Montag, 3. April 2017

Brief 235 vom 1.4.1942


Mein liebstes Mädel !                                                  1.4.42                                                                                                                     
Was sagst Du nun. 4 Briefe habe ich auf einmal bekommen. Vom 26.  bis 29. sind alle Deine Briefe eingegangen. Der vom 26. ist wieder einmal durch die Zensurstelle gegangen. Das ist ja nicht so tragisch, denn wir haben ja nichts unrechtes einander zu schreiben. Über alle Briefe habe ich mich wirklich sehr gefreut.  Über den Brief Deines Vaters habe ich mich Dir gegenüber schon geäußert. Ich sende ihn Dir wieder mit zurück, denn ich habe ja den Durchschlag hier. Ich werde selbstverständlich die Sache mit Deinem Vater erledigen, denn was sollst Du Dich wegen dieser Sache mit ihm herumschlagen. Im Übrigen bin ich aber ganz und gar Deiner Ansicht. Auch wegen des Besuches. Nachdem Siegfried sowieso die Absicht hat, nicht mehr allzu lange mit Deinem Vater unter einem Dache zu hausen und Dein Vater durch sein Verhalten immerhin mit darauf hingewirkt hat, daß sich die Dinge so entwickelt haben, muß man die Dinge einmal beim Namen nennen um Klarheit zu bekommen. Dein Vater kann den Weg gehen, den er für richtig hält, er muß sich dann aber nicht wundern, wenn die Kinder das tun, was sie für richtig halten. 
Mit den Truhen hast Du nun Deine Schwierigkeiten. Offenbar nehme sie Dir viel Platz weg. Aber wir haben uns ja vorgenommen, nach dem Kriege uns um etwas anderes umzusehen. Jetzt geht es ja noch solange, wenn man sich einrichtet. Daß Du das Einrichten verstehst, hast du ja durch Deine Umorganisation bewiesen. 
Deine Freude über das Eintreffen des Vorschaltwiderstands und damit die Freude über die Möglichkeit, den Apparat benutzen zu können, fühlt man aus Deinem Brief heraus. Ich freue mich nun auch erst, daß ich den Apparat mitgebracht hatte, denn jetzt hat er ja erst die Bedeutung für Euch gewonnen, die er haben sollte. Auch aus den Zeilen der Kinder lese ich die ungeteilte Freude für die ganze Familie heraus. Das ist schön, wenn man weiß, man hat einen schon länger gehegten Wunsch erfüllt. Daß Ihr den Apparat nun in die Küche genommen habt, ist mir durchaus verständlich, denn Ihr sollt ja etwas davon haben. Wenn die Spule warm oder heiß wird, so hat das nichts zu sagen, denn die Stromstärke, die wir bei uns haben, ist ja höher und diese wird nun heruntergedrückt, um für den Apparat verwendbar zu sein.
Daß die anderen Sachen, die ich geschickt habe, auch Anklang gefunden haben, ist ganz in Ordnung. Auch das freut mich, vor allem, wenn Du Verwendung dafür hast.  Mit den Zeugnissen der Kinder bin ich sehr zufrieden, vor allem wenn man bedenkt, daß sie so wenig Schule gehabt haben. Diese 3 im Schönschreiben bei Helga stört zwar etwas, aber man muß das ja bedenken, was ich schon vorher gesagt habe. Gelacht habe ich aber, als ich von Helga las, wie sie die Zeugnisse nennt. Bollenquittung ist jedenfalls kein schlechter Ausdruck. Man merkt aber, daß sie über die erste Scheu, die die Schule an sich hatte, hinaus ist. Das ist die Unbekümmertheit, die Kinder in diesem Alter an sich haben. Ich kann nur nochmals sagen, daß ich mit ihrer Arbeit zufrieden bin. 
Was den Film „ Jeckerei“ anbelangt, so kann ich nicht sagen, daß er etwas schlecht wäre, er ist nur etwas tendenzlos. Heute war ich im Kino. Es wurde gespielt „Wir bitten zum Tanz“. Moser und Hörbiger spielten mit. Es ist ein ganz lustiger Film gewesen und zwar so, daß man über verschiedene Einfälle hat lachen müssen.
Daß Du Dir trotz der Lebensmittelkürzungen das Leben nicht schwerer machst, ist ganz und gar in Ordnung, doch ich werde schon für mich sorgen, darauf kannst Du Dich verlassen. Ich habe nur Bedenken, wenn das zutrifft, was man sich schon wieder erzählt, daß im nächsten Monat wahrscheinlich nochmals Kürzungen vorgenommen werden. Doch da wollen wir erst einmal abwarten. 
Was nun das Geld anbelangt, so ist das nicht ganz so einfach. Ich hatte ja noch annähernd 350,-RM zu bezahlen, als ich wieder hier zurückkam. Der Großteil ist nun beglichen. Das wäre an sich eine Kleinigkeit gewesen, wenn ich nicht so plötzlich abberufen worden wäre. Denn Käufe hatte ich ja keine mehr vorgenommen, so daß ziemlich alles im nächsten Monat beglichen worden wäre. Nun hat sich alles mit einem Schlage geändert. Es ist nun so, daß ich das Geld hier an einen Bekannten schicken kann. Ich muß mir nur noch die genaue Adresse erfragen. Ich gebe Dir dann rechtzeitig Bescheid. Wenn ich hier wegkomme, brauche ich ja dann so gut wie kein Geld mehr, denn ich werde zu wenig Möglichkeit haben, welches auszugeben.  Auf diese Weise sparen wir das dann wieder ein. Ich gebe Dir also darüber noch genau Bescheid. Für heute wieder recht viele herzliche Grüße und viele Küsse sendet Dir und den Kindern Dein Ernst.  An die Kinder werde ich noch selbst in diesen Tagen schreiben.

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