Mein
liebes gutes Mädel !
15.7.42
Gerade
erhielt ich den Brief, den Du zu meinem Geburtstag geschrieben hast. Ich danke
Dir wieder bestens dafür. Wie ich lesen konnte, habt Ihr diesen Tag in
besonders feierlicher Weise verbracht. Wo hast Du denn die Rosen herbekommen.
Waren das welche aus dem Garten? Bei dem Johannisbeerkuchen wäre ich auch mit
dabei gewesen, aber das kann man nur im Geiste miterleben. Es hat mich gefreut,
daß Ihr mich auf so eine schöne Weise geehrt habt. Du hast von mir ja nun auch den Brief erhalten, in dem ich Dir
geschildert habe, wo ich meinen Geburtstag verlebt habe und wie ich ihn dann
feierte. Das war auch nicht schlecht und man freut sich, wenn die Kameraden
sich anständig zeigen. Aber wie ich wieder aus Deinem Brief sehe, daheim ist
doch daheim. Man versucht sich über verschiedenes hinwegzusetzen, doch das geht
vielleicht für einige Stunden, ja vielleicht für einen Tag, aber bald hat es
einen dann wieder gepackt, und die Wirklichkeit zeigt einem dann immer wieder,
daß man sich hier nur vorübergehend aufhält.
Deine verschiedenen kleinen Erlebnisse waren an diesem Tage nicht
schlecht. Du meinst also, weil Du den Teller zerbrochen hast, darum hast Du
Deinen Finderlohn bekommen. Ich glaube aber, daß es Dir trotzdem Spaß gemacht
hat, daß Du das Geld erhalten hast. Wir sind ja nicht mehr so auf den Pfennig
angewiesen. Aber wenn Du den Leuten damit wieder geholfen hast, denn in den
heutigen Tagen ist doch jedes Bekleidungsstück ein Wertobjekt, dann haben die
ebenso eine Freude gehabt, als sie ihre Jacke wiederbekommen haben. Es ist ja
ärgerlich, vor allem deshalb, weil man doch so etwas nicht gleich so ohne
weiteres ersetzen kann. Daß Du mit den Besorgungen jetzt viel Zeit verläufst,
das kann ich mir an Deiner Zusammenstellung der Zeit ausrechnen, die Du mir
mitgeteilt hast. Man merkt eben, daß die Kräfte ganz anders eingesetzt sind wie
in normalen Zeiten. Doch wenn man etwas Abwechslung im Essen haben will, dann
muß man jetzt laufen. Vater käme da mit seiner Zeit nicht zurecht, dann vor
allem, wenn er abends von der Arbeit zurückkommt, ist das meiste doch schon
ausverkauft. Daß er sich dann freut, wenn Du ihm diese Sache mit besorgst, kann
ich mir gut vorstellen, weil ich mir denken kann, wie es mir an seiner Stelle
ginge. Im allgemeinen kannst Du ja nicht klagen über Mangel an Obst. Daß wir
zwar keinen Kirschbaum haben, ist wohl als ein Mangel zu bezeichnen. Aber Du kommst ja jetzt schon kaum mit den
geringen Zuckermengen zurecht bei so viel Anfall von Obst. Wieder hast Du 3
Pfund Johannisbeeren gepflückt. Das ist doch ein schöner Erfolg, und ich denke,
daß Du mit der Pacht /?) herauskommst, denn es kostet doch alles viel Geld, was
man kaufen muß. Ganz abgesehen davon, daß man nicht immer alles bekommt, was
man sich selbst anpflanzen kann. Daß das alles viel Mühe und Arbeit macht, das
weiß ich ja aus eigener Erfahrung. Ich muß Dir deshalb meine Anerkennung
aussprechen, wie Du Dich in alles so gut hineingefunden hast. Daß der
Kartoffelkäfer gerade im Heidelmoos so auftritt, scheint mir verwunderlich.
