Mein liebes Mädel ! 15.4.42
Es tut mir leid, daß ich Dir nicht Genaues schreiben kann, was später so vor
sich geht. Ich bin gestern noch in
einem Hotel hier untergebracht worden. Gestern bin ich noch ein wenig durch die
Stadt gestiegen. Aber wirklich gestiegen, denn bis zum Schloß hinauf war doch
ein ziemlicher Buckel. Man hat dann einen schönen Rundblick auf die Stadt und
einen Teil des Tales der Lahn sieht man auch. Heute bin ich nun zum Schreiben
eingespannt worden. Das war etwa eine Stunde Arbeit, dann hat man mich wieder
in Gnaden entlassen. Gleichzeitig werde ich aus dem Hotel wieder
herausgeschmissen, wahrscheinlich weil es zu vornehm für uns ist. Wir bekommen
eine Unterkunft in der Kaserne. Das ist mir zwar weniger angenehm, aber
schließlich muß man sich daran gewöhnen. Ich werde also erst heute nochmal
umziehen. Das ist ja nicht so schlimm, denn ich bin ja schon den zweiten Tag
hier. Ich bin nur gespannt, was man noch alles Gute für uns in Vorbereitung
hat.
Interessant ist nur, daß ein ganzer Teil dieser Leute in Zivil herumläuft und
den geschlagenen Tag nicht weiß, was er vor Langeweile anfangen soll. Man hätte
uns auf unserer Stelle wenigstens so lange sitzen lassen können, bis man
endgültig weiß, was los ist. Aber beim Militär kommt es ja nicht so genau drauf
an. Vorhin war ich nochmals spazieren und dann will ich mich einmal um meine
neue Unterkunft umsehen. Vielleicht erfahre ich heute Nachmittag noch etwas
mehr, was nun eigentlich geschieht. Zur
Zeit habe ich eine scheußliche Stimmung. Man weiß noch nicht was nun kommt und
alles ist so ungewiß. Das ist wieder wie vor einem Jahr, als ich auch nicht
wußte, wohin ich kommen soll. Man wird doch etwas hin und hergeschoben.
Schreiben kannst Du mir vorerst noch nicht, weil ich erst abwarten will, was
sich hier ergibt. Ich denke, daß ich Dir in ein bis zwei Tagen mehr schreiben
kann. Für heute grüßt Dich und die
Kinder recht herzlich. Außerdem sende ich Dir recht viele Küsse. Dein Ernst.
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