Donnerstag, 13. Dezember 2018

Brief 497 vom 12./15.12.1943


Mein liebstes Mädel!                                                                            12.12.43

Schon wieder ist die Post ausgeblieben. Vorläufig werden hauptsächlich die Weihnachtspäckchen herangebracht. Dann ist es aber auch so, daß die Wetterverhältnisse für die Flugverbindung nicht besonders günstig ist. Ich habe mir heute nun einmal verschiedene Sachen vorgenommen, die schon länger einmal gemacht werden sollten. Und im Laufe der Woche legt man so manches hin mit der Absicht, es bald in Ordnung zu bringen. Meist kommt man aus diesen oder jenen Gründen nicht dazu, oder man hat keine Lust dazu, weil diese Dinge doch nicht eilen. Aber einmal hat man diese Bummelei satt und dann macht man sich doch darüber her. Jetzt habe ich für eine Weile wieder Ordnung in meinen Sachen. Das kommt ja auch im wesentlichen mit daher, weil man sich früher um solche Dinge nicht hat kümmern brauchen. Du als Hausfrau hast geordnet, was zu ordnen war, aber hier fehlt diese ordnende Hand. Manchmal komme ich mir vor, wie ein verlotterter Junggeselle. Ich mache ja auch verzweifelte Anstrengungen, diesem bedauerlichen Zustand abzuhelfen, aber Du siehst ja, wie ich Dir oben schon ausführte, wie kläglich das meist ausfällt. Bis man sich dann aufrafft, darüber vergeht dann schon einige Zeit. Wenn ich dann einmal für immer nach hause komme, dann ist auch dieser Kummer für mich vorbei.
Am Samstag und Sonntag, da sind für mich immer die Tage, an denen ich mich immer wieder durchfuttere. Im Soldatenheim, da kann ich meist nichts mehr erhalten, weil unsere Dienststunden dazu zu ungünstig liegen. Zudem ist der Andrang außerordentlich stark, wenn es etwas Ordentliches zu futtern gibt. Ich gehe dann meist hier ins Offiziersheim, dort bekomme ich meist noch etwas. Gestern gab es Makkaroni mit Soße und Wein kann man auch trinken, so daß man zufrieden sein konnte. Manchmal gibt es einen guten Wermutwein, von dem ich gerne einmal einige Flaschen für Dich hätte. Ich denke, daß er Dir schmecken würde, denn er ist süß. Aber auch der Samoswein, den man aber nur mit Hilfe guter Freunde erhält, ist sehr trinkbar. Das sind aber so die einzigen Sachen, die uns hin und wieder zugänglich sind.
In der vergangenen Woche war ich auch wieder im Kino. Da wurde ein Film gebracht, der immerhin ein ganz interessanten Versuch ist,. Es wird das Problem der französischen Jungend behandelt, die auf Abwege geraten, weil sie nicht richtig verstanden, eingespannt und behandelt werden. Der Film wurde in Frankreich gedreht und heißt „Das unheimliche Haus“.  Immerhin ist er sehenswert. Ich muß, weil ich gerade vom film spreche, nochmals auf den Film, „Das Bad in der Tenne“ zurückkommen. Du schriebst, daß er ziemlich frei sei und später teiltest Du mir mit, daß er wegen seiner Unmoral in der Schweiz verboten worden wäre. Wenn ich ihn gelobt habe, so haben mir vor allem die schönen bunten Bilder der damaligen Trachten gefallen, die doch wirklich sehr schön wirken. Daß manche Szenen sehr frei sind, das stimmt wohl, doch da kann man nach meinem Dafürhalten ohne weiteres darüber hinwegsehen.
Nach den kühlen Tagen, die wir vor kurzem hatten, ist es jetzt etwas merklich wärmer geworden, doch der Steinboden in unsren Räumen läßt keine Wärme aufkommen. Aber kalt ist es im eigentlichen Sinne nicht. Ich habe mir beispielsweise mit kaltem Wasser die Haare gewaschen. Das läßt sich ohne weiteres machen. Daheim kann man das bei Euch nicht riskieren, dann hat man seine Erkältung weg. Wenn ich wieder richtig auf Deck bin, dann will ich einmal ein Bad im Meer versuchen, das soll jetzt noch gut möglich sein.
Was werdet Ihr heute zum 3. Adventsonntag gemacht haben? Bei Euch wird es schon immerhin winterlicher sein. Wenn auch kein Schnee liegt, so hat doch alles einen anderen Charakter. Bald werden die Weihnachtsbäume aufmarschieren, vielleicht hast du auch schon einen erstanden. Hier wird dies nicht so leicht sein.
Recht herzlich grüßt Dich und die Kinder, ein fester Kuss gehört selbstverständlich auch dazu von Deinem Ernst.

