Mein
liebster Schatz ! 1.9.42
Das
ist aber eine riesig nette Überraschung heute. Gewissermaßen in Erinnerung an
unseren Hochzeitstag bekam ich Deinen lieben Brief vom 27, der erste an meine
neue Anschrift. Größte Überraschung dabei waren aber doch die Bilder. Es ist
schon gut, daß Du mir vorher einige Fotos gesandt hast, denn sonst würde ich
Dich ja nicht wiedererkennen. Wenn ich tatsächlich einmal in die Lage kommen
sollte, nach hause zu kommen. Ich muß einfach sagen, mir ist fast die Spucke
weggeblieben. Du hast Dich ja bedeutend verjüngt und ich kann nur sagen, daß
die Bilder vortrefflich geworden sind. Dem Fotografen muß ich mein Lob
aussprechen, dem Objekt habe ich das bereits getan. Die Bilder wirken wie
Reihenaufnahmen und sehen sehr gut aus. Mit welchem Apparat hast Du das
gemacht? Hast Du eigentlich noch Filme oder wie steht es damit? Wie gesagt, hast Du mir mit den Bildern eine
Überraschung und eine Freude bereitet. Ich danke Dir nochmals herzlich dafür.
Ich weiß nun nicht, hast Du nun diese Bilder nur machen lassen, damit ich sehe,
was Du für eine Frisur hast oder liegt sonst eine Absicht dabei vor. Diese Bilder waren von Tante Erna bei ihrem
Besuch gemacht worden, es handelt sich um die Bilder, wo meine Mutter einen Hut
trägt und die Haare offen trägt. Sie lacht auch herzlich, denn, wie Tante Erna
mir nochmals erzählte, sie mußten so lachen, weil meine Mutter barfuß war, und
dann den Hut auf dem Kopf hatte Wie dem
auch sei, ich finde, daß Du in dieser Aufmachung vorteilhaft aussiehst und ich
erhebe nicht einmal Einspruch gegen Deine eigenmächtigen Maßnahmen. Im übrigen
ist es doch so, daß eine Frau immer wieder einmal Gelegenheit haben muß, kleine
Änderungen vorzunehmen. Das gehört nun einmal zum Vorrecht der Frau. Du wirst
nun wieder meinen, daß es bei mir nicht ohne eine Spitze abgeht. Das ist aber
nun wieder mein Vorrecht, das weißt Du ja. Kurz gesagt, lasse es so, wie Du es
angefangen hast. Den Hut hast du wohl von Erna, denn nach längerem Betrachten
kam er mir so bekannt vor. Erst dachte ich, was Du Dir wohl da für Neuigkeiten
zugelegt hast. Nochmals mein Kompliment.
Mein Brief ist also doch länger gegangen, wie ich angenommen hatte.
Schließlich habe ich aber nun doch Deine Antwort in Händen. DAß Du wieder Post
gesammelt hast, läßt ja die Vermutung offen, daß ich wieder allerhand zu lesen
bekomme. Wie Du aus meinen anderen Briefe gelesen hast, wird mir ja die Post
von meinr alten Dienststelle nachgeschickt. Den Brief, den Du noch später
abgeschickt hast, werde ich dann demnächst noch erhalten. Daß Siegfried nun doch wegkommt, wird für
ihn auch eine Umschulung bedeuten. Als Unteroffizier hat er aber schon gewisse
Freiheiten, die ihm das alles leichter überstehen lassen. Mit dem vielen
Auf-Urlaub-kommen ist es dann vorbei. Das wird er, wie auch Erna, sehr spüren.
Doch auch er wird sich hineinfinden. Er hat ja noch Gelegenheit gehabt, mit
Erna wieder einige Tag zusammen zu sein, das uns bis jetzt nicht möglich war.
Ich denke in diesem Zusammenhang auch wieder an Kurt, dem es so darum gegangen
ist. Den Durchschlag des an ihn gerichteten Briefes habe ich Dir gestern meinem
Schreiben beigefügt. Wie Du das wieder
bewerkstelligt hast, den Schrank von zuhause noch im Schlafzimmer unterzubringen,
das kann ich mir nicht so ohne weiteres vorstellen. Da wird es wieder ziemlich
eng bei uns in der Wohnung zugehen. Ich glaube, daß es nach dem Kriege
notwendig wird, eine neue Wohnung aufzuspüren.
