Meine
geliebte kleine Frau !
20.4.43
Das waren wieder zwei nette Briefe, die ich von Dir gestern erhielt, und für die ich Dir herzlich danke. Gefreut hat mich auch die Mitteilung, daß wieder ein Teil meiner Päckchen gut bei Dir eingetroffen ist. Gleichzeitig trafen auch die Briefe unserer beiden Stromer ein. Helga hat sehr frisch und vor allem sehr ausführlich geschrieben, worüber ich mich sehr freute. Unser Junge schreibt dagegen sauberer. Sehr selbstbewusst schreibt er dabei von seinen Entdeckungen. Das spiegelt so richtig seine Art. Auffallend ist bei Beiden, daß sie ziemlich fehlerlos schreiben. Man merkt doch, daß sie viel lesen.
Das macht bestimmt viel aus. _ In Deinem letzten Brief ist Dir ein netter Tippfehler unterlaufen. Du hast Photographie mit PF statt dem PH geschrieben. Das sieht nicht schlecht aus. Deine Meldung über unseren Kellereibestand ist sehr aufschlussreich. Ich glaube wohl, daß wir damit schon eine Weile zu tun haben, bis wir diesen Sekt ausgetrunken haben. Aber ich sage mir so, ehe ich diese Sachen hier aufhebe und mich dann damit herumschleppe, nehme ich lieber das Risiko auf mich und lasse soweit möglich, einmal eine Flasche verloren gehen, als daß ich mich damit herumtrage. Ich habe ja schon manches herumgebuckelt. Darum bin ich froh, wenn diese Sachen schon daheim sind.
Soeben kommen wir vom Antreten zum Gedenken an den Geburtstag des Führers zurück.
Jetzt hat sich nun unser Schicksal ohne weiteres entschieden, als ein Teil von uns nach Charkow und ein anderer Teil in den Bezirk Aral geht. Ein Restkommando bleibt zurück.
Wohin ich nun davon kommen, steht noch nicht fest. Dies wurde uns anlässlich dieses Zusammentreffens bekannt gegeben. Ich teile dies Dir deshalb mir, weil ich diesen Brief mitgeben kann. Dann weißt Du so annähernd Bescheid. Ich bin froh, daß nun wieder etwas Leben in die Bude kommt, denn dieses Leben ist auf die Dauer für mich nichts.
Ich muß sehen, daß ich irgendwie nützlich bin, sonst fühle ich mich unglücklich dabei.
Denn man ist ja schließlich nicht zum Spaß hier draußen. _ Wie ich feststellen muß, ist bei Euch, im Gegensatz zu hier, das Wetter viel unbeständiger. Als hier am Sonntag der Sturm herrschte, da hat es wohl einmal gehagelt. Das hat aber mit dem Winter schon nichts mehr zu tun. Das kommt im Sommer auch vor. Aber Schnee haben wir schon lange keinen mehr. Man kann hier bald vom sommerlichen Wetter sprechen.
Mit Bedauern habe ich von unserem Jungen vernommen, daß er sich nicht mehr weiter anstrengt mit dem Schwimmen. Schwimmt er denn frei im kleinen Bad oder läßt Du ihm noch den Schwimmgurt. Ich weiß, daß es wenig Zweck hat, ihn etwa dazu zu zwingen. Aber achte nur auf ihn, daß er etwas vorwärts macht. Man müsste seinen Ehrgeiz versuchen anzustacheln. Ich frage mich zwar auch, wie. Aber Du hast ja etwas mehr Kontakt mit ihm, Du wirst das schon noch machen. Auf die anderen Einzelheiten Deiner Briefe gehe ich morgen mit ein, weil ich dieses Schreiben gleich mitgeben muß, weil der Betreffende vielleicht schon heute Mittag nach Berlin fliegt.
Ich habe schnell noch die Vollmachten für Euch fertiggemacht. Ich denke, daß es nun auch in Deinem Sinne ist. Nach der Darstellung, wie Du sie mir nun geschrieben hast, kann ich das jetzt auch ohne weiteres tun. Ich will nur mit der ersten Vollmacht erreichen, daß man mir bei späteren Auseinandersetzungen nicht den Weg verlegen könnte. Ich bin aber selbst sehr froh, daß es nicht soweit kommt. Aber wie dem auch sei, Du weißt, man muß erstens vorsichtig sein und dann könnte ich ja nicht ahnen, welchen Charakter diese Dinge angenommen haben. Aber ich glaube, jetzt wieder klar durchsehen zu können und das ist mir recht so. Sei vielmals und recht oft und fest geküßt. Nimm außerdem recht viele Grüße entgegen von Deinem so oft an Dich denkenden Ernst.
Mein
liebster Schatz !
21.4.43
Meinen
Brief habe ich gestern plötzlich abbrechen müssen, damit er bald mit wegging.
Ich will deshalb noch die unerledigten Sachen beantworten, damit alles wieder
in die Reihe kommt. Solch günstige Gelegenheit darf man nicht ungenützt
vorübergehen lassen. Denn es macht schon etwas aus, wenn man nicht auf dem
üblichen Feldpostweg absendet. Dagegen kann ich noch immer von Glück reden,
denn ich kann hier den Kurierweg benützen, was den meisten nicht offen steht.
Daß das Mehl richtig angekommen ist, macht mir viel Freude. Wenn es auch vom
geldlichen Stand punkt nicht viel bedeutet, so weiß ich doch, daß Du mit diesen
Dingen bestimmt nicht im Überfluss lebst. Wenn Ihr die Bonbons gleich gegessen
habt, dann bin ich Euch durchaus nicht böse, denn dazu schicke ich sie Euch ja
mit. Ist den unser Junge in dem Filzstiefel nicht versoffen?
Wenn unsere Helga die Opanken zu klein sind, dann nur nicht trragen lassen, denn ich will nicht haben, daß sie sich damit ihre Füße verkrüppelt. Bedauerlich ist, daß an dem kleinen Buch soviel Seiten zwischendurch fehlen. Das ist mir aber nicht weiter aufgefallen. Das ist ja so, daß das alles Kriegsproduktion ist und da wird nicht so weiter darauf geachtet, wie in anderen Zeiten. Daß ich deshalb ein lieber Schatz bin, freut mich außerordentlich. Ich hatte gedacht, daß das auch so der Fall sei, anscheinend aber nicht ?! Nein, lasse es gut sein, ich weiß schon, wie Du es gemeint hast. _ Wie ich Dir schon in der Zurückstellungssache schrieb, wollte ich von mir ein Gesuch absenden. Das hatte ich deshalb unterlassen, weil meine Dienststelle von sich aus erledigen will. Vor einigen Tagen habe ich im Auftrag meines Chefs an das Bürgermeisteramt in Konstanz von der Dienststelle aus geschrieben. Mein Chef hat es unterschrieben.
Ich stehe jetzt also noch ganz aus dem Spiel. Wir haben von hier aus um eine Bescheinigung zur Vervollständigung der Personalspapiere nachgesucht, aus der hervorgeht, daß ich der einzige Sohn bin. Ich bin ja gespannt, was die nun wieder wissen werden. Der Kollege, der früher mit mir zuerst in Charkow zusammengearbeitet hat, Türk hat er geheißen, der war der Letzte von unserem Beamtenhaufen, der nach Marburg zurückgekommen ist. Am vergangenen Samstag ist er abgerollt. Bei diesem Schub wäre ich diesmal mit dabei gewesen, wenn nicht dieser Fall eingetreten wäre. Das hatte ich ja schon geschrieben, daß ich den Fotoapparat von Kurt gern benutzen wollte, aber ich sagte damals schon daß es zu riskant wäre, ihn hierher zu schicken. Das ginge höchstens, wenn man ihn einem Kameraden, der in Urlaub fährt, dorthin unter Einschreiben sendet. Der kann ihn dann mitbringen. Aber hoffen wir lieber, daß ich selbst kommen kann, das ist entschieden besser. Die Filme behalte nur. Das hat keinen Wert, wenn wir sie dem Fotohändler überlassen. Daß sich unser Junge nicht viel aus dem schlimm gewordenen Finger macht, ist sehr bedauerlich. Daß ihm das noch keine Lehre gewesen ist, ist sehr schade. Aber klopfe ihm nur fest auf die Finger, wenn Du ihn dabei erwischst.
