Meine liebe Frau ! O.U., den 14.September 1940
Es ist nun bereits 5 Uhr und bis jetzt
habe ich noch keinen Brief von Dir wieder erhalten. Die Post ist zwar nicht
verteilt und es ist nicht ausgeschlossen, daß für mich doch noch etwas kommt.
Ich werde deshalb wieder erst von gestern Abend erzählen.
Es war eine Veranstaltung, wie ich Dir ja
schon schrieb, von der HJ. Man merkt erst da wieder, daß man lange Zeit von
daheim weg ist, wenn man die Jungens mit ihren nackigen Knien da sitzen sieht.
Es waren so etwa 60 Mann die spielten. Jedenfalls fühlt man erst und bei
solchen Gelegenheiten immer wieder, wie nahe einem die Heimat am Herzen liegt.
Heute Abend sind die Jungens mit ihrem Musikzug durch die Stadt gezogen und auf
dem Platz vor dem Theater haben sie nochmals gespielt. Zum Abschied wurde dann,
wie im Theater auch, das Englandlied gesungen, ja so etwas reißt mit.
In diesen Tagen ist es nun soweit, daß ich
etwa 100 Briefe an Dich geschrieben habe. Ist das nicht auch eine Leistung? Sie
liegt nicht allein auf meiner Seite, denn Du hast ja auch immer laufend an mich
geschrieben, so daß auch Du soviel geschrieben haben wirst. Nun wird es ja
langsam Zeit, daß man wieder einmal heimkommt, damit man dann vielleicht die
nächsten 100 auflegen kann. Bist Du damit einverstanden, ich meine mit dem
Urlaub?
Was die nächsten 100 Briefe anbelangt, so
wäre es allerdings besser, es brauchte nicht mehr so lange zu dauern. Doch wie
ich schon früher immer festgestellt habe, wir werden so lange unsere Pflicht erfüllen,
wie es von uns verlangt wird. Du als Frau daheim und ich hier draußen mit den
Kameraden zusammen. Wenn ich aber heimkommen sollte, so wird es schwer sein,
den genauen Tag anzugeben, weil die Zugverbindungen nicht so ganz klar und
sicher sind. Ich werde aber zusehen, was sich in dieser Beziehung machen läßt.
Eins würde mich aber freuen, man könnte sich über vieles, was man im Briefe
nicht so behandeln kann, aussprechen. Hoffen wir das Beste lieber Leser,
schreibt die Redaktion.
Ich möchte für heute wieder schließen und
Euch alle Ihr Lieben daheim herzlich grüßen.
Dir sende ich außerdem noch viele
herzliche Küsse. Dein Ernst.
Meine liebe Frau!
O.U., den 16.September 1940
Heute früh erhielt ich gleich 2 Briefe von Dir und zwar die vom 10/11.
und 12. für die ich alle herzlich danke. Auch die verschiedenen Durchschläge
von den Briefen, die Du geschrieben hast, habe ich gelesen.
Daß Du Deinen Eltern geschrieben hast, ich
hätte Euch Stoff und Wolle geschickt, ist ganz in Ordnung, denn das stimmt ja
dann auch wieder mit meinem Brief überein. Gefreut habe ich mich auch wieder
darüber, als Du mir mitteiltest, daß Du 2 Päckchen erhalten hättest und daß Dir
der Stoff gefallen hat. Ebenso daß die Schürzen passen und Dir zusagen, hat
mich beruhigt. Wie Du die Stoffe verwendest, ist mir vollkommen gleichgültig,
denn das überlasse ich ganz und gar den Bedürfnissen und Deinem Geschmack.
Was machen denn die Augen unserer beiden
Kerlchen? Wie ich aus Deinen letzten Briefen lesen kann, geht es anscheinend
wieder besser. Ich hoffe, daß es inzwischen wieder ganz gut geworden ist.
Jedenfalls wünsche ich beiden nochmals gute Besserung und daß sich alles wieder
gut behebt.
Ich liege nun wieder in meinem Bett und
will meinen Brief zum Abschluß bringen. Ich habe mir dabei wieder mein Radio
angestellt, dann geht es noch etwas beschwingter. Es ist zwar nicht unbedingt
notwendig, daß ich noch mehr in Schwung komme, denn ich habe wieder etwas
schönes für Dich gekauft, was ich Dir noch nicht verraten will, weil ich es Dir
bei meinem Urlaub selbst mitbringen will. Ich hoffe, daß er nicht mehr allzu
fern liegt. Nach der Zeit der Trennung ist man doch froh, wenn man einmal
Urlaubsgedanken haben kann, von denen man hofft, daß sie sich erfüllen werden.
Es wäre zwar wünschenswert, daß ich Dir rechtzeitig Bescheid geben könnte, doch
Du kannst Dir ja denken, daß das beim Kommis immer hopplahopp geht und von
vielen Zufälligkeiten abhängt.
Über die Schnelligkeit der Stadt wegen des
Luftschutzkellers muß ich wirklich staunen. Jetzt wo der Krieg bald vorbei
ist,- aber immerhin schon über 1 Jahr gedauert hat - sind die auch schon
dahinter gekommen. Ich möchte Euch nur wünschen, daß Ihr ihn nicht ernstlich in
Anspruch nehmen müßt.
Ich freue mich, wenn Du bei meinen Briefen
das Empfinden hast, wie wenn ich mit dir spreche. Wenn ich dies erreicht habe,
so ist doch zwischen uns eine große Brücke geschlagen, denn auf diese Weise
haben wir doch immer noch den persönlichen Kontakt, vor allem auch dann noch,
wenn ich aus Deinen Briefen immer wieder lesen kann, wie wir alle aneinander
hängen. Ich bin ja auch wirklich froh darum.
Ich habe hier wohl meine Kameraden, doch
in meinen Briefen an Dich kann ich mich so aussprechen, wie ich dies daheim mit
Dir gewöhnt bin. Ich kann ja von meinen Kameraden nicht verlangen, daß sie
Interesse für meine privaten Belange haben; und wenn sie das hätten, so wollte
ich das nicht einmal haben, weil ich mich ja doch nur mit Dir allein richtig
aussprechen kann.
Nun mein liebes Mädel, wünsche ich Euch
allen eine gute Nacht und sei vielmals gegrüßt und geküßt.
Denke auch weiterhin an Deinen Ernst.
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