Wieso muß er jetzt ausgerechnet dort so stark auftreten. Du hast recht, wenn Du
aufpaßt, denn wenn die ganze Mühe dann umsonst gewesen wäre, könnte man sich
schon ärgern. Hoffentlich ist es nicht so schlimm wie es anfänglich
erschien. Das Marmeladekochen macht
schon viel Arbeit, aber man weiß noch nicht, was man im Winter wieder hat, dann
ist man froh um alles, was man zum Ausgleichen verwenden kann. Schade ist nur,
daß man nicht die genügenden Zuckermengen zur Verfügung hat, damit man
möglichst alles aufbewahren könnte. Das Unkraut wächst immer am besten und man
kann noch soviel ausrotten, es hört und hört nicht auf. Daß immer wieder für Bevölkerungsnachwuchs
gesorgt wird, ist ja gut. Wenn man aber dann wieder liest, daß sich auch hier
in erster Linie das Kroppzeug mit so vermehrt, dann könnte man manchmal
Bedenken haben. Daß diese Hausgenossen so fromme Tugenden an den Tag legen,
entspricht ja durchaus ihrer frommen Vernagelung. Es war schon immer gut, wenn
wir etwas Abstand gehalten haben, denn mit diesen Leuten möchte ich nichts
weiter zu tun haben. Das sich der „Schwanenhals“ wieder verheiratet hatte, war
mir nicht bekannt. Nun ist auch er wieder Vater geworden.
Mein lieben Mädel ! 16.7.42
Gestern bin ich nicht dazu gekommen, Dir fertig zu schreiben. Wir sind teilweise im Dienst und teilweise beim Verpacken. Es geht jetzt ziemlich durcheinander. Es gibt doch allerhand Zeug, das geordnet werden muß. Wie wir das alles wegbekommen, ist mir noch ein Rätsel. Es wird aber schließlich gehen. Ich habe wenigstens nicht zu viel persönliche Sachen. Das meiste hatte ich ja schon Dir zugeschickt, als ich von Frankreich zurückkam. Ich bin froh, daß ich nicht zu viel zu verpacken habe, denn es ist doch ziemlich Zeug, was man trotzdem transportieren muß. Unser Vorkommando sollte ja gestern schon wegfahren, doch wegen zu schlechten Wetters, das die Straßen wieder aufgeweicht hatte, so daß ein Fahren unmöglich war, mußte die verschoben werden. Die Staffel mit den Pferden ist aber heute früh abgerückt, und das Vorkommando wird wahrscheinlich morgen abziehen. Wir werden ja am Samstag fahren, wenn das Wetter einigermaßen bleibt. Wir haben heute Abend hier an einer Feier teilzunehmen die uns die Ukraine erstellt. Unser Abteilungschef und mein Kamerad und ich werden als Vertreter der Kommandantur teilnehmen. Wahrscheinlich wird noch ein Essen gegeben, das aber nur in kleinem Kreis gehalten wird, damit nicht der Eindruck großen Feierns und Schlemmens entsteht. Wir wollen nicht, daß dann darüber gesprochen wird, die Deutschen würden mit den Bonzen große Feste feiern. Morgen verabschiedet uns das Soldatenheim. Dort soll es sicher Torte und Kaffee geben. Es ist immer etwas los in den letzten Tagen. Vorgestern Abend haben wir in unser Abteilung unseren Oberrat in einem kleinen Zusammensein verabschiedet. Bei der ganzen Sache ist nur schade, das es mir nicht so ganz richtig zumute ist. Ich habe wieder einmal den Schnupfen und der Magen ist auch nicht ganz in Ordnung. Ich hoffe, daß sich das bald wieder gibt. Für die Fahrt ist das weniger angenehm. Ich hoffe aber, daß sich das bald legt. Gestern Abend bekam ich eine Karte von Siegfried aus Wiesbaden. Er teile mir darin mit, daß er Dir die Verhältnisse zu Deinem Vater erklärt hat. Sonst schreibt er ziemlich inhaltslos. Er rechnet jetzt nun auch damit, daß er demnächst ausgetauscht wird. Ich habe verschiedene kleine Sachen noch fertiggemacht. Ein paar Stumpen und Brisago, die Du meinem Vater mitgeben kannst. Dann och etwas Schokolade und einige Bonbons. Briefe, die ich hier nicht mehr brauchen kann, habe ich auch verpackt und zurückgesandt. Wie das unterwegs mit dem Briefeschreiben klappt, das weiß ich noch nicht. Wenn es irgend geht, schreibe ich weiterhin täglich. Ich will Dich aber darauf vorbereiten, daß es möglich sein könnte, daß wir nicht in der Lage sind, die Post weiter zu befördern. Du brauchst Dir deshalb keine Sorge zu machen, wenn es dann nicht mehr so oft, wie es bisher gegangen ist. Heute sende ich Dir und den Kindern recht viele herzliche Grüße und Küsse und bin in Gedanken immer wieder bei Euch in der Heimat und bei Dir. Dein Ernst.
