Mein
liebstes Mädel !
8.4.43
Ich erhielt gerade Deinen lieben Brief vom 1.4. und ich danke Dir wieder recht dafür.
Vom letzten Schreiben fällt mir aber ein, daß ich noch auf etwas eingehen wollte.
Du schriebst von der Ahnenforschung, daß man nur die Daten hat. Man schreibt sie wohl hin und zwischen Geburts- und Sterbedatum liegt ein ganzes Leben. Das stimmt und das ist eigentlich alles, was man bis jetzt von diesen Vorfahren weiß. Wenn ich einmal diese große Zusammenstellung habe, dann habe ich ja die Absicht, etwas mehr in die Tiefe zu gehen. Erst vielleicht einmal die Kinderzahl feststellen. Dann müsste man sich einmal mit der dortigen Heimatliteratur beschäftigen. Es ist nicht ausgeschlossen, daß der eine oder andere Name auftaucht. Ich denke beispielsweise nur an die Familie Wahrlich. Wenn dieser Mann die Fähre über die Elbe hatte, dann ist das gerichtlich irgendwie eingetragen. Wann man dies erforscht, so bekommt man schon ein Stück Leben dieses Mannes und dieser Familie. Dann müßte man versuchen, in den Registrierungslisten der Soldaten einmal aus der dortigen Gegend nachzuschlagen. Wie Du weißt, hatte ich ja immer die Absicht, mir eine Landkarte aus dieser Gegend zu beschaffen, um einmal die Wanderung dieser Leute in irgendeiner Form festzuhalten. Es gibt noch verschiedene andere Möglichkeiten, aber erst muß man einmal das Gerippe beieinander haben, ehe man auf die anderen Dinge eingehen kann. Mir macht es ja auch Freude, wenn ich dies so nach und nach zusammenbekomme. Mich kränkt nur, daß es in der Linie meiner Mutter nicht vorwärtsgeht.. Vielleicht kannst Du mir bei Gelegenheit einmal eine Abschrift des Ahnenpasses von Deiner Familie zuleiten, dann werde ich versuchen, in dieser Linie weiter zu suchen. Ich habe schon gesehen, wenn ich den mir von Deinem Vater empfohlenen Hugo Michel vor mir habe. Wenn man nicht jemanden hat, der sich wirklich in die Sache hineinkniet, dann hat es keinen Zweck.
Da hat man mehr Schreiberei, und es kommt Am Ende nichts dabei heraus. Ich habe das doch schon verschiedentlich erlebt. Du weißt doch noch, wie ich mit dem Kupfer korrespondiert habe, und wie er mich mit seinen Ratschlägen immer auf die falsche Fährte gelenkt hat. Mit meiner Methode habe ich entschieden bis jetzt mehr erreicht. Ich vergaß Dir gestern noch mitzuteilen, daß ich von Deinem Vater zwei Sendungen mit Zeitungen erhielt. Die eine Sendung war ein Rundbrief an die Männer vom Elternverein. Davon bekam ich noch von den gebrannten Mandeln mit ab und Rasierklingen. Da sieht man, was es heißt, wenn man einen Schwiegervater hat, der Vereinsführer in einem Elternverein ist. Ich fand es ganz nett, daß er auch an mich gedacht hat, darum will ich nicht spotten. Man sieht den guten Willen. Ich weiß ja, daß es daheim auch nichts gibt.
Aber nun zu Deinem letzten Brief. Ich muß schon sagen, daß Du wegen des Gartens bzw. wegen des Düngens allerhand Lauferei hattest. Ärgerlich dabei ist nur noch, daß die ganze Springerei ohne Erfolg bisher war. Die Anmeldung von Helga bei den Jungmädels ist nun auch vollzogen. Es entwickelt sich alles so nach und nach und so zwangsläufig, daß man eines Tages nur verwundert ist, wie es doch alles geht, ohne daß man daheim ist. Man ist nicht so notwendig daheim, wie es immer aussieht.
