Samstag, 18. Juni 2016

Brief 140 vom 16./17.6.1941


Meine liebe Frau !                                                                                                    16.6.41      

Ich habe Deinen lieben Brief vom 9.6. erhalten und danke Dir recht sehr. Von Deiner langsamen Gesundung habe ich wieder Kenntnis genommen und freue mich, daß es wieder  mit Dir vorwärts geht. Über einen Satz in Deinem Brief habe ich lachen müssen. Du hast Dir so eine kleine Stilblüte erlaubt. Du schriebst : “Wenn ich wieder ganz hergestellt bin, werde ich nachher Erde über den Mist machen“. Jetzt weiß ich nicht ganz genau, ob Du damit Deine Krankheit meinst oder den, der im Garten liegt. Ich nehme aber an, daß das letztere der Fall sein wird.  Am Samstag bin ich nun umgezogen und habe mich so schlecht und recht dort eingerichtet. Bis jetzt habe ich mich zwar ziemlich verschlechtert, doch man muß sich der Lage anpassen. Unser Haus in Lille war dann schon bedeutend besser eingerichtet. Mein bisheriges Zimmer hier war wohl ziemlich einfach, doch hier muß man alles erst beschaffen, um es  einigermaßen wohnlich zu gestalten. Ich denke aber, daß ich es mit der Zeit doch soweit bringen werde. Die Einrichtung durch die Leute, die ich damit beauftragt hatte, geht eben langsam vonstatten. Wenn dann der eine Kamerad wieder von hier abkommandiert wird, bekomme ich dann sein Zimmer, das dann besser ist. Zwar muß ich dann verschiedenes rauswerfen, damit es etwas wohnlicher wird. Wenn ich noch so eine Weile solche Umzüge mitmache, werde ich mit der Zeit schon genug Routine herausbekommen. Die Kameraden, die mit im Haus wohnen, waren zwar nicht anwesend und auch am Abend nicht, ich habe dann meinen Umzug mit Kameraden gefeiert, die bei mir auf dem Büro sind. Anschließend bin ich dann mit unserem Fahrer heimgegangen. Er wohnt schon einige Tage länger dort, er hat dann auch noch für weiteren Stoff gesorgt. Wir haben dann noch zu zweit jeder eine Flasche Sekt ausgetrunken, das hat dann gelangt bis die anderen drei heimkamen. Das war mein Umzug. Bei dieser Angelegenheit konnte man es auch gar nicht anders machen, Damit man am ersten Abend nicht gleich so merkt, wie man sich verschlechtert hat.  Helgas Wunsch werde ich erfüllen und ihr in den nächsten Tagen wieder schreiben.  Der Kameradschaftsabend soll wahrscheinlich heute steigen, Viel Lust habe ich nicht dazu; vor allem, weil heute wieder Kino ist und mich der Film interessiert. „Das Herz der Königin.“ Ich muß einmal zusehen, wie ich die zwei Sachen auf einen Nenner bringe. Das Wetter ist gegenwärtig wieder in Ordnung. Schön sonnig und nicht zu warm, so daß man es aushalten kann.  Zum Schluß grüße und küsse ich Dich recht herzlich. Ich bitte Dich wiederum, unseren beiden Trabanten einen herzlichen Kuß mit abzugeben. Ich wünsche  Dir heute recht sehr  volle Genesung. Dein Ernst

Meine liebe  Annie  !                                                                                                               17.6.41

Unseren Kameradschaftsabend  haben wir hinter uns, der aus Anlaß und in Erinnerung an die einjährige Anwesenheit gefeiert wurde.  Es ist in gemessenem Rahmen begangen worden und nicht so, wie es hier schon früher teilweise begangen worden ist. Was da für Kerle dabei sind, möchte ich Dir an folgendem Beispiel schildern. Ein Kamerad, der mit auf meinem Büro ist, hat anläßlich eines Kameradschaftsabends unserem Hauptmann folgende schlagfertige Antwort gegeben, die ihm zu einer Gegenfrage keine Gelegenheit mehr bot.  Der betreffende Kamerad war wenige Wochen vor jenem bewußten Abend vom Hauptmann vom Schützen zum Gefreiten befördert worden.  Am Kameradschaftsabend führte nun dieser Gefreite ziemlich laute Reden, so daß es der Hauptmann für gegeben ansah, ihn nach hause zu schicken. Diesem Befehl kam er aber nicht nach. Auch den weiteren Befehlen leistete er keine Folge. Daraufhin sagte der Hauptmann zu ihm: „Sie, Gefreiter wer hat sie eigentlich zum Gefreiten befördert, den Mann möchte ich auch einmal kennen lernen.“ Darauf antwortete der Gefreite: „Das muß ein großes Rindvieh gewesen sein, der das gemacht hat.“ Gefolgt ist an dem betreffenden Abend nichts weiter als ein Gelächter, später aber kam auch nichts mehr nach. In das Kino bin ich gestern nicht gekommen, weil mich die anderen gebeten hatten, Mannschaftsdienst zu machen. Dafür gehe ich aber heute in das Kino. Es wird „Der unsterbliche Walzer“ gespielt, der auch sehr schön sein soll.   Von den Eltern bekam ich eine Postkarte, als Antwort auf meinen letzten Brief. Von Dir ging der Brief vom 10.6. ein. Da brauchst Du Dir keine Gedanken weiter machen, wenn Du mir schreiben mußt, daß Du noch nicht ganz gesund bist. Im Gegenteil, mir ist es lieber, wenn ich immer auf dem Laufenden bin, wie es Dir geht.  Wenn das aber noch länger gehen sollte, würde ich Dir doch raten, einen Arzt dabei zu Rate zu ziehen. Du siehst selbst, wenn Du versuchst, im Garten zu schaffen, daß Dir das schwer fällt und Dich sehr anstrengt. Das Ovomaltine verwende nur für Dich, denn es wird Dir nichts schaden, wenn Du das als Kräftigung verwendest.  Gestern habe ich für Dich ein Paar neue Schuhe erstanden.  Es ist genau das gleiche Muster, das ich schon einmal geschickt habe. Es ist eine Nummer größer und in anderer Farbe. Wenn auch die noch zu klein sein sollten, dann muß Du zusehen, daß Du sie vielleicht noch etwas ausdehnen läßt. Vielleicht geht es auch so.  Ich hoffe, daß sie Dir dann passen werden. Der Preis ist wieder der gleiche. Wenn Du sie nicht gebrauchen kannst, stelle ich es Dir frei, sie weiter zu verkaufen. Du kannst ja dann noch etwas draufschlagen. Doch das kannst Du ja selbst sehen. Ich habe hier noch vier Paar schwarze Socken zu meinen Halbschuhen gekauft. Es läuft alles ins Geld, doch bis jetzt habe ich immer noch alles bezahlen können. Diesmal schicke ich unfrankiert, denn ich habe hier keine Marken, und Du kannst das ja dort zum gleichen Preis erledigen. Ich grüße und küsse Dich recht herzlich Dein Ernst.


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