Samstag, 22. September 2018

Brief 452 vom 07.09.1943


Mein liebes, gutes Mädel !                                                                             7.9.43        
   
Gleich beim Aufwachen heute früh gedachte ich Deines Geburtstags, den Du heute begehst. Ich denke, daß Ihr alle frisch und munter seid. Die Kinder werden sich schon angestrengt haben und werden versuchen, Dir soweit es ihnen möglich ist, einige kleine Freuden zu bereiten. Ich wäre auch an diesem Tag gern dabei. Mit Deinem Geburtstag schließen wir ja immer unsere Familienfestwoche, die ja mit dem 1.9. immer beginnt. Wenn Du auch nicht vorhast, etwas besonderes zu machen, weil Du Helgas Geburtstag mehr begehen willst, so glaube mir, daß ich, soweit ich dienstlich nicht davon abgehalten wurde, immer an Dich gedacht habe, was Du wohl heute machen würdest. Vor einer Woche mussten wir früh wieder voneinander verabschieden. Wie schnell doch die Zeit dahinschießt. Es ist ja gerade Mittagspause und ich habe mich hingesetzt, um Dir gleich zu schreiben. Es ist 3 Uhr. Die Uhr, die Dir so gut gefiel, habe ich auf meinem kleinen Tisch vor mir noch untergebracht. Um diese Zeit warst Du in der vergangenen Woche schon bald in Konstanz und ich dagegen hatte um diese Zeit bald die Reichsgrenze erreicht. Ich glaube bestimmt, daß schon mein erstes Schreiben bei Dir eingegangen ist. Dann weißt Du erst einmal, wie es mir geht und daß ich mein erstes Zwischenziel erreicht habe.
Zu meiner Freude kann ich Dir mitteilen, daß ich wieder ein Päckchen an Dich auf den Weg bringen kann. Ich habe hier Butter erhalten, die Euch morgen gleich mit zugehen wird. Die Preise sind hier eben wesentlich höher wie im Osten. Doch darüber schreibe ich einmal gesondert, weil Dich das wohl auch interessieren wird. Wie immer, werde ich ja mit meinem Brot nicht fertig. Ich werde es so machen, wie wir es besprachen, ich versuche es zu trocknen und schicke es Dir dann mit zu. Es wäre vielleicht doch ratsam , wenn Du mir dann von den Kartons wieder einige zugehen lassen würdest, ebenso von dem Packpapier und etwas con dem alten Bindfaden. Ich weiß wohl nicht, wie lange ich es hier aushalte, doch das wird mir ja auf alle Fälle nachgesandt. Du wirst dann schon etwas damit anzufangen wissen und ich müsste es dann hier nur herschenken und das würde doch zu schade dazu.
Inzwischen ist es Nach geworden und mein neues Quartier habe ich jetzt auch bezogen. Zum Gedenken an Deinen Geburtstag und gewissermaßen zur Einweihung habe ich einen Schluck aus der kleinen Flasche genommen, aus der wir gemeinsam getrunken hatten, als wir uns in dem Zimmer in München verabschiedeten. Ich habe sie nun bald leer. Ich hoffe, daß ich hier bei Gelegenheit neuen Stoff bekommen kann. Wenn das nicht der Fall ist, dann ist das auch nicht weiter schlimm. Wenn Du jetzt nicht gerade an mich schreibst, oder wenn Vater nicht bei Dir sitzt, was wohl heute der Fall sein wird, dann könntest Du schon in Deinem Bett sein. Ich habe vorhin noch meine Sachen ein wenig auseinander sortiert, denn sie verdrücken sich zu sehr, wenn man sie die ganze Zeit im Koffer liegen lässt. Das sind alles so Arbeiten, die man selbst vornehmen muß, wenn man allein ist. Das habe ich während der langen Jahre schon reichlich Gelegenheit gehabt. Da fällt mir übrigens ein, die ganze Fahrt bis hierher, habe ich immer meine Mappe mit meinem Schreibmaterial gesucht. Ich dachte schon , mein Füllhalter und die Mappe seien in München verloren gegangen. Ich konnte mir erst nicht denken, wo sie abgeblieben sein könnten. Wie ich hier nun meinen Waschbeutel einmal richtig auseinander packe, da finde ich ihn wieder. Ich wollte schon an meine frühere Einheit schreiben, ob ich diese Sachen vielleicht dort gelassen hätte.  Aber so geht es, wenn man seine Sachen nicht selbst einpackt, dann weiß man doch nicht so Bescheid. Du wirst lachen, was ich für Sorgen manchmal habe, zum Glück erweisen sie sich als nicht so tragisch. Aber wenn man so einen Schwung Gepäck hat, dann will man nicht erst alles auseinander packen. Glücklicherweise sprechen die Kinder, die immerhin schon erwachsen sind, der Quartierleute deutsch. So habe ich es in dieser Hinsicht nicht so schwer. Mein gegenwärtiger Tagesplan geht nun wie folgt.  Früh zwischen 6 und ½ 7 Uhr aufstehen. Zwischen ¼ und ½ 8 Uhr gehe ich zum gemeinsamen Kaffeetrinken. Der Dienst beginnt 8 Uhr und geht bis ½ 1 Uhr. Dann gehe ich zum Mittagessen und habe dann anschließend Pause bis 4 Uhr. Von da ab läuft dann der Dienst bis 7 Uhr. Die Zeit wird ziemlich penibel eingehalten, so daß ich immerhin ganz schön Freizeit habe. Am Sonntag wird nur von 10 bis ½ 1 Uhr gearbeitet. Das ist ziemlich entgegenkommend und nicht mit der Arbeitszeit bei der Heeresgruppe zu vergleichen. Ich kann es schon dabei aushalten. Nimm viele liebe und recht herzliche Grüße und Küsse entgegen von Deinem Ernst. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen