Samstag, 2. Juli 2016

Brief 145 vom 30.6./1.7.1941


Meine liebe Annie !                                                                                    30.6.41  

Der Sonntag ist wieder vorbei und wir wurden gestern von den Erfolgen unserer Wehrmacht unterrichtet. Das ist ja ganz phantastisch, wie die Russen zusammengebügelt werden. Es ist fast unglaublich, was die Russen an Material haben lassen müssen.  Die Gefangenenzahlen werden sich in den nächsten Tagen herausstellen. Die Strecken, die von unseren Truppen zurückgelegt wurden, sind ebenso fabelhaft. Verschiedene Franzosen, die nun glaubten, daß es jetzt mit uns fertig ist, nachdem wir uns mit den Russen rumschlagen müssen, sagen, daß es uns gelingt, den Engländer zu besiegen, wenn wir in der Lage sind, den Russen zu schlagen. Die Kommunisten versuchen hier Stimmung zu machen, doch soweit ich die Sache übersehe, finden sie keinen starken Widerhall. Wie ich in der letzten Woche mir sagen ließ, sei das Vertrauen zum Marschall Petain in Paris wesentlich stärker wie in der Zeit vorher. Wie sich die Verhältnisse weiter anlassen, wird sich demnächst dann zeigen. Jedenfalls zeichnen sich jetzt schon klare Linien ab in der ganzen Welt. Wenn die Presse schreibt, daß dieser Feldzug kein Umweg sei, so kann man das ja schon aus den Stimmen aus aller Welt ersehen. Spanier, Norweger und Holländer werben eigene Divisionen, um mit dabei zu sein.  Die Postsperre ist ja nun wieder aufgehoben, so daß ich wieder mit regelmäßigem Posteingang rechnen kann. Gestern bekam ich den 4- Farbstift.  Wenn ich nach Lille komme, werde ich ihn mitnehmen. Wenn ihn Graser  nicht haben will, so haben wir schon Verwendung dafür. Das Wetter hat sich etwas abgekühlt. Gestern und heute war bedeckter Himmel, doch es ist nicht unangenehm, Wie ich gehört habe, soll am Mittwoch hier baden sein. Ich will einmal sehen, ob ich da mitmache.  Ich habe heute keinen Stoff mehr und höre deshalb auf. Vielleicht bekomme ich bald wieder Post von Dir, damit ich weiß, wie es Dir geht.  Sei recht herzlich gegrüßt und oft geküßt von Deinem Ernst. Unseren Kindern gib einen recht herzlichen Kuß von ihrem Vater.
NB. An die Stadt habe ich heute noch geschrieben, zwar mit dem gestrigen Datum. Den Durchschlag sende ich Dir mit zur Kenntnisnahme. Ich habe mit Absicht nochmals darauf hingewiesen, daß sie mich zum zweiten Lehrgang vormerken lassen sollen, Damit das nicht in Vergessenheit gerät. Wenn die etwa meckern sollten, brauche ich nur darauf aufmerksam zu machen, daß mir das ja versprochen worden sei. Zudem ist das auch noch in den Personalakten festgelegt.

Meine liebe Frau !                                                                  1.7.41

Nun sind wir schon in den Juli reingerutscht. Vor einem Jahr hielt ich mich in Köln auf und stand ziemlich kurz vor der Abreise. Man erinnert sich gut der Tage, wie man in Abwartung des neuen und des Unwissen stand. Alles war vor einem Jahr. Man fragt sich nur, wie lange man hier noch bleiben muß. Manchmal hat man so richtig die Nase voll. Wenn man nicht wüßte, daß man hier gerade im gegenwärtigen Zeitpunkt, wo im Verhältnis wenig Männer sind, notwendig gebraucht wird. Die Bevölkerung muß ja mehr oder weniger durch die Anwesenheit in Schach gehalten werden. Sie versucht durch irgendwelche Kundgebungen und wenn sie noch so klein sind, ihren Oppositionsgeist durchblicken zu lassen. Daß sie nicht viel ausrichten können, wissen die Leute schon, doch das spielt bei ihnen keine Rolle. Gestern war es hier interessant. gegen Abend versuchten englische Flugzeuge sich hier mausig zu machen. Deutsche Jäger brausten in ziemlicher Höhe hinter ihnen her. Diese Kämpfe fanden in großer Höhe statt und alles vollzog sich kolossal schnell, doch dauerte dies alles etwa ¾ Stunde. Die Leute sind auf der Straße stehen geblieben und haben zugesehen, was in der Luft vor sich ging. Wie die Kameraden erzählten, sollen verschiedene Franzosen den Engländern zugewinkt haben. In wieweit das stimmt, weiß ich nicht, da ich es nicht selbst gesehen habe. Flugblätter wurden hier auch abgeworfen, worin die Leute aufgefordert wurden, nicht mehr für uns zu arbeiten und daß sie sich gegen uns auflehnen sollen. Du siehst, daß die mit allen Mitteln versuchen, die Leute hier aufzustacheln. Wie gesagt, mit solchen Mätzchen haben die Engländer sowie auch die Franzosen wenig Glück.  Gestern Abend war ich wieder im Kino. Es lief ein schöner Film „.....reitet für Deutschland“. Wenn er nochmals in Konstanz läuft, dann geh doch einmal dahin, denn das ist etwas für Dich. Du hast doch eine Schwäche für Pferde und auch für Reitvorführungen. Mir hat dieser Film ausgezeichnet gefallen.  Morgen habe ich hier wahrscheinlich Gelegenheit, ein Bergwerk zu besichtigen. Das würde mich sehr freuen, so etwas kennen zu lernen. Die Grube selbst geht bis fast 500 m unter die Erde. Wenn ich das hinter mir habe, werde ich Dir darüber ausführlich berichten.  Wie geht es Dir? Hast Du weitere Fortschritte in Deiner Genesung gemacht oder ist es auf dem gleichen Stand geblieben? Was machen die Kinder. Die können doch bei dem Wetter  ziemlich draußen rumtollen. Helga wird bald wieder Ferien bekommen.  Ich sende Dir recht herzliche Grüße und viele Küsse und bitte Dich, den Kindern wieder etwas davon abzugeben. Dein Ernst

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