Er muß ja nun langsam so verständig werden, daß er weiß, wie unanständig es aussieht, wenn man mit solchen abgebissenen Fingernägeln herumläuft. Helga macht es wohl aber auch nicht anders. Für sie gilt das gleiche und noch im besonderen Maße, weil sie ja ein Mädel ist, das noch mehr auf sich schon rein äußerlich halten muß wie ein Junge. . _ Die Gartenarbeit nimmt Dich nun wieder besonders in Anspruch. Ich weiß, daß Du nun Deine volle Beschäftigung hast. ERst bis alles anrollt und dann will dich bis in den Herbst hinein alles überwacht werden. Es gibt wohl kleine Zwischen perioden, wo man nicht so daran glauben muß. Aber ganz außer acht kann man ihn nicht lassen, weil er dann gleich verwildert. Es wird einem dabei nichts geschenkt.
Aber das eine steht eben doch fest, daß er bis jetzt uns immer eine wesentliche Hilfe gewesen ist. Wenn die Kinder sich ein wenig nützlich machen, dann hilft Dir das auch.
Die körperliche Arbeit, die hängt zwar trotz allem an Dir. Vorgestern Abend bin ich bei Einbruch der Dunkelheit in den bei uns gegenüberliegenden Park gegangen.
Es war eine wunderbar laue Luft. Man sollte es kaum glauben nach dem kalten Winter.
Man muß ohne Pullover unter der Feldbluse laufen, sonst schwitzt man. Es war im Wetter hier so kein Übergang. Vom nahe gelegnen Abhang hatte man eine wunderbare Aussicht.
Langsam stieg der Mond am Horizont hoch und spiegelte sich im Wasser des Dnjepr.
Wenn unsere Helga die Opanken zu klein sind, dann nur nicht trragen lassen, denn ich will nicht haben, daß sie sich damit ihre Füße verkrüppelt. Bedauerlich ist, daß an dem kleinen Buch soviel Seiten zwischendurch fehlen. Das ist mir aber nicht weiter aufgefallen. Das ist ja so, daß das alles Kriegsproduktion ist und da wird nicht so weiter darauf geachtet, wie in anderen Zeiten. Daß ich deshalb ein lieber Schatz bin, freut mich außerordentlich. Ich hatte gedacht, daß das auch so der Fall sei, anscheinend aber nicht ?! Nein, lasse es gut sein, ich weiß schon, wie Du es gemeint hast. _ Wie ich Dir schon in der Zurückstellungssache schrieb, wollte ich von mir ein Gesuch absenden. Das hatte ich deshalb unterlassen, weil meine Dienststelle von sich aus erledigen will. Vor einigen Tagen habe ich im Auftrag meines Chefs an das Bürgermeisteramt in Konstanz von der Dienststelle aus geschrieben. Mein Chef hat es unterschrieben.
Ich stehe jetzt also noch ganz aus dem Spiel. Wir haben von hier aus um eine Bescheinigung zur Vervollständigung der Personalspapiere nachgesucht, aus der hervorgeht, daß ich der einzige Sohn bin. Ich bin ja gespannt, was die nun wieder wissen werden. Der Kollege, der früher mit mir zuerst in Charkow zusammengearbeitet hat, Türk hat er geheißen, der war der Letzte von unserem Beamtenhaufen, der nach Marburg zurückgekommen ist. Am vergangenen Samstag ist er abgerollt. Bei diesem Schub wäre ich diesmal mit dabei gewesen, wenn nicht dieser Fall eingetreten wäre. Das hatte ich ja schon geschrieben, daß ich den Fotoapparat von Kurt gern benutzen wollte, aber ich sagte damals schon daß es zu riskant wäre, ihn hierher zu schicken. Das ginge höchstens, wenn man ihn einem Kameraden, der in Urlaub fährt, dorthin unter Einschreiben sendet. Der kann ihn dann mitbringen. Aber hoffen wir lieber, daß ich selbst kommen kann, das ist entschieden besser. Die Filme behalte nur. Das hat keinen Wert, wenn wir sie dem Fotohändler überlassen. Daß sich unser Junge nicht viel aus dem schlimm gewordenen Finger macht, ist sehr bedauerlich. Daß ihm das noch keine Lehre gewesen ist, ist sehr schade. Aber klopfe ihm nur fest auf die Finger, wenn Du ihn dabei erwischst.