Für diesen Schrank noch Platz zu finden, ist eben nur Deinem
Organisationstalent möglich, das war schon immer Dein Geschick. Mit dem Unterschied in der Arbeit zwischen
der alten Dienststelle und jetzt muß man sich abfinden. Es hat doch keinen
Zweck, wenn man sich deshalb graue Haare wachsen läßt, denn davon habe ich bis
jetzt schon genug. Du siehst, man wird alt und dabei eitel. Findest Du nicht auch? In Liebe sende ich Euch recht herzliche
Grüße und viele Küsse. Besonders Dir, mein liebes Mädel. Dein Ernst.
Mein
liebster Schatz ! 2.9.42
Durch
die FAK erhielt ich Deinen langen Brief vom 15.8. nachgesandt. Ich habe mich
über die Ausführlichkeit gefreut, denn Du hast mir da allerhand geschrieben,
was mich interessiert hat. Daß Dein Vater immer noch keine Ruhe gibt, hat mich
etwas geärgert. Ich kann dir nur das
eine sagen, diesem Treiben sehe ich nicht mehr lange zu. Wenn er unbedingt
Streit haben will und wenn er unbedingt mit uns brechen will, dann muß er nur
so weitermachen. Ich habe nicht Lust,
diesem Theater noch lange zuzusehen. Auch die Art und Weise, wie er es mit den
Transportkosten für den Schrank angebracht hat, ist schon bald mehr wie
verletzend. Denkt er denn, daß er nur das Vorrecht hat, andere persönlich
anzugreifen und daß der Angegriffene schön brav dazu schweigen muß, damit der
Pascha nicht noch mehr gereizt wird. Wenn Du diesen Schrank nicht als
Erinnerungsstück hättest haben wollen, und ich wäre daheim gewesen, so hätte
ich diesen Schrank nicht angenommen und ihn wieder zurückgehen lassen. Das ist
doch nahezu unverschämt. Daß Du mit
Deiner Meinung auch nicht hinter dem Berg gehalten hast, ist ganz in Ordnung.
Wenn es so weitergeht, dann kann ich ihm schon noch einen ordentlichen Brief
schicken, auf den er mir nicht mehr antwortet. Wenn ihn dieses Weibsstück so
einwickelt und ihn womöglich noch gegen uns aufhetzt, dann soll er zusehen, wie
er mit ihr selig wird. Schon aus den wenigen Äußerungen von Erna, die Du mir
geschrieben hast, glaube ich zu erkennen, wie die Lage daheim ist. Daß das
nicht gut tut, glaube ich heute schon zu sehen. Vor allem, wenn ich mir
vorstelle, daß die alte Frau noch mit in die Wohnung kommt. Das wird eine
schöne Stimmung geben. Einer von diesen Dreien muß ja nachgeben. Wenn Dein
Vater seinen Querschädel in dem gleichen Maß behaupten will, wie uns gegenüber,
dann wird es interessant werden. Ich kann Siegfried und Erna nur gratulieren,
daß sie rechtzeitig ausziehen, denn das würden ja unhaltbare Zustände werden.
Die Beiden würden sich zwischen diesem Gespann nur aufreiben. DAß Dein Vater so
ein schlechtes Gewissen hat, liegt doch nicht an uns. Soll es einem nicht
freistehen, Fragen, die einem unklar waren, zu bereinigen? Wenn er meint, daß man über ihn spricht,
dann muß er sich nun einmal damit abfinden. Er hat ja schließlich den Anlaß
dazu gegeben und nicht wir. Ich billige Deinen Standpunkt vollkommen und
pflichte Dir in jeder Hinsicht bei. Ich will mich nicht des weiteen über diese
Dinge auslassen, denn ich komme doch nur immer wieder zu dem gleichen
Ergebnis. Mit den Briefumschlägen werde
ich das in Zukunft beachten. Ich werde also nicht mehr aus der Eigenfabrikation
so voll packen. Wenn ich einmal mehr zu schicken habe, dann nehme ich andere
Umschläge. Der Geburtstagsbrief für Helga ist also schon ziemlich vor der Zeit
angekommen. Das macht ja nichts. Ich wußte doch nicht, wie lange ich unterwegs
bin und wann ich Gelegenheit habe, richtig zu schreiben. Das ist doch hier
alles so unbestimmt, wenn man auf Achse geschickt wird. Der Fallobstanfall ist
ja schon erheblich. Es ist demnach damit zu rechnen, daß noch ziemlich Äpfel
oben hängen. Die gesamte Bohnenernte würde mich noch einmal interessieren. Die
Brombeeren sind nach Deiner Schilderung nicht so gewaltig, daß sie noch den
Ausschlag geben. Die Adresse von Kurt
habe ich von ihm inzwischen direkt bekommen. Antwort hat er auch schon erhalten. Wenn ich mir Gedanken gemacht habe, wegen
der Ernährungslage bei Euch, so ist das meines Erachtens nicht so ganz
unbegründet. Vor allem im Hinblick auf das, was wir hier zu essen bekommen. Ich
denke aber nicht nur an die Sommertage, wo Du noch aus dem Garten holen kannst.