Mein
liebes Mädel ! 17.7.42
Außer
Zeitungen bekam ich keine Post weiter von Dir. Ich bin zwar nicht in der
richtigen Briefschreibstimmung, denn man sitzt jetzt wieder auf dem Sprung,
denn morgen früh um 6 Uhr geht es hier weg. Ich bin ja noch nicht lange hier,
doch man wundert sich, wie man sich auch hier wieder eingewöhnt hat. Es ist
aber die Spannung vor dem Unbekannten. Man weiß noch nicht, was man
antrifft. Vorerst sind wir etwa 5 - 6
Tage auf Achse, bis wir unser erstes Ziel erreicht haben. Wie lange wir dort
noch warten müssen, stellt sich dann erst wieder an Ort und Stelle heraus. Denn
von hier aus läßt sich das noch nicht überblicken. Heute früh ist das
Vorkommando abgefahren. zur Bei uns ist schon eine große Kolonne. Wir haben allein 4 LKW. Die Gegend
wahrscheinlich zur ? Zone gehören. Am
besten ist es aber wieder, ich halte es mit meiner alten bewährten Parole:
abwarten. Vorhin war ich nochmals baden, das war hier das letzte Mal. Wenn wir
wieder eine passende Gelegenheit haben, das weiß man noch nicht. Das Bad ist
sogar inzwischen von den verschiedenen Wassergewächsen abgefischt worden, so
daß man jetzt etwas mehr von der Badefläche sieht. Das nützt uns aber nicht
mehr viel, denn wir reisen ja doch weg.
Gestern hatten wir, wie ich Dir schon schrieb, Abschiedskonzert bei den
Ukrainern. Anschließend wurde uns zu Ehren ein Abschiedsessen gegeben. Es ist
ja schön. Aber daß man dabei immer so viele Verbindlichkeiten sagen muß, das
hängt mir langsam zum Hals heraus. Die
landesübliche Art des Essens entspricht ja in keiner Weise den Gepflogenheiten,
wie wir sie daheim gewohnt sind, aber schließlich findet man sich damit ab. Es
wurde verhältnismäßig spät, nachdem das Konzert schon bis gegen 10 Uhr gedauert
hat. Die Leute wollten uns gern mit
Alkohol fertig machen, das ihnen zu meiner Befriedigung nicht gelungen ist.
Teilweise hat sich das bei den Gastgebern bemerkbar gemacht. Das Konzert war sehr nett. Ein Chor von
Männern und Frauen. Alle in Nationaltrachten.
Die als erstes ein Hymnus auf den Führer sangen, der sich anhören ließ.
Die Musik entspricht zwar nicht dem Volksempfinden. Die übrigen Gesänge sind
uns wohl fremd, doch teilweise sehr melodisch. An diese Dinge muß man sich erst
gewöhnen. Wann ich jetzt wieder zum
Schreiben komme, weiß ich nicht genau. Ich werde aber so bald als möglich
wieder von mir hören lassen. Darum sende ich Dir für heute besonders herzliche
Grüße und recht viele Küsse. Das gleiche gilt auch für die Kinder. Dein immer
an Dich denkender Ernst.
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