Montag, 25. Juli 2016

Brief 156 vom 25./26.7.1941


Meine liebste Annie !                                                                                           25.7.41                         
 
Wenn es nun geklappt hat, seid Ihr heute auf der Fahrt. Ich glaube, daß Du noch ziemlich viel Betrieb daheim gehabt hast. Ich wünsche nur, daß Dir diese Tage, trotz des Aufenthalts in der Großstadt, Tage der Erholung sind. Wie ich aus Deinem Brief vom 20. sehe, hat bei Dir am Sonntag reges Leben geherrscht. Vaters Zustand war noch unverändert, was ich mit Rücksicht auf Dich besonders bedaure. Vielleicht tritt nach einigen Tagen doch eine Besserung ein. Ich weiß nun heute nicht, wo ich Euch suchen soll. Hoffentlich reicht Dir die Schokolade, oder brauchst Du welche. Wenn Du solche Wünsche hast, kannst du mir das auch wieder schreiben, wenn Du wieder daheim bist und wenn Du nicht haben willst, daß Deine Eltern etwa das lesen, was Du mir schreibst.  Ich glaubte, daß das alles die gleiche Schokolade sei, denn die können ja mit dem Material arbeiten, was zur Verfügung steht.  Helga wird ihren Brief von mir nun auch erhalten haben. Wenn sie nur Freude daran gehabt hat. Ob es Dir noch zum Kino in dieser Woche gelangt hat, glaube ich kaum, denn ich stelle mir vor, daß Du froh gewesen bist, wenn Du Deine Arbeit hast erledigen können und wenn Feierabend war. Vielleicht kannst Du das in Leipzig machen. Bei uns ist es mit der Propaganda so, daß sämtliche Kraftwagen mit diesem Zeichen ausgestattet worden sind. Inwieweit sich das nun günstig auswirkt oder nicht, wird sich ja zeigen.
Die „de gallischen“ Kreise machen oben in die Öffnung des V das Lothringer Kreuz als ihr Zeichen rein. Nun wurde von uns teilweise das Hakenkreuz und das Lothringer Kreuz hineingemalt. Manchmal muß man ja lachen und man weiß nicht mehr was richtig ist oder nicht. Doch lassen wir das.  Heiß ist es inzwischen auch wieder geworden, doch es ist möglich, daß es bald zum regnen kommt.  Ich bin heute in Gedanken ganz bei Euch und hoffe, wenn Ihr gefahren sei, daß Ihr eine gute Reise habt. Es grüßt und küßt Dich sowie die Kinder recht oft Dein Ernst

Meine liebe Frau!                                                               25.7.41

Ich fange gleich jetzt noch mit einem Schreiben an, nicht etwa weil ich dazu Zeit habe, sondern weil ich nach der vielen Arbeit im Augenblick etwas anderes tun möchte. Ich habe soviel Hochdruck, doch ich will mich ein wenig ablenken und fange deshalb mit meinem Schreiben an. Die Hitze ist heute noch dazu so stark, daß es fast unangenehm ist, wenn man seine verschwitzte Uniform an hat.  Ich habe heute erfahren, daß man Zucker  kaufen kann, doch nur zentnerweise. Jetzt werde ich mich mit einigen Kameraden zusammentun und mich mit denen teilen. Ich glaube, daß Du diesen noch brauchen kannst, auch wenn bei Dir die Haupteinmachzeit vorbei ist. Ich denke aber in erster Linie daran, daß Du vielleicht noch Pflaumen oder ähnliches einmachen willst. Wegen Gardinen habe ich mich auch schon verschiedentlich umgesehen. Es gibt da so ganz fertige Sachen mit eingearbeiteten bunten Blumen.  Ich denke, daß sich das vielleicht ganz gut machen würde, wenn Du so etwas in der Küche verwenden würdest. Ich habe das also noch nicht vergessen, doch muß ich immer zusehen, wie ich es mit dem Geld einrichte. So mache ich das nach und nach und Du kommst auch zu diesen Sachen. Wenn ich jetzt diese Schuhe besorgt habe, brauchen wir meines Erachtens im nächsten halben Jahr keine mehr.  Es handelt sich nur noch um die Sachen, die ich mir hier für meinen Dienst beschaffen will, aber ich denke, daß ich das auch schaffen werde. Du brauchst davon den Eltern nur insoweit von diesen Käufen erzählen, als Du es für notwendig erachtest. Das überlasse ich also ganz und gar Dir. 
                                                                                         26.7.41
Heute früh hat es ein heftiges Gewitter gegeben, die erhoffte Abkühlung ist zwar leider ausgeblieben. Es ist fast noch schwüler wie am Tag vorher. So ein starkes Gewitter wie heute habe ich hier noch nicht erlebt. Für Deinen Brief vom 21. danke ich Dir bestens. Ich habe mich gefreut, als Du mir mitteilen konntest, daß es mit Vater soweit besser geht, daß Du abreisen kannst. Ich glaube nun annehmen zu können, daß Ihr heute in Leipzig seid. Ihr werdet nach den getroffenen Reisevorbereitungen auch froh sein, wenn Ihr dort angekommen seid. Den Kindern wird es eine große Freude gewesen sein, so eine lange Fahrt mitzumachen. Die Kartengeschichte macht schon etwas Schwierigkeiten, aber das muß man eben jetzt mit in Kauf nehmen. Wegen Vaters Schuhen habe ich Dir ja schon geschrieben. Ich weiß nicht, ob er mit halben Schuhen zufrieden sein wird, oder mit hohen Schuhen, die Gummisohle haben. Mit dem Hut von Helga hast Du Dir ja ziemlich Arbeit gemacht. Ich sende Dir und den Kinder, ebenso Deinen Eltern, recht herzliche Grüße und Küsse. An Dich möchte ich wieder besonders denken und hoffe, daß Du Dich einige Tage ausspannen kannst. Dies wünscht Dir Dein Ernst

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