Samstag, 22. September 2018

Brief 457 vom 16./17.09.1943


Mein herzig liebes Mädel !                                                                 16.9.43   
         
Ehe ich nun den heutigen Tag abschließe, will ich Dir noch meinen Gruß niederschreiben.  denn ich weiß ja nicht, wann ich wieder Gelegenheit dazu haben werde. Ich reise morgen früh schon hier ab. Mein Gastspiel ist also für hier beendet. Es geht erst nach Belgrad, wo ich weitere Order bekomme. Ich habe noch einige Lauferei gehabt, aber vor allem habe ich die Gelegenheit nochmals ausgenutzt, die sich mir bot und habe die Sachen gekauft, die ich für Euch noch beschaffen konnte. Es hat 5 Päckchen gegeben, die ich heute und morgen früh auf den Weg gebracht habe. Sie haben die Nummern 36/40. Ich konnte nochmals Butter bekommen. Dann befindet sich in einem Päckchen getrocknetes Brot. Ein Päckchen enthält eine Dose Fisch und 3 Eier. Weitere 9 Eier habe ich in zwei Kartons verpackt, die ich noch mit Brot soweit Platz vorhanden war, ausgefüllt habe. Es sind wohl alles Kleinigkeiten, aber sie werden Euch schon nützen. Hoffentlich kommt alles gut in Deine Hände. Die Butter wird wohl nicht mehr frisch sein, aber die kannst Du ja noch gut auslassen. Damit hast Du doch wieder einige kleine Reserven. Die Päckchen musste ich heute doch noch fertig machen. Nach der gestrigen schmutzigen Arbeit  wollte ich doch noch einmal baden gehen. Das habe ich bei dem Wetter, das so wie im August ist, fein machen können. Es war kolossal heiß, aber das Baden hat recht gut getan. Es ist ja günstig, wenn man nur einen Weg von etwa 10 Minuten hat. Wie Du aus dem beiliegenden Durchschlag siehst, habe ich an Nannie noch einen Gruß zum Geburtstag gesandt. Einige alte Rasierklingen habe ich Dir zur Verwendung für Deine Schneiderarbeiten beigelegt. Du kannst sie doch brauchen. Ich erinnere mich jedenfalls, daß Du keine mehr da hattest, als ich jetzt daheim war.
Ist das nicht allerhand, spaziert mir doch ein Floh am Bein herauf und herunter, während ich hier schreibe. Das waren Raritäten vor dem Krieg bei uns und hier bekommt man das gratis geliefert. Ich muß sonst sagen, daß das Quartier ziemlich sauber ist. Die Leute sind auch nicht gerade erfreut, daß ich hier wieder abrücke. Das läßt sich nun nicht ändern. Dadurch, daß man hier immer einmal eine Kleinigkeit bekommt, ist es ja ganz schön Aber ich hoffe, daß sich auch woanders etwas auftut.
Als ich mich vor Dienstschluss verabschiedete, waren 6 Hauptmänner sehr nett zu mir. Etwas hat mich gefreut. Der eine sagte, er habe sich gefreut über meine vernünftigen, mannhaften Worte, die ich gehabt hätte, als es sich um meine Verwendung hier bei der Kommandantur und darum handelte, daß man mich hier anders einsetzte, als ich es mir gedacht hatte. Er hätte keine Bedenken um mein Fortkommen, wenn ich immer so auftreten würde. Man sieht daran wieder, daß man sich wehren muß und auch kann, wenn man im Recht ist. Ich kann mich ja nicht beklagen über allzu große Beanspruchung, denn ich habe mich hier nicht totgearbeitet. In den letzten Tagen habe ich mir die einschlägigen Dinge etwas angesehen, so daß ich doch einen kleinen Einblick über die Tätigkeit von bisher bekommen habe.
Es ist nun reichlich spät geworden, aber bevor ich hier abreiste, wollte ich Dir doch noch meinen Gruß senden und Dich eben auch mit dieser Nachricht noch bekannt machen. Ob ich morgen gleich dazukomme, ist ja sehr fraglich. Ich bedauere nur, daß ich noch keine Post von Dir erhalten habe, denn jetzt geht es ja geraume Zeit, bis mir diese nachgesandt werden wird und bis Du meine neue endgültige Nummer hast. Aber das ist nun nicht zu ändern.
Bleibt mir alle hübsch gesund und lasst Euch recht vielmals grüßen. Grüße bitte ebenfalls Vater von mir.  Unseren Borzels gib einen herzhaften Kuss wie ich Dir in Liebe besonders  gern einige davon aufdrücken würde. Dein Ernst.

