Meine
liebe Frau, mein gutes Mädel !
1.7.42
Zugunsten
des Nachschubs ist unsere Post wieder zurückgehalten worden. Da müssen wir
wieder warten, bis die Strecken frei sind.
An diese Einschränkung gewöhnt man sich genau so, wie an die vielen
anderen Sachen auch. Man wundert sich nicht einmal mehr, sondern man nimmt das
als gegeben hin. Ich hoffe, daß ich
diesen Brief einem Kameraden mitgeben kann. Dann wird er Dich wieder eher
erreichen wie sonst. Doch ich will gleich eine mir wichtig erscheinende Sache
vorweg nehmen. Ich habe gestern mit meinem Chef die ganze Angelegenheit wegen
meines Lehrgangs von letzten Jahr durchgesprochen und auch wegen einer
Beförderung. Nachdem, was ich ihm sagen
konnte, hat er mir geraten, ein Gesuch an die Stadtverwaltung zu richten, das
er gern befürwortend weiterleiten würde. Damit ich aber die Sache richtig
anpacken kann, möchte ich sämtliche Unterlagen, soweit Du dies nicht schon an
mich abgeschickt hast, hier haben. Ob die ganze Sache Erfolg hat, weiß ich noch
nicht, doch wenn man nichts unternimmt, kann man auch nichts erreichen. Schicke
mir darum so bald wie möglich die notwendigen Unterlagen. Ich hatte zwar
ziemlich geschrieben im letzten Jahr, aber es ist doch allerhand Zeit
vergangen, so daß man nicht mehr alles so genau weiß, was man geschrieben
hat. Wenn die Stadt ablehnen sollte,
will mein Chef hier versuchen etwas zu unternehmen. Ich muß eben abwarten, was
sich da erreichen läßt. Ich könnte mich heute noch ärgern, wie man mir im
letzten Jahre die Möglichkeit zur Weiterbildung genommen hat, denn jetzt könnte
ich die zweite Prüfung schon hinter mir haben.
Daß ich den Willen gehabt habe, kann ich ja jederzeit beweisen. Diese Unterlagen schicke mir bitte auch alle
zu. Weiterhin brauche ich noch den Schriftwechsel, den ich mit der
Oberfeldkommandantur hatte wegen der Zusendung meiner Bestellungsurkunde als
Militärverwaltungsbeamter. Ich mußte im letzten Jahr der Oberfeldkommandantur
diese Urkunde zusenden, damit diese mit einem Vermerk versehen wird. Diese
Urkunde habe ich bis heute noch nicht zurückerhalten. Dies will ich einmal
anmahnen. Fraglich ist zwar, ob die sich noch vorfindet. Die Schreiben wegen
meiner letztjährigen Beförderung brauche ich also alle. Aber das wirst Du
selbst herausfinden, da brauche ich Dir keine weitere Anweisungen zu
geben. Heute schicke ich das Geld für
unseren Jungen ab. Was Du damit machen sollst, habe ich Dir ja schon
mitgeteilt. Du brauchst nicht etwa zu
denken, daß ich mir da hier groß etwas abspare, wenn ich das Geld Dir zusende,
denn ich kann es entbehren. Ich hoffe, daß ich ihm damit eine Freude machen
kann. Wenn es Zeit ist, werde ich ihm noch einen Brief zu seinem Geburtstag
schreiben. Mir selbst geht es soweit
gut. Beschwerden habe ich keine. Wenn man ab und zu einmal einen Koller kriegt,
so gehört das mit zu den Lebenserfordernissen, wie man etwa von Zeit zu Zeit
seine Wäsche wechselt oder die Haare schneiden läßt. Mit dem Wäschewechseln muß
man hier etwas vorsichtiger sein, denn mit der zugeteilten Seife muß man
sparsam sein. Man muß, sofern man das Glück hat, Bettzeug zur Verfügung
gestellt zu haben, dieses auch noch von Zeit zu Zeit mit waschen lassen. In
Frankreich hat man sich darum nicht kümmern brauchen. Das Bettzeug wurde alle
10 bis 14 Tage gewechselt, da brauchte man sich nicht darum zu kümmern. Für die Wäsche braucht man auch keine Seife
herzugeben. Die Wäsche legte man in einen besonderen Kasten und von dort wurde sie von Zeit zu Zeit geholt und
kam dann gewaschen wieder zurück. Diese
mir jetzt fast sagenhaft erscheinenden Zustände bestehen hier nicht. Wenn man
etwas haben will, muß man sich um alles selbst kümmern, es geht zwar auch, doch
das andere war entschieden bequemer.
Dich grüße ich herzlich und verbinde damit recht viele Küsse an Dich und
die Kinder Ein Ernst. Sofern Du mir
Papiere mitsenden mußt, die wichtig sind und man Angst haben müßte, daß sie
verloren gehen, kannst Du Dir vielleicht selbst stenografieren und dies
aufheben, bis es wieder an Dich zurückkommt. Das Mitnehmen durch einen Kameraden
hat sich nicht ermöglichen lassen. Ich schicke darum diesen Brief mit der
gewöhnlichen Post wieder weg. Aber deswegen doch nochmals herzliche Grüße und
viele Küsse von mir.