Liebster Schatz!                                                                                 15.12.43      
      
Gestern habe ich meinen Weihnachtsbrief an Euch fertiggestellt, so daß ich nicht dazu kam, den täglichen Brief zu schreiben. Post erhielt ich auch nicht, so daß ich eigentlich auch nichts zu beantworten habe. Heute erhielt ich nun nach langem Warten wieder einen Brief von Dir, über den ich mich recht freute. Wenn man eine zeitlang regelmäßig seine Post erhielt, dann ist man eben verwöhnt und man glaubt, daß das immer so weitergehen muß. Man weiß aber nach einigem Warten die Post noch viel mehr zu schätzen, wie man das sonst täglich so automatisch abläuft. In Deinem Brief vom 5./6. teilst Du mir nun mit, wie es beim Theaterspiel und am Nikolaustag zugegangen ist. Alles ist ja nach Deiner Schilderung zufrieden gewesen, und geklappt hat auch alles. Ich bedauere nur, daß mein Brief an die Kinder nicht rechtzeitig angekommen ist oder sollte er auch wie im vergangenen Jahr verloren gegangen sein?
Wenn Du so Mangel an Backpulver hast, dann will ich zusehen, daß ich hier vielleicht noch einmal welches erhalte, doch versprechen kann ich es Dir leider nicht. Sage einmal, kannst Du denn nicht mit Hefe backen, oder läßt sich das nicht machen. Davon verstehe ich ja fast nichts, weil ich mich nie darum gekümmert habe. Aber wie gesagt, wenn es sich machen läßt, dann werde ich mein Heil versuchen.
Du fragst diesmal auch wieder wegen den Briefmarken an. Wo ich die „Pro Juventute“ Marken habe, kann ich auch nicht mehr genau sagen. Es kann sein, daß sie in einer Blechschachtel mit liegen, aber bestimmt weiß ich es jetzt auch nicht. Für die laufende Übersendung der anderen Marken danke ich Dir. Bis jetzt habe ich noch nicht viel damit anfangen können, weil ich erst noch eine Übersicht gewinnen will. Wenn ich dann mehr hier habe, will ich einmal auf den Tausch gehen. Von den Marken mit Überdruck „Ukraine“ „Elsaß und Lothringen“ schicke mir einmal, was da ist. Aber evtl.  musst Du Obacht geben, daß sie auch im Album vorhanden sind. Ich verlange jetzt recht viel von Dir, denn Du mußt dich da mit Dingen befassen, die Dir eigentlich nicht liegen bzw. für die Du kein besonderes Interesse bisher gehabt hast. Aber ich weiß ja, daß Du dies gern für mich machst, deshalb trete ich auch ungehindert mit dieser Bitte an Dich heran.
Bei uns ist es aber jetzt doch merklich kühl geworden, so daß man gern den Pullover anzieht. Ich habe ihn mir heute vorgeholt, was nun recht mollig ist. Spaßig ist das hier, wie man erst von den kurzen Hosen überwechselt zu langen. Wie man dann erst eine dünne Feldbluse anzeiht, und dann auch diese mit der dicken vertauscht. Dann holt man sich die Unterhosen heraus. Handschuhe und Mantel fehlen noch, aber dann sind auch wir hier jetzt winterlich angezogen.
Vorhin am Nachmittag kamen alle Deine Päckchen schon an. Ich denke, daß es alle sind. 4 Stück habe ich erhalten. Das war ein Hallo bei den anderen Kameraden, als dieser Schwung ankam. Ich trage sie nun in mein Hotel und hebe sie auf, bis die Feiertage bzw. der Heilige Abend kommt. Dann wrde ich sie aufmachen so wie ich es die Jahre vorher auch getan habe, Denn das war ja immer so, daß wir uns die Überraschung bis zur Bescherung vorbehalten haben. Doch heute schon will ich Dir dafür recht herzlich danken. Ich bin froh, daß alles schon rechtzeitig angekommen ist, denn Du machst Dir doch sicherlich auch Gedanken, ob ich Deine Sachen alle erhalten habe.
Gestern habe ich noch an Siegfried, Deinen Vater und an Alfred geschrieben, die Durchschläge von diesen Schreiben habe ich wieder beigefügt. Damit habe ich fast alle meine Weihnachtspost erledigt. An Nannie habe ich nicht geschrieben, denn sie hat ja erst Post von mir bekommen und sie hat ja mir schon solange nicht geantwortet. Ich wüsste nicht, an wen ich noch schreiben sollte. Meine Kameraden haben von mir alle Bescheid, bis auf zwei, die hier aber in nächster Nähe liegen. Das läßt sich noch gut nachholen. Fritz Bautz hat auch noch nichts von sich hören lassen. Dem kann ich aber zu seinem Geburtstag und zum Jahrewechsel schreiben. Durch die verschiedenen Kameraden, die ich im Laufe der Jahre kennen gelernt habe, hat sich mein Kreis ziemlich erweitert. Doch bis jetzt habe ich es noch glatt geschafft. Wenn ich zwar alles mit der Hand schreiben müßte, dann wäre das schon etwas schwerer.
Ich schließe diesen Brief wieder, indem ich Dir eine Gute Nacht wünsche. Einen recht lieben, herzhaften Kuß füge ich noch bei und grüße Dich, mein Schatz, in Liebe. Dein Ernst.

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