Samstag, 24. Februar 2018

Brief 384 vom 23./25.02.1943


Mein Liebling, meine lieber Annie !                                                23.2.43         

Vielen Dank für Deinen schönen Brief vom 14. Ich freue mich, daß ich wieder ziemlich regelmäßig Post bekomme. Es ist doch schön, wenn man mit ziemlicher Sicherheit auf das Eintreffen eines Briefes rechnen kann. Das Warten ist dagegen weniger angenehm.
Aber das lässt sich noch aushalten, wenn man etwa die Gewissheit hat, daß daheim alles gesund ist. Es beruhigt jedenfalls ungemein, wenn man wieder über alles im Bild ist.  Vom heutigen Tage kann ich noch berichten, daß unser Gepäck am frühen Morgen eingetroffen ist. Jetzt kann man sich wieder richtig bewegen. Als erstes habe ich einmal die Päckchen fertiggemacht. Ich habe es lieber, wenn die für Dich bestimmten Sachen auf dem Wege sind, das mit Herumschleppen ist wenig nützlich und behindert sehr. Dann hatte ich noch die Butter im Koffer. Sie ist noch sehr frisch, aber es kann nichts schaden, wenn sie nunmehr an Dich auf den Weg kommt. Es hat ein schönes Päckchen abgegeben. Das Mehl, von dem ich noch in Poltawa schrieb, konnte ich heute auch mit fertig machen. Das sind wieder 3 Päckchen geworden. Sie haben die Nummern 19 bis 21. Vorhin habe ich noch die 2 Flaschen Öl verpackt. Ich habe damit wieder das Möglichste getan. Hoffentlich kommt nun alles gut in Deine Hände. Die 2 Flaschen haben die Nummern 22 und 23. Wenn diese gut ankommen sollte, hast Du wohl einen ganz netten Vorrat? Ich sehe zu, daß ich für Euch bei Gelegenheit etwas erwerben kann. Es nimmt Dir doch manche Sorgen ab. Es wird sich hoffentlich bald etwas bieten. Mit dem Erfolg in diesem Jahr in dieser Hinsicht bin ich zufrieden. Ich wäre froh, wenn ich Euch immer einmal etwas packen hätte.  Das ist weniger schön, so wie Du auszurutschen. Das geht einem durch und durch. Ich kenne das.  Hoffentlich hat es keine weiteren nachteiligen Folgen gehabt.  Mit den Erhebungen für den Garten ist das wohl sehr praktisch. Ich möchte nur wünschen, daß es nicht nur bei den Feststellungen bleibt, sondern auch die praktische Tat folgt. Ich muß in diesem Zusammenhang daran denken, wie im letzten Herbst die Kinder und die Namen der Kinder und die Namen der Kinder von den Veteranen festgestellt wurden, damit diesen zum Weihnachtsfest etwas geschenkt werden sollte. Ich bin gewiss nicht darauf erpicht und angewiesen sind wir auch nicht darauf. Aber ich bin der Ansicht, daß man nicht so großspurig solche Ankündigungen machen soll, wenn man nichts unternimmt. Es ist aber recht, daß Du Dich dort gemeldet hast. Man muß ja um alles froh sein, was man heranbekommt, denn es wird ja von Jahr zu Jahr schwieriger.  Von den Erinnerungen, wie Du sie aus der früheren Zeit schilderst, kann ich nur erwidern, daß es mir genau so geht wie Dir auch. Wenn ich nocht einigermaßen Muße dazu habe, dann lass ich mir diese Dinge alle durch den Kopf gehen, und ich freue mich jedes mal, wenn mir irgendein nettes Erlebnis einfüllt. In letzter Zeit habe ich mir die letzten Fahrten, die ich mit Kurt noch gemeinsam unternommen hatte, durch den Kopf gehen lassen. Einmal war ich mit ihm im Hegau und das letzte Mal auf dem Haldenhof. Das Zusammentreffen während des gemeinsamen Urlaubs und die Fahrt nach Hagnau habe ich mir ebenfalls ins Gedächtnis zurückgerufen.  Ich freue mich, daß Dich die Kinder so schön unterstützen. Du kannst ihnen deshalb mein Lob aussprechen und ihnen sagen, daß es schön ist, wenn man sein Versprechen einhält. Denn das haben sie mir ja in meinem letzten Urlaub versprochen. Daß man Kinder nicht so dressieren kann, daß sie sich nicht mehr mucksen, das wäre ja auch nicht richtig. Wenn sie sich aber in Gegenwart von anderen Leuten ordentlich aufführen, dann kann man schon zufrieden sein, denn man müsste sich ja schämen, wenn man mit ihnen auffallen würde. Zuletzt fiele es doch wieder auf die Eltern zurück, weil sie sich der Kinder nicht pflichtgemäßerweise angenommen hätten. Das braucht man erfreulicherweise hier nicht zu sagen. Das ist ein schönes Gefühl, wenn man sich sagen kann, man hat das getan, was notwendig war. Du siehst es ja bei den Nachbarskindern, welche Unarten sie an sich haben.  Unsere sind bestimmt auch keine Engel. Das sollen sie ja auch nicht sein, denn das wäre ja nicht unser Erziehungsziel.  Die Kapuze von meiner Nikolausverkleidung hast Du nun auch wieder nützlichen Zwecken zugeführt. Daß Helga ihre Freude daran hat, ist ja mehr wie recht. Es kommt alles wieder an den Mann oder besser gesagt, an unser Mädel.  Ich habe nun gesprochen! Hug! Es stand doch immer in den Indianergeschichten. Ich möchte deshalb nicht gleich als Indianer angesehen werden, der sich auf dem Kriegspfad befindet. Lasse dich, mein liebes Mädel, vielmals grüßen und küssen von Deinem immer an Dich denken Ernst.

