Meine liebe Frau! O.U., den 11.November 1940
In der vergangenen Nacht ist bei uns
ziemlich wieder geballert worden. Die Engländer kamen wieder gegen morgen an.
Die Abwehr war erheblich stärker wie in der letzten Nacht, dagegen hat der
Angriff etwas länger gedauert. Man gewöhnt sich aber an alles, so daß man
eigentlich wenig erschreckt ist, wenn sie tatsächlich einmal einer nach hierher
verläuft. Das sternenklare Wetter ist ja auch für solche Besuche sehr
einlandend.
Gerstern Abend ist auch mein anderer
Kamerad, der in Freiburg wohnt, aus dem Urlaub wieder zurückgekommen. Bis Dr.
Thoma in Urlaub geht, ist das alte Kleeblatt wieder beieinander. Unser Chef ist
ja noch nicht zurück. Wie es dann mit Weihnachten steht, ist noch unsicher. Ich
werde Dir, das weißt Du ja, rechtzeitig Bescheid geben.
Heute früh traf Dein Brief vom 6. ein, in
dem auch die Wünsche der Kinder verzeichnet sind. Soweit Du die Mittel dafür
hast, um die Wünsche zu erfüllen, soll es mir recht sein. Jörg ist „wirklich nicht unbescheiden“ in seiner
Zusammenstellung. Deine Mitteilung, daß Dir die Bluse und die Weste passen, hat
mich erfreut, denn man weiß dann, daß man nichts Unnützes gekauft hat. Das Tschechische
stört mich heute nicht mehr so sehr, denn wirtschaftlich gesehen, gehören die
ja heute auch zu uns. Na, und die Weste wird Dir auch gute Dienste leisten. Daß
Dich die Post auch mitunter so schlecht bedient, finde ich schändlich.
Nun traf heute mit der Abendpost noch Dein
Brief vom 8.11. ein, für den ich Dir auch wieder vielmals danke. Es ist immer
wieder ein lieber Gruß von Dir und aus der Heimat.
Du hast aber fest geschafft. Du wolltest
doch einige Ruhetage zum Kräfte sammeln einlegen. Offenbar hat es Dir aber
keine Ruhe gelassen. Ich weiß es wohl, daß es eine sehr anstrengende Arbeit
ist, abgesehen von dem Wohlgeruch. Ich muß Dir meine volle Anerkennung
aussprechen für diese Leistung. Daß Du zu etwas nütze bist, um Deine Worte zu
gebrauchen, hast Du ja schon bei anderer Gelegenheit bewiesen.
Jetzt ist also nun noch ein Päckchen an
Dich unterwegs, nachdem Du wieder eins erhalten hast. Ich nehme an, daß der gesandte
Gummi richtig ist und sich verwenden läßt. Was Du mir bezüglich der Schokolade
geschrieben hast, ist ja nicht schlecht. So kann sich der Geschmack ändern, oder
der Glaube macht selig. Ich habe noch etliche Tafeln von der Corona daliegen.
Ich werde noch einige Päckchen vorbereiten und Dir wieder zugehen lassen.
Heute war ich wieder einmal im Konzert. Es
war ein sehr nettes und flottes Programm. U.a wurde auch das Lied gesungen, was
Du immer so gern hörst: „Der Lügenlord“. Ich habe dabei fest an Dich denken
müssen.
Ihr meine Lieben daheim, ich grüße Euch
alle recht herzlich. Dir mein liebes Mädel sende ich besonders meine herzlichen
Grüße und Küsse. Dein Ernst.
Meine geliebte Annie! O .U., den 12.11.1940
Ich komme erst heute am Abend dazu, Dir zu
schreiben. Zuerst möchte ich Dir aber
für Dein liebes Päckchen danken, was Du mir so unangemeldet gesandt
hast. Ich habe mich über diesen Gruß sehr gefreut. Obwohl ich heute schon
zeitig nach Hause gekommen bin, fange ich erst jetzt gegen 10 Uhr mit meinem
Briefe an, weil ich erst noch in dem Büchlein gelesen habe. Diese Sachen haben
einen wirklich heimatlichen Charakter vor allem auch deshalb, weil man doch
alles so kennt. Wenn ich mich nur noch unserer gemeinsamen Radunternehmungen um
den See erinnere, oder an die früheren Fahrten, es war doch jedes Mal wirklich
schön.
Auch für die beiden Bilder von Dir danke
ich Dir. Ich werde sie den anderen angliedern. Dein beigefügter Brief vom 4.11.
hat mich sehr belustigt wegen des Gebisses, daß ich direkt habe lachen müssen.
Sieh Du Dich nur vor wegen diesem Weibsbild, daß Du nicht noch in unangenehme
Angelegenheiten verwickelt wirst. Ich weiß, daß es bei solchen Leuten nicht
immer einfach ist, sich zurückzuhalten. Doch ich halte es für am Richtigsten,
erst dann zuzuschlagen, wenn es nicht mehr anders geht, aber dann gründlich.
