Mittwoch, 3. August 2016

Brief 157 vom 28./29.7.1941


Meine liebe Annie !                                                                                         28.7.41          

Ich habe aus Deinem Brief vom 22.7. gelesen, daß Du schon meinen letzten Brief nach Konstanz erhalten hast. Die anderen werden nun schon in Leipzig gewesen sein. Ehe ich zu Deinem Brief im einzelnen schreibe, möchte ich Dir von einer Überraschung berichten, die mir vorhin im Dienst passiert ist. Kommt Da ein Mann zu mir und verlangt eine Fahrtbewilligung für eine deutsche Dienststelle, die hier bei uns untergebracht ist. Ich gebe ihm die entsprechende Auskunft und sagte ihm, ich würde ihm dann sofort weiterhelfen, wenn er die Voraussetzungen der notwendigen Unterlagen beibringen würde. Er kam dann auch bald wieder und ich habe ihm seine Sache auch gleich erledigt und habe mich dann noch eine Weile mit ihm unterhalten. Im Lauf des Gesprächs denke ich, er muß doch so aus unserer Gegend stammen, denn er ließ einmal das Wort „Schwabe“ fallen. Ich frage ihn, wo kommen sie denn her, sind sie etwa aus Baden. Sagt er zu mir, „Ja, ich bin aus Konstanz“. Ist das nicht interessant. Ich glaube ihn vom Sehen zu kennen. Ich habe mich sofort für diese Woche mit ihm besprochen, so ein Wiedersehen mit einem Konstanzer muß doch gefeiert werden.  Ich werde Dir wieder Davon berichten. Da kann man sehen, wie klein die Welt ist.  Etwas Sorge macht mir noch Deine Krankheit, Da die Verschleimung Dir noch so Schwierigkeiten macht. Sieh Dich bitte vor, daß Dir nichts Davon zurückbleibt.  Die gesamte Beerenernte ist ja ziemlich reichlich und läßt für später schließen, daß wir genügend Zeug haben.  Die Gehaltsabrechnungsangelegenheit wird ja nun in Ordnung sein. Da das Einkommen als Beamter anfänglich kleiner ist und daß mir das solange weiter gewährt wird, bis dort die entsprechende  (?) erreicht habe, ist mir schon klar. Ich teilte Dir ja auch schon früher mit, daß ich das Dadurch auszugleichen versuche, daß ich baldmöglichst zusehen muß, auf eine andere Art zu zeigen (?)Denn die werden doch nicht etwa denken, daß ich Dauernd (?) dort spielen will. Warten wir also ab.  Es ist mir eine Beruhigung, daß es mit Vater wieder einigermaßen besser geht und daß Du andererseits für einige Zeit ausspannen kannst . Daß mein Brief an Helga rechtzeitig vor Eurer Abreise mit angekommen ist, freut mich, besonders aber auch, daß er unseren beiden Sprößlingen Spaß gemacht hat.  Dein Brief an Kurt ist in Ordnung. Ich muß ihm auch wieder schreiben, denn ich bin wieder dran.  Recht herzliche Grüße und viele Küsse Dir und den Kindern sendet Dir Dein Ernst.
Grüße bitte auch Deine Eltern vielmals von mir.

Mein liebstes Mädel !                                                             29.7.41

Für Deinen Brief vom 23. vielen und herzlichen Dank . Daß Du vor Deiner Abfahrt nicht mehr viel Zeit zum Schreiben hast, verstehe ich sehr gut. Es ist doch noch allerhand zu tun, wenn man so einmal für einige Wochen wegfährt. Vor allem  weil Du noch mit Vater so zu tun gehabt hast. Ich hoffe, daß ich nun morgen oder übermorgen den ersten Brief oder wenigstens eine Karte von Leipzig von Dir bekomme.  Der Marinesturm hat auch wieder von sich hören lassen. Die beiden Rundschreiben sende ich Dir in der Anlage mit. Die sind vom Rebstock abgefaßt. Sie zeigen den guten Willen, doch sind selbst ziemlich stümperhaft. Ich werde also wohl einmal von mir hören lassen müssen. Auch die Zeitschrift SA ist mir zugesandt worden. Man sieht aber den guten Willen. Es kommt gerade in diesen Schreiben so ganz besonders zum Ausdruck, wie die, die in der Heimat sind, große Schlachten schlagen.  Nehmen wir ihnen das nicht weiter so übel und lassen wir das für spätere Tage. Jedenfalls kann ich mich Dabei eines Lächelns nicht erwehren.  gestern habe ich noch für Jörg die gleichen Sandalen wie für Helga gekauft. Graser hat mir gesagt, daß er Anfang des kommenden Monats in Urlaub fährt und wenn ich etwas zu schicken habe, dann soll ich ihm das mitgeben. Ich werde wahrscheinlich sämtliche Schuhe zusammenpacken und ihm mitgeben. Ich werde alles an Vater adressieren, der es dann solange für Dich in Empfang nehmen kann. Dann sind die Sachen Daheim, wenn Du wieder in Konstanz bist. Ist es Dir so recht ? gestern war ich im Kino und habe eine sehr netten Film gesehen. Wenn der irgendwo einmal in Konstanz laufen sollte, kann ich ihn Dir nur empfehlen. Er heißt „Auf Wiedersehen Franziska“. Er hat mir wieder einmal gut gefallen.  das Wetter ist immer noch ziemlich regenreich. Am Sonntag hat es ja auch ziemlich gegossen. Heute früh wieder auch.  Sonst ist nichts wesentliches zu berichten. Vielleicht morgen wieder mehr. Ich sende Euch allen recht herzliche Grüße und Dir noch Dazu viele Küsse. Ich hoffe, daß es Dir die wenigen Tage in Leipzig gut gefallen wird. Wenn sich irgendwelche Anzeichen des Auseinanderlebens mit Deinen Eltern auch geltend machen, so wirst Du hoffentlich in mancher Hinsicht auch wieder Verständnis finden. Nochmals viele Grüße und Küsse Dir und den anderen sendet Dir Dein Ernst.


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