Mein liebster Schatz                                                                           25.2.43 
              
Ich habe mich heute sehr gefreut, als ich von Dir wieder 3 Briefe erhielt. Die passen zwar nicht ganz in die zeitliche Reihenfolge, aber man kann sich nun nach und nach das, was man wissen will, zusammenkonstruieren. Gestern erst schrieb ich, daß ich von den Kindern seit einiger Zeit nichts Geschriebenes bekommen hätte, und sprach die Vermutung aus, daß das mit dem Ausbleiben der anderen Post zusammenhängen würde. Das war ja nun auch der Fall. Ich erhielt nun auch die Zeugnisse unserer beiden Stromer, und ich kann nur feststellen, daß sie wieder ganz ordentlich sind. Daß bei Helga gerade Schönschreiben, Zeichnen und Größenlehre ein „befriedigend“ erhalten hat, ist ein Zeichen dafür, daß dies auf eine gewisse manuelle Veranlagung zurückzuführen ist. Alle anderen Fächer, auf die es ankommt, wie auf das Mündliche und Schriftliche sind ja gut, und das ist sehr wesentlich. Ob uns der Pfarrer mit dem „sehr gut“ in Religion ärgern wollte. Das ist doch interessant, daß sie in diesem Fach, auf das von uns aus kein Einfluss weiter ausgeübt wird, eine solche Note zustande kommt. Mit dem Zeugnis von unserem Borzel, ist er, wie er in seinem Schreiben anführt, noch   ? , geht es auch ganz in Ordnung. Daß er für seinen Gesang ein „befriedigend“ geerntet hat, ist nur ein kleiner Schönheitsfehler. Mit der Schrift ist das bei uns so eine Sache. Das weißt Du ja schon von meinem Erzählen aus meiner Schulzeit.  Ich muß zwar zu ihrer Entlastung sagen, daß sie besser schreiben wie ihr Vater damals geschrieben hat. Wenn Du ihnen für ihre Arbeit ein Belohnung hast zukommen lassen, so kann ich das nur unterstützen, denn das habe sie sich damit verdient. Jede Arbeit ist ihres Lohnes wert, sagt man doch, so auch diese. Es soll ihnen ja nur eine Anerkennung und ein Ansporn sein. Ich werde ihnen noch selbst dazu schreiben. Daß sich unser Junge so verschiedene Wunden und Verletzungen zugezogen hat, das ist doch richtige Bubenart. hat er dann etwa geheult, als er damit nach hause kam? Das mit dem Schleuderbrett hat er mir aber ziemlich verständlich erklärt. Das ist schön, wenn er das kann. Es ist noch kindlich, aber das kann man nicht anders verlangen.  Bei den eingegangenen Schreiben handelt es sich um Deine Briefe vom 27.1., 7.2. und 10.2. Ich muß immer wieder feststellen, daß Du ein richtiger Bastler geworden bist. Nun hast Du Dir den Vorschaltwiderstand zurecht gemacht. Ich habe die Bestellung noch nicht vergessen. Ich warte aber immer noch auf Nachricht von Thomas. Ich werde ihm dann gleich meine Bitte mitteilen. Ich hoffe, daß er dann meinem Wunsch nachkommen kann. Der Blumenstock zeigt sich also immer noch dankbar. Ich glaube, daß er Dir eine schöne Erinnerung an den letzten Urlaub ist, und zwar eine ziemlich nachhaltige. Von dem Eintreffen weiterer Päckchen habe ich auch wieder erfahren. Das freut mich immer. Gleichzeitig ist mir das eine Beruhigung, weil ich dann weiß, daß nicht mehr soviel unterwegs ist. Daß Helga von der Hautcreme probiert hat, ist ja so recht weiblich. Darum auch entschuldbar. Oder hörst Du das nicht gern, wenn ich das sage.? Es würde mich interessieren, wie viel Honig dann das zusammen gewesen ist.  Kannst Du das etwa feststellen? Auch das Öl, das ich gesandt habe, würde mich mengenmäßig interessieren. Man sieht dann erst, was und wie viel es gewesen ist. Wenn man so nach und nach die Sachen absendet, kann man das nicht so übersehen. Bei den Flaschen mit dem Honig handelt es sich um Milchflaschen.  Ich schließe heute wieder in der Erwartung, daß Ihr alle gesund und munter seid und gebe Euch im Geiste recht herzliche Küsse und grüße Euch vielmals. Dein Ernst.

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