Mein liebes Mädel, meine liebe Annie ! 27.3.42
Deinen lieben Brief vom 23. habe ich bestens dankend
erhalten. Es ist mir immer ein frohes
Erlebnis, wenn ich Deine Briefe bekomme und lese. Wenn es einem so nicht
vergönnt ist, zusammen zu leben, dann kann man sich ja wenigstens durch Briefe
unterhalten und verständigen. Ich bin auch froh darum.
Verschiedenes meiner kleinen Einkäufe wird hoffentlich inzwischen bei Dir gut angekommen sein. Wenn der Widerstand gut angekommen ist, könnt Ihr vielleicht diesen Sonntag wieder einmal ordentlich Radio hören. Wenn das der Fall ist, dann will ich mich darüber freuen, denn dann hast Du doch Gelegenheit das eine oder andere wieder einmal richtig zu hören. Unseren alten Apparat, der die Jahre hindurch redlich seine Pflicht getan hat, wollen wir nun nicht deshalb schmählich behandeln, aber es war schon ziemlich nötig, daß wir einen anderen bekamen.
Was den Brief Deines Vaters an mich anbelangt, so glaube ich, daß er bei seiner Anfrage die er anders gemeint hat, nun aber merkt, daß wir darauf nicht eingingen, so daß er einlenkte. Ich bin jedenfalls der Ansicht, daß wir uns schon richtig verstanden hatten.
Die Sache mit dem Mantelstoff für Erna habe ich ja schon in meinem Schreiben geregelt. Daß ich hier so schnell wegkomme ist nicht meine Schuld, im anderen Falle hätte ich sicherlich noch welchen besorgen können, so geht es aber beim besten Willen nicht.
Ich erhielt heute auch den Durchschlag des Briefes an Dich, den Dein Vater mit dem Zeitungspaket abgeschickt hatte. Ich war da etwas sehr verwundert über die Redewendung, die er gebrauchte. Ich glaube, daß sie Dir auch aufgefallen sein wird. Er schreibt: “Ich mußte den Entschluß fassen, die ich in unserem Interesse nicht sofort ins Auge genommen habe.“ Im Übrigen Strotzt der Brief von der alten frisch und fröhlichen Art, die ich aus früherer Zeit so gut von ihm kenne. Er hat seinem Ärger und seinem Herzen ordentlich Luft gemacht. Ich habe die Absicht, in meinem nächsten Brief auf die geheimnisvolle Stelle in seinem Brief hinzuweisen und werde ihn bitten, wie er das meint. Ich finde es eigenartig, daß er sich jetzt schon mit solchen Plänen herumoperiert, wo er uns noch seinen unbändigen Schmerz über den Verlust Deiner Mutter klarmachen will. Ich kann daraus den Standpunkt von Siegfried verstehen, daß er sich keine Vorschriften in dieser Beziehung machen lassen will. Ich persönlich kann aber nicht die Ansicht Deines Vaters teilen, der sich da aufregt, weil das Mädchen einmal einige Tage abwesend ist und er sich das Essen selbst bereiten muß. Dieses „Opfer“ muß er seinem Jungen schon einmal bringen. Ich vergesse nicht, wie schwer er mir das angekreidet hat, als ich ihm das schrieb, als ich in meinem vorletzten Urlaub kam. Das war ungleich schwerer, denke ich, wenn man monatelang hier draußen gewesen ist, kommt heim und findet so unvorbereitet niemand vor und muß dann gleich alles übernehmen. Ich habe das gern getan, das weißt Du, aber jetzt, gerade bei dieser Angelegenheit, muß ich das Deinem Vater gegenüber zur Sprache bringen. Was ist da schon dabei. Diese Fahrten unternimmt Erna doch nicht allein zu ihrem Vergnügen, sondern um Siegfried einen Gefallen zu tun. Wenn ich ihn hätte sprechen können, dann würde ich ihm schon das Nötige gesagt haben. Er denkt immer in erster Linie nur an sich und will immer und immer wieder im Mittelpunkt des Geschehens stehen. Er muß eben auch den anderen einmal Platz machen, wenn sich die Jüngeren stark genug fühlen, wenn sie sich schon den Platz verschaffen, der ihnen zukommt. Auch uns wird es einmal so gehen. Wir werden zwar auch nicht gleich nachgeben, aber es wird einmal so kommen. Da von bin ich überzeugt. Diesen Druck und den Gegendruck brauchen wir, die Jungen, um sich zu stärken und um die Kraft zu gewinnen, um sich durchzusetzen.