Das ist eine Erkenntnis des Krieges. Daß Jörg sich allein fertiggemacht hat und ins Bett gegangen ist, das ist bestimmt lobenswert. Sie sind alle beide liebe Kerle Man sieht es an der einen wie an der anderen Äußerung. Sie sind willig und helfen auch, soweit man es eben in diesem Alter verlangen kann. Es sind eben noch Kinder, die man nicht wie Erwachsene behandeln kann. Ich muß schon sagen, daß das Sparkonto ganz nett angewachsen ist. Es ist doch ein beruhigendes Gefühl, wenn man sich sagen kann, man hat eine Rücklage. Wenn ich Dir den Betrag zugehen ließ, dann kann ich Dir zu Deiner Beruhigung sagen, daß ich nicht auf dem Trockenen sitze. Du kannst mir glauben, daß ich mir schon durchhelfe. Ich habe ja nichts gegen den Jungen von Paula, aber da sieht man, diese Jungens kommen einmal von dem Tisch ihrer Mutter weg. Die Ernährung ist hier wesentlich anders wie daheim. Man muß dabei noch berücksichtigen, daß Paula doch noch allerhand dazu besorgt hat. Damit hat sie doch das Essen anders gestalten können, wie wenn sie nur auf die Marken angewiesen wäre. Das fehlt selbstverständlich einem solchen Kerl. Dieser Unterschied ist eben kraß. Wir machen das aber schon jahrelang mit. Ich will einmal sagen, ich habe mich schon daran gewöhnt, mir macht das nichts mehr aus. Ich muß wohl nicht exerzieren, aber wie viele Nächte bin ich schon hier gesessen und habe durchgearbeitet. Dann lebt man doch hier draußen in jeder Beziehung unter anderen Bedingungen. Ich denke, daß er sich schon hineinfinden wird. Das geht den meisten so, die hier in den Osten kommen. Bei einem ist es schlimmer und beim anderen wirkt es sich weniger schlimm aus. In dieser Beziehung sehe ich schon mit Bangen dem Sommer entgegen. Man wird das aber auch wieder überstehen, wenn es einem dabei auch manchmal hundeelend ist. Die Bücher sind ja inzwischen an Dich abgegangen. Vielleicht hast Du diese bald erhalten. Ich habe aber schon wieder welche bekommen. Ich sandte Dir doch kürzlich ein Bilderbuch mit den Menschen von Flandern. Gestern erhielt ich aus dieser Sammlung Köpfe von Schleswig Holstein. Es wird Dir sicher auch sehr gut gefallen. Es ist eine sehr schöne Ergänzung dazu. Du hast ja in letzter Zeit verschiedenes zu lesen bekommen. Ich denke, daß ich Dir damit eine Freude bereitet habe. Früher hast Du ja nicht gern gelesen, das müßte sein, daß Du es Dir in letzter Zeit angewöhnt hast. !! Ich glaube aber, das nicht annehmen zu müssen. Das ist ja kein Schade, wenn das der Fall sein sollte, denn es trägt ja zur Weiterbildung in irgendeiner Form bei. Das kann Dir ja nichts schaden, denn Du wirst es nötig haben, wenn Du auf einmal so wissensdurstig geworden bist. Das war wieder einmal eine willkommene Gelegenheit, Dir eines auszuwischen und Dir die Meinung zusagen. Findest du nicht auch? Ich kann eben einfach nicht davon lassen.
Also bitte nicht krumm nehmen, wenn es zu grob sein sollte. Es fehlt einem ja das richtige Maß dafür. Ich habe einige Kleinigkeiten, die man so mit verwenden kann, besorgt. Ich denke, daß Du für solche Sachen schon Verwendung hast. Man muß ja in jeder Beziehung auf lange Sicht rechnen, darum muß man sich jede sich bietende Gelegenheit wahrnehmen und das kaufen, was man nützlich verwenden kann. Es sind zwar Kleinigkeiten, aber mitunter fehlen sie einem doch. Mein heutiges Schreiben möchte ich nun abschließen. Nimm bitte recht viele liebe Grüße entgegen und sei nochmals geküßt von Deinem Ernst.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen