Mein liebster Schatz! 9.12.43
Mit der Postzuteilung ist es jetzt hier allgemein so eine Sache. Heute ist wieder nichts gekommen. Nun warten wir wieder auf morgen. Der Weihnachtsverkehr wird sich auch geltend machen, denn die Päckchen belasten doch ziemlich. Gestern erhielt ich von Erna noch ein Päckchen, was mich sehr überrascht hat. Das hätte ich bestimmt nicht erwartet. Sie schickt etwas Gebäck, einen Apel, Rasierklingen und Zahnpasta. Was kann man sich im 5. Kriegsjahr schicken. Es ist ja schwierig. Aber wie gesagt, ich habe mich über diese Überraschung sehr gefreut. Das Gebäck habe ich mir in Vorweihnachtsfreude einverleibt. Der Rest muß auch bald daran glauben.
An Frau Frick habe ich auch wieder geschrieben, denn wenn ich jetzt diese Sachen beantworte, dann kann ich meine Weihnachtsgrüße immer noch anfügen, so daß ich dafür nicht besonders schreiben muß. Durchschlag meines Schreibens liegt wieder bei. Auf Nachricht von Leipzig warte ich nun auch, denn ich will doch wissen, ob unsere Angehörigen diesen Terrorangriff gut überstanden haben. Wie ich bis jetzt erfahren konnte, soll vor allem Plagwitz in Mitleidenschaft gezogen worden sein,. Unter den gegenwärtigen Umständen halte ich es für angebracht, wenn Erna mit dem Kind zu ihren Eltern gehen würde, denn es ist ja nicht ausgeschlossen, daß sich ein solcher Angriff wiederholt, Ich denke zwar, daß sich die ganze Familie Michel während des Angriffs in Rehau zu Besuch befand. Ich will erst einmal abwarten, was ich höre, denn werde ich entsprechende Vorschläge machen. Ich denke doch, daß Erna bei ihren Eltern unterkommen kann. Denn bei uns ist es ja dafür zu eng, oder bist Du anderer Meinung? Es ist vielleicht gut, wenn Du mir Deine Meinung darüber mitteilst.
Die letzten, Dir übersandten Zigaretten hebe doch einmal mit auf. Vielleicht kannst Du sie zu Tauschzwecken verwenden, die ich in Vorbereitung habe. Ich will erst abwarten, was sich zeigt. Wenn es sich lohnt, und wenn es Zweck hat, dann schicke ich noch mehr Zigaretten. Ich habe nun auch eine Quelle, wo ich immer einmal welche bekomme. Doch Du wirst verstehen, daß man erst jetzt für das leibliche Wohl sorgen muß, ehe man seine Leute mit Glimmstengeln versorgt. Es fallen für diese auch immer wieder einmal welche ab. Daß wir diese nun ausschließlich zur Verfügung stellen, das kann ich nicht einsehen. Ich habe für meinen Tausch bedarf auch noch welche hier, da liegt keine Veranlassung vor, daß Du Dir darüber Gedanken machst. An dem Adventskalender unseres Jungen habe ich jeden Tag immer meinen Spaß. Die Miniaturen sind zum Teil ganz nett gemacht. Bei ihm weiß ich zwar nicht ganz, was er gewollt hat, aber dadurch ist der Phantasie freier Spielraum gelassen. Ich kann ihm also nochmals bestätigen, daß er einen netten Einfall gehabt hat, und daß er mir mit seiner Arbeit schon manchen Morgen eine Freude gemacht hat, denn gleich früh muß doch das neue Fenster geöffnet werden.
Gerade bekomme ich von Alfred wieder einige Zeilen. Er läßt doch immer von Zeit zu Zeit von sich hören. Er schreibt, daß er 14 Tage auf Bornum gewesen sei. Für diese Soldaten, die in der Heimat eingesetzt sind, ist es in dieser Hinsicht recht günstig, wie man daran wieder feststellen kann.
