Samstag, 15. April 2017

Brief 241 vom 15.04.1942

Mein liebes Mädel !                                                                                    15.4.42                                                     

Es tut mir leid, daß ich Dir nicht Genaues schreiben kann, was später so vor sich geht. Ich bin gestern  noch in einem Hotel hier untergebracht worden. Gestern bin ich noch ein wenig durch die Stadt gestiegen. Aber wirklich gestiegen, denn bis zum Schloß hinauf war doch ein ziemlicher Buckel. Man hat dann einen schönen Rundblick auf die Stadt und einen Teil des Tales der Lahn sieht man auch. Heute bin ich nun zum Schreiben eingespannt worden. Das war etwa eine Stunde Arbeit, dann hat man mich wieder in Gnaden entlassen. Gleichzeitig werde ich aus dem Hotel wieder herausgeschmissen, wahrscheinlich weil es zu vornehm für uns ist. Wir bekommen eine Unterkunft in der Kaserne. Das ist mir zwar weniger angenehm, aber schließlich muß man sich daran gewöhnen. Ich werde also erst heute nochmal umziehen. Das ist ja nicht so schlimm, denn ich bin ja schon den zweiten Tag hier. Ich bin nur gespannt, was man noch alles Gute für uns in Vorbereitung hat.
Interessant ist nur, daß ein ganzer Teil dieser Leute in Zivil herumläuft und den geschlagenen Tag nicht weiß, was er vor Langeweile anfangen soll. Man hätte uns auf unserer Stelle wenigstens so lange sitzen lassen können, bis man endgültig weiß, was los ist. Aber beim Militär kommt es ja nicht so genau drauf an. Vorhin war ich nochmals spazieren und dann will ich mich einmal um meine neue Unterkunft umsehen. Vielleicht erfahre ich heute Nachmittag noch etwas mehr, was nun eigentlich geschieht.  Zur Zeit habe ich eine scheußliche Stimmung. Man weiß noch nicht was nun kommt und alles ist so ungewiß. Das ist wieder wie vor einem Jahr, als ich auch nicht wußte, wohin ich kommen soll. Man wird doch etwas hin und hergeschoben. Schreiben kannst Du mir vorerst noch nicht, weil ich erst abwarten will, was sich hier ergibt. Ich denke, daß ich Dir in ein bis zwei Tagen mehr schreiben kann.  Für heute grüßt Dich und die Kinder recht herzlich. Außerdem sende ich Dir recht viele Küsse. Dein Ernst.

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