Donnerstag, 13. Juli 2017

Brief 289 vom 8.7.1942


Meine liebste Frau !                                                       8.7.42        

Gestern mußte ich mein Schreiben abbrechen, bevor ich von unserer Reise fertig berichtet hatte. Wir sind dann am Sonntag Nachmittag wieder nach hause gefahren. In dem Ort unserer Abreise herrschte schönes Wetter und alles deutete auf eine Rückfahrt ohne Überraschungen hin. Wir sind die ersten 30 km ganz glatt gefahren. Die Straßen wurden weich und es war interessant, wie unser Wagen sich in Schlangenbewegungen auf der Landstraßefortbewegte. Das war anfänglich direkt belustigend. Die Straßen sind zwar stark überhöht, damit das Wasser schneller abfließt, doch durch die starke Wölbung besteht dann die Gefahr, daß bei nassem Wetter der Kraftwagen bis in die Abflussrinne wegrutscht. Das erste Mal, als uns das passierte, kam der Wagen aus eigener Kraft wieder heraus.  Beim nächsten Mal hatten wir zufällig von einem nahen Dorf Hilfskräfte heranrufen können. Doch die übrigen zehn Mal mußten wir aussteigen und selbst den Karren wieder aus dem Dreck schieben, denn die Straße war bis nach hause zu aufgeweicht. Der ganze Boden ist so fettig wie Schmierseife und die Räder können einfach nicht mehr fassen. Zu all dem sahen wir in der Ferne ein Gewitter herankommen, so daß wir Bedenken hatten, ob es uns nicht noch erwischen würde. Wenn das noch passiert wäre, so wären wir nicht viel weitergekommen. Schließlich haben wir doch noch unseren Heimatstandort erreicht, aber wir waren kaum unter Dach, da fing auch schon ein wolkenbruchartiger Regen an. Ich kann Dir sagen, daß wir heilfroh waren, daß er und nicht schon auf der Landstraße erwischt hat. Zusammenfassend kann ich sagen, daß wir überall freundlich aufgenommen wurden und daß die Bevölkerung uns mit Achtung entgegengetreten ist. Es ist zwar dabei zu beachten, daß wir als Vertreter der Macht kommen, aber allgemein waren die Menschen sehr anständig. Dienstlich habe ich wieder verschiedenes dazugelernt und mein Chef war mit mir wieder zufrieden. Das ist mir immer wesentlich. Ich bitte, das aber nicht so betrachten zu wollen, als wenn ich nun immer den untertänigen Diener mache.  Aber mein Chef kam mir immer anständig entgegen, darum kann ich das dann auch sein. Am Montag haben wir abends meinen Geburtstag gefeiert. Von dem Spanferkel hatten wir nur eine Hälfte essen können. Die andere Hälfte hatten wir uns mitgeben lassen. Ich will dabei noch betonen, daß wir unsere ganze Verpflegung selbst bezahlt haben, denn wir haben es nicht notwendig, uns von den Leuten unser Essen bezahlen zu lassen. Ich war schon sehr erfreut, daß uns das alles geboten wurde. Ja zu meiner Geburtstagsfeier hatte ich mir den Chef, dann meinen Zimmerkameraden, der auvh zu unserer Abteilung gehört und unseren Inspektor eingeladne. Mein Zimmergenosse hatte mir eine Flasche Pernod gestiftet, die ich dieser Feier zur Verfügung gestellt hatte.  