Meine
liebe Annie ! 2.7.42
Post
ist heute wieder eingetroffen. Die Briefe vom 19. und 20.6. und der Luftpostbrief vom 24. Außer diesen
bekam ich noch eine Postkarte von Siegfried aus Berlin und zwei negative
Antwortschreiben in der Ahnensache. Als
mir die am wichtigsten erscheinende Sache will ich erst die Angelegenheit wegen
meines Beförderungsgesuchs herausgreifen. Du warst so lieb und hast die Sachen
gleich mit der Luftpost zugesandt, wahrscheinlich auch in dem Glaube, daß ich
es bald haben wollte. Nun hast Du Dich aber bei der Abschrift des
Anstellungsschreibens vergriffen. Das, was Du mir gesandt hast, ist ja aus dem
Jahre 36 und bezieht sich auf meine früheres Angestelltenverhältnis. Das, was ich benötige, muß sich aber auf das
Beamtenverhältnis beziehen und im letzten Jahr gefertigt. Um dies kurz zu
machen. Ich brauche alle Schreiben aus dem letzten Jahr, die mit meinem Antrag
vom 26.4.41 beginnen, es tut mir leid, daß ich Dir wieder soviel Arbeit machen
muß, aber ich kann mir ja nicht helfen ohne Deine liebe Unterstützung. Ich will
darum zusehen, daß ich das wieder einmal in Ordnung bringen kann. Die Schreiben
wegen des Inspektorlehrgangs brauche ich auch alle dazu, weil ich diese zur
Begründung meines Antrags hinzuziehen will. Denn ich habe ja nicht aus eigener
Schuld an dem Lehrgang nicht teilnehmen können, sondern mein Kriegseinsatz war
vordringlicher und aus diesem Grund mußte ich wegbleiben. Sende mir also bitte
so schnell als möglich diese Sachen zu, damit ich diese Angelegenheit bald in
Angriff nehmen kann. Ich habe Dir das alles schon einmal im gestrigen Brief
geschrieben, aber man weiß ja nicht, ob einer dieser Briefe wieder irgendwo
länger liegen bleibt. Darum habe ich das alles nochmals erwähnt. Daß Du die beiden Päckchen Nr. 4 und 5 erhalsten
hast, hat mir wieder Freude gemacht, denn solange die Sachen unterwegs sind,
ist man doch noch nicht restlos zufrieden. Dieser Zustand tritt erst dann ein,
wenn man die Bestätigung hat, daß diese Sachen ihren Empfänger erreicht haben.
Wenn du die Milchschokolade an die Kinder verteilt hast, dann ist mir das schon
recht. Ich habe hier noch 2 Tafeln Schokolade, davon ist auch eine
Milchschokolade. Ich wollte sie erst noch aufheben, bis ich noch etwas dazu
bekomme. Aber ich habe mir gedacht, ich schicke sie jetzt doch mit ab, da
kannst Du unserem Lauser zum Geburtstag eine mit hinlegen. Ich nehme an, daß er
sie nicht verschmähen wird. Daß die Butter seinerzeit ordentlich angekommen
ist, hat mich auch beruhigt. Sowas interessiert, weil man sich Gedanken macht,
ob es auch zweckentsprechend verarbeitet werden konnte. Wegen der Geldsendung nach Frankreich
brauchst Du Dir keine Gedanken machen. Der Henkes hat mir gesagt, daß es ihm
nicht eilt, und er wird mir schon Bescheid geben, wenn sich eine Gelegenheit dazu
bietet. Ich vergesse es nicht, und ich kann Dir sagen, daß dieser Mann im
Augenblick nicht darauf angewiesen ist.
Das soll nicht heißen, daß ich das Geld schuldig bleiben will. Wenn meine frühere Einheit noch dort ist,
denken ich, daß das Geld auch unter der alten Feldpostnummer ankommt. Andernfalls
geht es wieder zurück, wenn es sich nicht machen läßt. Durch plötzliche Organisationsänderung muß
ich morgen mit unserem Oberst eine Dienstreise antreten, die wahrscheinlich bis
Montag, den 6.7,. dauern wird. Durch dieses unvorhergesehene Ereignis muß ich
die Feierlichkeiten, die ich für meinen Geburtstag vorgesehen hatte,
verschieben. Ich habe ja sonst nie viel Aufhebens davon gemacht. Aber ich mußte
hier damit rechnen, daß man hier mehr Theater machen würde, darum hatte ich
vorgebaut und mir etwas Stoff besorgt. Das wird nicht schlecht werden, darum
kann man es gut verschieben. Vor zwei Jahren war ich ja auch auf Reise nach
Frankreich. Damals fasste ich alles symbolisch für die Zukunft auf, und ich
kann sagen, wenn ich zurückblicke, daß diese Tage in Frankreich nicht die
schlechtesten Tage des Kriegs bisher für mich waren. Hoffe ich, daß auch diese
Fahrt in ein neues Lebensjahr wiederum ein glückhaftes Versprechen sei, für
das, was ich innerhalb dieses Landes noch zu erleben habe. Hoffentlich kann ich
auch dieses Zwischenspiel glückhaft abschließen, damit ich auch bei Beendigung
dieser Odysseefahrten wieder gesund eintreffe. Das ist mein einziger Wunsch zu
diesem Jahrestag. Nachdem ich nun
diesen Jahrestag nicht zum richtigen Zeitpunkt begehen darf, werde ich mir die
Sachen, die zum Geburtstag bestimmt waren teilen. Den Brief werde ich nun heute
lesen und die Päckchen werde ich nach meiner Rückkunft aufmachen. So habe ich
zweimal etwas davon. Besorge mir bitte all diese Sachen, um die ich Dich gebeten
habe. Bleibe Dur recht gesund mit den Kindern. Ob ich auf der Fahrt zum
Schreiben komme, kann ich nicht genau sagen. Du weißt jedenfalls Bescheid wegen
allem, wenn Du einige Tage warten muß wegen meiner Dienstreise. Den Kindern
sende ich ebenfalls viele herzliche Grüße und Euch allen recht viele Küsse .
Dein Ernst
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