Montag, 14. August 2017

Brief 303 vom 10.8.1942


                                                In Russland, 10.August 1942



Meiner lieben Frau, meiner lieben Annie zum Geburtstage!

Zum dritten Male wird nun innerhalb der Familie der Geburtstagsreigen seit meiner Einberufung zum Militär geschlossen. Wie immer geschieht dies mit der Begehung Deines Geburtstages am 7. Des kommenden Monats. Nie haben wir während dieser ganzen Zeit Gelegenheit gehabt, eines dieser Familienfeste zusammen zu feiern. Ich war ja meist allein oder im Kreise von Kameraden, die doch auch wieder fremde Menschen sind, wenn ich meinen Geburtstag beging. Ihr konntet die anderen Geburtstage doch immer zusammen verleben. Ich hatte zwar wieder den Vorteil, indem ich mir vorstellen konnte, wie ihr ihn daheim begehen würdet, weil ich mir sagen konnte, so und so war es früher. Ihr dagegen wußtet nur aus meinen Schilderungen, wie es bei mir zugegangen ist. So sind die Rollen unterschiedlich verteilt und jeder muß sich in dieser Zeit mit dem bescheiden, was ihm zugewiesen ist. Wenn Du nun diesmal deinen 31. Geburtstag begehst, werde ich im Geiste wieder mitten unter Euch weilen. Meine Glückwünsche kann ich trotz aller geistigen Verbindung nicht persönlich überbringen. Ich werde es darum halten müssen wie immer in der letzten Zeit. Glaube mir, dass ich sie dir wieder in ganz besonderer Herzlichkeit sende in der festen Hoffnung, doch bald wieder einmal persönlich alles nachholen zu können. Bleibe mir gesund in dem Jahr, welches vor dir liegt, damit du all den Anforderungen, die dir in diesen schweren Zeiten wieder bevorstehen werden, wieder nachkommen kannst. Es ist nicht immer leicht gewesen, während der ganze Zeit allem wieder vorzustehen, doch mit glücklicher Hand hast Du deine Sachen verwaltet. Dafür muss ich dir gleichzeitig danken, denn solange ich weiß, dass du deiner Arbeit daheim vorstehst, kann ich in Ruhe meinen Posten hier versehen.
Ich habe keine Geschenke weiter machen können, weil ich in einer solch unwirtlichen Gegend bin, in der auch nichts zu kaufen ist. Darum habe ich es nur so halten können, wie ich es mit den Kindern gemacht habe. Ich hätte vielleicht wieder einen Strauß Dir zuschicken lassen können, aber das werde ich bei anderer Gelegenheit wieder tun. Es ist zwar etwas nüchtern, wenn nur so etwas Geld ankommt, aber ich kann es leider nicht anders einrichten. Nimm darum diesmal bitte mit dem Vorlieb. Zu den Wünschen für die Gesundheit und für die Arbeit möchte ich auch wie du den noch hinzufügen, dass es uns bald vergönnt ist, während weniger Urlaubstage wieder einmal beieinander zu sein.
Bleibe mir also weiterhin gesund und laß dich recht oft und recht fest küssen von Deinem so vielmals an Dich und die Kinder denkenden Ernst.

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