Sonntag, 11. Dezember 2016

Brief 202 vom 8./10.12.1941


Meine liebe Annie !                                                       8.12.41        

Für Deinen Brief vom 4.12. danke ich Dir wieder vielmals. Auch in diesem machst Du Dir noch Vorwürfe, daß Du mir 4 Tage nicht geschrieben hast. Das ist doch kein Grund, denn ich wußte ja, warum das soweit kam und daß Du das nicht mit schlechter Absicht getan hast. Ich habe ja auch nicht anders gehandelt wie Du. Also die Angelegenheit ist ganz in Ordnung. 
Wegen den Briefmarken warte nur dann solange bis ich wieder einmal in Urlaub komme. Das läuft immer ziemlich ins Geld. Das sind doch sicher 11,50 RM für die doppelten Sätze gewesen. Davon hat also Kurt die Hälfte zu bezahlen. Wegen der Winterhilfsmarken tritt nur etwas kurz. Du kannst mir dann ja schreiben, wann sie herausgekommen sind. Ich sende heute auch wieder einige Marken mit, die ich durch Salzmann, der mir gestern wegen Beschaffung von verschiedenen Sachen geschrieben hatte, übermittelt wurden. Heben sie bitte mit auf bei den anderen. Ich würde das wohl gern tun, doch ich verfüge nun einmal nicht über die dazu notwendigen Geldmittel.
Wegen Briefumschlägen hast du also Schwierigkeiten gehabt. Ich sandte Dir bereits im letzten Zeitungspaket einige mit, ich lege Dir heute auch wieder welche bei, sobald ich wieder welche bekomme, schicke ich Dir diese mit zu. 
Mit dem Schnee war es ja ein kurzer Traum. Aber die Kinder haben sicher ihre Freude daran gehabt, wenn es auch nur zu einer Fahrt bis an die Schule gelangt hat. Normalerweise hält sich der Schnee bei uns in Konstanz ja nicht lange.  Die Personen habe ich beide gekannt, von denen Du mir die Todesanzeigen mit gesandt hast. Der Rauh ist doch der Freund von Fritz Bautz gewesen, der immer mit Lämmels usw. beim Singen war. Du kanntest ihn sicher auch. Das war ein so ruhiger Mensch.
Es kostet eben ziemlich Opfer und die fallen ohne daß da lange herausgesucht wird. Es hat mir leid getan, als ich diese Anzeige las. Ich glaube, Kurt kannte ihn auch.
Die Durchschläge von Deinen Briefen habe ich auch alle gelesen. Da habe ich wieder eine Weile zutun gehabt. Ich bin Dir aber nicht böse deswegen.  Man ist doch immer im Bild, was geschrieben worden ist und man hat dann wenigstens die Zusammenhänge.  An Dr. Thomas habe ich auch geschrieben. Denn er sitzt ja auf dem Truppenübungsplatz, da wird er mir nicht böse sein, wenn ich ihm einmal schreibe. Kurz vor Weihnachten hat er es dann auch geschafft. Ich denke, daß er froh sein wird, wenn es dann vorbei ist.  Für heute wieder Dir und den Kindern viele herzliche Grüße und Küsse Dein Ernst.


Liebste Annie !                                                      10.12.41

Für Deinen Brief vom 5.12. danke ich Dir wieder vielmals. Ich erhielt ihn gestern und ich kann Dir sagen, als ich ihn las, habe ich auch so richtig Weihnachtsstimmung bekommen. Es war ja auch viel von Weihnachten die Rede. Vor allem Deine Erinnerung an Deine Kindheit und dann der Vergleich zu den Kindern.
Ich hoffte, daß mein Brief für die Kinder noch rechtzeitig eintreffen würde.  Das ist schade, denn ich hätte ihnen diese Freude gern rechtzeitig gemacht. Das läßt sich nun leider nicht ändern. Es ist so mit den Kindern wie Du gesagt hast, erst wollen sie es gern wissen und dann kommt die Enttäuschung. Das muß aber doch einmal kommen, aber es hat ja keinen Wert, wenn man ihnen seinerzeit etwas anderes erzählt hätte, als sie danach fragten. Unsere Beiden werden sich sicherlich darüber gefreut haben, als Du ihnen von Deiner Kindheit und dann besonders über Weihnachten erzählt hast.  Diese schönen Erinnerungen vergißt man nicht und es kann einem auch niemand nehmen. Ich nehme auch an, daß sich die beiden Stromer später gern einmal der Weihnachtstage erinnern werden, denn sie haben doch viel von ihrer Kindheit gehabt und die Feste waren doch immer schön. Wir haben ja auch getan, was in unseren Kräften stand, wenn es auch manchmal knapp hergegangen ist.
Beweis dafür ist ja immer wieder, wenn man sich unsere beiden Stromer ansieht. Du hast ihnen ja auch einen schönen Nikolaus-Abend bereitet. Ich glaube, daß ihnen der Zauber doch nicht so ganz verloren gegangen ist. Vor allem, wenn es noch so heimlicherweise etwas gibt. Aus Deinem nächsten Brief werde ich sicherlich sehen, was los gewesen ist. 
Wegen der Puppen habe ich nun Deinen Kummer gelesen, Ich will versuchen, daß ich hier noch etwas derartiges bekomme, dann werde ich es Dir umgehend zusenden. Ich denke, daß Helga dann auch nicht böse sein wird. Ich werde ebenfalls für das Spielzeug für Jörg noch genügend Zündhütchen besorgen, damit die Munition nicht ausgeht. Ich habe gestern Abend gerade im Radio gehört, daß das mit den Spielwaren bei Euch in Deutschland nicht so einfach ist. Ich will darum zusehen, daß ich etwas vergleichen kann. Wegen Mehl will ich noch zusehen, was ich hier machen kann. Ich schicke es Dir dann umgehend zu.
Die Zigarren habe ich ja auch bereits abgeschickt, denn das will ich alles dir überlassen, wie Du das verteilen willst. Die Feldpostsperre für Päckchen ist ja nur von der Heimat zur Front. In umgekehrter Richtung geht es ja weiter, doch das hast Du wohl schon gemerkt, da ich Dir inzwischen weitere Päckchen übersandt habe. Sobald ich übrigens wieder etwas habe, schicke ich es wieder ab.  Gestern Abend war ich wieder im Kino. Ich habe einen sehr netten Film gesehen: „Frau Luna“. Er ist ganz unterhaltsam und lustig.  Herzliche Grüße und Küsse an Dich und die Kinder Dein Ernst

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