stecken geblieben. Wir haben es also geschafft und befinden uns an unserem Standort. Eine Nacht habe ich mich in unserem Kraftwagen zum Schlafen gelegt. Es war nicht gerade sehr bequem. Hinter dem Steuerrad habe ich mich dann hingelegt, die Füße dann über die Sitze. Ich war froh, daß ich nicht gar zu groß bin, denn sonst hätte ich keinen Platz gehabt. Es ist dies die Art der Kraftfahrer, zu schlafen, darum dachte ich, daß ich das auch einmal probieren muß, denn sonst kennt man sich doch in solchen Dingen nicht aus. Nach Mitternacht ist dann der Zug, der über Poltawa fuhr, weitergerollt und das ging auch ganz gut. Etwas 20 km vor der Stadt fing dann die Bummelei an. Wenn wir so weitergefahren wären, wie am Anfang, wären wir am späten Nachmittag an Ort und Stelle gewesen. Das hat aber nicht geklappt, und wir sind dann in der Nacht gegen 3 Uhr nach hause gekommen.
Ich fand dann einen ziemlichen Stoß Post vor, der sich angesammelt hatte. Nachdem ich mich erst einmal gesetzt und ausgeruht hatte, habe ich mich dann ans Lesen gemacht.
Über alles habe ich mich sehr gefreut. Diese Briefe werde ich nun nach und nach mit der laufend eingehenden Post beantworten. Recht vielen Dank auch für das Päckchen, das auch mit auf dem Tisch lag. Ich habe mich gleich des Inhalts bemächtigt; allerdings habe ich einen Teil noch da, aber ich hatte einen mächtigen Appetit. Das Brötchen hat die richtige Größe und den Schleier werde ich dann wieder benutzen, sobald die Notwendigkeit dafür vorliegt, mit dem Schal werde ich es genau so machen. Ich komme mir aber bald wie ein Offizier vor, die sonst mit Vorliebe weiße Schals tragen. Das macht ja nun nichts weiter, und ich danke Dir nochmals für alles.
Bei dieser Gelegenheit hätte ich noch eine Bitte an Dich. Schicke mir doch bitte eine Badehose bei einer Deiner nächsten Sendungen mit. Aber bitte nicht die graue, denn mit der kann ich nicht richtig schwimmen, die dehnt sich so sehr. Da fällt mir gerade ein,. Wie war das, hatte ich auch schon meinen Badeanzug vermacht. Wenn das noch nicht geschehen sein sollte, dann kannst Du ihn Helga geben, wenn er ihr passt oder wenn er sich nach entsprechender Umarbeitung für sie verwenden lässt. Auch mit der Badehose kannst Du es für Jörg so machen. Ich hatte doch noch Sporthosen oder auch Badehosen für mich bekommen. Das wäre also diese Angelegenheit. Erwähnen möchte ich noch, daß von Siegfried ein sehr ausführlicher Brief vorlag und von Deinem Vater die Karte mit der Geburtsanzeige. Siegfrieds Brief lasse ich Dir zugehen nach dessen Beantwortung.
Er hat sehr nett geschrieben. Ich konnte eine ziemliche Übereinstimmung unserer Ansichten über verschiedne Dinge feststellen. Dies hat mich vor allem an seinem Schreiben gefreut.
Daß mit Erna alles gut gegangen ist, beruhigt mich, denn es besteht doch immer eine gewisse Spannung, solang dies nicht vorbei ist. Es ist wohl ein sehr natürlicher Vorgang, aber immerhin ist es keine Kleinigkeit. Nun hat sie es ja geschafft und ich denke, es werden beide froh darüber sein. Von Deinem Vater erhielt ich außerdem noch ein kleines Schreiben, in dem er mir den Empfang des Bildes von mir bestätigt. Dagegen ist der eine Rundbrief noch nicht bei mir eingetroffen und ich glaube wohl, daß er unterwegs verloren gegangen ist. Man kann sich nun deshalb nicht auch den Kopf wegreißen. Ich werde ihm das dann mitteilen. Ich will diesen Brief gleich für heute abschließen, denn durch die Verlegung hast Du einige Tage keine Post bekommen.
Ich sende ihn gleich mit der Luftpost ab, damit die Lücke nicht allzu groß wird. Nimm viele liebe Grüße und recht herzliche Küsse entgegen und teile dies auch unseren beiden Stromern mit. In Liebe Dein Ernst.
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