Weiter hatte ich noch Eiercognac gemacht, damit etwas „Stoff“ da war. Eine Flasche Sekt sollte den Abschluß bilden. Wir hatte also vorher gegessen, dann hatten wir uns an das Trinken gemacht. Das ging auch erst ganz gut, bis es dann hieß, unser Chef sollte sofort ins Kasino kommen, denn ein neuer Kriegsverwaltungsrat sei angekommen. Da wußten wir gleich, was es geschlagen hatte. Als unser Chef wieder zurückkam, brachte er dann auch die Mitteilung mit, daß er versetzt sei. Ich kann Dir sagen, daß mir das, diesmal mit einem egoistischen Hintergedanken, wehgetan hat. Denn ich hatte in dem Mann eine Stütze in jeder Beziehung. Wenn ich also etwas weiterkommen wollte, würde er mir sicherlich behilflich sein. Das wird sich nun leider wieder ändern. Ich kann aber nichts dagegen machen. Wie sich der Neue anlassen wird, muß man erst wieder abwarten. Ich bin jedenfalls sehr vorsichtig, denn ich habe von meiner vorhergehenden Dienststelle immer noch die Nase voll. Mein Chef hat mich zwar schon wieder herausgelobt und ich habe immer so das Gefühl, ich versuche nicht abergläubig zu sein, daß das einesteils schon ein Plus sein kann, doch daß diese Herren manchmal mehr erwarten und der Ansicht sind, man schmeißt hier alles. Aber ich werde ja abwarten. Der anfänglich lustigen Stimmung bei dieser Feier folgte zwischenzeitlich eine etwas gedrückte Stille. Doch am Ende war dann alles doch zufriedengestellt, was bei den Soldaten nicht immer leicht ist. Am folgenden Tag erhielt meine Chef die Mitteilung, daß er vielleicht für eine neu aufzubauende Dienststelle vorgesehen sei, das ist zwar noch inoffiziell. Er frage mich, ob er mich anfordern soll, denn wenn es sich ermöglichen ließe, würde er dies gern tun, weil er mit meiner Arbeit sehr zufrieden gewesen sei. Ich würde das für meinen Dienstrang übliche Maß selbständig arbeiten. Ich habe ihm zugesagt, daß ich mich freuen würde, wenn ihm das gelingen würde.  Vor allem würde mir das besonders Spaß machen, wenn dies eine höhere Dienststelle wäre. Ich mache mir aber darüber noch keine Gedanken und warte ab, was sich ergibt.  Nun habe ich Dir sehr viel von mir geschrieben, möchte aber noch etwas auf Deine Briefe eingehen. Aber erst noch etwas. Als ich heimkam, hatte ich mich über die Päckchen gemacht und bevor ich abfuhr, hatte ich noch Euren lieben Geburtstagsbrief gelesen. Ich kann Euch nur sagen, daß Ihr mir ein große Freude bereitet habt. Für den Brief danke ich vielmals und ich hoffe zuversichtlich, daß all das sich erfüllen wird, was Du da zum Ausdruck gebracht hast. Die Bilder waren mir eine besondere Überraschung und ich kann Dir nur wieder mein Kompliment aussprechen. Helga sieht auf dem einen Bild aus wie ein junges Fräulein, so groß ist sie schon geworden. Die Badebilder gefallen mir sehr gut und auch das Bild vom letzten Urlaub ist gut getroffen. Das Gebäck hat wieder die bekannte und gewohnte Qualität. Ich kann Dir sagen, daß Ihr mir sehr viel Freude bereitet habt.  Ich möchte aber noch zwischendurch erwähnen, daß ich heute 4 Päckchen , und zwar die Nummer 15 bis 18 auf den Weg gebracht habe. Eine Büchse mit Wurstkonserven, die ich als Marschverpflegung für unsere Reise empfangen hatte, weiterhin eine Büchse mit Fisch. Ein Brot habe ich noch verpackt gehabt und die zwei Tafeln Schokolade. die ich noch hier hatte, sind ebenfalls dabei. Ich hoffe wieder fest, daß alles gut ankommt. Ich komme wieder nicht mehr viel weiter, denn ich habe noch allerhand Arbeit hier liegen, die ich erst noch wegschaffen muß. Man weiß nicht, ob es eines Tages einmal schnell heißt, es geht ab, dann will ich meinen Platz in Ordnung haben. Ich schreibe aber morgen gleich wieder, damit ich mit meinen Briefschulden wieder ins Gleichgewicht komme. Ich grüße Dich und die Kinder recht herzlich und sende Dir viele Küsse Dein Ernst.

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