Samstag, 22. September 2018

Brief 450 vom 01./02.09.1943


Mein liebster Schatz !                                                                     1.9.43    
 
Du bist nun bereits wieder einen Tag daheim, während ich hier in einer Wirtschaft in Belgrad sitze, um wenigstens niederzuschreiben, daß ich hier angekommen bin. Die  Fahrt hat, entgegen der und erteilten Auskunft, bis 11 Uhr gedau ert. Bis ich nun das Gepäck abgegeben habe und die Durchfragerei bis zur Dienststelle, bei der ich mich melden soll, beendet war, ist viel Zeit vergangen. Die Herren haben keine Zeit, mich zu empfangen, denn wie ich höre, sitzt sie bei einer Flasche Wein, bei der sie nicht gestört werden wollen. Wie es aussieht, bleibe ich nicht hier im Ort. Ich werde zu irgendeiner Kommandantur kommen. Das werde ich aber nachher noch erfahren. Über die Art und Weise bin ich wieder sehr verärgert, denn die Leute spüren hier sehr wenig vom Krieg. Gestern  habe ich den ganzen Tag an dich gedacht, wie Du nach hause gefahren bist. Wenn man die Strecke kennt, dann kann man sich an der Zeit ungefähr zusammenreimen, wo sich der Zug oder das Schiff befin det. Die Fahrt bei mir war ja sehr schön, vor allem das ganze Stück durch die Ost mark. In Salzburg hat es nicht einmal geregnet. Das soll doch dort zum guten Ton gehören. Aber es fehlte nicht viel, dann hätte es gereicht. Das Wetter war bis Bad Gast ein sehr auf Regen eingestellt. Es kam aber nicht soweit. Wir fuhren dort durch einen sehr langen Tunnel, und auf der anderen Seite der Berge war dann das herrlichste Wetter. Es war dann ein wunderbarer Anblick, als wir dann auf halber Höhe des Berges über einem Tal fuhren. Schöne weiße Wolken standen am Himmel und dagegen standen dann die dunklen Berge. Im Tale dann der Fluss. Es war einfach ein herrliches Bild.  Es war nur bedauerlich, daß ich diese Fahrt allein machte. Wie schön hätten wir über diese Dinge sprechen und uns zusammen darüber freuen können. Deine lieben beide Brie fe, die ich in München erhielt, habe ich dann gelesen. Ich kann Dir nur sagen, daß ich mich mächtig über Deine lieben Zeilen gefreut habe. Ich bin bis jetzt aber noch nicht in der richtigen Stimmung, um Dir ausführlich über alles zu berichten. Mich hat hier manches beeindruckt, was ich erst hinter mir haben muß, dann wird es wieder besser gehen. Ich bitte Dich aber um eines, mache Dir um mich keine Sorgen, denn ich werde es schon schaffen. Inzwischen ist es Nacht geworden. An Helga habe ich einen Geburtstagsbrief geschrieben, damit sie sieht, daß ihr liebster Vater trotz der verschiedenen Wirrnisse an sie gedacht hat. Ich hatte vergessen, Dir zu sagen, daß sie ja auch noch 20,-RM bekommt wie Jörg, damit sie mit ihrem Sparbuch nicht so weit hinterherhinkt.  Auch heute Nachmittag habe ich nichts erreicht. Der Herr war wieder nicht da, obwohl er mich bestellt hatte. Ich habe nun am Abend etwas zu essen bekommen, denn satt sieht die Welt schon wieder ganz anders aus. Ein Quartier habe ich auch bei Privatleu ten, dann ist alles nicht so ängstlich. Mein Gepäck wurde mir mit dem Wagen geholt, so daß dann in dieser Beziehung alles seine Ordnung hat. Morgen werde ich nun erfahren, was jetzt mit mir geschieht. Manchmal geht einem der Gaul durch, aber es ist schon so, man muß eben Warten lernen. Sobald man diesem Grundsatz beim Militär untreu wird, dann rächt sich das alles. Mir soll es wieder gleich sein, denn das geht ja doch vom Krieg ab . Meine neue Anschrift weiß ich noch nicht, sobald ich sie habe, lasse ich sie Dich wissen. Mein Schatz, lasse Dich recht herzlich grüßen und sei vielmals geküßt von Deinem Ernst, der viel an dich denkt.  




Mein liebster Schatz !                                                                                   2.9.43     
 
 

Jetzt ist es vorläufig soweit. Heute habe ich nun den Bescheid erhalten, daß ich hier zu einer Kreiskommandantur, wie man so schön sagt, zur Einarbei tung beordert bin. Als erstes habe ich gleich die neue vorläufige Feldpostnummer erfragt. Sie lautet jetzt 17090. Wie lange ich mich dort aufhalten werde, das ist noch unbestimmt und hängt ganz und gar von der Entwicklung der weiteren Verhältnisse ab. alle die weisen Erklärungen,  die mir hier mitgegeben worden sind, kamen mir zum Teil reichlich lächerlich vor. Ich kenne doch nun die Militärverwaltung seit über 3 Jahren und bin schließlich kein Neuling. Ich habe das diesen Herren auch erklärt. Aber manche kommen sich dabei sehr klug und weise vor und hören sich gern reden. Aber davon werde ich Dir in meinen späteren Schreiben berichten. Auch über die anderen Dinge, die ich hier erlebt habe und die Eindrücke, die ich hier gewonnen habe, werde ich später mehr schreiben. Ich habe hier nicht die nötige Ruhe und auch nicht die richtige Gelegen heit. Gedulde Dich bitte bis dahin. Morgen früh geht es 6,37 hier ab und wenn alles klappt, dann habe ich meinen Bestimmungsort um 15,31 erreicht. Das Nest heißt Kragnjevace und liegt südlich von Belgrad. Ob Du das Kaff auf einem Plan findest, wird wohl sehr fraglich sein. Mein recht liebes Mädel, Dir zum Geburtstage ! Gern wäre ich an Euren beiden Geburtstagen mit dabei gewesen.  Aber das Wollen und das Können sind eben zwei Dinge, die sich meist sehr schwer auf einen Nenner vereinen lassen. Wir haben ja reichlich Gelegenheit gehabt, uns in der letzten Zeit ausführlich über diese Dinge zu unterhalten. Du selbst hast ja bei meiner Abreise so einen kleinen Vorgeschmack bekommen, wie das in solchen Fällen zugeht. Ich hätte Dir, wenn ich nicht unterwegs wäre, wie gegenwärtig, besonders geschrieben und zugesehen, daß das Schreiben auch rechtzeitig angekommen wäre. Du kennst ja all die besonderen Umstände, so daß ich mich wohl nicht weiter zu entschuldigen brauche.  Meine Wünsche, die ja unser beider Wünsche sind, habe ich Dir ja bereits in München ausgesprochen. Ich möchte sie aber nochmals kurz zusammenfassen. Ich wünsche Dir, daß Du mit im kommenden Jahr gesund bleibst und vor allem, daß mit Deinem Herzen doch so eine Besserung eintreten möge, daß Du keine Schwierigkeiten und keine Komplikationen bekommst. Wirtschaftlich haben wir ja keine Sorgen weiter, so daß sich meine Wünsche daraufhin erstrecken brauchen. Ich wünsche Dir aber außerdem, daß du während meiner Abwesenheit viel Freude an den Kindern hast und daß sie Dir in mancher Beziehung eine Stütze sind. Ich weiß wohl, daß Du nicht alles mit ihnen besprechen kannst, aber doch immerhin können sie Dir in vieler Hinsicht ein Trost sein.  Was uns alle betrifft, das wäre der Wunsch für einen Urlaub oder noch besser, baldige gesunde Heimkehr nach einem gewonnenen Krieg. Wenn ich Dir auch nichts weiter auf den Tisch legen kann, so bitte ich Dich, verfüge über 50,-RM von dem bei Dir hinterlassenen Geld für Deine Zwecke. Ich kann leider jetzt nichts weiter tun. Mein liebster Schatz, hoffen wir, daß sich diese Wünsche erfüllen mögen, so wie sie darge bracht sind. Nimm viele liebe Küsse und recht herzliche Grüße entgegen. Ich bin in Gedan ken immer bei Euch , meine Lieben. Dein Ernst.

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