Du
mein liebster Schatz !
18.9.43
Wieder einmal stehe ich vor der Abreise. Zum wievielten Male das nun schon der Fall ist, das kann ich bald nicht mehr nachzählen. Ich habe heute der Marschbefehl nach Athen erhalten. Dort werde ich aller Aussicht nach auch noch nicht bleiben. Wahrscheinlich werde ich nach Mazedonien gehen, weil doch dort gewisse Gebiete von den Italienern geräumt wurden. Am Sonntagmittag 13 Uhr werde ich hier von Belgrad abrollen. Die Fahrt wird voraussichtlich zwei Tage dauern. Ob dieser Fahrplan genau eingehalten wird, das zeigt ja einem erst die Praxis. Ich bin ja jetzt froh, daß ich einmal eine Versetzung in der Tasche habe. Diese Kommandierungen sind meist von kurzer Dauer, so daß man nie in den Besitz von Post kommt. Ich habe gestern bei der letzten Kommandantur angerufen und nachgefragt, ob Post für mich eingegangen sei. Wie ich hören musste, war immer noch nichts angekommen. Ich habe meine neue Zwischenadresse bekannt gegeben, damit die Post wenigstens erst nach Griechenland herunterkommt. von dort aus kann sie mir dann durch Kurier zugestellt werden. Ich denke, wenn sie dort unten ist, dann kann es nur noch 2 - 3 Tage dauern, bis ich sie dann erhalte. Ich will also das beste hoffen. Es ist ein quälender Zustand, wenn man gern Nachricht von daheim hätte und man muß immer und immer wieder warten. Aber was hilft das alles, wenn man daran nichts ändern kann. Wenn man dann immer nur aus sich heraus schreiben muß, so verleidet einem da mit der Zeit. Du mußt aber keine Angst haben, daß ich jetzt aufhören würde mit Schreiben. Es kann aber sein, daß ich während der Bahnfahrt wieder etwas kurz trete. Sobald mir meine neue Anschrift bekannt ist, schreibe ich Dir mit Luftpost, die von dort unten aus wieder läuft. Du kannst dann auf dem gleichen Wege antworten. Marken hast Du ja meines Wissens noch daheim.
Bis zum Erhalt dieser neuen Anschrift kannst Du diese Sachen an die Nummer 06439 senden. Das ist die stelle, an die ich die andere Post auch weiterleiten lasse.
Ich habe, als ich diesen Befehl bekam an den Mann der Wollmatingerin denken müssen, der doch auch nach Griechenland fahren mußte. Damals dachte ich, als ich diese Mitteilung von Dir erhielt, der hat seinen Standort. Ich muß nun noch den gleichen Weg machen. Wenn das so weitergeht, dann bildet man sich doch noch zum Weltreisenden heraus. Zu anderer Zeit ist das wohl ganz nett, aber so bekommt man das Reisen langsam satt.
Wie geht es denn Euch? Was machen unsere beiden Lausekerle. Hält sich Helga in der Schule auch richtig ran? Wenn bei Euch das Wetter so anhaltend schön ist, dann könnt Ihr das Baden im Freien noch schön ausnutzen. Ich bin wirklich gespannt auf Deine Briefe, denn Du hast ja schon Verschiedenes mitzuteilen. Gern wüsste ich, wie Du von München nach hause gekommen bist und wie Du alles angetroffen hast. Wie die Bilder geworden sind, wie Du mit den Dir noch bevorstehenden vielen Gartenarbeiten fertig wirst. Aber resigniert muß man immer wieder feststellen, daß nur Abwarten hilft. Ich will erst froh sein, wenn ich den berühmten griechischen Ausspruch tun kann: „Talhatta, Talhatta“. Ich will damit sagen, wenn ich das Meer sehe, denke ich, daß ich mein Ziel bald erreicht haben werde.
Den heutigen Tag habe ich mich nach Möglichkeit unterhalten. Ich war gleich nach dem Essen im Soldatenkino und habe mir den Film angesehen: „Wir machen Musik“. Am Abend war ich hier in der KdF-Bühne, die einen Bauernschwank aufführte, der wirklich ganz nett war. Anschließend habe ich im Soldatenheim noch ein Bier getrunken und nun bin ich zuhause. Ist das nicht bald zuviel der Genüsse? Vielleicht dauert es länger, bis ich zu solchen Sachen komme. Man weiß ja nie, was einem bevorsteht.
Meine Lieben, bleibt alle recht hübsch gesund und lasst Euch recht schön grüßen. Viele liebe Küsse übermittle ich Dir und den Kindern und bin immer Dein Ernst.
Mein liebster Schatz ! 21.9.43
Wenn Du jetzt auf den Balkan reisen wolltest, dann wappne Dich mit Geduld und nochmals mit Geduld. In Belgrad fuhren wir schon mit einer Stunde Verspätung ab. Die gesamte Reise sollte erst, wie ich Dir schrieb, zwei Tage dauern. Im Zuge wurde uns schon ein Dämpfer aufgesetzt, als es hieß, wir bräuchten 8o Stunden. Schließlich fanden wir uns auch damit ab. aber die Gemütlichkeit hörte dann auf, als wir gestern auf einem Bahnhof 14 Stunden aufgehalten hatten. Das ist dann doch ein wenig zuviel. Die planmäßige Fahrzeit haben wir überschritten, und die Zeit, die uns hier mitgeteilt wurde, werden wir auch bald erreicht haben. Dabei haben wir etwas über ein Drittel der Fahrtstrecke erst hinter uns. Hinzu kommt noch, daß es die Sonne wirklich sehr gut meint. Du kannst Dir dann vorstellen, wie das in einem Abteil eines Schnellzugwagens ist, der mit 8 Personen besetzt ist. Das geht wohl, wenn man 10 oder 12 Stunden beieinander sitzt, aber wenn man sich auf eine solche Dauer einrichten muß, dann ist das schon wesentlich anders. Unsere Fahrt ging bis jetzt grob gesagt über Lajaroo, Nisch, Skopje. Jetzt haben wir als nächstes größeres Ziel Saloniki vor uns. Von dort aus geht es durch den Terniopylenpaß nach Athen. Schwieriger ist es schon über den Balkan zu reisen als etwa nach Rußland. Hier kommt man aller naselang in ein anderes Land und da braucht man dann auch wieder anderes Geld. Erst hatten wir serbische Währung, dann bulgarische und jetzt brauchen wir schon griechische. Das geht aber nun nicht so wie man das gern will oder wie man es seinem Geldbeutel nach kann. Es sind immer nur gewisse Beträge statthaft, die man erwerben kann. In Bulgarien sind die Preise bei weitem niedriger, so daß man dort ziemlich billig einkaufen könnte. Dem wir aber durch diese Beschränkung ein Riegel vorgeschoben. Wie oft haben wir früher bei den Zigarettenreklamen gelesen: Unter der Sonne Mazedoniens gereift. Durch dieses Land geht jetzt unsere Reise. Wenn der Tabak seine Güte unter der Sonnenbestrahlung herleitet, dann muß er hier schon ordentlich werden. Die Dörfer machen einen recht südlichen Eindruck. Die Berge sind kahl und reichen bis an den Fluss, an dem die Bahn entlang fährt. Nachdem auch die Bevölkerung uns gegenüber mit Abstand begegnet ist, so kann man hier feststellen, daß sie uns freundlicher gesinnt sind. Sie winken uns und unserem Zug nach. Ob das nun die Freude darüber ist, daß die Italiener abrücken und wir kommen? Man kann es nicht genau sagen sondern nur vermuten. Seit Tagen rollt Transport um Transport von Italienern, die von uns demobilisiert wurden, an uns vorbei. Sie machen nun den Eindruck als wären sie froh, daß der Krieg für sie beendet sei. Hoffentlich gelingt es Mussolini, diese Schlawiner noch nützlich einzusetzen. Alle italienischen Verbände werden hier aus den von ihnen besetzten Ländern herausgezogen. Die Schwarzhemden verbleiben vorerst. Ich werde dann noch ausführlicher dazu schreiben, wenn ich mehr Zeit dazu habe.
Gesund bin ich noch, nur wegen der vielen Wärme kommt man nicht aus dem Schwitzen heraus. Die Kleider riechen schon ganz sauer, aber es hilft nichts, denn ein Wechseln der Wäsche auf der Bahnfahrt ist vollkommen zwecklos. Ich will Dich nicht ganz solange ohne Nachricht lassen, darum schreibe ich wieder auf der Bahnfahrt. Daß ich in der nächsten Zeit Post erhalte, damit rechne ich schon gleich gar nicht mehr. Recht viele Grüße und herzliche Küsse sende ich Dir von unterwegs und meiner Fahrt nach Griechenland. Bleibt alle meine Lieben gesund und denke Du an Deinen Ernst.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen