Dienstag, 20. Dezember 2016

Brief 210 vom 28.12.1941


Meine liebe Frau !                                                             28.12.41                    

Gestern und heute habe ich keine Post von Dir erhalten. Doch die Feiertage über bin ich ja gut versorgt worden, so daß ich mich schon wieder etwas gedulden muß. Morgen wird aber sicher wieder etwas werden. Dein Vater schrieb mir. Ebenfalls die Gemeindeverwaltungsschule. Mir wurde auf meine Anfrage mitgeteilt, daß sich gegenwärtig noch nicht überblicken läßt, wann der nächste Lehrgang stattfindet. Ich würde über meine Heimatgemeinde Bescheid bekommen. Heute schrieb mir Salzmann aus Metz nochmals. Also diesmal haben mich andere Seiten bedacht.  Wie ich festgestellt habe, vergaß ich in meinem letzten Brief mich noch für den Kalender zu bedanken. Er wird mir das ganze Jahr ein treuer Begleiter sein. Er wird mir auch eine geordnete Buchführung gewährleisten, wie die beiden vorhergegangenen Kalender auch. Ich freue mich, daß Du daran gedacht hattest, denn den brauche ich immer ziemlich notwendig. Durch Deine freundliche Vorsorge kann ich ja nun getrost weiterschreiben, andernfalls hätte ich einfach aufhören müssen. Leider wärst Du dabei die Hauptleidtragende gewesen.
Das von den Kindern gesandte Buch habe ich inzwischen auch gelesen.  Es hat mir sehr gut gefallen. Sie haben mir damit eine schöne Freude gemacht. Gestern Abend habe ich noch im Bett gelesen und den Rest habe ich heute Vormittag gelesen. Am heutigen Nachmittag habe ich einen schönen Marsch von über 3 Stunden mit meinem Kameraden ins Freie gemacht. Wir sind an den Kanälen lang gelaufen. Die Sonne hat schön geschienen, die Luft war ziemlich kalt und der Boden war ziemlich gefroren. Seit gestern ist es übrigens kalt geworden. Das will aber hier nicht viel heißen, weil morgen schon wieder ganz anderes Wetter sein kann. Damit muß man hier immer rechnen. Innerhalb einer Stunde kann es hier windig sein, kann die Sonne scheinen und auch gleich darauf kann es regnen. Es ist dies in den vergangenen Wochen öfters der Fall gewesen. Manchmal weiß man nicht, wie man sich anziehen soll.
Ein Päckchen habe ich wieder fertiggemacht. Es ist Nr. 47. Morgen werde ich es mit auf den Weg bringen. Es ist etwas Honig, Knäckebrot, einige Apfelsinen und einige Käse. 
Nun zum Jahreswechsel. Mein liebes Mädel. Ich hoffe, daß Ihr mir gesund seid und daß Ihr gesund ins Neue Jahr hinüberwechselt. Ich gebe meinem Wunsch Ausdruck, daß Ihr auch das ganze kommende Jahr über gesund bleibt. Im vergangenen Jahr war das leider nicht ganz der Fall. Der Krieg, der an Körper und Gesundheit besondere Anforderungen stellt, macht sich dann in unangenehmer Form bemerkbar, weil man doch nicht ganz so fest ist wie in normalen Zeiten. Doch wenn sich nicht immer der Wille zur Gesundheit und zur Gesundwerdung durchsetzen würde, hätte man ohne Zweifel in dieser Beziehung noch mehr zu kämpfen. Seht darum zu, daß dieser Wille immer stark bleibt, damit auch Ihr, meine Lieben, alle gesund aus diesem Ringen herauskommt. Was soll man sich in diesen schweren Zeiten wesentlich anderes wünschen.  Hoffen wollen wir gleichzeitig, daß uns das Glück beschieden ist, uns bald einmal wiederzusehen. Ich wünschte mir, daß sich diese Hoffnung bald erfüllen möge.
Daß wir unserem Ziel im kommenden Jahr entscheidend näher kommen mögen, ist ein großer Wunsch aller Deutschen und darum auch unser Wunsch. Wir wollen deshalb auch weiterhin auf unseren guten Stern und auf unsere Kraft und Stärke vertrauen. Daß uns nichts in den Schoß fällt, können wir nicht erwarten. Es wäre auch ein unbilliges Verlangen und ein unverdienter Sieg. Die Größe des Opfers und des Sieges läßt sich nur dann daraus ermessen. Wir glauben deshalb auch weiterhin an unsere Überlegenheit, nicht weil wir nur die besseren Waffen haben, sondern weil wir uns auch für die intelligenteren Menschen halten und weil wir uns zur Führung berufen fühlen. Nur aus diesem Glauben heraus werden wir das vollbringen können, was das kommende Jahr von uns verlangt. Die Kraft, die dazu gehört, ist jedenfalls in unserem Volk und damit in jedem Einzelnen von uns vorhanden. Das haben wir ja bereits in den vergangenen Kriegsjahren bewiesen und auch die Jahre vorher. Denn das, was  wir als Nation  im Aufbau geleistet haben, macht uns so leicht niemand in der Welt mehr nach. Das, was wir bis jetzt geschaffen haben, wurde gewissermaßen aus einem Nichts heraus geleistet. Die anderen hatten ja alles und prahlen immer heute noch mit ihren Rohstoffen. Darum müssen wir siegen, komme es wie es wolle. Aber nicht nur aus diesen Gründen, sondern auch deshalb, weil wir die bessere und straffere Führung haben. Je schneller es zu einem Ende kommt, umso besser ist es für die ganze Welt, denn sie leidet überall in dieser oder jener Beziehung, wenn sie auch nicht direkt in Mitleidenschaft gezogen ist. Hoffen wir darum mit großem Glauben, daß wir im kommenden Jahr entscheidend soweit kommen, daß wir unserem Siege entgegen schreiten. Dies wird neben dem Wunsch der Gesunderhaltung der Lieben und nächsten Angehörigen einer der stärksten und größten Wünsche sein. Rückschläge wird es immer wieder einmal geben. Das wäre auch nicht normal, wenn man nur Erfolge hätte. Doch diese Rückschläge, mögen sie auftreten wo sie wollen, sie sollen uns immer wieder nur ein Anspornen sein zu weiterem Einsatz und stärkerem Vertrauen und zu größerer Zuversicht. 
Am Silvesterabend werde ich in Gedanken bei Dir und bei den Kindern sein. Ich werde mich erst später zum Schlafen legen. Ich hoffe ja, daß ich nicht besonders gestört werde. gerade zu solchen Zeiten versuchen gewisse Elemente Störungen zu verursachen. Wir werden diese Vorgänge, sofern sie sich zeigen sollten, rücksichtslos ersticken. Ich bin, wie Ihr, in Gedanken bei mir sein werdet, mit meinen Gedanken bei euch.  Sei Du, mein liebes Mädel, recht herzlich gegrüßt und geküßt und bleib auch im kommenden Jahre stark. Achte auch wieder auf unsere beiden Stromer und sei ihnen weiterhin die treue Führerin und Vertraute. Sie werden es Dir jedenfalls danken. Ich bedauere, daß ich Dir dabei nicht behilflich sein kann.  Nimm nochmals viele Grüße und Küsse entgegen und halte den Kopf weiterhin hoch, dies wünscht Dir für das Neue Jahr Dein Ernst.

Brief 209 vom 27.12.1941


Meine liebste Frau !                                                    27.12.41

Jetzt will ich aber mich schnell hinsetzen, um Deine vielen Briefe, mit welchen ich über die Weihnachtsfeiertage so reichlich versorgt wurde, zu beantworten. Am Heiligen Abend bekam ich die Briefe noch ausgehändigt, die Du am 19. und 20. geschrieben hattest. Die vom 21. und 22. erhielt ich am 1. Feiertag und den vom 23. habe ich mir gestern Abend abgeholt. Ich bin durch Dich also sehr regelmäßig und gut mit Post  versorgt worden.
Mit den Abzeichen hat Dein Vater Euch aber reichlich bedacht. Daran haben die Kinder sicherlich viel Spaß gehabt. Das sollte schließlich der Zweck sein. Daß es  ihnen weiterhin eine Freude war, aus ihren Ersparnissen noch etwas zu kaufen, kann ich mir gut vorstellen. Denn es bedeutet ja schon eine Freude, etwas zu kaufen, um jemanden damit zu überraschen. Daß unser Junge nun schon stolz darauf ist, daß er in der Schule gestiegen ist, indem er jetzt in den ersten Stock muß, kann ich mir gut denken. Denn so was ist doch etwas anderes als wenn man nur immer im selben Zimmer ist.  Da sind beide nicht gerade böse gewesen, wenn sie zwei Tage früher ihren Urlaub antreten konnten. Aus meiner blauen Hose ist nunmehr ein Rock für Helga geworden, das ist nicht schlecht. Das hätte ich mir früher auch nicht gedacht, daß sie meiner Tochter noch zur Bekleidung dienen würde. Der Stoff war ja nicht schlecht und ich kann mir denken, daß sich der ganz gut machen wird. Jedenfalls ist er einem praktischen Verwendungszweck zugeführt worden.  das war ja anständig von den Motten, daß sie sich mit dem begnügt hatten und nicht weiter fraßen.
Mit der Bescherung hat es ja gut geklappt, ich habe mich auch über meine Päckchen, die ich von Dir erhielt und zwischen ½ und um 6 Uhr hergemacht. Doch darüber später . Daß Du Dir die rohen Klöße mit Sauerkraut und Schweinfleisch vorgemerkt hast, ist ja sehr nett von Dir, doch ich hatte nun nicht die Absicht, Deinen Speisezettel in irgendeiner Weise zu beeinflussen. gefreut hat es mich besonders, daß ein Großteil meiner Päckchen noch vor den Feiertagen angekommen ist, und daß vor allem die kleinen Puppen für Helga noch rechtzeitig eintrafen. Was wir bei unserer Weihnachtsfeier erhalten haben, hatte ich Dir ja schon geschrieben. Es war nicht gerade schlecht und man ist mit dem zufrieden, was man bekommt. Daß man nicht riesige Geschenke erwarten kann, ist ohne weiteres verständlich. 
Die Mitteilung über Siegfrieds Fahrt nach Leningrad ist ja interessant, dagegen weniger angenehm für den, der lange Zeit, womöglich auf freier Strecke, im kalten Zug sitzen muß. Das ist nicht so einfach. Vater hat sich aber sehr angestrengt. Das ist doch ziemlich viel Geld. Aber wenn er es unbedingt so hat haben wollen, kann man es ihm nicht abschlagen. Man weiß ja wie er ist. Ich kann mir jedenfalls gut vorstellen, wie er dabei stolz war, Dir eine solche Summe zu übergeben. Wenn Du das Geld sparen willst, dann kannst Du das wegen mir ja ruhig machen. Denn für das ist ja gesorgt, was wir zum täglichen Bedarf brauchen.
Für die Grüße von Vater, die er persönlich darunter gesetzt hat, danke ich ihm auch wieder besonders und ich bitte Dich, das ihm auszurichten.  Daß Ihr die Mandarinen für Weihnachten aufhebt ist recht, denn da ist doch etwas Obst da. Du brauchst keine Angst zu haben, ich habe auch ab und zu welche für mich. Doch wenn ich Euch welche schicken will, dann muß ich schon zusammenhalten. Du weißt aber, daß mir das eine Freude ist, Euch etwas Besonderes zukommen zu lassen und diese Freude wirst Du mir ja nicht nehmen wollen.
Mit den von Deinem Vater gesandten Sachen kommst Du ja bald zurecht, denn Du wirst für alles wieder einen Verwendungszweck haben;  auch wenn es für die Puppen von unseren Kindern ist.  Daß man an das Konstanzer Theater nicht diese Ansprüche stellen kann, wie an das Theater von Leipzig, ist ja erklärlich. Du muß aber nicht vergessen, daß Du alles jetzt mit kritischeren Augen ansiehst wie die Kinder. Die haben ja ihre Freude daran gehabt, so wie Du mir geschrieben hast. Auch mir ist es eine Genugtuung, wenn ich lese, daß es den Kindern wunderbar gefallen hat. Somit ist ja auch meine Anregung, daß Ihr einmal ins Theater gehen sollt, erledigt.  Was nun die Sammlung warmer Wintersachen anbelangt, so überlasse ich Dir voll und ganz, was Du abgeben willst. Meine Fausthandschuhe kannst Du ja noch opfern, Du mußt eben dabei bedenken, was man unbedingt braucht, um dann seine notwendigsten zivilen Bedürfnisse wieder decken zu können.
Von Deinem Vater bist Du nun noch reichlich mit Lesestoff versorgt worden, so daß es Dir über die Feiertage in dieser Beziehung nicht mangeln wird. Meinen Vater hast Du nun mit einem Kuchen für Weihnachten bedacht. Das wird ihn sicher auch gefreut haben, denn wenn er jetzt so regelmäßig arbeiten muß, wird er kaum dazu gekommen sein, für sich selbst etwas zu backen.  Daß Du Dich über meine Beförderung gefreut hast, kann ich mir denken, denn nachdem man nun schon solange dabei ist, wird es mit der Zeit langweilig, wenn man immer noch genau so herumläuft, wie am Anfang. Ich meine, ich bin zwar bis jetzt in dieser Beziehung nicht zu kurz gekommen, nachdem ich aber nicht als Soldat im eigentlichen Sinne eingesetzt bin, habe ich auch nicht die Möglichkeit wie ein solcher befördert zu werden. Aber es ist immerhin wieder ein Grad mehr.
Daß Du Dir Mühe gibst, den Kindern das Weihnachtsfest nicht zu verderben, weiß ich ganz genau und ich habe das auch nicht in der Absicht geschrieben, um Dich nun nochmals besonders darauf hinzuweisen, denn ich weiß, mit welcher Liebe Du an unseren Kindern hängst. So wie Du mir in Deinem letzten Brief nun schreibst, der vom 23.  datiert ist, hast Du alles wohl vorbereitet, so daß Du in aller Ruhe den Feiertagen entgegen sehen konntest. Das ist eben schön, wenn man dann keine Hetzerei hat. Wenn Du noch eine Kleinigkeit für mich hast, so kannst Du es meines Erachtens ruhig solange aufheben bis ich dann wieder einmal in Urlaub komme, denn dann wird mir das noch eine liebe Überraschung sein.
Mit den Kartonstückchen kannst Du ja noch warten. Mit den Büchern für Weihnachten, die von Deinem Vater kamen, hast Du Dir ja auf ganz raffinierte Art und Weise die Überraschung vorbehalten. So hast Du doch dann die Freude noch zur richtigen Zeit gehabt.
Wegen den Unterlagen für die Ahnenforschung habe ich einen Fehler gemacht, denn ich habe bestimmt nicht mehr daran gedacht, daß ich diese Sachen noch hier habe. Wenn ich etwas Bestimmtes brauche, schreibe ich Dir dann wieder. Über die gesandten Fotos habe ich mich sehr gefreut.  Ich habe sie mir gestern und heute immer wieder angesehen. Manche davon gefallen mir ganz besonders gut und ich finde, Du hast wieder ganz nette Aufnahmen gemacht. Ich werde also noch einige Filme kaufen, damit Du bei Gelegenheit einige Aufnahmen machen kannst. In Deinen Ausruf kann ich nur mit einstimmen, daß es mit den Buben schlimm ist. Schade, daß wir nicht zwei Mädchen haben, dann brauchtest Du nicht immer Dreiangel in den Hosen zu stopfen.  Außerdem sind ja die Mädchen braver, wie du ganz richtig schreibst. Bist Du nun zufrieden, wenn Du jetzt meine Zustimmung hast.  Jetzt aber zu meinen Feiertagen, die ich nicht ganz schildern kann, weil sonst mein Brief nicht rechtzeitig mit wegkommt. Also Fortsetzung wird dann gleich folgen. Am 31. zum 1.  habe ich wieder OvD, das will ich noch vorausschicken.  Also, die Post geht jetzt weg. Ich schreibe also dann gleich weiter.
Herzliche Grüße für heute bis nachher. Ich küsse Dich und die Kinder vielmals Dein Ernst

Mein bestes, liebstes Mädel!                                   27.12.41          

Wie ich Dir schon vorhin kurz andeuten mußte, war ich gezwungen, meinen Brief an Dich zu unterbrechen, damit wenigstens ein Teil an Dich abging, denn ich will nicht, daß Du länger auf Post warten mußt.  Nun möchte ich Dir meine Weihnachtstage schildern. Wie ich also schon schrieb, hatte ich mich zur gleichen Zeit, so Ihr daheim unterm Weihnachtsbaum saßt, über die gesandten Päckchen hergemacht. Zuerst möchte ich Dir vielmals für alles danken, denn Du hast wieder mit vieler Liebe alles so schön hergerichtet und eingepackt. Ich getraute mir kaum es auszupacken. Im Radio spielten gerade Weihnachtslieder. Das alles brachte mir mein daheim so nahe, daß es mir teilweise sehr schwer wurde an zuhause zu denken. Daß Du Dir das mit dem Spruch so gut gemerkt hast, hat mich besonders gefreut. Nachdem ich hier schon seit einiger Zeit Verdruß habe, den ich Dir hier nicht lange auseinandersetzen will, kam er mir wie gerufen. Ich habe ihn mir inzwischen auf meinen Schreibtisch gestellt, damit ich ihn immer vor Augen habe.
Von dem Gebäck habe ich mir schon verschiedentlich etwas zu Gemüte geführt. Die Pralinen solltet Ihr doch für Euch behalten. Aber ich nehme sie gern an, weil ich weiß, daß es Dir Freude bedeutet. Den Behälter für Briefmarken, die ich noch da hatte, hebe ich in meinem Schrank auf. Die übrigen Briefmarken, die ich noch da hatte, habe ich ihm ebenfalls anvertraut.
Das Reclamheft von den Kindern freut mich sehr.  Die Widmungen, die sie hineingeschrieben haben, wird mir immer eine Erinnerungen an die hier draußen verlebten Weihnachten sein.  Ich werde es so bald als möglich lesen. Auch an die Kerzen hast Du gedacht. Leider ist die in den Deinen Päckchen beigefügten Zeilen ausgedrückte Hoffnung nicht in Erfüllung gegangen. Ich konnte ja nicht heimkommen. Dessen bin ich gewiß gewesen, daß Ihr über die Feiertage mit allen Euren Gedanken bei mir gewesen seid, wie es ja auch bei mir der Fall war. Alles im allem war es mir ein lieber und herzlicher Weihnachtsgruß. Nochmals recht herzlichen Dank für alles. 
Unvermutet hatte ich am Nachmittag noch Dienst. Ich hatte schon am Nachmittag nach Lille fahren wollen, konnte aber dann erst ½ 8 Uhr fahren. Als ich dann rüber kam, traf ich niemanden mehr an. Ich bin dann ins Soldatenheim gegangen und habe mir noch die Musik angehört. Dort hatte man sich etwas angestrengt. Jeder Soldat, der dort hereinkam, bekam einen kleinen Karton. Ich erhielt ausgerechnet eine Tabakspfeife. Außerdem noch einige Rasierklingen, Zigaretten und etwas Gebäck. Es hat mich immerhin gefreut, denn es ist doch nicht so einfach, jetzt genügend Sachen zu beschaffen. Als dann geschlossen wurde, habe ich mich in ein Restaurant gesetzt.
Dort wurde eine Art Weihnachten gefeiert, wie sie mit unserem Geschmack gar nichts zu tun hat, aber wie es scheinbar in Frankreich üblich ist. Das glich eher einem Fastnachtstreiben und nichts anderem.  Ich hatte noch erfahren, daß Graser nach Mitternacht daheim sein wird. Ich ging dann zu ihm und traf ihn dann auch in seiner Wohnung an. Er hatte sich die bekannten Familien eingeladen. Einen Weihnachtsbaum, den er sich von Schwarzwald mitgebracht hatte, haben wir dann angezündet. Es war dann ganz nett. Spät war es dann auch geworden als wir Schluß machten. Am anderen Morgen traf ich dann mit dem Tommi zusammen. Wir beide haben dann noch zusammen Mittag gegessen und uns ganz nett unterhalten. Graser hat dann am Nachmittag geschlafen und der Tommi mußte dann gegen Abend heimfahren, weil er OvD hatte. Für mich ist dann auch der Abend bald vorbei gewesen. Am anderen Morgen mußte ich wieder hier herüberfahren, weil ich am Vormittag bis über den Mittag Dienst hatte. Du siehst, daß eigentlich nicht viel los war. Ich wurde noch zum Abend von einem Kameraden eingeladen. Doch ich bin dann bald nach haus gegangen, um mich bald zu Bett zu legen.  Neujahr wird nun auch bald herankommen. Wie ich Dir schon schrieb, habe ich da Dienst. Also ist für diesen Abend auch schon alles festgelegt.  Für heute lasse mich nun schließen. Ich grüße Dich und unsere beiden Stromer recht herzlich und sende Euch viele Küsse Dein Ernst.

Brief 208 vom 23./24.12.1941


Meine liebe Annie !                                                   23.12.41  

Heute ist der Geburtstag meiner Mutter. In wenigen Tagen sind dann 22 Jahre vergangen, seit sie starb. Wenn ich so bedenke, so ist in dieser Beziehung das Verhältnis zu unseren Eltern doch bei jedem Teil ein anderes. Du hast bis zu einem schönen Alter Deine Mutter noch gehabt. Wenn Du sie auch nicht immer bei Dir gehabt hast, dann hast Du doch immer noch die Gewißheit gehabt, sie lebt, wenn Du sie brauchst, dann kannst Du Dich jederzeit an sie wenden. Sie war Dir auch immer eine liebe Mutter und sie hat sehr viel Verständnis für Dich gehabt. Ich kann deshalb auch nachfühlen, wenn Du, wie Du mir in einem Deiner letzten Briefe schriebst, jetzt erst so richtig empfindest, daß Deine Kindheit endgültig vorbei ist. Bei mir war das nun ziemlich anders. Ich war noch ein Kind, als meine Mutter starb. Du kannst Dir vielleicht heute viel besser als früher  eine Vorstellung davon machen, was einem verlorengegangen ist, wenn man seine Mutter so in früher Jugend verliert. Bei Kurt hat sich das ohne weiteres noch stärker ausgewirkt. Man muß dabei noch bedenken, daß mein Vater wohl den guten Willen gehabt hat, uns richtig zu erziehen, so hat man doch an allen Enden gemerkt, daß die eigene Mutter gefehlt hat. Auch Nannie hat sich um uns redlich Mühe gegeben. Doch wie ich schon anführte, die Mutter fehlte überall. Dir wird das jetzt auch alles klarer erscheinen, wenn Du Dir unsere Lage so dabei vorstellst. Das sind, wie ich schon schrieb, jetzt 22 Jahre. Wir sind nun wohl größer geworden, aber immer wieder muß man sich daran erinnern. Besonders dann, wenn irgendein besonderer Tag wie heute herantritt. 