Er muß ja nun langsam so verständig werden, daß er weiß, wie unanständig es aussieht, wenn man mit solchen abgebissenen Fingernägeln herumläuft. Helga macht es wohl aber auch nicht anders. Für sie gilt das gleiche und noch im besonderen Maße, weil sie ja ein Mädel ist, das noch mehr auf sich schon rein äußerlich halten muß wie ein Junge. . _ Die Gartenarbeit nimmt Dich nun wieder besonders in Anspruch. Ich weiß, daß Du nun Deine volle Beschäftigung hast. ERst bis alles anrollt und dann will dich bis in den Herbst hinein alles überwacht werden. Es gibt wohl kleine Zwischen perioden, wo man nicht so daran glauben muß. Aber ganz außer acht kann man ihn nicht lassen, weil er dann gleich verwildert. Es wird einem dabei nichts geschenkt.
Aber das eine steht eben doch fest, daß er bis jetzt uns immer eine wesentliche Hilfe gewesen ist. Wenn die Kinder sich ein wenig nützlich machen, dann hilft Dir das auch.
Die körperliche Arbeit, die hängt zwar trotz allem an Dir. Vorgestern Abend bin ich bei Einbruch der Dunkelheit in den bei uns gegenüberliegenden Park gegangen.
Es war eine wunderbar laue Luft. Man sollte es kaum glauben nach dem kalten Winter.
Man muß ohne Pullover unter der Feldbluse laufen, sonst schwitzt man. Es war im Wetter hier so kein Übergang. Vom nahe gelegnen Abhang hatte man eine wunderbare Aussicht.
Langsam stieg der Mond am Horizont hoch und spiegelte sich im Wasser des Dnjepr.
Ich
bin lange Zeit dort gesessen und dabei konnte man seine Gedanken so spielen
lassen, wie es einem gerade gefiel. Es war so eine richtige Entspannung. Nun
habe ich auch erfahren, was sich nun für mich ergibt. Ich komme mit unserem Rat
auf vier Wochen nach Charkow. Es handelt sich um eine Kommandierung für diese
Zeit.
Vielleicht geht es auch etwas länger, aber später kommen wir sicher wieder alle zusammen. Unsere Tätigkeit wird sich aus andere Gebiete erstrecken, aber das weiß man noch nicht. Am Freitag rollen wir von hier ab. Ich nehme nur einen Teil meines Gepäcks mit, das andere soll dann hier bleiben.
Wie gesagt, das ist nur vorübergehend und dann denke ich, daß wir in der alten Besetzung weiterhin, zwar aktiver wie jetzt, tätig sein werden. _ Diese Nachricht will ich dir gleich noch zukommen lassen. Jetzt bist Du wieder soweit im Bilde, was geschehen ist. Es kann sein, daß ich dann nicht gleich so schreiben kann wie ich gern möchte, aber dann weißt Du ja Bescheid. Recht herzlich grüße ich Dich, mein liebes Mädel, und sende Dir recht viele Küsse in vieler Liebe. Dein Ernst.
Vielleicht geht es auch etwas länger, aber später kommen wir sicher wieder alle zusammen. Unsere Tätigkeit wird sich aus andere Gebiete erstrecken, aber das weiß man noch nicht. Am Freitag rollen wir von hier ab. Ich nehme nur einen Teil meines Gepäcks mit, das andere soll dann hier bleiben.
Wie gesagt, das ist nur vorübergehend und dann denke ich, daß wir in der alten Besetzung weiterhin, zwar aktiver wie jetzt, tätig sein werden. _ Diese Nachricht will ich dir gleich noch zukommen lassen. Jetzt bist Du wieder soweit im Bilde, was geschehen ist. Es kann sein, daß ich dann nicht gleich so schreiben kann wie ich gern möchte, aber dann weißt Du ja Bescheid. Recht herzlich grüße ich Dich, mein liebes Mädel, und sende Dir recht viele Küsse in vieler Liebe. Dein Ernst.
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