Montag, 25. Juli 2016

Brief 155 vom 23./24.7.1941


Liebstes Mädel !                                                                                               23.7.41       

Ich sende Dir heute noch einige Abzüge von den Bildern, die bei unserem Grubenbesuch gemacht worden sind. Einen Teil hast Du ja schon erhalten. Wenn Du den Eltern davon eins geben willst, ist mir das gleich. Weiterhin habe ich noch ein weiteres Bild beigefügt, wie ich in unserem botanischen Garten tätig bin. Das ist bei uns im Hof gemacht worden, als ich unseren Garten sprenge. Es sieht etwas nach nichts aus, doch auch wieder ein Erinnerungsbild.  Weiter lege ich noch einen Ausschnitt aus unserer Zeitung bei, der Dich sicher interessiert, weil es die Anwerbung von Freiwilligen behandelt. Hier bei uns hat sich gestern auch ein Holländer gemeldet, der gleich abrücken wollte, um gegen die Bolschewisten zu kämpfen. Wir haben die nötigen Schritte für ihn getan, ich denke, daß er bald zu seinem Ziele kommen wird.  Die 17,-RM habe ich heute erhalten. Ich Danke Dir vielmals Dafür.  Für Deine beiden Briefe vom 17. und 18. danke ich Dir recht vielmals. Ich mache mir schon Gedanken, wie Du jetzt nach Deiner erst kurz überstandenen Krankheit das alles schaffen wirst. Vor allem auch deshalb, weil der Arzt und Du selbst auch sagst, daß es noch nicht vorbei sei und daß das nicht so schnell weggeht. Du mußt sehr Obacht geben, daß das nicht chronisch wird. Mit Vaters Garten und auch mit unserem hast Du ja sehr viel Arbeit gehabt.  Du tust mir sehr leid, daß Du jetzt alles allein machen mußt. Mit der Beerenernte kannst Du wohl zufrieden sein. Der Zucker fehlt zwar doch, wenn Ihr sie so gegessen habt, sind sie Euch doch zugute gekommen.  Was Vater selbst anbelangt, so geht es ja nicht, daß er denkt, er käme die ganze Zeit ohne Essen aus, denn er ißt schon nicht viel, und zum Zusetzen hat er nichts mehr.  Wenn er sich nicht ein bißchen hält, kann er schnell auf diese Weise Schluß machen. Das ist doch nicht nötig, wenn er nicht immer so eigensinnig wäre. Wenn er auch keinen Appetit hat, so soll er sich doch etwas zum Essen zwingen. Ich bin gespannt, was der Arzt sagt. Erschreckend ist ja, wie Du schreibst, daß er teilweise seine Farbe gewechselt hat.  Wenn Elsa kommen sollte, möchte ich nochmals betonen, daß sie entsprechend ihrer Personenzahl mit zupacken muß. Es geht einfach nicht, daß etwa andere Personen, auch wenn es gute Bekannte sind, auf Kosten Deiner Gesundung sich erholen und Du nachher den Schaden hast. Mache es bitte so wie ich Dir schon geschrieben habe und tue mir den gefallen und schone Dich. Daß Du jetzt mit der Schokolade etwas zusetzen kannst und daß Du sie gebrauchen kannst, freut mich sehr. Wesentlich ist, daß sie Dir eine passende Ergänzung ist.
Hast Du noch genügend, oder muß ich wieder welche besorgen. Gib mir darüber rechtzeitig Bescheid. Solange ich noch welche erhalten kann, sollst Du sie nicht entbehren.  Daß unsere Helga sich allein zum Zahnarzt getraut hat, ist doch sehr schön, auch daß sie allein zum Arzt sonst geht, zeigt doch, wie groß unsere Göre schon geworden ist. Das hat mich sehr gefreut, daß sie keine Angst hat vor der Zahnbehandlung. Hoffentlich kommt alles gut in Ordnung, daß Du Deinen verdienten Urlaub antreten kannst. Ich wünsche Dir jedenfalls von ganzem Herzen ein paar Tage Entspannung. Ich sende Dir, den Kindern und auch den Eltern recht herzliche Grüße und viele Küsse Dein Ernst
Liebste Annie!                                                                                                           24.7.41

Ich Danke Dir herzlich für Deinen Brief vom 19.7. und muß sagen, daß Du Dir schon wieder viel zu viel vornimmst. Wenn Du bei der vielen Arbeit nicht zum Schreiben kommst, so nehme ich Dir das ja gar nicht übel. Erstens mußt Du Vater versorgen, hast am Tag über die viele Lauferei, besorgst noch den Garten und willst noch die Beeren versorgen, außerdem mußt Du noch Deine Reisevorbereitungen treffen. Ich habe Bedenken, daß Du Dir zuviel zumutest und mir am Ende zusammenklappst. Ich hoffe, daß Du nun heute oder morgen fahren kannst, damit Du endlich einmal etwas Entspannung hast. Das sieht ja Vater ähnlich, er wird sich erst rühren, nachdem das Kind in den Bach gefallen ist. Jetzt merkt er, daß er sich für sein Alter zuviel zugemutet hat. Wenn alles wieder in Ordnung ist, hoffe ich, daß er sich an seine guten Vorsätze hält und nicht wieder mit den gleichen Methoden zurückfällt.  Ich freue mich, daß Du das eine Zimmer der Kinder noch zu gelegener Zeit hast umräumen können, so daß Du diese Arbeit nicht noch zur letzten Minute machen brauchst. Ich hoffe, daß Ihr eine gute Reise machen könnt und daß Ihr richtig ankommt.  Daß das Päckchen an Kurt wieder zurückgekommen ist, spricht wahrscheinlich für die Tatsache, daß er nach Rußland mit hat abrücken müssen.  Gestern habe ich für Dich noch ein Paar Schuhe erstanden und für Helga ein Paar Sandalen. Für mich habe ich auch ein Paar Schuhe gekauft.  Ich wollte zwar hohe Schuhe haben, doch es gibt nur noch halbe Schuhe mit Ledersohle. Alles, was neu in die Geschäfte rein kommt, wird nur noch mit Gummisohlen geliefert oder für den Sommer mit Holzsohle. Ich hoffe, daß Dir diese Schuhe auch passen werden und Dein gefallen finden. Für Jörg habe ich versucht, ein Paar noch zu erhalten, doch es waren keine mehr von dieser Nummer da. Wenn nochmals welche hereinkommen, dann wird noch ein Paar für ihn zurückgelegt. Für Vater ist es nun so, daß ich also nur noch welche mit Gummisohle erhalten konnte. Aber ihm das zusagt, weiß ich nicht.  Hast Du übrigens Interesse an ein Paar Schaftstiefeln für Dich oder nicht. Es wäre vielleicht möglich, daß ich hier welche machen lassen könnte. Du kannst mir das ja einmal mitteilen. Ich denke, daß da vielleicht Braune in Frage kommen.
Das teile mir einmal bei Gelegenheit mit.  Heute grüße und küsse ich Dich herzlich und bitte Dich, den Eltern viele Grüße von mir auszurichten. Für heute bin ich Dein Ernst

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