Meine
liebste Frau ! 8.7.42
Gestern mußte ich mein Schreiben abbrechen, bevor ich von
unserer Reise fertig berichtet hatte. Wir sind dann am Sonntag Nachmittag
wieder nach hause gefahren. In dem Ort unserer Abreise herrschte schönes Wetter
und alles deutete auf eine Rückfahrt ohne Überraschungen hin. Wir sind die
ersten 30 km ganz glatt gefahren. Die Straßen wurden weich und es war
interessant, wie unser Wagen sich in Schlangenbewegungen auf der
Landstraßefortbewegte. Das war anfänglich direkt belustigend. Die Straßen sind
zwar stark überhöht, damit das Wasser schneller abfließt, doch durch die starke
Wölbung besteht dann die Gefahr, daß bei nassem Wetter der Kraftwagen bis in
die Abflussrinne wegrutscht. Das erste Mal, als uns das passierte, kam der
Wagen aus eigener Kraft wieder heraus.
Beim nächsten Mal hatten wir zufällig von einem nahen Dorf Hilfskräfte
heranrufen können. Doch die übrigen zehn Mal mußten wir aussteigen und selbst
den Karren wieder aus dem Dreck schieben, denn die Straße war bis nach hause zu
aufgeweicht. Der ganze Boden ist so fettig wie Schmierseife und die Räder
können einfach nicht mehr fassen. Zu all dem sahen wir in der Ferne ein
Gewitter herankommen, so daß wir Bedenken hatten, ob es uns nicht noch erwischen
würde. Wenn das noch passiert wäre, so wären wir nicht viel weitergekommen.
Schließlich haben wir doch noch unseren Heimatstandort erreicht, aber wir waren
kaum unter Dach, da fing auch schon ein wolkenbruchartiger Regen an. Ich kann
Dir sagen, daß wir heilfroh waren, daß er und nicht schon auf der Landstraße
erwischt hat. Zusammenfassend kann ich sagen, daß wir überall freundlich
aufgenommen wurden und daß die Bevölkerung uns mit Achtung entgegengetreten
ist. Es ist zwar dabei zu beachten, daß wir als Vertreter der Macht kommen,
aber allgemein waren die Menschen sehr anständig. Dienstlich habe ich wieder
verschiedenes dazugelernt und mein Chef war mit mir wieder zufrieden. Das ist
mir immer wesentlich. Ich bitte, das aber nicht so betrachten zu wollen, als
wenn ich nun immer den untertänigen Diener mache. Aber mein Chef kam mir immer anständig entgegen, darum kann ich
das dann auch sein. Am Montag haben wir abends meinen Geburtstag gefeiert. Von
dem Spanferkel hatten wir nur eine Hälfte essen können. Die andere Hälfte
hatten wir uns mitgeben lassen. Ich will dabei noch betonen, daß wir unsere
ganze Verpflegung selbst bezahlt haben, denn wir haben es nicht notwendig, uns
von den Leuten unser Essen bezahlen zu lassen. Ich war schon sehr erfreut, daß
uns das alles geboten wurde. Ja zu meiner Geburtstagsfeier hatte ich mir den
Chef, dann meinen Zimmerkameraden, der auvh zu unserer Abteilung gehört und
unseren Inspektor eingeladne. Mein Zimmergenosse hatte mir eine Flasche Pernod
gestiftet, die ich dieser Feier zur Verfügung gestellt hatte. Weiter hatte ich noch Eiercognac gemacht,
damit etwas „Stoff“ da war. Eine Flasche Sekt sollte den Abschluß bilden. Wir
hatte also vorher gegessen, dann hatten wir uns an das Trinken gemacht. Das
ging auch erst ganz gut, bis es dann hieß, unser Chef sollte sofort ins Kasino
kommen, denn ein neuer Kriegsverwaltungsrat sei angekommen. Da wußten wir
gleich, was es geschlagen hatte. Als unser Chef wieder zurückkam, brachte er
dann auch die Mitteilung mit, daß er versetzt sei. Ich kann Dir sagen, daß mir