Meine beste Annie !                                                      24.12.41

Für Deinen Brief vom 18., den ich gestern Abend kurz vor unserer Weihnachtsfeier bei der Kommandantur ausgehändigt erhielt, danke ich Dir vielmals und recht herzlich. Den Durchschlag Deines Briefes an Deinen Vater habe ich ebenfalls erhalten. Du hast Dich offenbar wieder etwas übernommen und bist vor den Feiertagen nun ziemlich fertig. Hoffentlich ruhst Du Dich über die Feiertage etwas aus, denn Ihr geht wahrscheinlich doch nicht viel aus dem Haus heraus. Mit den Puppen machst Du Dir auch wieder viel Arbeit. Ich weiß ja, daß Du unserer Helga eine Freude damit bereitest, aber an Deine Gesundheit und Deine Kräfte mußt Du dabei auch denken.
Über die Feiertage wirst Du dann mit Lesestoff versehen sein, wenn Dir Dein Vater noch Zeitungen zugeschickt hat. Meine üblichen Zeitungssendungen sind ja auch noch unterwegs.
Wie ich eben schon andeutete, hatten wir gestern unsere Weihnachtsfeier. Erst gab es außer der Reihe noch etwas zu essen. Es gab Wurstsuppe, die nicht schlecht schmeckte. Dann gab es Kartoffeln mit Sauerkraut und Bratwurst. Die Wurst hatte ein Kamerad gemacht, so daß es schon ziemlich heimatlich geschmeckt hat. Zum Trinken hatten wir Rotwein und davon hat es für jeden genug gegeben. Als Weihnachtsgabe hat dann jeder eine Tüte bekommen in der Pfefferkuchen, Kekse, Bonbons waren, außerdem ist an jeden noch eine Flasche Wein verabreicht worden. Übermütig kann man dabei nicht werden, aber man freut sich auch so darüber. 
Heute ist nun Heiliger Abend. Ich werde heute ganz besonders an Euch denken. Ich hoffe, daß Du meinen Weihnachtsbrief rechtzeitig bekommen hast. Viel anderes konnte ich diesmal nicht tun, was mir sehr leid tut.  Gestern, als im Kreis der Kameraden Weihnachtslieder gesungen wurden, ist es mir nicht gerade weihnachtlich vorgekommen. Wir hatten wohl den Tannenbaum angezündet und der Kommandant hatte an uns eine Rede gehalten,, die sich in anständigem Rahmen hielt. Aber alles in allem, es war keine richtige Weihnachtsstimmung. Heute früh dagegen wurde das Lied im Radio gespielt, was auch Du immer so gern hörst „Süßer die Glocken nie klingen“. Da war ich fast nahe dran, weich zu werden. Wie es heute Abend wird, weiß ich noch nicht. Vielleicht lege ich mich gleich ins Bett oder fahre nach Lille hinüber. Ich bin noch ganz unschlüssig. Es ist eben nichts, wenn man zu diesem Fest nicht zuhause ist.  Ich sende Euch nun aus der Ferne recht weihnachtliche Grüße und hoffe, daß Ihr die Feiertage in angenehmer Weise verbringt. Die Kinder lassen sich hoffentlich ihre Freude nicht trüben und ich wünschte, Du kannst von ihrer Freude etwas abbekommen. Bleibt mir gesund und nimm Du viele herzliche Grüße und ebenso viele Küsse entgegen. Gib auch unseren beiden Stromern einen herzlichen und kräftigen Kuß von Deinem Ernst.

Brief 207 vom 22.12.1941


Meine liebste Annie, meine Beste !                                  22.12.41

Gerade bin ich aus dem Kino heimgekommen, habe noch etwas gegessen und will gleich Deinen Brief vom 17. beantworten, den ich vorhin erhielt. Ich danke Dir erst vielmals dafür, daß Du mir soviel wieder geschrieben hast. Ich freue mich auch jedes Mal, wenn ich Post von Dir bekomme. Sie sind doch immer ein Zeichen Deiner Liebe. 
Mit dem geschickten Mehl ist es nur halb so wild, denn es ist nur 1 kg. Ich will zusehen, daß ich wieder einmal ein kg bekomme. Dafür will ich aber sehen, daß ich wieder einmal ein wenig Zucker bekomme. Es handelt sich ja wohl meist um kleinere Mengen, aber es hilft alles wieder mit. 
Das Weihnachtspaket von Deinem Vater hast Du ja rechtzeitig erhalten. Da hat sich Dein Vater aber schwer angestrengt. Da ist ja jeder bedacht worden. Wenn ich die Sachen, die mir zugedacht sind, also das Stück Stolle und der Drehbleistift, erhalten habe, werde ich mich bei ihm bedanken. Den Kalender kann ich wieder gut gebrauchen, um meine Buchführung in Ordnung  zu halten. Die Stolle wird mir ein lieber Gruß sein. Na und unsere Kinder sind ja wirklich nicht zu kurz gekommen. An viele Sachen hat er gedacht und ich habe mich sehr gefreut, wie er an all die Sachen herangekommen ist, denn wie man so überall hört, ist es mit der Beschaffung nicht immer sehr einfach, weil alle Kräfte jetzt für die Wehrmacht gebraucht werden und deshalb weniger Wert auf Dinge gelegt wird, die in dieser Beziehung als nebensächlich gelten.
Das Bild von Erna habe ich mir angesehen. Es steht jetzt noch im Moment vor mir, damit ich mich nun langsam an den Anblick meiner Schwägerin gewöhne.  Ich denke, daß sie aber ganz ordentlich ist. Doch vom Bild allein kann man sich noch zu wenig vorstellen. Ich glaube aber bestimmt, daß ich mit ihr auskommen werde, oder umgekehrt, sie mit mir.  Allzu oft werden wir nicht zusammenkommen und ich nehme an, daß sie es für die kurze Zeit mit mir aushalten wird. 
Unsere beiden Stromer haben sich schon wieder viel vorgenommen. Die kommen ja aus den Ferien nicht heraus. Ja ich denke mir, daß sie jetzt die letzten Tage ziemlich auf Draht sind. Wie schnell kommt dann dieser Tag heran und bald sind auch diese Stunden vorüber. Aber ihre Freude werden sie schon haben, denn wenn ich mir so vorstelle, bekommen sie trotz schweren Zeiten ganz schön viel Zeug.  Solange sich das noch machen läßt, wollen wir es ihnen schaffen. 
Schön war es von Dir, daß Du mir noch mitgeteilt hast, wie Du die Stube eingerichtet hast. Ich denke, daß diese neue Regelung sich schon ganz nett machen wird. Das ist ja immer Deine Stärke, oder meinst Du, Deine Schwäche, gewesen. Das eine wie das andere trifft ja zu. Aber wesentlich ist, daß entsprechend seiner Größe, der Raum zweckmäßig eingerichtet ist. 
Mit der Flasche Rotwein hast Du aber hausgehalten und bist nicht verschwenderisch damit umgegangen. Da hat es bei mir in diesem Zeitraum aber schon mehrere gekostet. Aber wenn es Dir nicht bekommen sollte, mußt Du ihn nicht trinken. Aber wie schon zum Ausdruck gebracht, ich will Dich zu nichts zwingen. Mach es so wie Du es für richtig findest.
Morgen Abend soll unsere Bescherung sein. Am Mittwochabend werde ich dann in Lille sein, um dann am Donnerstag wieder zurückzufahren. Der Dienst geht eben immer wieder vor. Wie ich Dir schon geschrieben habe, ich hoffe, daß die Tage bald vorbeigehen, Damit man bald wieder in den Alltag hineinkommt. 
Das Bild von Erna lege ich wieder bei. Von Siegfried bekomme ich heute einen Brief. Es kann möglich sein, daß er Weihnachten daheim ist, aber auch das Gegenteil kann der Fall sein. Er hat ganz nett geschrieben. Sobald ich seinen Brief beantwortet habe, lasse ich ihn Dir noch mit zugehen. Von Salzmann bekam ich auch einen Brief. Er hat wieder verschiedene Wünsche, die ich ihm nach Möglichkeit erfüllen möchte. Ich bin zwar dadurch immer wieder beschäftigt, doch wenn man jemand einen Gefallen erweisen kann, so werde ich es tun. Auch für Siegfried will ich zusehen, daß ich das bekomme, was er sich gewünscht hat. Wegen des Mantelstoffes will ich zusehen, was ich mache.  Für heute Abend herzliche Gute Nachtgrüße Dir und unseren Kindern. Bleibt mir schön gesund und hoffentlich verlebt Ihr die Feiertage gut miteinander. Daß Ihr an mich denkt, wie ich an Euch, das ist mir gewiß. Drum Dir nochmals herzliche Grüße und viele Küsse von Deinem Ernst.

Meine liebe Annie !                                                      22.12.41

Vielmals Danke ich Dir für Deinen Brief vom 16.12. Mit der Backerei hast Du Dir wieder viel Arbeit gemacht. Wenn man aber alles im Ofen und mit dem Gas backen muß dann erfordert das eine ziemliche Zeit. Vor allem bis man den Teig soweit fertig hat und was so alles drum und dran gehört. Ich weiß ja, wenn mein Vater immer Nachschicht gemacht hat. Wenn man aber noch etwas zum Backen hat, dann geht es ja. Wie es nächste Weihnachten unter den augenblicklichen Umständen aussehnen wird, weiß man noch nicht.  Wahrscheinlich wird es dann noch etwas enger zugehen, vielleicht sieht man dann auch noch etwas näher zum Frieden heran. Hoffen wollen wir es, aber bei der Gigantik und der Ausweitung dieses Krieges kann man heute noch nicht absehen, wie lange das noch so weitergeht. Hoffentlich kommt es bald zu einem guten Ende. Doch kleinmütig wollen wir nicht werden, denn unsere Zeit fordert auch von den Menschen mehr als in normalen Zeiten. Solange es mir auch möglich ist von dem, was noch zu erwerben ist, etwas für Euch zurückzulegen, werde ich das immer wieder tun. Es ist nicht viel, was man tun kann, aber Du und die Kinder sollen nicht notleiden, solange es sich anders ermöglichen läßt.
Daß Dir die kleine Bevorratung in verschiedenen Sachen eine Hilfe ist, freut mich sehr. Es war Dir doch wenigstens möglich, einige kleine Sachen zu machen. Das mit der Frau hast Du ganz recht gemacht. Auf diese Art und Weise wollen sie sich anbiedern und eines Tages denken sie, sie haben eine dicke Freundschaft. Erstens war es gut, daß Du selbst gebacken hast und dann, daß Du ja noch nicht fertig warst. Sie hat sich nun jemand anderes gesucht und auch wieder gefunden. Es ist schon recht, daß man sich gegenseitig helfen muß, aber es hat alles seine zwei Seiten.  Ich bin auch froh, nachdem, wie Du jetzt gesehen hast, daß man die Frau nicht mehr los wird, daß Du seinerzeit nicht mit ihr angefangen hast. Wir sind nun einmal nicht die Menschen, die mit jedem Fremden anfangen. Vor allem dann mit solchen Leuten, mit denen man dann weiter zusammenwohnen muß. Wenn es dann Krach gibt, wie gerade mit den Schwers, dann wird man doch, ob man will oder nicht, unwillkürlich mit hineingezogen. So ist man aus allem draußen. 
Von Deinem Vater bekam ich gestern auch einen Brief, in dem er mir mitteilte, daß er an Euch auch ein Päckchen abgeschickt hat. Über die Stolle wirst Du sicherlich Dich freuen. Damit ist doch eine gewisse Tradition aufrechterhalten worden. Ich habe mich über seinen Brief gefreut. Sind wir uns doch diesmal nicht aneinandergeraten, sondern haben einmal die gleiche Meinung. Es kommt zwar selten vor, aber manchmal ergibt es sich doch. Ja bis Du diesen Brief bekommst, sind die Feiertage so ziemlich vorüber. Dr.  Thomas ist gestern von der Übung wieder zurückgekommen und wie ich gehört habe, fährt er schon am Mittwoch nach Lille hinüber.  Ich werde wahrscheinlich das gleiche tun. Am Donnerstag muß ich aber wieder hier sein, weil ich zum Dienst hier sein muß. Man hat hier also auch immer etwas, womit man beschäftigt wird. Vielleicht brauche ich dann an Neujahr nicht.  Ich grüße und küsse Euch meine Lieben alle recht herzlich. Du aber, meine liebste Annie, nimm wieder meine besten Grüße entgegen von Deinem Ernst.

Brief 206 vom 19.12.1941


Meine liebe Annie !                                                   19.12.41    

2 Briefe von Dir erreichten mich heute. Die vom 14. und 15. Über alles habe ich mich sehr gefreut, ebenso über die mit gesandten Durchschläge, die diesen Briefen beigefügt waren. Du bist gut dran, Du hast alle Deine Briefschulden erledigt.
Ich habe sonst noch niemand groß wegen Weihnachten geschrieben. Ich weiß noch nicht, wann ich dazu kommen werde. Ich habe noch einige Päckchen zu machen, die ich an Dich absenden will. Ich habe noch etwas zum Naschen für Dich bekommen. Es war außerordentlich schwierig und fast nicht mehr zu erhalten. Kameraden, die sonst in einem Geschäft hier gut bekannt sind, konnten nichts erhalten.  Ich bin deshalb doppelt froh, daß mir dies möglich war. Lasse es Dir darum gut schmecken. Es ist schade, daß ich es nicht früher bekommen habe.
Ein weiteres Päckchen habe ich mit Puddingpulver fertiggemacht. Nach vielen Rückfragen habe ich das nun auch bekommen. Du hast sicherlich Verwendung dafür. Mandarinen habe ich auch wieder erhalten, die ich Euch ebenfalls noch zuschicken will. Dann muß ich das Päckchen, das mir neulich mit dem Mehl verunglückt ist, fertig machen. Es ist immer ein Stückchen zu tun, bis man mit den Mitteln, mit denen man immer alles zusammenpacken muß, wieder ein Päckchen beieinander hat. Man hat doch nicht die Absicht, daß es beschädigt ankommt, denn dann muß man sich mehr darüber ärgern. 
Über die Briefe von den Kindern hatte ich mich gestern sehr gefreut. Daß Jörg nun sehr stolz ist, selbst schreiben zu können, kann ich mir gut vorstellen. Das, was er will, kann man sich gut vorstellen. Die Fehler sind ja auch noch daraus erklärbar, denn er kann es noch nicht wissen, weil er noch zu wenig gelesen hat. Dies wird sich dann bald machen, wenn er etwas Übung hat.
Du hast ja auch noch allerhand Arbeit vor Weihnachten, bis Du alles vorbereitet und hergerichtet hast. Das Wetter hat aber schon ziemlich umgeschlagen, wenn Ihr bei Euch das Fenster offen lassen könnt.
Bei uns ist es z.Zt. sehr wechselhaft. Einmal etwas wärmer und dann wieder etwas kühler. Aber nie so richtig kalt, daß man den Mantel anziehen muß.
Daß Du ins Kino gegangen bist, finde ich ganz in Ordnung und wenn Du mit den Kindern vor Weihnachten in das Theater gehst, so kommst Du damit einer Gepflogenheit nach, die wir die letzten Jahre immer gepflegt haben. Das liegt ja durchaus im Interesse von mir ebenfalls, wenn die Kinder einmal etwas sehen.
Ich bin Dir nicht böse, wenn Du mir die Briefmarken nicht gleich besorgt hast. Ich denke, daß es ziemlich gleich teuer kommt, bis man die Spesen bezahlt hat, die noch durch die Schreiberei und durch das Schicken entstehen.  Thomas ist ja am Sonntag mit seinem Lehrgang fertig. Ich werde ihn baldmöglichst anrufen. Graser ist heute aus dem Urlaub wieder zurückgekommen, wahrscheinlich werde ich einen Tag hier bleiben müssen. Einen Tag werde ich nach Lille fahren und einen Tag bin ich wieder zu den Leuten eingeladen.
Du fragtest in Deinem letzten Brief, was das für Leute seien. Ich glaubte, ich hätte Dir schon einmal mitgeteilt, daß es sich um Reichsdeutsche handeln würde. Der Mann lebt hier schon lange Zeit und wurde bei Ausbruch der Feindseligkeiten interniert. Er war schon lange bei uns auf der Dienststelle hier bekannt. Wie er sagt, freut er sich, wenn er uns Soldaten einladen kann, denn bei ihm ist ja sonst nichts los. Er betreibt in einem Wohnort eine Kolonialwarenhandlung mit Metzgerei. Ich denke, wenn er das nicht hätte, könnte er sich das nicht erlauben. So wie er sagt, hat er Geld.  Die Wohnung ist wohl einfach aber ganz ordentlich. Man muß sagen, daß sie sich immer Mühe gegeben haben. Der Ort ist etwa 8 km von hier entfernt und wir sind dann mit dem Zug hingefahren.  Er weiß zwar auch, wenn er was verkauft, was er verlangen muß. So hat er kürzlich ein Stück Speck(geräucherten) an einen in Urlaub fahrenden Kameraden verkauft, von dem hat er 5,-RM dafür verlangt und das Stück war vielleicht etwas über ein Pfund. Ich weiß, daß die Sachen nicht billig sind, aber wenn ich bedenke, was ich für den bezahlt habe, den ich in meinem letzten Urlaub mitgebracht hatte, so war das ja doch fast geschenkt, obwohl ich erst dachte, daß ich zuviel bezahlt hätte. Ihr habt sicherlich schon oft davon gegessen. Gebt nur Obacht, daß er nicht schlecht wird.
Mit den Geldausgaben sind wir uns vollkommen einig. Du brauchst Dich deshalb auch nicht entschuldigen, denn wir haben ja beide die Tatsachen festgestellt und weiterhin haben wir auch festgestellt, daß wir uns zwar allerhand angeschafft haben, was notwendig war und daß uns durch diese Ausgaben nichts abgegangen ist. 
Die Puppen sind nun auch unterwegs und vorhin, denn es ist  inzwischen ziemlich spät am Abend geworden bei meinem Brieffertigschreiben, habe ich alle Päckchen fertiggemacht. Es sind 5 Stück geworden und zwar Nummer 42 bis 46. Es sind allerhand Sachen geworden, die Dir nützlich sein werden und andererseits auch Freude und Unterhaltung bereiten werden. Die Mandeln, die du jetzt nicht brauchst, kannst Du schon noch aufheben. Übrigens das eine Päckchen Nr. 38 habe ich jetzt nummeriert. Es hat alles wieder seine alte Ordnung. Wahrscheinlich hat mir aus diesem Grund die Maus das Päckchen angenagt. Hoffentlich kommt es nunmehr gut an. 
Das mit unserem Jungen ist bedauerlich, daß er so einen Dickkopf hat, aber er weiß es selbst, kommt aber noch nicht dagegen an. Aber mit dieser Methode kannst Du sicher schon etwas mehr Erfolg haben. Es ist ja gut, wenn man so eine Leiter gefunden hat, auf der man ihn auf den rechten Weg bringen kann. Hoffentlich erntest Du weiteren Erfolg damit. An die Kinder werde ich so bald als möglich schreiben. Doch jetzt bin ich nicht dazu gekommen. Jörg werde ich selbstverständlich nichts davon schreiben, daß Du mir seine Unarten mitgeteilt hast.  Doch ich glaube, ich muß jetzt Schluß machen.
Es ist zwar noch schöne Radiomusik, aber ich werde so langsam müde. Gestern war ich doch erst noch im Kino und habe mir den Film angesehen „Achtung, Feind hört mit.“ Es war ein ganz unterhaltsamer Film. Anschließend bin ich noch aufs Büro gegangen, um meinen Weihnachtsbrief an Dich zuschreiben. Da war es auch ½ 1 Uhr geworden. Heute ist es noch nicht ganz soweit, aber es genügt. Nimm daher recht viele Grüße und ebenso viele Küsse entgegen und vergiß dies den Kinder nicht auch in gleicher Weise auszurichten Dein Ernst.  Schicke mir doch bitte einmal die Unterlagen wegen der Ahnenforschung zu. Dann vielleicht in erster Linie wegen des Zweiges Rosche. Ich will einmal zusehen, ob ich weiterkomme.

Samstag, 17. Dezember 2016

Brief 205 vom 16./17./18.12.1941


Meine liebe Annie !                                                                                      16.12.41  

Herzlich Danke ich Dir für Deinen Brief vom 11.12. Die neue Kriegserklärung hat Dich offenbar sehr niedergedrückt. Ich verstehe Deine Regung vollkommen. Ich weiß, es ist zwar schwer für Dich, jetzt so tagaus tagein immer nur allein dem ganzen Hausstand vorstehen zu müssen. Ich weiß gut, daß es für Dich keine leichte Aufgabe ist. Du hast Dich ja auch bis jetzt immer gut gehalten und hast auch immer alles gemeistert. Du legst keinen großen Wert auf Belobigungen, aber es tritt einmal der Zeitpunkt ein, da muß man so was zum Ausdruck bringen. Ich denke, daß heute so eine Gelegenheit gekommen ist.
Es ist ja auch für die Männer hier draußen oder vor allem für die Männer auf den Schlachtfeldern keine Kleinigkeit, auch für mich nicht. Aber wir müssen unsere Pflicht tun, weil wir hier ebenfalls für den Endsieg arbeiten.  Unsere Arbeit können wohl andere hier auch leisten, das ist nicht so schlecht, aber jemand muß da sein, um das Volk zu beaufsichtigen. Aber ich will ja nicht von uns und unserer Aufgabe reden.  Das habe ich ja schon wiederholt getan, sondern ich muß einmal feststellen, daß ein ganz großer Teil von Aufgaben bei Dir liegt und diese Aufgaben sind sehr umfangreich. 
Gefreut habe ich mich, als ich las, daß das Spielzeug bei Dir eingetroffen ist, und daß alles noch ganz ist, hoffe ich. Die Federn haben unserem Jungen zugesagt. Das ist mir recht und habe ich mir auch gedacht. Ich habe ja noch mehr da, aber es ist nicht leicht, das Zeug richtig zu versenden. Aber als ich das große Paket fertig machte, dachte ich, das ist eine Gelegenheit, von den Federn einige darauf zupacken. Ich habe dann alles erst noch einmal aufgepackt, um unserem Jungen dies zukommen zu lassen. Na, und wie ich gelesen habe, mußtest Du ja gleich in Aktion treten, um ihm seinen Indianerstutz fertig zumachen.
Von Vater hast Du also etwas Mehl bekommen. Ja, ich habe mit meinem Mehl wirklich Pech gehabt. Ich habe es mit aufgegeben und gestern brachte man es mir wieder zurück, weil sich die Mäuse darüber hergemacht hatten.  Unsere Päckchen gehen doch immer einen Tag um den anderen weg.
Nun haben sie eine Nacht dort gelagert und die Mäuse haben das Päckchen gleich angenagt. Gut ist es, daß ich jedes Päckchen unter sich nochmals geteilt habe, so ist doch nun nicht alles verdorben sondern nur der betreffende Teil. Ich werde es sobald als möglich ersetzten und auf den Weg bringen. 
Meine neue Feldbluse habe ich nun auch bekommen. Sie sieht ganz gut aus und vor allem, sie ist neu und sauber.
Die Briefmarken, die Du mir mit Deinem letzten Brief gesandt hast und die, die ich gestern erhielt, komme ich für einige Zeit aus. Ich danke Dir für die Übersendung und ich werde Dir wieder rechtzeitig Bescheid geben, wenn ich welche brauche. Mit den Geschenken für die Verwandten und Bekannten und mit dem Briefeschreiben ist es recht, wie Du mir es mitgeteilt hast. Jeder weiß ja, daß man unter  den gegenwärtigen Verhältnissen nichts weiter schenken kann. Ich glaube, daß das jeder einsehen wird. 
Wie geht es Dir und was machen die Kinder. Ich hoffe, Ihr seid mir alle gesund.
Nimm recht herzliche Grüße und Küsse entgegen von Deinem Ernst