Aus Deinen weiteren Zeilen ersehe ich und
auch aus Deinen früheren Briefen, daß Du mit dem Garten so ziemlich fertig bist
und daß Du alles in Ordnung hast. Ich muß Dir also für Deine Mühe und für Deine
Leistung, die Du durch den Sommer hattest, meine volle Anerkennung aussprechen.
Ich werde zusehen, daß ich Dich auf irgendeine Art entschädigen kann. Ich bin
mir wohl bewußt, daß man eine ideelle Tätigkeit oder Aufgabe nicht mit etwas
Materiellem entschädigen kann. Auf irgendeine Weise wird man es doch zum
Ausdruck bringen müssen.
In der vergangenen Nacht sind wir in Ruhe
gelassen worden, weil ein äußerst ungemütliches Wetter geherrscht hat. Sturm
und Regen; heute war es tagsüber auch so und gegen Abend klärt es sich so schön
auf, daß man vielleicht wieder mit einem Besuch rechnen kann. Solange es aber
noch nicht ernst wird, braucht man sich auch keine Sorgen zu machen.
Wie geht es Dir nach der großen Anstrengung?
Ich hätte es nicht von Dir erwartet, daß Du Dir eine so schwere Arbeit
aufladest und noch dazu an einem Vormittag bewältigst. Sei Du recht herzlich
gegrüßt und geküßt. Bleibe mir gesund, das wünscht Dir Dein Ernst.
Mein liebes Mädel! O.U., den 14.11.40
Ich wollte dir gestern Abend noch auf
Deine beiden Briefe vom 9. und 10. antworten, die ich gestern erhielt. Ich
hatte aber noch verschiedene große Listen u.ä. Sachen. Als wir fertig waren,
war ich schon vom Tag über sehr abgespannt, daß ich mich gleich um 11 Uhr
hingelegt habe. Auch heute früh bin ich nicht restlos ausgeruht, denn wir haben
heute Nacht einen derartigen Sturm gehabt, wie ich ihn selten kenne. Der
Luftzug war so stark, daß man im Haus die einzelnen Wellen gespürt hat.
Blechverkleidungen sind auf die Straße geworfen worden und hat dazu auch noch
einen Krach vollführt. Da nun selten etwas allein kommt, muß ich Dir auch noch
von unserem Erlebnis heute früh berichten. Ich hatte mich wie üblich gewaschen
und fertig gemacht, um dann zum Fenster rauszusehen, wie das Wetter ist. Da
sehe ich über den Häusern einen hellen Feuerschein. Ich habe dann gleich unser
Haus alarmiert. Wir sind dann in unserer Eigenschaft von der ich Dir früher
schon berichtete hingefahren. Es brannte das sogenannte Sommertheater in hellen
Flammen. Durch den Sturm hatte es wahrscheinlich Kurzschluß gegeben und in dem
angetrockneten Holzbau reichlich Nahrung gefunden. So einen großen Brand habe
ich noch nie gesehen.
Wie ich aus Deinen Briefen lese, ist es
schon ziemlich kalt bei Euch. Man hat hier eigentlich noch nicht viel davon
gemerkt. Wegen des Schlafanzugs kommt es darauf an, ob es sich um reine Seide
oder nur Seidentrikot handelt, wie Du
ihn bekommen hast. Dann entscheidet immer wieder die Qualität. Für Seidentrikot
wäre es schon möglich, daß er 10.-RM gekostet hat, aber immerhin wäre es
günstig gekauft. Für 10.- wird er kaum reine Seide bekommen.
Nun muß ich wohl oder übel zu Deiner Frage
wegen meines Weihnachtswunsches Stellung nehmen. Du weißt, daß ich früher schon
keine besonderen Wünsche hatte, jetzt fällt mir dies doppelt schwer, denn ich
habe eigentlich alles und so lange ich in Uniform stecke, bestehen auch keine
Notwendigkeiten auf Bekleidung. Eins fällt mir zwar jetzt ein. Für den Winter
habe ich doch keinen richtigen Mantel mehr gehabt. Ich könnte versuchen, hier
einen passenden Stoff zu bekommen, ihn mir evtl. auch hier machen lassen. Sonst
wüßte ich nichts. Du kannst Dich ja zu diesem Vorschlag äußern.
Wegen Deinen Nieren bitte ich Dich sehr,
nimm Dich in acht und halte auf Deine Gesundheit. Du mußt Dich in dieser
Beziehung sowieso vorsehen.
Gestern
habe ich wieder ein Päckchen mit Kaffee und Fett an Dich abgesandt.
Heute gehen weitere Päckchen an Dich ab und zwar mit Zucker, Schokolade und
Seife. Es sind zwei Päckchen dabei auf die habe ich geschrieben, nicht öffnen,
die sind für Dich zu Weihnachten bestimmt. Wie viele Päckchen ich insgesamt
abgesandt habe, teile ich Dir noch genau mit.
Recht herzliche Grüße und Küsse sende ich
Dir heute wieder.
Gib auch den Kindern je einen Kuß von
Deinen Ernst.
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