das, diesmal mit einem egoistischen Hintergedanken, wehgetan hat. Denn ich
hatte in dem Mann eine Stütze in jeder Beziehung. Wenn ich also etwas
weiterkommen wollte, würde er mir sicherlich behilflich sein. Das wird sich nun
leider wieder ändern. Ich kann aber nichts dagegen machen. Wie sich der Neue
anlassen wird, muß man erst wieder abwarten. Ich bin jedenfalls sehr
vorsichtig, denn ich habe von meiner vorhergehenden Dienststelle immer noch die
Nase voll. Mein Chef hat mich zwar schon wieder herausgelobt und ich habe immer
so das Gefühl, ich versuche nicht abergläubig zu sein, daß das einesteils schon
ein Plus sein kann, doch daß diese Herren manchmal mehr erwarten und der
Ansicht sind, man schmeißt hier alles. Aber ich werde ja abwarten. Der
anfänglich lustigen Stimmung bei dieser Feier folgte zwischenzeitlich eine
etwas gedrückte Stille. Doch am Ende war dann alles doch zufriedengestellt, was
bei den Soldaten nicht immer leicht ist. Am folgenden Tag erhielt meine Chef
die Mitteilung, daß er vielleicht für eine neu aufzubauende Dienststelle
vorgesehen sei, das ist zwar noch inoffiziell. Er frage mich, ob er mich
anfordern soll, denn wenn es sich ermöglichen ließe, würde er dies gern tun,
weil er mit meiner Arbeit sehr zufrieden gewesen sei. Ich würde das für meinen
Dienstrang übliche Maß selbständig arbeiten. Ich habe ihm zugesagt, daß ich
mich freuen würde, wenn ihm das gelingen würde. Vor allem würde mir das besonders Spaß machen, wenn dies eine
höhere Dienststelle wäre. Ich mache mir aber darüber noch keine Gedanken und
warte ab, was sich ergibt. Nun habe ich
Dir sehr viel von mir geschrieben, möchte aber noch etwas auf Deine Briefe
eingehen. Aber erst noch etwas. Als ich heimkam, hatte ich mich über die
Päckchen gemacht und bevor ich abfuhr, hatte ich noch Euren lieben
Geburtstagsbrief gelesen. Ich kann Euch nur sagen, daß Ihr mir ein große Freude
bereitet habt. Für den Brief danke ich vielmals und ich hoffe zuversichtlich,
daß all das sich erfüllen wird, was Du da zum Ausdruck gebracht hast. Die
Bilder waren mir eine besondere Überraschung und ich kann Dir nur wieder mein
Kompliment aussprechen. Helga sieht auf dem einen Bild aus wie ein junges
Fräulein, so groß ist sie schon geworden. Die Badebilder gefallen mir sehr gut
und auch das Bild vom letzten Urlaub ist gut getroffen. Das Gebäck hat wieder
die bekannte und gewohnte Qualität. Ich kann Dir sagen, daß Ihr mir sehr viel
Freude bereitet habt. Ich möchte aber
noch zwischendurch erwähnen, daß ich heute 4 Päckchen , und zwar die Nummer 15
bis 18 auf den Weg gebracht habe. Eine Büchse mit Wurstkonserven, die ich als
Marschverpflegung für unsere Reise empfangen hatte, weiterhin eine Büchse mit
Fisch. Ein Brot habe ich noch verpackt gehabt und die zwei Tafeln Schokolade.
die ich noch hier hatte, sind ebenfalls dabei. Ich hoffe wieder fest, daß alles
gut ankommt. Ich komme wieder nicht mehr viel weiter, denn ich habe noch
allerhand Arbeit hier liegen, die ich erst noch wegschaffen muß. Man weiß
nicht, ob es eines Tages einmal schnell heißt, es geht ab, dann will ich meinen
Platz in Ordnung haben. Ich schreibe aber morgen gleich wieder, damit ich mit
meinen Briefschulden wieder ins Gleichgewicht komme. Ich grüße Dich und die
Kinder recht herzlich und sende Dir viele Küsse Dein Ernst.
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