Mein liebes Mädel! 20.6.41
Wie krank Du eigentlich gewesen bist, habe ich erst richtig aus Deinem Brief vom 14. 6. ersehen, den ich gestern erhielt. Wahrscheinlich hättest Du schon eher einen Arzt zu Rate ziehen sollen. Die Sache hat sich, wie ich aus Deinem Schreiben zu entnehmen glaube, ziemlich ausgewirkt. Das ist ja unangenehm, wenn sich die Geschichte auf das Herz gelegt hat. Hoffentlich bleibt das nicht mit dem Asthma. Ich bitte Dich, schone Dich möglichst und gib die Wäsche ruhig ab. Ebenso kannst Du vielleicht auch der Frau Nußbaumer etwas für das Treppenmachen geben. Ich finde das sehr entgegenkommend, doch ich möchte nicht gern, daß wir uns irgendwie den Leuten gegenüber verpflichten. Welchen Arzt hast Du eigentlich aufgesucht? Wenn Du es mit dem Geld einigermaßen machen kannst, so nimm Dir bitte jemand zur Hilfe, und wenn es in der Woche, vielleicht Freitag oder Samstag ein paar Stunden sind. Das Geld selbst spielt dabei keine Rolle. Wichtig ist, daß Du mir wieder gesund wirst. Das macht mir ziemlich Kopfschmerzen, was nun in der Zwischenzeit mit Dir gegangen ist. Aber ich bitte Dich, gib mir über jede Veränderung in Deinem Zustand, ob zum besseren oder zum schlechteren, Mitteilung. Es würde mich noch mehr beunruhigen, wenn Du das unterlassen würdest.
Der Oberinspektor der uns zur Einarbeitung zugeteilt worden ist, ist heute von hier abgereist. Jetzt kann nun der Umzug innerhalb des Hauses steigen. Gestern Abend habe ich einmal regelrecht gefaulenzt. Ich habe daheim zu Nacht gegessen. Die Hausgenossen sind ausgegangen, und ich habe mir ein Bad zu Recht gemacht. Da habe ich mich wieder einmal schön gebadet und mich auf das Bett gelegt und gelesen mit Radiomusik. Gegen ½ 12 Uhr habe ich meinen Laden dicht gemacht und geschlafen.
Unsere Helga hat sich also auch etwas geleistet mit ihrem Unfall. Wenn es noch so abgelaufen ist, kann sie ja noch zufrieden sein. Ich bin es zwar auch, daß es nicht schlimmer gekommen ist. Deinen Schreck kann ich mir ohne weiteres vorstellen, als sie im verbundenen Zustand so vor Dir erschien.
Wie ich Dir gestern schon mitteilte, haben wir hier schönes sommerliches Wetter. Auch das hat zwar seine Nachteile, vor allem wenn man mit so einer luftdicht abgeschlossenen Uniform herumlaufen muß.
Schone Dich bitte und halte Dich gut, damit es wieder mit Dir vorwärts geht. An Dora habe ich zum Geburtstag geschrieben. Den Durchschlag habe ich beigefügt. Ich habe ihr noch nie einen Brief geschrieben. Es ist mir etwas komisch dabei gewesen, doch aus diesem Anlaß hat sich das noch machen lassen. Ich sende Dir viele herzliche Grüße und Küsse verbunden mit den besten Wünschen zur völligen Genesung. Unsere beiden Stromer sollen sich gut halten und Dir nicht so viel Mühe machen. Mit vielen weiteren Grüßen bin ich immer Dein Ernst.
Mein liebes Mädel ! 21.6.41
Herzlichen Dank für die Übersendung der 30,-RM, die mir heute ausgezahlt wurden. Nachdem hier heute auch Zahltag war, habe ich wieder etwas Geld auf der Hand. Wir haben gegenwärtig eine unheimliche Hitze, die mich ganz müde und lahm macht. Man hat fast keine Lust zum Arbeiten, es ist aber so, daß dann alles liegen bleibt, dann macht man nur das, was unbedingt notwendig ist. Mit unserer Kluft macht ja die viele Wärme wenig Spaß, und ich habe so das Gefühl, als ob mir der See fehlen würde. Den könnte man ganz gut gebrauchen. Es läuft einem nur so die Brühe am Körper herunter. Kurze Hosen wären auch ganz praktisch. Ich bin nur gespannt, wenn es dann ein Gewitter gibt. Gestern habe ich wieder einmal „Gartenarbeit“ verrichtet. In unserem Wintergarten standen große Palmen, die wir ja ins Freie gestellt hatten. Wahrscheinlich ist da lange nichts daran gemacht worden und Wasser haben die Dinger auch nicht bekommen. Es waren viele Blätter vertrocknet, die mich störten. Ich habe mich dann an das Verschneiden gemacht. Das war bisher in meiner früheren Gartenpraxis noch nicht vorgekommen, denn ich mußte dabei das übliche Lehrgeld zahlen. Ich habe beim Abrutschen mit dem Messer an einem scharfen Blattstengel eine ziemliche Schramme über die Hand bekommen. Heute will ich den Rasen sprengen, Damit er uns nicht auch noch ganz kaputt geht. Es ist zwar nicht viel zu tun, doch man kann sich ja immer ein bißchen beschäftigen, was ja nichts schaden kann. Das ist mir hier überhaupt schon aufgefallen, daß fast hinter jedem Haus so eine Art Garten ist. Meist sind einige Bäume drin oder sonst etwas Grünes. Das entspricht typisch dem französischen Kleinrentnergedanken. Vorgestern hatte ich mich ja „wieder einmal gebadet“. Bei dieser Gelegenheit habe ich mich auch einmal gewogen. Wenn alles korrekt ist, habe ich ohne Kleider 66,5 kg. Außer dem Geld habe ich keine Post bekommen, so daß es nichts zu beantworten gibt. Nachdem nun der eine Kamerad weggezogen ist, bin ich gestern umgezogen. Das Zimmer ist schon wesentlich besser, und hier habe ich auch ein Bett, was sich einigermaßen sehen lassen kann. Das andere hat nach altem Heu gerochen und nicht zu sagen nach verfaultem. Das ist soweit ganz anders. Wenn es mir morgen nicht zu heiß ist, gehe ich einmal in ein französisches Theater. Es werden „Die Glocken von Cornville“ gespielt. Ich werde wohl nicht alles verstehen, aber es interessiert mich einmal, auch das kennen zu lernen. Dich grüße ich recht herzlich, verbunden mit dem Wunsch Deiner baldigen völligen Genesung. Außerdem sendet Dir noch viele Küsse Dein Ernst.
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