Du hast ja auch gehört, was Dein Bruder gerade wegen einer Wiederverhärtung gesagt hat. Auch in dieser Beziehung stimme ich seiner Ansicht zu. Ich für meinen Teil würde dann nicht mehr tun und schreiben, als was gerade unbedingt notwendig ist. Das wird man Deinen Vater ebenso wissen lassen müssen, wie das, was ich vorher geschrieben habe. Es stimmt, er ist ein freier Mann, und er kann machen, was er will, bis eben auf das, daß er sich darüber klar sein muß, daß noch Kinder vorhanden sind, die gewisse Rechte haben, die teils auf ideellem und teils auf materiellem Gebiet liegen. Ich hoffe, daß es nicht zu großen Auseinandersetzungen kommt, aber ich denke, daß wir Kinder, Siegfried und Erna eingenommen, alle einer Ansicht sind.
Heute habe ich mich des Längeren und Breiteren über diese Sache ausgelassen. Sie hat mir aber gerade heute so zu denken gegeben, daß ich das einmal sagen muß. Etwas anderes habe ich heute nicht zu schreiben, bitte Dich aber, mache Dir keine Kopfschmerzen darüber, was ich geschrieben habe. Wenn die Sache zur Sprache kommt, werde ich schon das nötige tun, so daß Du dir da nicht besonders viel Gedanken machen brauchst. Ich warte erst einmal Deine Stellungnahme zu meiner Ansicht ab, ehe ich überhaupt etwas mache.
Sei Du nun vielmals und herzlich gegrüßt und geküßt. Gib unseren Kindern jedem einen recht herzlichen Kuß und grüße Vater bitte von Deinem Ernst.
Verschiedenes meiner kleinen Einkäufe wird hoffentlich inzwischen bei Dir gut angekommen sein. Wenn der Widerstand gut angekommen ist, könnt Ihr vielleicht diesen Sonntag wieder einmal ordentlich Radio hören. Wenn das der Fall ist, dann will ich mich darüber freuen, denn dann hast Du doch Gelegenheit das eine oder andere wieder einmal richtig zu hören. Unseren alten Apparat, der die Jahre hindurch redlich seine Pflicht getan hat, wollen wir nun nicht deshalb schmählich behandeln, aber es war schon ziemlich nötig, daß wir einen anderen bekamen.
Was den Brief Deines Vaters an mich anbelangt, so glaube ich, daß er bei seiner Anfrage die er anders gemeint hat, nun aber merkt, daß wir darauf nicht eingingen, so daß er einlenkte. Ich bin jedenfalls der Ansicht, daß wir uns schon richtig verstanden hatten.
Die Sache mit dem Mantelstoff für Erna habe ich ja schon in meinem Schreiben geregelt. Daß ich hier so schnell wegkomme ist nicht meine Schuld, im anderen Falle hätte ich sicherlich noch welchen besorgen können, so geht es aber beim besten Willen nicht.