Als ich von daheim wegfuhr, fragtest Du mich, ob ich vielleicht eine Flasche Cognac mitnehmen wollte. Ich sagte, daß das wohl nicht nötig sei, denn ich würde schon wieder zu alkoholischen Getränken kommen. Ich schrieb Dir ja vor längerer Zeit, daß wir allgemein eine Zuteilung erhalten hätten. Dieser Liter ist nun im Laufe der vergangenen Wochen so nach und nach alle geworden. Gestern habe ich mir den letzten Rest einverleibt. Ich hatte immer die stille Hoffnung, daß sich schon bei Gelegenheit eine Türöffnern würde. Tatsächlich hat mich meine Hoffnung nicht getäuscht. Heute habe ich 3 Flaschen Cognac erhalten. Ist das nicht schön? Ich muß Dir sagen, daß man den um diese Jahreszeit gut gebrauchen kann, denn Heizung haben wir hier nicht und irgendwie muß man sich ja einmal aufwärmen. Wenn ich ihn richtig einteile, dann reicht er wieder eine Weile hin. Wenn man etwas Glück hat, dann tut sich zu gegebener Zeit immer wieder einmal etwas auf.
Du fragst, wie der eine Landser dazu kam, mit Briefmarken zu schenken? Ich stehe an einem offenen Verkaufsstand und sehe mir die Marken an. Es waren keine besonderen Sachen und zu teuer waren sie mir auch. Mit einem Mal spricht mich ein Soldat an und sagt, ich solle doch den Griechen das schwere Geld nicht hinwerfen. Das, was er zu verkaufen hätte, das könnte er mir schenken. Das habe ich mir selbstverständlich nicht zweimal sagen lassen. Er sagte, daß er für seinen Bruder jede Marke einmal haben will und die anderen könnte ich erhalten. Ich hätte ihm gern einige Zigaretten dafür gegeben, aber ich hatte leider keine bei mir. Es hatte ihm aber auch so Spaß gemacht, mir damit eine Freude zu bereiten. War das nicht nett?
Mit recht herzlichen Grüßen und vielen Küssen beschließe ich meinen heutigen Brief. Ich denke oft und gern an Euch alle. Dein Ernst.
Meine liebe kleine Frau! 11.12.1943
Dein lange erwarteter Brief traf heute ein. Ich denke, dass ungünstiges Wetter die Heranbringung von Post mir dem Flugzeug verursacht. Aber immerhin habe ich doch wieder einmal Nachricht von Euch. Durch diesen sonst regelmäßigen Postverkehr sind wir Beide etwas verwöhnt, und dann macht sich das Ausbleiben leicht doppelt bemerkbar. Dein Brief ist vom 4.12.. Ich habe mich sehr darüber gefreut.
Du mußt Dich nicht grämen, daß Du die Uhr schon abgeschickt hattest, und daß Du das Tauschheft nicht mehr beilegen konntest. Das ist ja kein Beinbruch. Es wird sich schon einmal wieder eine Gelegenheit bieten, bei der Du mir diesen Wunsch erfüllen kannst. Das Haarwaschpulver ist also auch eingetroffen. Das kannst Du doch sicher gebrauchen. Vielleicht bekomme ich bei Gelegenheit wieder welches. Es sind ja alles nur Kleinigkeiten, aber es sind meist Kleinigkeiten, auf die man schon lange hat verzichten müssen. Deshalb freut man sich dann besonders darüber. Wenn Du das Tauschheft einmal schicken einmal schicken kannst, dann lasse nur die Marken drin stecken, vielleicht kann ich sie hier irgendwie vertauschen. Du fragst mich, ob es mein Sammlerherz freut, daß ich mir einige Marken kaufen kann. Diese Frage muß ich Dir dahingehend beantworten, daß ich nicht sehr vom Kaufen erbaut bin. Nur wenn mir etwas günstig erscheint, und ich habe das Geld dafür, dann erstehe ich mir das. Du weißt ja, daß ich in meine Sammlung nicht gerne Geld hineingesteckt habe, weil es im Grunde genommen doch totes liegendes Kapital ist. Soviel haben wir ja doch nicht übrig, daß wir uns diesen Luxus leisten können. Ich habe aber auch an den Marken, die ich bis jetzt beisammen habe, immer meine Freude gehabt. Das weißt Du ja. Wenn ich damit auch keine Kapitalien in Großmaß sammle, so habe ich doch diese Freude und mehr braucht es schließlich nicht zu sein. Du kannst ja mir der Aushändigung der Marken an Kuster noch zuwarten, denn ich habe einige Sätze wieder günstig bekommen. Deinem Vater werde ich davon später welche schicken. Du kannst sie ja erst einmal aufheben.
Das ist doch fein, daß Du für unsre Große die Schuhe erhalten hast, die ihr zustehen und die sie ja dann auch noch später v erwenden kann, weil Du sie schon auf Zuwachs gekauft hast. Daß die Leute uns noch als Kunden begrüßen, das wundert mich, denn allzu viel haben wir doch dort nicht gekauft. Aber wenn man in dieser Hinsicht als das behandelt wird, dann ist es immerhin vorteilhaft.
Die Zeit vor Weihnachten verlangt doch manche Arbeit, die sonst im Laufe des Jahres nicht herantritt. Das Kostüm für das Theater spielen hast Du auch noch selbst machen müssen. Das ist ja schon viel verlangt. Aber ich weiß ha, daß Du in dieser Beziehung gleich zur Hand bist. Da wird Helga froh gewesen sein, daß Du ihr das Kleid dazu fertiggemacht hast. Unser Tannenbaum. Unser Tannenbaum, das ist sie ja auch im wahrsten Sinne des Wortes, unsere überlange Latte, wird ja sehr stolz gewesen sein, als Du ihr das angefertigt hattest.
Wenn Ihr Euch schon selbst als Menschenfresser bezeichnet, dann muß es wohl an dem sein. Aber wenn Ihr Euch Euren Nikolaus mit den Rosinen habt noch schmackhafter habt machen können, dann macht mir das auch noch heute Spaß, daß ich Euch diese habe dazu schicken können. Ich bin auch der Ansicht, daß sie bestimmt besser geschmeckt haben werden wie die gekauften.
Unsere große Tochter muß ja nach den Strafarbeiten zu schließen, ein großer Rüpel in der Schule sein. Wie es nach Deinem Schreiben aussieht, kann man schnell zu einer Strafarbeit kommen. Ich sage mir immer wieder, wenn sie nichts Ehrenrühriges anstellt, dann ist weiter nichts dabei, wenn sie einmal einen Streich spielen oder sich sonst etwas leisten würde. Darum finde ich es gut, wenn unser Bengel soviel gesundes Empfinden hat und merkt, daß es böse ist, wenn ein Kind sich dem Lehrer gegenüber so flegelhaft benimmt. Meist merkt er es aber nicht, daß er sich daheim vielfach genauso benimmt. Aber aus Deinem Beispiel kann man aber klar erkennen, wie es gut ist, wenn ein Kind in der Gemeinschaft aufwächst. Aber ein kleiner Kerl ist er doch noch, denn er wie auch Helga, sie sitzen zu gern auf dem Schoß oder lassen sich wieder einmal bemuttern.
Für die von Vater übermittelten Grüße danke ich . Richte ihm auch von mir wieder welche aus. Was macht er denn? Seine Erkältung wird wohl nun vorbei sein. Ich habe jetzt etwas Schnupfen, aber das ist ja hier kein Wunder, wenn man den ganzen Tag in der kalten Bude sitzen muß. Wenn ich weiter keine Beschwerden habe, will ich noch froh sein. Mir fehlt ja auch tatsächlich nichts weiter.
Was ich Dir noch schreiben wollte. Mit dem Stopfen der Strümpfe brauche ich Dich nicht weiter mehr zu belasten. Ich weiß, daß Du es gern getan hast, nur war das hin und hersenden etwas umständlich. Ich kann das hier bei der Einheit machen lassen, was ja entschieden bequemer für beide Teile ist. Ich wollte Dir dies nur mitteilen, damit Du nicht etwas auf den Gedanken kommst, ich hätte mit irgendwelcher Absicht diese Zusendungen eingestellt. Das ist also nicht der Fall. Herzlich grüße ich Dich und die Kinder. Einen herzlichen Kuss für Jeden von Deinem Ernst.
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