Meine
liebe Frau ! 10.9.42
Herzlichen
Dank für Deinen Brief vom 30.8., den ich gestern erhielt und über den ich mich
sehr gefreut hatte. Die Bilder, die Du mir mitgeschickt hattest, haben mir
wieder besondere Freude gemacht. Sie sind alle gut geworden. Ich glaube, daß
ich nach dem Kriege bald zu Dir in die Schule gehen muß, wenn ich wieder
fotografieren will. Ich kann nur sagen, daß Du Deine Sache ausgezeichnet
gemacht hast. Ich denke, daß sie auch für Erna eine schöne Erinnerung sein
werden. Du hast ja nun auch erfahren,
wo ich mich befinde und wie ich untergebracht bin. Das ist für Dich wohl immer
eine Beruhigung, wenn Du weißt, wo ich mich aufhalte. Bis jetzt sind die Kameraden immer noch nett. Es hat wohl jeder
seine Eigenheiten, aber diese muß man in Kauf nehmen, und man muß sich nach
ihnen richten, dann geht es am besten.
Gestern kam ich nicht zum Schreiben. Mir war es am Vormittag nicht gut.
Da habe ich mich erst etwas umgelegt. Für den Nachmittag hatte ich eine
Theaterkarte. Das Programm habe ich beigefügt. Es war einmal interessant, zu
sehen, wie die Russen ihre eigenen Stücke spielen. Es kann ja sein, daß durch
die Hinzuziehung von Aushilfskräften die ganze Aufführung nicht das abgerundete
Bild ergab, was man erwartet hatte. Ich will damit nicht sagen. daß es mir
schlecht gefallen hätte, aber die Aufführung wurde etwas beeinträchtigt.
Während der Pause erlebt ich dann eine Überraschung. Auf meiner
Versetzungsfahrt hatte ich in Mirgorod doch noch die Kameraden und die Schwestern
vom Soldatenheim besucht. Diese traf
ich alle während der Pause. Zur Entgegennahme neuer Befehle halten die sich
hier auf und fahren in den nächsten Tagen in die verschiedensten
Himmelrichtungen. Man trifft doch immer wieder jemand, wenn man sich so von
einer Einheit zur anderen begibt und dadurch die Leute kennen lernt. Du wunderst Dich, daß sich die Leute geniert
haben, mich mit meiner alten Kluft ins Kasino zu lassen. Du mußt dabei
bedenken, daß man hier schon in der Etappe lebt. Die Herren haben meist mehrere
Uniformen, so daß die ihre Sachen immer sauber halten können. Wenn man dann in
diesen Haufen so hineingeschneit kommt, fällt man ohne weiteres auf. Da fragt
ja keiner danach, warum und weshalb. Man sieht nur, daß er schäbig aussieht,
und nach diesem Eindruck wird man dann gleich beurteilt. Ich habe ja eine
bekommen und man fühlt sich ja wohler, wenn man wieder etwas Sauberes auf dem
Leib hat.
Vorgestern
habe ich noch an Nannie zum Geburtstag geschrieben.
Den
Durchschlag habe ich mit beigefügt. Einige schlechte Fotos, die in Frankreich
noch von mir gemacht wurden, habe ich beigefügt. Du kannst sie mit aufheben,
wenn Du willst, kannst sie aber auch vernichten. Wenn Ihr die Äpfel jetzt richtig verwendet, dann habt Ihr doch
für den Winter etwas. Das Apfelmus und die Ringe sind dann eine willkommene
Abwechslung. Bis es wieder neues Obst gibt, vergeht eine lange Zeit, dann ist
man immer froh, wenn man einen gewissen Vorrat hat. H elga hat anscheinend eine
ordentliche Lehrerin bekommen. Wenn sie gesunde Ansichten hat, dann profitieren
die Kinder ja auch dabei. Es wird gut sein, wenn man da immer etwas Obacht
gibt. Je nachdem hat man ja auch ein Vertrauen zur Schule. Denn die Eltern
haben doch ein Interesse daran, daß ihre Kinder etwas lernen. Uns geht es
jedenfalls so. Wenn eine gewisse Zeit
vorbei ist, kannst Du mit ihr wohl einmal reden. Wegen des Bildes, auf dem Du lachst, kann ich nur sagen, daß es
mir mir genau so gefällt wie die anderen auch Wenn Ihr Grund gehabt habt, Euch
zu freuen, dann ist es recht so gewesen.
Die Zeit ist an sich schon erstn genug, darum soll man jeden Anlaß zur
Freude ausnutzen. Da hast Du ganz recht gehabt. Bleibt mir alle gesund und seid recht herzlich gegrüßt und
vielmals geküßt von dem viel an Dich denkenden Ernst.
Mein
liebster Schatz ! 11.9.42
Deinen Luftpostbrief vom 5. erhielt ich gestern. Gelesen
habe ich, daß Du mit Post jetzt laufend versorgt wirst. Über Helgas Geburtstag
hast Du mir auch berichtet, so daß ich diesmal darüber ziemlich schnell
unterrichtet bin. Wie ich sehe, habt
Ihr ihr einen schönen Tag bereitet, an dem sie sicher ihre Freude gehabt haben
wird. Sie hat ja auch allerhand schöne Sachen bekommen, die ihr teilweise noch
längere Zeit Beschäftigung geben werden. Die Leseratte ist doch zufrieden, wenn
sie Bücher bekommt. Unser Blumenfreund hat selbstverständlich an Blumen
gedacht. Daß Du ihr gewissermaßen als einen Gruß von mir aus dem Garten noch
einen Dahlienstrauß geholt hast, war sehr lieb von Dir. Auch der Gang in ein
Cafe wurde nicht unterlassen. Da hat sie nun auch all das gehabt, was Jörg in
dieser Hinsicht auch erhalten hat. So anspruchsvoll ist sie im allgemeinen
nicht, daß man es nicht erschwingen könnte. Mit Kleidung wurde sie auch
bedacht, ich denke, daß sie im allgemeinen, wenn man die Kriegsverhältnisse
berücksichtigt, nicht zu kurz weggekommen ist.
Nachdem es erst so unsicher war, ob Dein Vater doch noch zu Besuch
kommt, hat mich die Begründung seiner Reise doch etwas überrascht. Wie es
scheint, legt er doch mehr Wert auf die Aufrechterhaltung der Beziehung wie er
in vielen seiner Briefe glauben machen wollte. So ging es ja auch nicht, wie er
es viele Male versucht hat. Er kann uns doch nicht so einfach vor den Kopf
stoßen und sagen, mit meinen Entschlüssen müßt ihr euch zufrieden geben. Ich
bin der Ältere und habe ein Anrecht auf das, was ich mir vorgenommen habe. Wir
haben doch die vielen Male erklärt, daß wir gegen eine Heirat nichts einwenden,
wenn er meint, es es muß für seine Existenz so sein, doch es war nicht
notwendig, daß er sich nun Hals über Kopf in dieses Abenteuer einläßt. Er muß
es selbst ausbaden, dabei hilft ihm niemand, doch er hatte etwas damit warten
können. Gar so eilig, wie er es immer hinzustellen versucht, war es bestimmt
nicht. Wir haben dieses Thema schon oft von allen Seiten beleuchtet, daß es
eigentlich nicht mehr notwendig ist, viel darüber zu schreiben. Ich hoffe, daß
Ihr in Ruhe auseinander kommt. Ich lege großen Wert darauf, daß Du Dich nicht
aufregst und daß das, was während des Urlaubs von Erna gutgemacht worden ist,
wieder verdorben wird. Da die Briefe nicht ganz so schnell gehen, wie ich erst
annahm, sende ich diesen auch mit Luftpost. Zwei Marken für Dich liegen
ebenfalls wieder bei und eine Zulassungsmarke für Päckchen. Ich hätte heute
einen Wunsch wegen der Päckchenmarken.
Könntest Du mir ein Glas Marmelade schicken, Wir bekommen jeden Morgen
Eier. Ich kann sie schon nicht mehr sehen und lasse mir jetzt rohe Eier
bringen, die ich für Euch aufhebe und an Euch wegschicken werde. Mir schmecken
sie schon nicht mehr und für Euch sind sie sicher eine willkommene Hilfe. Wenn
Du es machen kannst, dann hätte ich hier etwas Abwechslung. Vielleicht läßt es
sich machen, daß Du ein Gefäß sendest, in das man evtl. Butter hineintun könnte.
Sobald ich dann wieder welche bekomme, sende ich es Dir dann zurück. Die
anderen Päckchen müssen wir wahrscheinlich abschreiben. Es ist schade darum,
aber diese Gauner müßte man einmal erwischen. Wenn man nicht erst den Wechsel
mitgemacht hätte, hätte man einmal der Sache nachgehen müssen. Wenn ich Dir geschrieben habe, daß die
letzten Rasierklingen nicht viel getaugt haben, so gilt diese Kritik nicht Dir,
sondern das sollte für Dich nur ein Hinweis sein, wie schlecht das Zeug jetzt
geworden ist. Wenn Du keinen Schneid hast, die Beerensträucher zu verschneiden,
dann lasse es nur einmal sein. Vielleicht geht es auch einmal so. Ich habe es
bis jetzt immer noch in jedem Jahr machen können. Wenn es nun einmal
unterbleibt, wird es nicht so schlecht sein.
Ich nehme an, daß mein Brief etwa mit der Ankunft Deines Vaters
zusammentrifft. Richte ihm bitte meine Grüße aus. Im übrigen hatte Dich an das,
was ich Dir heute geschrieben habe. Dir und den Kindern recht herzliche Grüße
und viele Küsse von Deinem Ernst.
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