Der Winter ist bald wieder da und die Versorgungsbasis wird dann schmaler. Für
diese Zeiten ist es dann von Vorteil, wenn Du etwas Rücklage hast. Ich habe
wieder etwas Butter in einer Flasche. Ich schicke sie Dir wieder zu. Das Päckchen
werde ich heute oder morgen fertig machen. Wenn Du irgendeine Blechbüchse oder
auch einige da hast, in die man Butter hineintun kann, dann kannst Du mir diese
übersenden. Ich hoffe, daß sich ab und zu einmal Gelegenheit bietet, welche zu
besorgen. Wenn jetzt wieder die kältere Jahreszeit kommt, kann man diese wieder
gut verschicken, jedenfalls besser wie bis jetzt. Auch etwas Bindfaden kann ich
wieder gebrauchen. Ich habe nur immer wieder den Wunsch, daß die Sachen alle
und richtig ankommen. Im Verhältnis haben wir bis jetzt noch keine großen
Verluste gehabt. Ich bin auch froh, daß ich immer etwas gehabt habe, das Ihr
zusätzlich für Eure Verpflegung verwenden konntet. Die gesandten Eier wirst Du
bald verwenden müssen, falls sie nicht mehr ganz gut sein sollten. Die
Gartenarbeit nimmt Dich auch viel in Anspruch. Daß sich das auf die Erträge
auswirkt, wenn Du soviel darin schaffst, ist nur ohne weiteres erklärlich. Daß
die Kinder bei der Unkrautbekämpfung mit behilflich sind, ist ja verständlich.
Ich nehme an, daß sie das widerstandslos machen. DAß nun nicht alles gleich gut
wird, ist mir begreiflich. Es kann auch nicht alles gleich gut werden, denn die
Bedürfnisse der einzelnen Sachen sind ja verschieden. Wie ich aus dem Brief von Dir sehe, will Jörg auch an mich
schreiben. Da sollte ich fast solange mit meinem Brief an ihn warten, denn
allzu oft kann man ja nicht schreiben. Bei den Kindern kommt das auch nicht so
genau darauf an. Ich kann ihn mir gut vorstellen, wie er so seine Sorgen hat,
wenn er nicht soviel während des Besuchs zum Spielen rausgekommen ist. Dass er
nun seinen besonderen Stolz auf das Sparkassenbuch hat, kann ich verstehen.
Helga wird sich aber darüber ärgern. Sie ist ja in einer Hinsicht auch
schlechter dran gewesen. Sie ist in einer Zeit groß geworden, wo man mit dem
Geld nicht gerade besonders gesegnet war. Bei Jörg gestalteten sich die
Verhältnisse besser. Er hat immerhin
mit Rücksicht auf sein Alter eher Gelegenheit gehabt, Nutznießer von der
Steigerung unseres Lebensstandards zu sein. Ich hoffe, daß sie etwas aufholen
wird. Wenn die Spanne zu groß sein sollte, muß man später einmal nachhelfen.
Das pressiert aber nicht so sehr. Wenn
ich wegen Resi nachgefragt hatte, so lang das daran, daß der Brief, in dem Du diese Begegnung schilderst,
erheblich später eingetroffen ist, als der Durchschlag des Briefes an, den Du
an Kurt geschickt hast. Wegen des
Geldes, das ich in Frankreich noch schulde, habe ich nochmals an Wittenburg
geschrieben. Ich hoffe, daß er sich dieser Sache annehmen wird. Ich wünschte,
daß diese Angelegenheit nun doch einmal erledigt wird. Für heute habe ich Dir
wieder etwas mehr geschrieben als sonst meine normales Maß ist. Ich grüße Dich
und küsse Dich, mein liebes Mädel, recht herzlich. Dein Ernst.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen