Meine
liebe Annie ! auf der Reise, den
14.8.42
Am
Dienstag früh bin ich von meiner Einheit abgerückt, um mich zu meiner neuen
Dienststelle zu begeben. Erst fuhr ich mit dem Kurierzug von Kschen nach Kursk.
Dort bin ich erst in die Stadt, um mich nach Post zu erkundigen. Das
Stadtzentrum ist etwa eine Stunde vom Bahnhof entfernt. Glücklicherweise traf
ich einen Kraftfahrer, der mich gleich mitnahm. Das für mich zuständige Postamt
konnte ich nicht finden. Ich habe dann meinen Marsch zum Bahnhof wieder
angetreten. Mit meinem Gepäck bin ich dann über das ausgedehnte Bahnhofsgelände
gestiegen, um zu versuchen, einen Zug zur Weiterfahrt zu bekommen. Ich traf
dann auch einen Lazarettzug, der mich die ganze Nacht durchgefahren hat. Gegen
Mittag kam ich dann wieder zu einer Umsteigestation. Dort wechselte ich dann
den Zug. Auch hier mußte ich wieder fast eine halbe Stunde bis zum anderen
Bahnhof laufen. Ein Junge kam mit seinem Wagen und hat mir wenigstens mein
Gepäck getragen. Ich hätte wohl jedesmal Kurierzüge benutzen können, aber da
hätte ich das erste Mal eine ganze Nacht auf dem Bahnhof verbringen müssen. Und
das andere Mal auch wieder. Von Mittag an bin ich dann mit einem kleinen
Transportzug weitergefahren und zu meiner nächsten Umsteigestation gekommen.
Die erreichte ich dann abends gegen 7 Uhr. Zum Ziel hatte ich mir genommen
unseren alten Einsatzort Mirgorod. Hier sind noch Kameraden von unserer
Telefonvermittlung. Die wollte ich noch besuchen. Wegen Essen brauchte ich mir
keine Sorge zu machen, denn das würde ich im Soldatenheim bekommen. Ich rief
also von der letzten Umsteigestation aus an, daß ich noch eintreffen würde. Der
vorgesehene Zug fuhr aber nicht ab, und mir war das unangenehm, denn die
Kameraden warteten auf mich. Durch Zufall erfuhr ich dann, daß ein Zug in
wenigen Minuten abfährt. Den habe ich dann auch noch erreicht. Ich kam dann
reichlich spät am Mittwochabend an. Die Kameraden hatten erst an der Bahn noch
nachgefragt, ob ein Zug zu erwarten
sei. Dies wurde verneint, und die Kameraden waren dann überrascht, als
ich doch noch eintraf. Ich habe dann erst noch die Verhältnisse schildern
müssen und fand dann ein einigermaßen gutes Unterkommen. Gestern habe ich mich
von der ersten Fahrt etwas erholt und heute will ich nun weiterfahren an die
schon angegebene Stelle. Wie ich aber
bereits hier erfahren habe, soll sich diese Einheit in Charkow befinden, so daß
dies noch nicht mein Endziel ist. Rein
verpflegungsmäßig könnte ich es hier noch gut aushalten, denn die Schwestern
vom Soldatenheim kenne ich gut und die sorgen wirklich sehr nett. Aber nach
diesen Gesichtspunkten kann man nicht immer gehen. Daß ich hier bei der
Bevölkerung einiges Aufsehen erregt habe, hat mich sehr gewundert, und man muß
staunen, wie bekannt man hier doch schon wieder war. Jeder hat gefragt, warum
ich hier sei und ob ich zu den Kameraden wieder zurückfahre. Andererseits habe
ich hören müssen, daß die neue Kommandantur hier sehr wenig beliebt ist. Sowohl
von den Kameraden wie auch von der Zivilbevölkerung, Man kann daraus wieder
sehen, wie man so und so regieren kann.
Heute Mittag fahre ich weiter und hoffe, morgen bei meiner neuen
Dienststelle zu sein. Es ist ganz
schön, wenn man etwas aussetzt. Auch wenn man einmal wieder baden kann, was ich
gestern hier noch getan habe. Aber zu lange Ruhe ist auch nicht gut. Sobald ich
weiß, was nun los ist, werde ich Dir meine neue Anschrift bekannt geben. Für
heute sende ich Dir und den Kindern recht viele und herzliche Grüße und ebenso
viele Küsse. Dein Ernst.
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