Meine liebe Frau !                                                           17.12.41

Eine Woche trennt uns noch von Weihnachten. Stimmung kann man ja dazu nicht bekommen, weil einem diesmal alles verdorben ist. Das Wetter macht keinen winterlichen Eindruck. Einzig und allein beim Eingang der Feldpostpäckchen sieht man, durch den stärkeren Zustrom der Päckchen und dann daran, was die Kameraden auspacken.  Einen Baum haben wir uns besorgt. Daß ich deshalb aber Stimmung bekommen habe, könnte ich nicht sagen. Dieser Tage stand in unseren Anordnungen, daß jedem Soldaten soundso viele Pfefferkuchen, Bonbons und sonstige andere Kleinigkeiten zustehen. Dreiviertel Liter Wein ist zwar auch vorgesehen, aber daheim ist daheim.
Normalerweise gehört man nach hause an Weihnachten. Es ist zwar nicht möglich, daß jeder Soldat zuhause ist. Ich will mich deshalb zu dieser Auffassung durchringen, damit man nicht ganz und gar verbittert. Glaube mir, daß mir das nicht einfach ist, aber ich werde mit Mühe geben. 
Post habe ich gestern nicht bekommen, das geht nun einmal so, daß zwischendurch ein Tag die Post ausbleibt. Dafür wird man dann an einem anderen Tag entschädigt.
Ich werde heute noch einen größeren Brief an Dich schreiben. Im Moment fehlt mir jetzt die Zeit dazu. Nimm deshalb mit diesem Gruß vorlieb. Ich sende Dir außerdem noch viele Küsse ebenfalls an die Kinder Dein Ernst 

Meine liebe Annie !                                                          18.12.41           

Ich wollte Dir gestern noch einen längeren Brief schreiben, weil ich im letzten nicht dazu gekommen bin. Leider wurde ich aber gestern noch verhindert, Dir zu schreiben.  Aber ich hoffe, daß ich es heute nachholen kann. Ich bekam nun von Dir gleich zwei Briefe, den vom 12. und den vom 13. Beide haben mich sehr gefreut, besonders der letzte. Außer diesen beiden Briefen erhielt ich noch die von unseren Kindern, die mir sehr viel Freude gemacht hatten. An Helgas Brief fiel mir gleich aus, daß sich ihre Schrift ganz bedeutend gebessert hat. Sobald sie sieht, wie die Größenverhältnisse der Buchstaben zueinander sind, bekommt die Schrift gleich ein anderes Bild. Ich muß sagen, daß ich mich über den Fortschritt für sie sehr gefreut habe. Die Mühe, die sie sich in der Zwischenzeit gegeben hat, hat sich wirklich gelohnt. Daß unser Junge den Ehrgeiz hat, seiner Schwester nachzueifern, ist ebenso erfreulich. Nach dem kurzen Schulbesuch, den er erst hinter sich hat, kann man nur staunen, wie exakt er schon schreibt. Es ist ja schön, daß er seiner Schwester nicht nachsteht. Ich glaube, wenn er so weitermacht, wird er es auch bald schaffen. 
Von meinen Päckchen hast Du nun wieder 3 Stück erhalten. Die anderen sind nun sicherlich inzwischen eingetroffen oder werden es noch. Daß die Mandarinen Euch schmecken, ist ja gut. Sie sind Euch wohl eine willkommene Abwechslung. Die Tabakwaren hast Du entsprechend verteilt, so daß keiner zu kurz gekommen ist. Man muß ja schließlich berücksichtigen, daß jetzt Kriegsverhältnisse herrschen. Aber so hat doch jeder von beiden etwas, so daß sich keiner beklagen kann. Ich freue mich jedenfalls, daß man das ermöglichen konnte. 
Mit der Essenkocherei für die Kinder ist es schon eine dumme Geschichte. Jedes soll doch ein richtiges Mittagessen bekommen und durch die verschiedenen Schulzeiten muß Du nun auch verschiedene Male anfangen. Es wird auch wieder einmal normal werden, wo man dann seiner alten Gewohnheit nachgehen kann. Es ist doch immerhin eine Verbesserung, wenn Helga jetzt wieder in ihre alte Schule gehen kann.  Damit verkürzt sich erstens einmal ihr Schulweg und dann kann es ja wohl auch möglich sein, daß sie andere Schulzeiten hat. Also hoffen wir, daß sich eine Besserung für unsere Kinder in dieser Beziehung ergibt und dann letzten Endes auch für Dich. 
Mit dem Paket von Deinem Vater hast Du wahrscheinlich ziemlich Arbeit gehabt, bis Du alles ausgepackt hattest. Doch es waren offenbar auch viele Sachen dabei. Helga hat ja nun auf diese Weise wieder ein Paar Schuhe für den Winter bekommen, die ihr sehr  nützlich sein werden. Nachdem nun die anderen von Helga auf unseren Jungen übergehen, ist er für diesen Winter wenigstens auch wieder versorgt.  Für einen Weihnachtsbaum hast Du nun auch gesorgt. Dann ist das Weihnachtsfest für unsere Kinder so ziemlich gesichert.
Das was sie an Geschenken bekommen, ist ganz nett und für die jetzigen Verhältnisse schon reichlich. Ich glaube, daß sie sich darüber schon freuen werden. 
Herzliche Grüße und viele Küsse Dir und den Kindern Dein Ernst

Dienstag, 13. Dezember 2016

Brief 204 vom 13./14.12.1941


Meine liebe Annie !                                                      13.12.41  

Vorausschicken möchte ich, daß ich von Dir gestern keine Post erhalten habe. Dagegen sendet mir Salzmann gestern die wieder beigelegten Briefmarken, ohne einen Zusatz. Die Stadtverwaltung sandte ihren üblichen Monatsbrief. Ich bin also von der anderen Seite mit Post bedacht worden. Ich kann zwar auch nicht klagen, daß ich in letzter Zeit von Dir zu kurz gekommen bin, denn ich habe ja wieder laufend Post erhalten. Verschiebungen von ein oder zwei Tagen ergeben sich ja immer wieder.  
Ein Päckchen mit Mehl habe ich fertiggemacht und abgeschickt. Zwei weitere Päckchen mit Mandarinen auch. Die gehen mit der morgigen Post weg.  Ich hoffe, daß ich das Päckchen mit den Puppen, die ich gestern erhalten habe, heute noch mit fertig machen kann. Die eine ist ganz nett, die kann sogar die Augen zumachen. Ich hoffe und wünsche, daß alles gut ankommt.
Wie ich gerade feststelle, habe ich ein Päckchen nochmals mit 38 nummeriert. Es sind also 2 Stück mit der gleichen Nummer unterwegs. Jetzt sind es 38 bis 40. Bis in wenigen Tagen hoffe ich, alles auf den Weg gebracht zu haben, was ich für Euch gedacht hatte. Ich wäre ja gern selbst gekommen und hätte auch das lieber alles selbst gebracht. Es liegt aber nun einmal nicht in meiner Hand und ich muß mich mit den anderen allen hineinfinden. Ich kann es mir fast nicht denken, daß ich diese Weihnachten nicht daheim sein soll. 
Bevor Du das Mehl verwendest, muß Du Dir das erst einmal ansehen. Ich weiß nicht wie es beschaffen ist und wie es sich verarbeiten läßt.  Vergangene Nacht hatte ich für einen Kameraden wieder OvD übernommen.  Ich bin aber beizeiten schlafen gegangen, weil ich gestern Abend ziemlich müde war. Ich habe auch gut geschlafen, denn es hat sich während der ganzen Nacht nichts ereignet. Nicht einmal ein Fliegeralarm.
Die vorhergehende Nacht hatten wir diesen wieder einmal. Der Angriff soll aber Lille gegolten haben und nicht uns.  Bei dem klaren Wetter, wie es nachts hier herrschte, ist es ja den Fliegern leicht, hier einzufliegen.
Nun habe ich wieder meinen Dienst heute früh angetreten. Es geht alles seinen Gang. Die Woche ist nun auch wieder zu Ende. So schwindet eine Woche nach der anderen. 
Was machen unsere beiden Stromer. Die werden jetzt ziemlich mit Weihnachten zu tun haben. Ja, ich kann mich ja selbst noch erinnern, wie es mir gegangen ist. Aber für die Kinder ist es ja gut und, was sollen sie auch die ganze Zeit machen und womit sollen sie sich beschäftigen. Ich nehme an, daß sie gesund sind und Du vor allem auch.  Sei Du mir recht herzlich gegrüßt und vielmals geküßt. Gib unseren beiden Schlawanzen jedem einen kräftigen Kuss von Deinem Ernst

Meine liebe Frau !                                                                 14.12.41

