Meine
liebe, kleine Frau !
3.4.43
Wie doch die Wochen vergehen. Auch diese Woche ist heute wieder zuende. Wie schnell ide Tage und Wochen vorbeigehen, sieht man aber erst daran, daß der Urlaub unserer Leute, wie wir vor einiger Zeit wegschickten, bereits wieder abgelaufen ist. Es ist klar, den Urlaub haben sie hinter sich, aber ich kann nun wieder sagen, ich habe ihn noch vor mir. Ich will zwar nicht vom Urlaub träumen und Dir hier womöglich Urlaubsbilder vorgaukeln. Man kann sich wohl das einmal vorstellen, aber nur ein klein wenig, denn mehr könnte vielleicht insofern von Schaden sein, als dann der Wunsch ein derartiges Übergewicht bekommt, daß man sich das Herz damit schwer macht. Das darf nicht sein. Ich will heute nochmals auf den Brief Deines Vaters zurückkommen. Er fragte uns doch, was er machen soll wegen der Operation. Da muß ich sagen, daß er sich das ziemlich leicht machen will. Es ist keine Kleinigkeit in dem Alter, eine solche Operation vorzunehmen. Es sind zwar auch hier Fortschritte gemacht worden. Von Fällen, in denen dann Komplikationen eingetreten sind, hat man schon wiederholt gehört.
Darum kann man weder abraten noch zureden. Ich glaube, daß er allerhand Schmerzen manchmal damit auszustehen hat. Es fragt sich nun, was überwiegt. Ob die Garantie übernommen werden kann, daß dann alles vorbei ist, steht wohl dahin. Es ist ja immer seine Art, von einem Abschiednehmen zu sprechen. Du weißt ja, daß ich ihm die Gesundheit gönne. Aber wir haben uns ja schon wiederholt darüber unterhalten, wie regelmäßig diese Äußerungen in seinen Briefen wiederkehren. Wie ich auch an ihn denke, will ich Dir damit kundtun, daß ich die Absicht habe, ihm einmal eine Flasche Wodka zu schicken, weil ich höre, daß es mit geistigen Getränken sehr mager daheim aussieht.
Ich glaube, daß er nicht davon abgeneigt ist. Ob er diesen Geschmack gewöhnt ist, weiß ich nicht, aber für ab und zu zum trinken ist er nicht so schlecht. Ich habe hier Gelegenheit, etwas zu bekommen, was über mein Kontingent hinausgeht. Man muß sich ja nicht mit Gewalt vollaufen lassen. Gespannt bin ich ja, was er dazu sagt. Ich möchte zwar nicht, daß er dieses Zeug nicht für sich verwendet und dann herschenkt.
Seit längerer Zeit habe ich in diesen Tagen wieder einmal ein Vollbad nehmen können.
Das ist zwar ein teures Vergnügen, denn es kostet 1,-RM, aber man muß ja einmal etwas für seine Gesundheit tun. Es war aber wirklich eine Wohltat. Solange wir hier sind, haben wir die Absicht, in regelmäßigem Abstand dorthin zu gehen. Interessant war dort, daß die Wannen nicht, wie bei uns, aus Metall waren, sondern aus künstlichem Marmor. Nicht etwa gemauert, sondern ganz in der Form wie unsere Wannen. Das kannte ich noch nicht. Diese Dinger werden anscheinen in Formen gegossen. Ich las da kürzlich, daß man jetzt Schiffe aus Eisenbeton bauen will, um Eisen zu sparen. Als ich das das erste Mal las, glaubte ich, einen Druckfehler gelesen zu haben. Ich meinte, einem Irrtum zum Opfer gefallen zu sein. Aber woanders las ich kürzlich dasselbe. Wo ich das hier nun sah, wurde mir manches klar. Jetzt kann man nur sagen „was es nich alles jibt“. Ich möchte heute schon Schluss machen, denn ich bin mit meiner Weisheit am Ende. Ich hoffe, daß Ihr, meine Lieben, alle gesund seid. Recht herzliche Grüße und viele, viele Küsse sende ich Dir und den Kindern in treuem Gedenken. Dein Ernst.
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