Mein
liebstes Mädel ! 5.9.42
Der
vorletzte Geburtstag des Jahres wird in der Familie heute gefeiert. Helga hat
insofern Pech, als sie heute in die Schule gehen muß, während Jörg schulfrei
hatte. Ich glaube aber, daß Helga in Bezug auf das was ihr geschenkt wird,
nicht hinter ihm zurücksteht. Sie wird heute ebenso ihre Freude haben, wie sie
Jörg auch gehabt hat. Wir haben ja immer darauf gesehen, daß jedes in gleicher
Weise bedacht wurde, damit sich keines zurückgesetzt fühlte. Ich nehme an, daß
dieses Empfinden bei Beiden ernstlich auch noch nicht aufgekommen ist. In
diesen Tagen muß ich auch noch an den Geburtstag von Nannie denken. Ich werde
ihr einen Brief senden, damit sie merkt, daß man sie noch nicht vergessen hat.
Aus unserem Verwandtenkreis ist dann in diesem Jahr niemand mehr, an den in
dieser Beziehung gedacht werden muß.
Von
Jörg bekam ich gestern einen Brief, den ich ihm heute früh gleich beantwortet
habe. Ich denke, daß ich nun nicht mehr lange warten muß auf die direkte normale
Post von Dir. Wenn die direkte Verbindung aufgenommen ist, hat man erst wieder
eher etwas Ruhe. Du bist in dieser
Beziehung bis jetzt noch nicht so in Mitleidenschaft gezogen worden. Ich habe
schon viel auf Post warten müssen. Bei der letzten Änderung bin ich ja noch gut
weggekommen. Es ist aber doch ein anderes Gefühl, wenn man weiß, es klappt
wieder. Vom Wetter kann ich berichten,
daß es immer noch sehr schön ist. Vor wenigen Tagen war ein kräftiges Gewitter,
mit dem gewissermaßen die Periode des Sommers abgeschlossen ist. Denn seit
diesem Tag herrscht wohl wieder schönes Wetter, aber die Wärme macht sich nicht
mehr fühlbar. Heftige Winde lassen die Wärme nicht mehr aufkommen, so daß man
vom Anfang des Herbstes reden kann. Ein Sommer ist nun wieder dahingegangen,
von dem man nichts gehabt hat. Ich kann höchstens sagen, daß ich in diesem
Jahre einige Male im Freien baden war. Das hatte ich die vorhergehenden Sommer
nicht gehabt. Mit allem findet man sich ja ab, weil einem nichts anderes übrig
bleibt. Gestern haben wir unseren
Obersten verabschiedet. Wir haben ihn auf den Flugplatz gebracht. Er ist einer
der wenigen Menschen, den ich als Offizier habe schätzen gelernt, obwohl ich
nicht viel, oder besser gesagt, dienstlich näher zusammengekommen bin. Bei
dieser Verabschiedung bin ich auch das erste Mal auf so nahe Entfernung an
Flugzeuge von der Größe herangekommen. Es war also auch in dieser Hinsicht
interessant. Abgesehen von den hohen Tieren, die dort versammelt waren. In
deren Schatten verblaßt man ja ganz und gar. Vor allem wenn so Generale und
Ritterkreuzträgerherumstehen. Die
Preise, die ich dir einmal mitsenden wollte, hatte ich letzthin vergessen. Ich
habe sie heute einmal beigefügt. Ein Rezept, wie man Kuchen backen kann,
sozusagen aus dem Nichts, habe ich Dir beigefügt. So weit ist es schon, daß ich
mich um Rezepte kümmere. Einer unserer
Herren hat es probiert. Du kannst ja damit machen, was Du willst. Vielleicht
kannst Du es auch schon. . Für heute
sende ich Dir und den Kindern recht herzliche Grüße und viele Küsse. Dein
Ernst.
Mein
liebster Schatz ! 6.9.42
Die
Post ist noch nicht ganz durchgedrungen. Zeitungen, die am 28. abgesandt waren,
erhielt ich gestern. Briefe sind von Dir noch keine angekommen. Lange kann es
also nicht mehr gehen. Für die Zeitungen danken ich Dir vielmals. Einen großen
Teil habe ich davon ausgelesen, denn da stürze ich mich immer gleich darüber
her. Die Zeitung „Das Reich“ bietet immer allerhand und man ist immer auf dem
Laufenden. Es kommt wohl immer etwas später als die Ereignisse, doch man ist
immer wieder im Bilde, was gewesen ist.
Im allgemeinen bin ich hier wieder eher unterrichtet, denn ich habe
täglich eine Zeitung. Sie reicht zwar nicht an die Brüsseler Zeitung heran,
denn sie hat nur eine und an manchen Tagen zwei Seiten. Die Hauptsache bekommt
man aber schon zu lesen. Radio ist auch im Haus. Es fehlt also nichts weiter.
Übrigens, die Kameraden, von denen ich weggegangen bin, haben jetzt auch wieder
ihr Radio in Schuß, was ihnen auch eine Erleichterung ihrer langweiligen Lage
bedeuten wird. Wenn ich gerade vom Radio schreibe, so kann ich Dir mitteilen,
daß gerade abends vielfach bei uns der Belgrader Sender gehört wird, den ich
schon in Frankreich so oft hörte.
Mitten beim Briefeschreiben mußte ich unterbrechen, denn ich bekam
gerade Deine Briefe vom 27. und 28. ausgehändigt. Wiederum 3 Zeitungspäckchen. Eins davon von Leipzig mit einem
Gruß von Siegfried, der offenbar noch einmal Urlaub bekommen hat. Ich danke Dir für alles. Vor allem aber für
die beiden Vergrößerungen, die ich mir in den Rahmen stelle. Damit hast Du mir
eine große Freude gemacht. Das sind mit die besten Aufnahmen, die wir von Dir
haben. Ich hatte ja schon bemerkt, daß das Ernas Hut war. Ich finde aber, daß er Dir nicht schlecht
steht. Wenn Du Lust hast, kannst Du Dir einen zulegen. Ich habe nichts dagegen.
Ich beantworte sie Dir morgen mit. Für heute soll dann dieser Gruß genügen. Ich
sende Dir und den anderen noch viele Küsse. Dein Ernst.
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