Vielen herzlichen Dank für Deine beiden Briefe vom 9. und 10.12. Ich erhielt sie gestern Abend und ich habe mich sehr darüber gefreut. Wenn Du nach Deinem ersten Schreiben auch nicht viel zu berichten hast, so glaube ich, daß Euch die rohen Klöße geschmeckt haben. Da wäre ich auch dabei, wenn es einmal rohe Klöße mit Sauerkraut und Schweinfleisch geben würde.
Du hast Dir ja auch mit den Sachen für unsere Helga wieder ziemlich Mühe gemacht. Der Mantel wird sicher ganz nett geworden sein. Na, und wenn Du für die Puppen von Helga wieder etwas genäht hast, dann wird sie wohl froh gewesen sein, denn das ist doch jetzt sicher ihre Sorge. Aber wenn man alles instand halten will, dann gibt es ja immer zu tun.
Vor allem bei unserem Jungen.  Aber das ist wohl sein Vorrecht, daß er sich das als Junge leisten kann. Die gesandten fertigen Kartons habe ich schon ziemlich aufgebraucht. Wenn Du aber noch verschiedene Pappen da hast, die sich wieder verwenden lassen, dann schicke sie mir wieder zu, denn man muß immer zusehen, wo man etwas Passendes herbekommt.  Alles will ich nicht zerschneiden, was ich da habe.
Was nun die Tabakwaren anbelangt, so habe ich Dir gestern ein Päckchen fertiggemacht mit einem Buch. Dem habe ich ein Paket Tabak beigepackt, weiterhin die beiden kleinen Puppen und die Zündhütchen für unseren Jungen. Das ist das Päckchen Nr. 41. Den Tabak kannst Du verwerten, wie Du es für richtig hältst. 
Einen Christbaum haben wir für uns für unsere Wohnung bestellt. Ich denke, daß wir etwas Richtiges bekommen. Man muß doch merken, daß es Weihnachten ist. 
An Nannie habe ich auch ein kleines Päckchen mit Kaffee fertiggemacht. Diesen hatte ich mir hier zusammengespart von unserem Empfang. Ich muß noch dazu schreiben. Das Päckchen schicke ich schon vorher ab. Ich will ihr nur noch klarmachen, was das für eine Seltenheit ist, denn Kaffee gibt es ja sonst überhaupt nicht  mehr. Ich hätte ja sonst auch keinen. Du hast ja noch genügend Kaffee daheim. Den Durchschlag meines Briefes sende ich Dir dann noch zu. 
Es hat mir leid getan, daß ich Dir die Mitteilung machen mußte, daß ich an Weihnachten nicht heimkommen kann. Daß es nicht möglich ist, auch zu Neujahr zu kommen, hast Du ja aus meinem Schreiben an Deinen Vater gelesen. Zu diesem Zeitpunkt geht unser Inspektor in Urlaub. Mein Gesuch um Urlaub wurde abgelehnt mit der Begründung, daß noch keine 3 Monate vergangen sind, bevor ich zurückgekommen bin. Ich soll einen neuen Antrag nicht vor Mitte Februar stellen.
Ich bin nun gestern beim Kommandanten gewesen und habe ihm mitgeteilt, daß das nicht ganz richtig sei, wenn man mir meinen Urlaub so weit hinausschiebt. Er hat das dann auch eingesehen und gesagt, daß er zusehen will, daß ich im Januar fahren könnte. Du siehst, daß ich alles tue, um so bald als möglich heimzukommen. Aber Du siehst auch, daß ich mich nach dem richten muß, was mir befohlen und genehmigt wird. Denke nur nicht, daß ich es so leicht habe, um gegen diese Leute anzulaufen. Ich habe schon manchen Ärger damit gehabt und man hat manchmal direkt keine Lust mehr, sich immer mit diesen Leuten auseinander zusetzen. Aber ich denke, das hat keinen Zweck und es ist besser, man gibt in solchen Fällen nicht nach, sondern hakt bei jeder Gelegenheit wieder ein. 
Deine Briefmarkensendung kam gerade wieder rechtzeitig an. Die einem Deiner letzten Briefe beigefügten Marken sind ja schon wieder verwendet worden. Ich hoffe, daß Du mir nicht böse bist, daß ich Dir so verschiedene kleine Sachen zusandte. Ein Paket Kunsthonig habe ich Dir schon wieder zurückgelegt. Es ist gut, daß Du mir mitteilst, daß Erna die Größe hat, die du auch hast, denn nach der Fotografie habe ich gedacht, sie sei stärker. Ich will zusehen, daß ich diese Woche noch diese Sachen kaufen kann, um ihr das gewünschte zusenden zu können.
Das Geld, ich meine die 16,-RM kannst Du verwenden, wie Du es für richtig hältst.  Ich glaube, daß Du überrascht warst, als Du schon die Briefumschläge erhieltst, aber ich habe eine gute Nase gehabt, meinst Du nicht auch. Ich habe Dir nochmals einem weiteren Brief welche beigelegt. sobald ich wieder welche habe, bekommst Du weitere.
Daß in den Zeitungen, die Du von mir erhältst ein Roman über Überlingen drin steht, weiß ich nicht, denn das ist Dir ja bekannt, daß ich diese Romane meist nicht lese. Mich interessieren dagegen die vielen anderen Sachen, die in der Zeitung steht. 
Mir geht es im Laufe der kommenden Woche auch so wie den Kindern. Die ganze Einheit wird wieder geimpft, gegen was, weiß ich nicht.
Daß unser Stromer mit der Zahnlücke wieder drollig aussieht, kann ich mir gut vorstellen.  Von Siegfried bekam ich gestern schon eine Weihnachtskarte. Ich habe mich sehr darüber gefreut, daß er sich jetzt meiner erinnert. Ich werde ihm sicherlich auch noch zu Weihnachten schreiben. Vielleicht sende ich ihm gleich ein Päckchen mit.  Für heute habe ich Dir ja wieder manches geschrieben.  Ich hoffe, daß Du mit mir zufrieden bist.
Sei nun vielmals herzlich gegrüßt und nimm viele Küsse entgegen von  Deinem Ernst.

Sonntag, 11. Dezember 2016

Brief 203 vom 11./12.12.1941


Meine liebe Frau !                                                         11.12.41  

Zwei Briefe habe ich gestern gleich wieder zusammen bekommen. Den vom 6. und den vom 7.12. Für beide danke ich Dir vielmals. Du hast Dir wirklich zuviel Sorge gemacht darüber, daß Du mir die einigen Tage nicht geschrieben hast. Diese Sorge ist rührend und ich bitte Dich heute nochmals, mache Dir deshalb keine Kopfschmerzen. Dein Adventspäckchen hatte ich Dir ja bestätigt. Ich zehre immer noch davon. 
Mit dem Nikolaus-Abend ist es so gegangen, wie ich es mir gedacht hatte. Da haben beide sicher eine große Freude gehabt und mich freut dabei wieder, daß die Apfelsinen diesen Eindruck Weihnacht  gewährt haben. Wenigstens bei unserem Jungen. Mein Brief ist zwar leider etwas verspätet eingetroffen, doch für Jörg war es eine Gelegenheit, sein Wissen praktisch anzuwenden. Der Zauber des Geheimnisses allein ist nicht zerstört worden. Wie das alles gewirkt hat, kann ich gut entnehmen aus den Zeilen, die Helga so spontan geschrieben hat.
Das Päckchen Nummer 31 ist auch angekommen. Fehlte da nicht Nr. 30 zwischendrin? Du paßt doch immer auf, ob alles richtig ankommt.  Weitere Mandeln sind ja noch unterwegs. Ich habe heute wieder ein Päckchen, das ist Nur. 38, aufgegeben. Da drin ist wieder Knäckebrot, Fruchtstangen, einige Bonbons und eine kleine Tafel Schokolade, die ich hier empfangen hatte. Hebe sie Dir auf für zu Weihnachten, denn ich habe keine Gelegenheit mehr, hier welche zu bekommen. Es ist in dieser Beziehung ganz schwierig geworden.
Von Kurt hatte ich ja auch Nachricht bekommen und ihm gleich wieder geantwortet, wie Du aus dem mit gesandten Durchschlag gesehen hattest.  Die Hausschuhe für die Kinder werden wohl in Ordnung sein. Sobald ich nochmals welche bekommen kann, schicke ich diese mit zu.  Wegen der Schuhgröße werde ich nach Deiner Anweisung handeln.
Deine Feststellung, daß wir hier schon viel Geld ausgegeben haben, stimmt wohl, doch Du mußt bedenken, was ich von meinem hier empfangenen Geld mit dazugetan habe. Aber ich habe gestern erst einmal Deine Aufstellung durchgelesen über das, was bei uns im Haushalt sich befindet. Ich muß sagen, daß da sehr viele Sachen dabei sind, die wir nicht hatten, bevor ich von daheim wegging.
Auf den Bezugscheinstellen dürfte jetzt schon viel Betrieb sein und ich denke mir, daß das nicht weniger wird, je länger der Krieg dauert. Daß das wahrscheinlich nicht so schnell zu Ende geht nachdem jetzt auch noch Japan und Amerika den Kriegszustand haben, ist wohl verständlich. 
Bei den Leuten haben wir schon wieder genügend zu essen bekommen. Eine Einladung liegt schon wieder vor, doch man kann das ja nicht annehmen, ohne daß man sich sonst wieder erkenntlich zeigt. Also müssen auch wir auch einmal hier bei uns die Leute einladen. Wir können das zwar nicht in der gleichen Form tun, aber auf unsre Art. 
Das Geld habe ich gestern erhalten. Ich danke Dir für die prompte Übersendung. Mitteilen wollte ich Dir noch, daß seit einigen Tagen unser Hund weggelaufen ist. Als unser Doktor mit ihm auf der Jagd war, ist er einfach abgehauen. Jetzt ist es ziemlich ruhig bei uns im Bau.  Für heute grüße und küsse ich Dich recht herzlich und hoffe, daß Ihr alle gesund seid. Dein Ernst

Meine liebe Annie !                                                       11.12.41

Gerade komme ich von Abhören der Rede des Führers. Nun ist tatsächlich die ganze Welt im Kriege. Die Amerikaner haben nun ihren Krieg ganz wie sie ihn haben wollten. Mit dieser neuen Entwicklung kann es nun passieren, daß sich der Krieg noch eine ganze Weile hinauszieht. Wenn man aber Vergleiche zieht zum letzten Krieg, so sind doch unsere Positionen bedeutend günstiger und die Aussichten, ihn zu gewinnen, wesentlich größer, obwohl kein Zweifel darüber besteht, wer am Ende dieses Krieges als Sieger dasteht. Ohne Opfer und Einschränkungen wird es zwar nicht gehen und dies wird uns wohl in noch stärkerem Maße in Aussicht stehen. Aber ich bin der Überzeugung, daß unsere Führung das Menschenmögliche tun wird, um dem Volk die Härten zu ersparen, die nicht unbedingt nötig sind. Darum wollen wir mit neuem Mut und neuer Kraft uns auf die Dinge vorbereiten, die uns noch bevorstehen. Sollte man während der neuen Entwicklung woanders hingestellt werden, dann tut man eben am neuen Platz seine Pflicht. 
Ich habe hier den Auftrag gegeben, mir 2 kleine Puppen zu besorgen, die für Helga sein sollen. Ich hoffe, daß sie mir bald gebracht werden, soweit sie noch erhältlich sind. Größere Puppen sind hier auch nicht mehr zu bekommen. Sobald ich sie habe, werde ich sie abschicken, damit sie noch rechtzeitig ankommen.

Mein liebes Mädel !                                                          12.12.41

Ich bin ja gestern reichlich mit schönen Grüßen von Dir bedacht worden. Deine 3 Päckchen sind schon eingetroffen und außerdem erhielt ich Deinen schönen großen Brief vom 7./8. Über alles habe ich mich sehr gefreut.
Die Päckchen habe ich nur soweit ausgepackt als es zulässig war. Also ich hebe mir das vollständige Auspacken für später auf, denn ich denke mir, daß Du es so gewollt hast. Die Zustellung ist prompt und schnell erfolgt.
Über Deine Schilderung des Märchenfilms nachmittags habe ich mich sehr gefreut. Da kann ich mir schon denken, daß es Euch gut gefallen hast.
Mein Päckchen Nr. 30 hast Du nun auch erhalten. Daß Du Dich über den Inhalt auch wieder gefreut hast, ist mir sehr recht. Daß die anderen Päckchen, die noch unterwegs sind, gut ankommen, hoffe ich selbst gern. Man ist aber erst dann beruhigt, wenn man die Bestätigung hat, daß alles richtig eingetroffen ist.
Wegen der Briefschreiberei wurden mir insofern Vorschriften gemacht, weil ich meine Briefe teilweise während der Dienstzeit schreibe. Dies mache ich ja auch nur, soweit ich hier dazu Zeit habe. Wie oft ich überhaupt schreibe, lasse ich mir hier von niemandem Vorschriften machen. Die Bilder hast Du auch inzwischen bekommen.  Wenn Dir von diesen Bildern eins gefällt, ist ja der Zweck schon erfüllt.
Ja mit der Elsa stimmt das schon, daß sie erst jetzt empfindet, wie es ist, wenn es auf weitere Entfernung heißt Abschied nehmen. Sie wird es aber auch verwinden müssen wie die anderen Frauen auch.
Jörg hat sich aber ziemlich angestrengt mit seinem Schreiben. Aber er hat es nicht schlecht gemacht. Ich freue mich jedenfalls über seinen Fleiß. Er soll nur so weiter machen.
Heute habe ich wieder Apfelsinen bekommen. Ich mache einige Päckchen fertig. Mehl ist ebenfalls etwas eingetroffen Es ist zwar nicht viel aber für den Anfang geht es schon.
Herzlich grüße und küsse ich Dich und bleibt mir alle zusammen gesund. Dein Ernst

Brief 202 vom 8./10.12.1941


Meine liebe Annie !                                                       8.12.41        

Für Deinen Brief vom 4.12. danke ich Dir wieder vielmals. Auch in diesem machst Du Dir noch Vorwürfe, daß Du mir 4 Tage nicht geschrieben hast. Das ist doch kein Grund, denn ich wußte ja, warum das soweit kam und daß Du das nicht mit schlechter Absicht getan hast. Ich habe ja auch nicht anders gehandelt wie Du. Also die Angelegenheit ist ganz in Ordnung. 
Wegen den Briefmarken warte nur dann solange bis ich wieder einmal in Urlaub komme. Das läuft immer ziemlich ins Geld. Das sind doch sicher 11,50 RM für die doppelten Sätze gewesen. Davon hat also Kurt die Hälfte zu bezahlen. Wegen der Winterhilfsmarken tritt nur etwas kurz. Du kannst mir dann ja schreiben, wann sie herausgekommen sind. Ich sende heute auch wieder einige Marken mit, die ich durch Salzmann, der mir gestern wegen Beschaffung von verschiedenen Sachen geschrieben hatte, übermittelt wurden. Heben sie bitte mit auf bei den anderen. Ich würde das wohl gern tun, doch ich verfüge nun einmal nicht über die dazu notwendigen Geldmittel.
Wegen Briefumschlägen hast du also Schwierigkeiten gehabt. Ich sandte Dir bereits im letzten Zeitungspaket einige mit, ich lege Dir heute auch wieder welche bei, sobald ich wieder welche bekomme, schicke ich Dir diese mit zu. 
Mit dem Schnee war es ja ein kurzer Traum. Aber die Kinder haben sicher ihre Freude daran gehabt, wenn es auch nur zu einer Fahrt bis an die Schule gelangt hat. Normalerweise hält sich der Schnee bei uns in Konstanz ja nicht lange.  Die Personen habe ich beide gekannt, von denen Du mir die Todesanzeigen mit gesandt hast. Der Rauh ist doch der Freund von Fritz Bautz gewesen, der immer mit Lämmels usw. beim Singen war. Du kanntest ihn sicher auch. Das war ein so ruhiger Mensch.
Es kostet eben ziemlich Opfer und die fallen ohne daß da lange herausgesucht wird. Es hat mir leid getan, als ich diese Anzeige las. Ich glaube, Kurt kannte ihn auch.
Die Durchschläge von Deinen Briefen habe ich auch alle gelesen. Da habe ich wieder eine Weile zutun gehabt. Ich bin Dir aber nicht böse deswegen.  Man ist doch immer im Bild, was geschrieben worden ist und man hat dann wenigstens die Zusammenhänge.  An Dr. Thomas habe ich auch geschrieben. Denn er sitzt ja auf dem Truppenübungsplatz, da wird er mir nicht böse sein, wenn ich ihm einmal schreibe. Kurz vor Weihnachten hat er es dann auch geschafft. Ich denke, daß er froh sein wird, wenn es dann vorbei ist.  Für heute wieder Dir und den Kindern viele herzliche Grüße und Küsse Dein Ernst.


Liebste Annie !                                                      10.12.41

Für Deinen Brief vom 5.12. danke ich Dir wieder vielmals. Ich erhielt ihn gestern und ich kann Dir sagen, als ich ihn las, habe ich auch so richtig Weihnachtsstimmung bekommen. Es war ja auch viel von Weihnachten die Rede. Vor allem Deine Erinnerung an Deine Kindheit und dann der Vergleich zu den Kindern.
Ich hoffte, daß mein Brief für die Kinder noch rechtzeitig eintreffen würde.  Das ist schade, denn ich hätte ihnen diese Freude gern rechtzeitig gemacht. Das läßt sich nun leider nicht ändern. Es ist so mit den Kindern wie Du gesagt hast, erst wollen sie es gern wissen und dann kommt die Enttäuschung. Das muß aber doch einmal kommen, aber es hat ja keinen Wert, wenn man ihnen seinerzeit etwas anderes erzählt hätte, als sie danach fragten. Unsere Beiden werden sich sicherlich darüber gefreut haben, als Du ihnen von Deiner Kindheit und dann besonders über Weihnachten erzählt hast.  Diese schönen Erinnerungen vergißt man nicht und es kann einem auch niemand nehmen. Ich nehme auch an, daß sich die beiden Stromer später gern einmal der Weihnachtstage erinnern werden, denn sie haben doch viel von ihrer Kindheit gehabt und die Feste waren doch immer schön. Wir haben ja auch getan, was in unseren Kräften stand, wenn es auch manchmal knapp hergegangen ist.
Beweis dafür ist ja immer wieder, wenn man sich unsere beiden Stromer ansieht. Du hast ihnen ja auch einen schönen Nikolaus-Abend bereitet. Ich glaube, daß ihnen der Zauber doch nicht so ganz verloren gegangen ist. Vor allem, wenn es noch so heimlicherweise etwas gibt. Aus Deinem nächsten Brief werde ich sicherlich sehen, was los gewesen ist. 
Wegen der Puppen habe ich nun Deinen Kummer gelesen, Ich will versuchen, daß ich hier noch etwas derartiges bekomme, dann werde ich es Dir umgehend zusenden. Ich denke, daß Helga dann auch nicht böse sein wird. Ich werde ebenfalls für das Spielzeug für Jörg noch genügend Zündhütchen besorgen, damit die Munition nicht ausgeht. Ich habe gestern Abend gerade im Radio gehört, daß das mit den Spielwaren bei Euch in Deutschland nicht so einfach ist. Ich will darum zusehen, daß ich etwas vergleichen kann. Wegen Mehl will ich noch zusehen, was ich hier machen kann. Ich schicke es Dir dann umgehend zu.
Die Zigarren habe ich ja auch bereits abgeschickt, denn das will ich alles dir überlassen, wie Du das verteilen willst. Die Feldpostsperre für Päckchen ist ja nur von der Heimat zur Front. In umgekehrter Richtung geht es ja weiter, doch das hast Du wohl schon gemerkt, da ich Dir inzwischen weitere Päckchen übersandt habe. Sobald ich übrigens wieder etwas habe, schicke ich es wieder ab.  Gestern Abend war ich wieder im Kino. Ich habe einen sehr netten Film gesehen: „Frau Luna“. Er ist ganz unterhaltsam und lustig.  Herzliche Grüße und Küsse an Dich und die Kinder Dein Ernst

Dienstag, 6. Dezember 2016

Brief 201 vom 6./7.12.1941


Mein liebstes bestes Mädel !                                                       6.12.41        

Ich habe heute Deine beiden Briefe von 1. und 2.12. erhalten.  Ich danke Dir recht herzlich dafür.
Ich glaube es richtig zu fühlen, daß Du mein Abschreiben nicht so schwer aufgenommen hast, wie ich erst vermutete. Daß das nicht Deine Schuld war, daß Du nicht mehr geschrieben hast, ist mir ganz und gar erklärlich.  Denn Du konntest ja nicht wissen, was in diesen 4 Tagen geschehen war. Ich könnte ja schon unterwegs sein. Das war ja durchaus möglich. Aber Du hast nun aus meinen inzwischen bei Dir eingegangenen Briefen ersehen, wie es hier zugegangen ist. Ich habe mich wohl erst über das Verhalten dieses famosen Herrn geärgert, doch nun bin ich darüber hinweg. Du brauchst Die deshalb keine Sorgen zu machen, wenn Du mir nicht geschrieben hast, denn das war wohl mehr oder weniger meine Schuld. 
Heute bringe ich wieder ein Päckchen mit Mandarinen auf den Weg. Es ist Nr. 35. Die letzte Briefmarke habe ich dazu verwendet. Ich bitte Dich, sende mir wieder einige zu, denn für die nächsten Päckchen  muß ich mir hier schon welche kaufen. Hoffentlich kommen die Sachen gut an.  Wie ich aus Deinen Briefen gelesen habe, sind die Päckchen bis Nr. 26 alle angekommen. Aus dem einen Päckchen ist sicherlich eine kleine Flasche herausgenommen worden, denn ich kann mir nicht denken, daß sie unterwegs entzwei gegangen sein kann, denn ich hatte beides ja gut in Wellpappe verpackt. Aber wenn eine davon fehlt, so will ich nicht so böse sein, denn wenn ein anderer Artikel weggekommen wäre, vielleicht ein Paar Schuhe, so hätte mich das sehr geärgert. Wenn das andere alles gut angekommen ist, so bin ich froh darum.
Ihr habt, wie ich lese, alles sicherlich brauchen können.  Über die Sache mit Dora denken wir ja auch wieder gleich. Wir lassen sie so und werden nicht weiter machen. Daß sich Erna nun zu einem Wunsch entschlossen hat. Wir wollen uns doch dieser Verpflichtung gern entledigen. Wegen des Mittels will ich dieser Tage sehen, was sich machen läßt.
Für Helga hast Du auch schon wieder etwas gearbeitet. Ja, für die Kinder ist eben immer wieder etwas zu tun. Soweit man immer noch das Material hat, was man benötigt, geht es ja immer noch. 
Wegen des Weihnachtsurlaubs muß ich Dir eine weitere Enttäuschung bereiten. Dieser ist ebenfalls abgelehnt worden. Ich kann ja nicht viel dagegen machen und was ich dagegen tun kann, das will ich machen. Aber Hoffnung habe ich keine große. Deshalb schreibe ich auch gleich heute endgültig ab. Ich weiß aber, auf was ich das zurückzuführen habe. Denn alles geht ja mehr oder weniger auf den Kriegsverwaltungsrat zurück. 
Aber trotz allem muß ich Dir noch etwas anderes erzählen, was mir heute früh passiert ist. Ich war erst gegen halb sechs Uhr munter. Als ich sah, daß noch Zeit war, habe ich mich wieder herumgedreht.
Dann habe ich geträumt. 
Ich wollte einen Soldaten festhalten. Ich drehe mich um im Bett und will zupacken, packe auch zu und dann gab es einen großen Krach. Wie ich hinsehe, war mein Tischchen, das neben dem Bett steht, umgefallen mit allem, was darauf steht. Der Radioapparat, die Tischlampe, meine Armbanduhr und einige Bücher, die auch noch dabei lagen. Du kannst Dir vorstellen, daß das ziemlich gepoltert hat. Die Taschenlampe habe ich dann zufälligerweise herausgefingert und mir den Schaden besehen. Erst habe ich den Radioapparat angeschaltet. Er ging noch, zwar die Beleuchtungsskala tut nicht mehr, doch das läßt sich leicht beheben. Dann die Tischlampe, damit ich wieder Licht im Zimmer hatte. Die ging auch noch. Die Armbanduhr, die wollte anfänglich nicht mehr, doch ich habe ihr dann einige Male gut zugeredet und dann hat sich auch wieder mitgemacht. Ich habe dann doch für mich lachen müssen, was man so im Halbschlaf anstellen kann. Es war noch nicht Zeit zum Aufstehen, so daß ich mich nach diesem Zwischenfall noch einige Minuten aufs andere Ohr gelegt habe, um mich von diesem Schock zu erholen.
Heute habe ich ja nun wieder Dienst, so daß das Wochenende auch belegt ist. Zeitungen und einige andere Sachen, die ich Dir zur Kenntnisnahme mitschicke, liegen bei. 
Viele herzliche Grüße und Küsse sendet Dir und den Kindern Dein Ernst. 
Von dem Päckchen des Oberbürgermeisters habe ich vergessen Dir zu schreiben. Also es war darin enthalten Fußpuder, Vaselin, ein Birnenbrot und einiges Gebäck sowie Bonbons. Es ist eben alles der Zeit entsprechend.  Doch schließlich ist es ja ganz nett. Übrigens bekommst Du noch je 8 RM für unsere Kinder als Weihnachtsgeld ausbezahlt. Ich glaube, daß Du das in der Zeitung gelesen hast.

Meine liebe Annie!                                                    7.12.41

Ich danke Dir vielmals für Deinen Brief vom 3.12.. Gestern traf keine Post von Dir ein, dagegen erhielt ich heute Deinen vorgenannten Brief ausgehändigt. Die Weihnachtspäckchen an mich hast Du nun schon auf den Weg gebracht.  Es tut mir leid, daß ich in diesem Jahr nichts besonderes für Dich habe, aber ich bekomme hier ja nicht mehr alles so, wie das noch im vergangenen Jahr möglich war. Man spürt ja hier auch deutlich die Veränderung der Verhältnisse. Aber ich habe Euch ja in der vergangenen Zeit vielerlei zugesandt, so daß Ihr davon schon manches mit dazurechnen müßt.  Aber ich weiß ja, daß Du dafür alles Verständnis hast und einsiehst, daß mir auch hier gewisse Grenzen  gesteckt sind. So gehen morgen mit der Post wieder 2 Päckchen ab. In einem befindet sich Käse und der Rest der Mandeln sowie noch etwas Tabak. Gestern habe ich den Nikolaus-Abend im Dienst verbracht und heute Vormittag habe ich den Brief an Kurt fertig geschrieben und Deinem Vater habe ich auch auf seine Briefe geantwortet. So habe ich wieder ein Großteil meiner Post erledigt und nun kann die Woche anfangen. Wie bald wird sie wieder vorbei sein.
Was du mir nun als Überraschung zu Weihnachten schenkst, interessiert mich schon. Denn ich kann mich nicht mehr entsinnen, was ich einmal geäußert haben soll.  Was ich in dem Brief wegen des Stoffes geschrieben habe, kann ich heute auch nicht mehr sagen.  Wahrscheinlich wird es heißen „ soll ich ihn Erna zur Kenntnisnahme oder Probe zuschicken“. Ich weiß ja nicht wie sie sowas braucht und wie sie ausgestattet ist. Andererseits ist es ja so, daß ich mit meinen Geldsendungen in Konflikt komme, denn das macht doch immerhin etwas aus, wenn man so einen Mantelstoff beschafft und dafür das Geld einführen muß. Also ich überlasse es Deiner Verantwortung und Übersicht. Mir ist es ja gleich, denn in erster Linie muß ich für Euch sorgen. Ich verlange von anderen ja auch nichts und würde wahrscheinlich auch nichts bekommen.
Wie gefallen Dir die Filzschuhe für die Kinder. Es ist doch wieder etwas für einige Zeit. Die Orangen sind ja nicht für die Kinder allein, sondern für Euch alle. Du muß nun nicht nur die verfaulten essen.  Wenn Du sie für den Nikolaus-Abend für die Kinder mit aufgehoben hast, so ist das schon recht, denn dann hast Du ja etwas gehabt.  Ich hoffe, daß zu diesem Tag mein Brief noch rechtzeitig eingetroffen ist. Wenn die Mandeln inzwischen noch angekommen sein sollten, so könntest Du ihnen ja auch noch von diesen einige mit dazu tun. Doch ich weiß ja, daß Du ihnen das hast zukommen lassen, was Dir zur Verfügung stand. Ich glaube, daß sie dabei nicht zu kurz gekommen sind. 
Wegen des Geldes für den Grabstein, so mache das wie Du vorgeschlagen hast. Wenn es Dir dann möglich ist, dann kannst Du immer noch 10,-RM nachschicken. Wenn du jetzt die Kuchenplatte für Erna nicht bekommst, so teile ihr das doch mit, daß sie sich noch etwas gedulden muß und daß Du ihr diese bei Gelegenheit und so bald als möglich zuschickst. 
Das ist schön von Deinem Vater, daß er das Grab von meiner Mutter und von Walter mit besucht hat. Es kommt doch immer ab und zu einmal jemand mit hinaus. Wenn das Kreuz weggemacht wird, so ist das nach der Schilderung Deines Vaters schon notwendig. 
Die Durchschläge von meinen Briefen, die ich heute geschrieben habe, lege ich Dir bei. Daß sich Erna Deines Vaters so annimmt, freut mich sehr. Denn so kümmert sich wenigstens jemand um ihn. Er weiß dann doch, daß alles gerichtet ist, wenn er abends heimkommt. Wenn sie ihm dann noch so kleine Besorgungen am Tage mit abnimmt, so wird er ja auch etwas entlastet.  Für heute sende ich Dir herzliche Sonntagsgrüße und viele Küsse. Ich hoffe, daß Ihr alle auf dem Damm seid. Bei mir ist es ja auch der Fall. Dein Ernst.

Sonntag, 4. Dezember 2016

Brief 200 vom 4./5.12.1941


Meine liebe Annie!                                                           4.12.41   

Ich habe nun 3 Päckchen wieder an Euch auf den Weg gebracht. In einem das Spielzeug für Jörg Nummer 32, in den anderen beiden Mandarinen und Zigarren mit Tabak. In der Tabakschachtel habe ich das Putzmittel mit verpackt, damit Du dies nicht etwa ungeöffnet weiterschickst. Ich hoffe, daß alles ordentlich und gut ankommt.  Bei dem Spielzeug habe ich für Jörg noch einige Fasanenfedern zugepackt. Ich glaube nicht, daß er keine Verwendung dafür finden kann. 
Von Dir habe ich noch keine Post erhalten. Ich denke zwar, daß das damit im Zusammenhang steht, daß Du der Ansicht gewesen bist, daß ich komme und hast deshalb nicht mehr geschrieben. Ich werde mich darum noch einige Tage gedulden müssen, bis ich wieder Nachricht von Dir bekomme. 
Seit Anfang dieser Woche haben wir hier ein unfreundliches nebliges Wetter. An manchen Tagen war es wie in einer Waschküche. Der Nebel dringt dann durch sämtliche Kleider hindurch, vor allem, wenn es dann noch kalt dazu ist. Das ist schon so dick gewesen, daß man ihn schon im Zimmer gespürt hat. Doch das läßt sich ja alles noch aushalten.  Bis jetzt haben wir noch nicht frieren müssen. Das ist wohl sehr wesentlich.
Ich habe hier bei mir auf der Dienststelle keine Dampfheizung, doch die Öfen, die in den Zimmern stehen, heizen ganz gut durch. Ein Nachteil ist wohl der, daß man vom Fenster hier kalt bekommt und von der anderen Seite warm. Das läßt sich aber noch abstellen, indem man sich noch Vorhänge vor das Fenster machen läßt.  Jetzt bin ich nun in letzter Zeit jede Woche zum OvD herangezogen worden. Mir macht es ja nichts weiter aus, denn wenn ein Kamerad krank ist, muß man schon einmal einspringen.  Doch so geht das nun nicht weiter. Am 6. und 7. bin ich offiziell dran und dann will ich für einige Zeit meine Ruhe haben. Denn normalerweise komme ich nur aller 14 Tage dran.
Eine Abschrift von meinem abgelehnten Gesuch lege ich Dir heute mit bei. Ich habe gleichzeitig noch nach Konstanz und an die Gemeindeverwaltungsschule geschrieben. Damit man von mir aus auch Bescheid erhält. Ich will, daß das dann auch in Ordnung geht. 
Post habe ich gestern noch von der SA erhalten. Wenn man so da liest, kann man wohl feststellen, daß seit dem Anfang des Krieges und jetzt ein erheblicher Unterschied besteht. Man sieht aber wieder den guten Willen, den Faden zwischen den Angehörigen nicht abreißen zu lassen. Ich weiß auch, daß die Leute ihre Arbeit am Tage haben und dann noch diese Sonderaufgaben, also die Betreuung der Angehörigen der Einheit nebenbei haben. Aber es hat eben im Großen und Ganzen alles nachgelassen. Am Anfang mußte doch immer etwas geschickt werden. Das muß jetzt unterbleiben, weil alles rationiert ist und weil jeder selbst gerade so viel hat, wie er für sich braucht. 
Ich sende Dir und den Kindern recht viele herzliche Grüße und Küsse. Ich hoffe, daß Ihr alle gesund seid und daß ich bald wieder etwas von Euch erfahre Dein Ernst.

Meine liebe Frau !                                                    5.12.41

Gestern habe ich noch an Siegfried und an Kurt geschrieben, ebenso an den Oberbürgermeister. Die Durchschläge davon und die Abschrift von der Ablehnung meines Gesuches habe ich aber bei mir in der Wohnung daheim gelassen. Für die Mittagspost reichte es mir heute nicht mehr, so daß Du Dich bis zum nächsten Brief gedulden muß, in dem ich Dir wieder Zeitungen zusenden werde. 
Als ich meinen Brief an Kurt fertig hatte, bekam ich von ihm einen Brief. Ich werde ihm nun gleich noch darauf antworten, dann habe ich das gleich wieder erledigt.
Dann bekam ich noch ein Päckchen vom Oberbürgermeister heute früh ausgehändigt, das ich aber noch nicht geöffnet habe, das wäre nun das erste Weihnachtspäckchen, was ich bekommen habe. Denn sonst hört und sieht man ja nichts von der Stadt das Jahr über. Es sei denn, daß es vorkommt, daß man mir wegen des Lehrgangs oder sonstwie Dienstliches schreiben muß. Aber ich meine, was sollen die auch schon viel schreiben, denn es ist ja eine große Herde, die die Stadt zu betreuen hat. 
Zu berichten hätte ich heute nicht sonderlich viel, denn hier geht halt alles wie bisher. Täglich kleinere oder größere Stänkereien, die nicht ausbleiben, aus denen man sich aber schon nichts mehr daraus macht. Gerade gestern sagte mir der Kriegsverwaltungsrat, dass er es als einen Unsinn betrachtet, wenn man so oft nach hause schreibt. Ich habe ihm aber gleich gesagt, das ist mir schon verständlich. Der eine steht eben zu seiner Familie und der andere so. Darauf zog er sich in seine Gemächer zurück und sagte nichts mehr. 
Beiliegend erhältst Du einige Bilder. Sie sind zwar nicht schön, aber als Erinnerung an meine  Zeit hier  will ich sie aufheben. Der Gefreite ist mein Kamerad Wittenburg und der Feldwebel ist mein Kamerad Brausch, die beide mit mir zusammenarbeiten. Wir hatten diese Bilder vor unserem Umzug gemacht und ich habe sie jetzt erst bekommen. Hebe sie auf  wenn sie Dir auch nicht gefallen sollten.  Ich grüße Dich für heute wieder recht herzlich ebenso die Kinder. Bleibt mir gesund und nehmt viele Küsse entgegen von Deinem Ernst.