Mein liebes, gutes Mädel !                                                                      17.9.43     
    
Recht behelfsmäßig geht es jetzt zu, aber zum Abschluss dieses Tages will ich Dir doch noch gleich Bescheid zukommen lassen, wie es mir nun heute ergangen ist. 8,40 Uhr sollte wir in unserem Kaff dort abfahren. Mit einer Verspätung von nur einer Stunde hat es dann auch geklappt. Ein Oberinspektor, der auch nach dem Ort kommandiert war, hat die Herfahrt mit mir angetreten. Gegen  6 Uhr sind wir nun wieder in Belgrad gelandet. Wie ich schon schrieb, war es ein kurzes Gastspiel, was ich dort gegeben hatte. Aber das war ja schon von Anfang an bekannt, daß es nur für kurze Zeit sein sollte. Ich hatte mich gestern bei allen in Frage kommenden Stellen verabschiedet. Ich wusste, daß das dort so üblich ist, daß jedem, der von der Einheit dort weggeht, eine Rede gehalten wird. Dem bin ich dadurch aus dem Weg gegangen, daß ich vor dem Appell mich wegbegeben habe. Dem anderen Kameraden ist nun der ganze Segen überantwortet worden. Ich bin nun einmal kein Freund von solcher Rederei. Misstrauisch muß man immer sein; darum weiß man doch nicht, ob es ehrlich gemeint ist. Hier trafen wir auf dem Bahnhof noch einen Kollegen , der auch für den neuen Einsatz mitbestimmt ist. Er war nun der Ansicht, daß es besser sein, wenn man sich heute nicht mehr auf der Dienststelle sehen läßt. Der  Kamerad, der mit mir gekommen ist, und ich, wir waren anderer Meinung, weil wir uns im klaren sein wollten. Wir haben uns gleich gemeldet. Der Kollege von mir, er kommt nach Albanien und ich werden am Sonntag nach Griechenland abrollen. Nächstes Marschziel wird wohl Athen oder Saloniki sein. Dort erhalte ich dann weitere Befehle. Die Fahrt wird wieder einige Tage in Anspruch nehmen. Wie lange es nun genau dauert, das ist mir zwar nicht bekannt. Ich werde mir den Laden dort einmal ansehen. Gefällt es mir nicht, dann werde ich zu meiner alten Einheit zurückschreiben und kann versuchen, daß man mich nach den jetzt eingetretenen Verhältnissen nach dort holt. Das muß sich aber erst zeigen, wie der Laden bei dem neuen Haufen läuft. Morgen werde ich versuchen, bei der Einheit 17090 anzurufen, um evtl. dort eingegangene Post für mich hierher zu beordern. Denn ich habe ja immer noch keine Nachricht von Dir. Deine Sendungen an diese Feldpostnummer stelle doch bitte jetzt ein. Ich halte es für ratsam, daß Du die Post an die hiesige Dienststelle gehen läßt. Diese wird mir diese Briefe dann nach senden. Die Nummer : 18937. Sobald ich dann neunen Bescheid habe, bekommst Du sofort meine neue Anschrift.
Hier in Belgrad bin ich in einem Hotel untergekommen. Mit dem Kollegen habe ich ein Zimmer mit zwei Betten  bekommen. Hier werden wir während des kurzen Zwischenaufenthalts nächtigen und uns aufhalten. Mit der Fahrt nach Griechenland ist das anscheinend nicht so einfach, weil da erst Platzkarten besorgt werden müssen, sonst kommt man nicht mit. Das soll aber meine Sorge nicht sein, denn dafür ist schließlich die Dienststelle hier da.
Mein lieber Schatz! Lasse Dich ganz herzhaft küssen.  Recht schöne Grüße widme ich Dir und den Kindern und bin immer in Liebe Dein Ernst. 
Schreibe bitte an die letzte Nummer weiter, weil dies dann schon bei der richtigen Stelle vermerkt worden ist.

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