Mein liebes Mädel ! 19.4.42
Vorhin habe ich erst einen Brief an Dich abgesandt und nun
will ich Dir gleich nochmals schreiben, da ich jetzt weiß, wohin es geht. Der
Ort liegt schon in Rußland und heißt Krementschug, der westlich Kiew liegt. Die
Reise von hier kann unter Umständen bis 6 Tage dauern. Die Fahrt geht von hier
aus über Lemberg. Sobald ich kann,
werde ich Dir wieder darüber Genaueres berichten. Ich bin ja jetzt erst auch
annähernd eine Woche unterwegs. Die
Dienststelle heißt „der Befehlshaber der rückwärtigen besetzten Gebiete Süd“.
Das ist in dieser Beziehung alles. Vorhin habe ich Verpflegung für 6 Tage
gefaßt. Mir wurde ganz Angst, als ich alles beieinander hatte. Im Koffer habe
ich dann doch noch alles untergebracht. Ich hatte mich erst geärgert, daß ich
meine Mappe nicht mehr dabei hatte, es wird aber nun auch so gehen. Ich habe nun, nachdem ich meine Sachen in
Ordnung gebracht habe, einen Bummel durch die Stadt gemacht. Die Stadt bietet
trotz des reichlichen Schmutzes, viele schöne und alte Bauten, die auf
Tradition schließen lassen. Das Polnische wirkt wieder ganz anders, Hier sind
im großen Durchschnitt die Leute ärmer wie in Frankreich, sie sehen vielfach
auch zerlumpt aus. Der Eindruck, den ich jetzt zuerst gewonnen habe, ist nicht
der beste.
In Rußland soll es ja noch schlimmer sein, es wird sich aber auch wieder auf eine Art einrichten lassen. Bis ich nun hier wegfahre, werde ich mich in der Stadt herumtreiben bis mein Zug heute Nacht um 1 Uhr geht. Jetzt habe ich mich in ein Kaffeehaus gesetzt, wo ein richtiger Großstadtbetrieb ist. Wie lange ich es hier aushalte, muß ich erst einmal sehen. Wie ich schon schrieb, traf ich gestern mit etwa 3 Stunden Verspätung hier ein. Ich erkundigte mich, wann mein nächster Zug weiterfährt und mir wurde dann mitgeteilt, daß ich gegen 9 Uhr weiterfahren könnte. Ich verließ also den Bahnhof, habe mich erst einmal um Essen umgesehen, denn das ist immer sehr wichtig. Ich bekam wenigstens eine Suppe, denn mit der Marschverpflegung allein kann man wohl auskommen, aber man braucht auch zwischendurch warmes Essen. Man hatte mir in Krakau für 6 Tage Marschverpflegung mitgegeben, die mir ziemlichen Kummer bereitete, weil ich nicht wußte, wo und wie ich diese unterbringen sollte. Einen Teil habe ich nun schon verbraucht und mit der anderen werde ich auch noch zu Wege kommen. Nach der Einweisung habe ich mich hier auf der Frontsammelstelle gemeldet, was sich nun zu meinem Verhängnis ausgewirkt hat.
Wir haben bereits wieder Nachmittag und ich sitze seit gestern Mittag immer noch hier. Mir geht es zwar nicht allein so, denn hunderte von Kameraden warten auch auf weiteren Anschluß. Das beruhigt mich einigermaßen. Nachdem man hier nun die verschiedenen umständlichen Formalitäten erfüllt hatte, habe ich mich mit noch einem Kameraden auf den Weg durch die Stadt gemacht. Schon als man hier zum Bahnhof herauskam und überall, wo viele Soldaten verkehren, sitzen die Schuhputzjungen, die einen förmlich überfallen. Ich habe mir auch die Schuhe reinigen lassen wollen. Das Geschreidurcheinander der vielen Jungen kann einem bald auf die Nerven fallen. Doch man muß da immer zeigen, daß man über ihnen steht. Als mir der Kerl die Schnürsenkel mit einschmierte und nicht gleich begriff, daß das eine Schweinerei ist, habe ich ihm eins an den Kopf gegeben, das half dann gleich. Als sie dann fertig waren, verlangten sie zuerst Brot, als ich das nicht bei mir hatte, Zigaretten und dann zuletzt, als ich das auch verneinte, das Geld. Erst wollten sie 50 Pfennig haben, aber mit 10 Pfennig waren sie dann auch zufrieden.
Wir sind dann weiter durch die Stadt gezogen und haben uns etwas umgesehen. Die Hauptstraßen sind schon nicht sauber, aber in den Nebenstraßen getraut man sich schon nicht hineinzusehen, geschweige denn durchzulaufen. Im Soldatenheim gab es dann Kaffee und Kuchen zu anständigen Preisen. Gegen Abend bin ich dann wieder ins Kino gegangen, wo der Film „Liebe streng verboten“ gespielt wurde. Der war so einigermaßen, aber auch nichts Besonderes. Man sagt, daß hier Lemberg die letzte Kulturstation sei und daß es nachdem aufhört. Darum nimmt man in dieser Hinsicht noch alles mit, was man bekommen kann. Doch mir ist alles zu teuer, darum trinke ich nur zum Essen noch ein Bier und halte mich an den Kuchen oder an das Sonntagsessen. Die Unterbringung ist hier schon sehr primitiv, aber man wird sich hier damit abfinden müssen.
Interessant war am Abend, als wir durch die Hauptstraße gingen, als da elternlose Kinder auf der Straße standen, barfuß oder notdürftig bekleidet und sangen mit zitternder Stimme. Der Anblick ist ja grausig, wenn man die Kinder so auf der Straße sieht und weiß, daß sie irgendwo in einem Dreckwinkel nächtigen. Was sind das für schöne Verhältnisse bei uns in Deutschland. Was haben es unsere Kinder schön. Hier lebt und wächst aber alles durcheinander, trotz Krankheiten und sonstigen Einflüssen vermehren sich diese Menschen hier, das ist ja unglaublich. Hier kommt es deshalb auch auf den einzelnen nicht an, weil sich das Grobzeug so schnell vermehrt.
Die Zerstörungen, vor allem in der Bahnhofgegend sind ziemlich groß, doch man ist mit der Ausbesserung schon stark beschäftigt. Auch an großen Gebäuden ist hier wirklich kein Mangel und sie machen keinen schlechten Eindruck, doch es fehlt zu allem der Zusammenhang. Dann ist eben alles nicht Instand gehalten, so daß es schade um dieses alles ist. An einem Kirchturm hat man das Kupferdach halb heruntergerissen. Wahrscheinlich waren das die Russen, die ja die Stadt eine ganze Weile unter ihrer Verwaltung hatten. Ich habe noch von vielen Eindrücken zu berichten, doch für heute langt es wohl.
Post kann ich ja noch nicht von Dir erhalten, damit wird es noch eine ganze Weile dauern, bis ich Dir meine neue Adresse bekannt geben kann und bis dann die Briefe hier ankommen. Ich hoffe, daß Ihr alle gesund seid und sende Dir und den Kindern recht viele herzliche Grüße und Küsse Dein Ernst.
In Rußland soll es ja noch schlimmer sein, es wird sich aber auch wieder auf eine Art einrichten lassen. Bis ich nun hier wegfahre, werde ich mich in der Stadt herumtreiben bis mein Zug heute Nacht um 1 Uhr geht. Jetzt habe ich mich in ein Kaffeehaus gesetzt, wo ein richtiger Großstadtbetrieb ist. Wie lange ich es hier aushalte, muß ich erst einmal sehen. Wie ich schon schrieb, traf ich gestern mit etwa 3 Stunden Verspätung hier ein. Ich erkundigte mich, wann mein nächster Zug weiterfährt und mir wurde dann mitgeteilt, daß ich gegen 9 Uhr weiterfahren könnte. Ich verließ also den Bahnhof, habe mich erst einmal um Essen umgesehen, denn das ist immer sehr wichtig. Ich bekam wenigstens eine Suppe, denn mit der Marschverpflegung allein kann man wohl auskommen, aber man braucht auch zwischendurch warmes Essen. Man hatte mir in Krakau für 6 Tage Marschverpflegung mitgegeben, die mir ziemlichen Kummer bereitete, weil ich nicht wußte, wo und wie ich diese unterbringen sollte. Einen Teil habe ich nun schon verbraucht und mit der anderen werde ich auch noch zu Wege kommen. Nach der Einweisung habe ich mich hier auf der Frontsammelstelle gemeldet, was sich nun zu meinem Verhängnis ausgewirkt hat.
Wir haben bereits wieder Nachmittag und ich sitze seit gestern Mittag immer noch hier. Mir geht es zwar nicht allein so, denn hunderte von Kameraden warten auch auf weiteren Anschluß. Das beruhigt mich einigermaßen. Nachdem man hier nun die verschiedenen umständlichen Formalitäten erfüllt hatte, habe ich mich mit noch einem Kameraden auf den Weg durch die Stadt gemacht. Schon als man hier zum Bahnhof herauskam und überall, wo viele Soldaten verkehren, sitzen die Schuhputzjungen, die einen förmlich überfallen. Ich habe mir auch die Schuhe reinigen lassen wollen. Das Geschreidurcheinander der vielen Jungen kann einem bald auf die Nerven fallen. Doch man muß da immer zeigen, daß man über ihnen steht. Als mir der Kerl die Schnürsenkel mit einschmierte und nicht gleich begriff, daß das eine Schweinerei ist, habe ich ihm eins an den Kopf gegeben, das half dann gleich. Als sie dann fertig waren, verlangten sie zuerst Brot, als ich das nicht bei mir hatte, Zigaretten und dann zuletzt, als ich das auch verneinte, das Geld. Erst wollten sie 50 Pfennig haben, aber mit 10 Pfennig waren sie dann auch zufrieden.
Wir sind dann weiter durch die Stadt gezogen und haben uns etwas umgesehen. Die Hauptstraßen sind schon nicht sauber, aber in den Nebenstraßen getraut man sich schon nicht hineinzusehen, geschweige denn durchzulaufen. Im Soldatenheim gab es dann Kaffee und Kuchen zu anständigen Preisen. Gegen Abend bin ich dann wieder ins Kino gegangen, wo der Film „Liebe streng verboten“ gespielt wurde. Der war so einigermaßen, aber auch nichts Besonderes. Man sagt, daß hier Lemberg die letzte Kulturstation sei und daß es nachdem aufhört. Darum nimmt man in dieser Hinsicht noch alles mit, was man bekommen kann. Doch mir ist alles zu teuer, darum trinke ich nur zum Essen noch ein Bier und halte mich an den Kuchen oder an das Sonntagsessen. Die Unterbringung ist hier schon sehr primitiv, aber man wird sich hier damit abfinden müssen.
Interessant war am Abend, als wir durch die Hauptstraße gingen, als da elternlose Kinder auf der Straße standen, barfuß oder notdürftig bekleidet und sangen mit zitternder Stimme. Der Anblick ist ja grausig, wenn man die Kinder so auf der Straße sieht und weiß, daß sie irgendwo in einem Dreckwinkel nächtigen. Was sind das für schöne Verhältnisse bei uns in Deutschland. Was haben es unsere Kinder schön. Hier lebt und wächst aber alles durcheinander, trotz Krankheiten und sonstigen Einflüssen vermehren sich diese Menschen hier, das ist ja unglaublich. Hier kommt es deshalb auch auf den einzelnen nicht an, weil sich das Grobzeug so schnell vermehrt.
Die Zerstörungen, vor allem in der Bahnhofgegend sind ziemlich groß, doch man ist mit der Ausbesserung schon stark beschäftigt. Auch an großen Gebäuden ist hier wirklich kein Mangel und sie machen keinen schlechten Eindruck, doch es fehlt zu allem der Zusammenhang. Dann ist eben alles nicht Instand gehalten, so daß es schade um dieses alles ist. An einem Kirchturm hat man das Kupferdach halb heruntergerissen. Wahrscheinlich waren das die Russen, die ja die Stadt eine ganze Weile unter ihrer Verwaltung hatten. Ich habe noch von vielen Eindrücken zu berichten, doch für heute langt es wohl.
Post kann ich ja noch nicht von Dir erhalten, damit wird es noch eine ganze Weile dauern, bis ich Dir meine neue Adresse bekannt geben kann und bis dann die Briefe hier ankommen. Ich hoffe, daß Ihr alle gesund seid und sende Dir und den Kindern recht viele herzliche Grüße und Küsse Dein Ernst.
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