Ich erhielt heute auch den Durchschlag des Briefes an Dich, den Dein Vater mit dem Zeitungspaket abgeschickt hatte. Ich war da etwas sehr verwundert über die Redewendung, die er gebrauchte. Ich glaube, daß sie Dir auch aufgefallen sein wird. Er schreibt: “Ich mußte den Entschluß fassen, die ich in unserem Interesse nicht sofort ins Auge genommen habe.“ Im Übrigen Strotzt der Brief von der alten frisch und fröhlichen Art, die ich aus früherer Zeit so gut von ihm kenne. Er hat seinem Ärger und seinem Herzen ordentlich Luft gemacht. Ich habe die Absicht, in meinem nächsten Brief auf die geheimnisvolle Stelle in seinem Brief hinzuweisen und werde ihn bitten, wie er das meint. Ich finde es eigenartig, daß er sich jetzt schon mit solchen Plänen herumoperiert, wo er uns noch seinen unbändigen Schmerz über den Verlust Deiner Mutter klarmachen will. Ich kann daraus den Standpunkt von Siegfried verstehen, daß er sich keine Vorschriften in dieser Beziehung machen lassen will. Ich persönlich kann aber nicht die Ansicht Deines Vaters teilen, der sich da aufregt, weil das Mädchen einmal einige Tage abwesend ist und er sich das Essen selbst bereiten muß. Dieses „Opfer“ muß er seinem Jungen schon einmal bringen. Ich vergesse nicht, wie schwer er mir das angekreidet hat, als ich ihm das schrieb, als ich in meinem vorletzten Urlaub kam. Das war ungleich schwerer, denke ich, wenn man monatelang hier draußen gewesen ist, kommt heim und findet so unvorbereitet niemand vor und muß dann gleich alles übernehmen. Ich habe das gern getan, das weißt Du, aber jetzt, gerade bei dieser Angelegenheit, muß ich das Deinem Vater gegenüber zur Sprache bringen. Was ist da schon dabei. Diese Fahrten unternimmt Erna doch nicht allein zu ihrem Vergnügen, sondern um Siegfried einen Gefallen zu tun. Wenn ich ihn hätte sprechen können, dann würde ich ihm schon das Nötige gesagt haben. Er denkt immer in erster Linie nur an sich und will immer und immer wieder im Mittelpunkt des Geschehens stehen. Er muß eben auch den anderen einmal Platz machen, wenn sich die Jüngeren stark genug fühlen, wenn sie sich schon den Platz verschaffen, der ihnen zukommt. Auch uns wird es einmal so gehen. Wir werden zwar auch nicht gleich nachgeben, aber es wird einmal so kommen. Da von bin ich überzeugt. Diesen Druck und den Gegendruck brauchen wir, die Jungen, um sich zu stärken und um die Kraft zu gewinnen, um sich durchzusetzen.
Du hast ja auch gehört, was Dein Bruder gerade wegen einer Wiederverhärtung gesagt hat. Auch in dieser Beziehung stimme ich seiner Ansicht zu. Ich für meinen Teil würde dann nicht mehr tun und schreiben, als was gerade unbedingt notwendig ist. Das wird man Deinen Vater ebenso wissen lassen müssen, wie das, was ich vorher geschrieben habe. Es stimmt, er ist ein freier Mann, und er kann machen, was er will, bis eben auf das, daß er sich darüber klar sein muß, daß noch Kinder vorhanden sind, die gewisse Rechte haben, die teils auf ideellem und teils auf materiellem Gebiet liegen. Ich hoffe, daß es nicht zu großen Auseinandersetzungen kommt, aber ich denke, daß wir Kinder, Siegfried und Erna eingenommen, alle einer Ansicht sind.
Heute habe ich mich des Längeren und Breiteren über diese Sache ausgelassen. Sie hat mir aber gerade heute so zu denken gegeben, daß ich das einmal sagen muß. Etwas anderes habe ich heute nicht zu schreiben, bitte Dich aber, mache Dir keine Kopfschmerzen darüber, was ich geschrieben habe. Wenn die Sache zur Sprache kommt, werde ich schon das nötige tun, so daß Du dir da nicht besonders viel Gedanken machen brauchst. Ich warte erst einmal Deine Stellungnahme zu meiner Ansicht ab, ehe ich überhaupt etwas mache.
Sei Du nun vielmals und herzlich gegrüßt und geküßt. Gib unseren Kindern jedem einen recht herzlichen Kuß und grüße Vater bitte von Deinem Ernst.
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