Dienstag, 13. Dezember 2016

Brief 204 vom 13./14.12.1941


Meine liebe Annie !                                                      13.12.41  

Vorausschicken möchte ich, daß ich von Dir gestern keine Post erhalten habe. Dagegen sendet mir Salzmann gestern die wieder beigelegten Briefmarken, ohne einen Zusatz. Die Stadtverwaltung sandte ihren üblichen Monatsbrief. Ich bin also von der anderen Seite mit Post bedacht worden. Ich kann zwar auch nicht klagen, daß ich in letzter Zeit von Dir zu kurz gekommen bin, denn ich habe ja wieder laufend Post erhalten. Verschiebungen von ein oder zwei Tagen ergeben sich ja immer wieder.  
Ein Päckchen mit Mehl habe ich fertiggemacht und abgeschickt. Zwei weitere Päckchen mit Mandarinen auch. Die gehen mit der morgigen Post weg.  Ich hoffe, daß ich das Päckchen mit den Puppen, die ich gestern erhalten habe, heute noch mit fertig machen kann. Die eine ist ganz nett, die kann sogar die Augen zumachen. Ich hoffe und wünsche, daß alles gut ankommt.
Wie ich gerade feststelle, habe ich ein Päckchen nochmals mit 38 nummeriert. Es sind also 2 Stück mit der gleichen Nummer unterwegs. Jetzt sind es 38 bis 40. Bis in wenigen Tagen hoffe ich, alles auf den Weg gebracht zu haben, was ich für Euch gedacht hatte. Ich wäre ja gern selbst gekommen und hätte auch das lieber alles selbst gebracht. Es liegt aber nun einmal nicht in meiner Hand und ich muß mich mit den anderen allen hineinfinden. Ich kann es mir fast nicht denken, daß ich diese Weihnachten nicht daheim sein soll. 
Bevor Du das Mehl verwendest, muß Du Dir das erst einmal ansehen. Ich weiß nicht wie es beschaffen ist und wie es sich verarbeiten läßt.  Vergangene Nacht hatte ich für einen Kameraden wieder OvD übernommen.  Ich bin aber beizeiten schlafen gegangen, weil ich gestern Abend ziemlich müde war. Ich habe auch gut geschlafen, denn es hat sich während der ganzen Nacht nichts ereignet. Nicht einmal ein Fliegeralarm.
Die vorhergehende Nacht hatten wir diesen wieder einmal. Der Angriff soll aber Lille gegolten haben und nicht uns.  Bei dem klaren Wetter, wie es nachts hier herrschte, ist es ja den Fliegern leicht, hier einzufliegen.
Nun habe ich wieder meinen Dienst heute früh angetreten. Es geht alles seinen Gang. Die Woche ist nun auch wieder zu Ende. So schwindet eine Woche nach der anderen. 
Was machen unsere beiden Stromer. Die werden jetzt ziemlich mit Weihnachten zu tun haben. Ja, ich kann mich ja selbst noch erinnern, wie es mir gegangen ist. Aber für die Kinder ist es ja gut und, was sollen sie auch die ganze Zeit machen und womit sollen sie sich beschäftigen. Ich nehme an, daß sie gesund sind und Du vor allem auch.  Sei Du mir recht herzlich gegrüßt und vielmals geküßt. Gib unseren beiden Schlawanzen jedem einen kräftigen Kuss von Deinem Ernst

Meine liebe Frau !                                                                 14.12.41

Vielen herzlichen Dank für Deine beiden Briefe vom 9. und 10.12. Ich erhielt sie gestern Abend und ich habe mich sehr darüber gefreut. Wenn Du nach Deinem ersten Schreiben auch nicht viel zu berichten hast, so glaube ich, daß Euch die rohen Klöße geschmeckt haben. Da wäre ich auch dabei, wenn es einmal rohe Klöße mit Sauerkraut und Schweinfleisch geben würde.
Du hast Dir ja auch mit den Sachen für unsere Helga wieder ziemlich Mühe gemacht. Der Mantel wird sicher ganz nett geworden sein. Na, und wenn Du für die Puppen von Helga wieder etwas genäht hast, dann wird sie wohl froh gewesen sein, denn das ist doch jetzt sicher ihre Sorge. Aber wenn man alles instand halten will, dann gibt es ja immer zu tun.
Vor allem bei unserem Jungen.  Aber das ist wohl sein Vorrecht, daß er sich das als Junge leisten kann. Die gesandten fertigen Kartons habe ich schon ziemlich aufgebraucht. Wenn Du aber noch verschiedene Pappen da hast, die sich wieder verwenden lassen, dann schicke sie mir wieder zu, denn man muß immer zusehen, wo man etwas Passendes herbekommt.  Alles will ich nicht zerschneiden, was ich da habe.
Was nun die Tabakwaren anbelangt, so habe ich Dir gestern ein Päckchen fertiggemacht mit einem Buch. Dem habe ich ein Paket Tabak beigepackt, weiterhin die beiden kleinen Puppen und die Zündhütchen für unseren Jungen. Das ist das Päckchen Nr. 41. Den Tabak kannst Du verwerten, wie Du es für richtig hältst. 
Einen Christbaum haben wir für uns für unsere Wohnung bestellt. Ich denke, daß wir etwas Richtiges bekommen. Man muß doch merken, daß es Weihnachten ist. 
An Nannie habe ich auch ein kleines Päckchen mit Kaffee fertiggemacht. Diesen hatte ich mir hier zusammengespart von unserem Empfang. Ich muß noch dazu schreiben. Das Päckchen schicke ich schon vorher ab. Ich will ihr nur noch klarmachen, was das für eine Seltenheit ist, denn Kaffee gibt es ja sonst überhaupt nicht  mehr. Ich hätte ja sonst auch keinen. Du hast ja noch genügend Kaffee daheim. Den Durchschlag meines Briefes sende ich Dir dann noch zu. 
Es hat mir leid getan, daß ich Dir die Mitteilung machen mußte, daß ich an Weihnachten nicht heimkommen kann. Daß es nicht möglich ist, auch zu Neujahr zu kommen, hast Du ja aus meinem Schreiben an Deinen Vater gelesen. Zu diesem Zeitpunkt geht unser Inspektor in Urlaub. Mein Gesuch um Urlaub wurde abgelehnt mit der Begründung, daß noch keine 3 Monate vergangen sind, bevor ich zurückgekommen bin. Ich soll einen neuen Antrag nicht vor Mitte Februar stellen.
Ich bin nun gestern beim Kommandanten gewesen und habe ihm mitgeteilt, daß das nicht ganz richtig sei, wenn man mir meinen Urlaub so weit hinausschiebt. Er hat das dann auch eingesehen und gesagt, daß er zusehen will, daß ich im Januar fahren könnte. Du siehst, daß ich alles tue, um so bald als möglich heimzukommen. Aber Du siehst auch, daß ich mich nach dem richten muß, was mir befohlen und genehmigt wird. Denke nur nicht, daß ich es so leicht habe, um gegen diese Leute anzulaufen. Ich habe schon manchen Ärger damit gehabt und man hat manchmal direkt keine Lust mehr, sich immer mit diesen Leuten auseinander zusetzen. Aber ich denke, das hat keinen Zweck und es ist besser, man gibt in solchen Fällen nicht nach, sondern hakt bei jeder Gelegenheit wieder ein. 
Deine Briefmarkensendung kam gerade wieder rechtzeitig an. Die einem Deiner letzten Briefe beigefügten Marken sind ja schon wieder verwendet worden. Ich hoffe, daß Du mir nicht böse bist, daß ich Dir so verschiedene kleine Sachen zusandte. Ein Paket Kunsthonig habe ich Dir schon wieder zurückgelegt. Es ist gut, daß Du mir mitteilst, daß Erna die Größe hat, die du auch hast, denn nach der Fotografie habe ich gedacht, sie sei stärker. Ich will zusehen, daß ich diese Woche noch diese Sachen kaufen kann, um ihr das gewünschte zusenden zu können.
Das Geld, ich meine die 16,-RM kannst Du verwenden, wie Du es für richtig hältst.  Ich glaube, daß Du überrascht warst, als Du schon die Briefumschläge erhieltst, aber ich habe eine gute Nase gehabt, meinst Du nicht auch. Ich habe Dir nochmals einem weiteren Brief welche beigelegt. sobald ich wieder welche habe, bekommst Du weitere.
Daß in den Zeitungen, die Du von mir erhältst ein Roman über Überlingen drin steht, weiß ich nicht, denn das ist Dir ja bekannt, daß ich diese Romane meist nicht lese. Mich interessieren dagegen die vielen anderen Sachen, die in der Zeitung steht. 
Mir geht es im Laufe der kommenden Woche auch so wie den Kindern. Die ganze Einheit wird wieder geimpft, gegen was, weiß ich nicht.
Daß unser Stromer mit der Zahnlücke wieder drollig aussieht, kann ich mir gut vorstellen.  Von Siegfried bekam ich gestern schon eine Weihnachtskarte. Ich habe mich sehr darüber gefreut, daß er sich jetzt meiner erinnert. Ich werde ihm sicherlich auch noch zu Weihnachten schreiben. Vielleicht sende ich ihm gleich ein Päckchen mit.  Für heute habe ich Dir ja wieder manches geschrieben.  Ich hoffe, daß Du mit mir zufrieden bist.
Sei nun vielmals herzlich gegrüßt und nimm viele Küsse entgegen von  Deinem Ernst.

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