Samstag, 25. Juni 2016

Brief 143 vom 25./26.6.1941


Mein liebes Mädel !                                                                                      25.6.41  

Da es dieser Tage im Radio hieß, es sei eine allgemeine Postsperre, hatte ich nicht gehofft, Post in den nächsten Tagen zu erhalten  Es trafen aber Deine beiden Briefe vom 19. und 20.6. ein und ich bin auch wirklich nicht böse darum, vor allem, weil ich aus Deinen Zeilen lesen kann, daß es Dir nun doch langsam besser geht. Es ist mir ohne weiteres erklärlich, daß das schöne Wetter, das wir ja hier auch haben, viel mit dazu beigetragen hat. Trotz dieses Besserungszustands bitte ich Dich, Dir meine Vorschläge, die ich in meinem letzten Brief gemacht habe, zu überlegen. Es kann Dir nichts schaden, wenn Du vorerst eine Hilfe hast, die Dir die gröberen Arbeiten abnimmt. Du kannst es ja versuchen mit jemand, der Dir am Ende der Woche etwas übernimmt.  Wenn Helga schon so gut einkaufen kann, ist dies für Dich ja auch schon eine große Erleichterung, vor allem, wenn Du weißt, Du kannst Dich auf die verlassen. Wegen des Farbstiftes war es nicht notwendig, daß Du gleich so läufst. Wenn er ihn nicht haben will, kann man ihn ja später als Geschenk nehmen. Da sind die Kinder zu beneiden, wenn sie so im Wasser plantschen können, das möchte ich auch ganz gern, doch die Badeverhältnisse beschränken sich auf das Hallenbad oder auf unsere Badewanne daheim. Gestern sprach hier ein Kamerad vor. An seiner Sprache merkte ich, daß er aus dem badischen Ländle kam. Es stellte sich heraus, daß er ein Freiburger war. Als ich ihm dann sagte, daß ich vom See komme, sagte er, daß man den jetzt ganz gut gebrauchen könnte. Die Feststellung habe ich auch schon getroffen, daß mir der z.Zt. sehr fehlt. Mit dem Taschenkalender werde ich es eben so machen müssen, daß ich den alten nehme, den mir die Eltern geschickt haben. Die Frage nach meinem Geburtstagswunsch ist immer eine der für mich am schwierigsten zu beantwortenden. Jedes Jahr geht es mir gleich so. Ich weiß tatsächlich nicht, was ich darauf antworten soll.  Hier werde ich wahrscheinlich einige Flaschen Getränke stiften müssen, aber sonst werde ich wohl auch nicht viel davon haben. Voraussetzung ist natürlich, daß die Kameraden etwas davon merken, denn ich werde von mir aus natürlich nichts tun bzw. darauf aufmerksam machen. Du weißt es ja selbst, daß es mir an nichts fehlt, denn Essen und Trinken habe ich immer noch da erhalten, was ich gebraucht habe. Wenn Du aber unbedingt etwas tun willst, so überlasse ich dies Deinem Scharfsinn. Ich bitte Dich aber, mach nicht soviel Sachen. Wenn wir wieder einmal beieinander sind, können wir ja wieder etwas machen oder unternehmen. Ich denke nur, daß Du mit Deinen Marken in Konflikt kommst, darum bitte ich Dich, fasse Dich kurz. Nimm viele herzlich Grüße und Küsse entgegen von Deinen Ernst

Liebstes Mädel !                                                            26.6.41

Schon vor einiger Zeit habe ich davon geschrieben, daß ich verschiedene Sachen absenden werde. Heute habe ich nun einige Päckchen fertig gemacht, und zwar 6 Stück. Es sind dies die Nummern 12 - 17. In einem sind Zigarren und das andere Buch von Finkh. Dann ein Päckchen mit Schokolade und eines mit Pralinen. Dann habe ich noch ein Päckchen mit Schreibpapier zu Recht gemacht. Es ist zwar kein weißes Papier, doch ich denke, wenn Du mit Maschine schreibst, geht es ganz gut. Du kannst es Dir ja einmal ansehen, und wenn Du davon noch welches haben willst, dann gibst Du mir Bescheid. Die Schuhe habe ich in einem weiteren Päckchen ab gesandt. Ich hoffe und wünsche, daß sie Dir passen werden. Wenn nicht, so kannst Du ja einmal sehen, ob Du sie nicht um eine Nummer weiten lassen kannst. In dem gleichen Päckchen sind noch einige Papiere, die Du bitte mit zu den anderen legen kannst. Im letzten Päckchen habe ich Seifenpulver und einige Fischkonserven verpackt. Es ist wieder einmal eine kleine Sendung, die hoffentlich gut ankommen wird. Wie ich Dir schon mitteilte, habe ich keine Frankierung vorgenommen. Ich denke, daß Du dies schon erschwingen kannst. Heute vor einem Jahr erhielt ich von meinem Truppenteil den Befehl, mich nach Konstanz und von da nach Köln zu begeben. Auch das ist schon ein Jahr her. Ich sehe mich noch dort fortfahren und dann bei Euch ankommen. Das war ja eine ziemliche Überraschung. Da ich die Uniform an hatte, erkannten mich die Kinder erst nicht, doch dann setzte ein Indianergeheul ein, und sie stürmten brüllend die Wohnung. In einigen Tagen ist es dann soweit, daß seit meiner Ankunft in Frankreich auch ein Jahr her ist.  Nun will ich Dir noch von einem Hausgenossen berichten, der sich schon bei meinem Einzug in der Wohnung befand. Es ist dies der Hund eines Kameraden, der uns schon allerhand Spaß gemacht hat. Unser Sonderführer geht gern auf die Jagd, und zu diesem Zweck hat er sich diesen Schnauzer zugelegt. Unberechtigterweise hielten sich kürzlich zwei Katzen bei uns im Hof auf, die hat nun unser Jäger abgeschossen. Unser Chauffeur hatte sie im Garten vergraben, doch unser Hund konnte das nicht leiden und hat eine nach der anderen wieder ausgebuddelt. Er leistet sich so manches Stück, und ich glaube, daß solch ein Hund für unsere Kinder auch etwas wäre. Für Deinen Brief vom 21.6. danke ich Dir vielmals. Ich erhielt ihn gestern. Über den zunehmenden Besserungsgang Deiner Gesundung habe ich mich sehr gefreut und ich will hoffen, daß es weiterhin solche Fortschritte macht. Es grüßt Dich und die Kinder recht herzlich, verbunden mit vielen Küssen von Deinem Ernst

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