Mein Liebling, meine lieber Annie ! 23.2.43
Vielen Dank für Deinen schönen Brief vom 14. Ich freue mich,
daß ich wieder ziemlich regelmäßig Post bekomme. Es ist doch schön, wenn man
mit ziemlicher Sicherheit auf das Eintreffen eines Briefes rechnen kann. Das
Warten ist dagegen weniger angenehm.
Aber
das lässt sich noch aushalten, wenn man etwa die Gewissheit hat, daß daheim
alles gesund ist. Es beruhigt jedenfalls ungemein, wenn man wieder über alles
im Bild ist. Vom heutigen Tage kann ich
noch berichten, daß unser Gepäck am frühen Morgen eingetroffen ist. Jetzt kann
man sich wieder richtig bewegen. Als erstes habe ich einmal die Päckchen
fertiggemacht. Ich habe es lieber, wenn die für Dich bestimmten Sachen auf dem
Wege sind, das mit Herumschleppen ist wenig nützlich und behindert sehr. Dann
hatte ich noch die Butter im Koffer. Sie ist noch sehr frisch, aber es kann
nichts schaden, wenn sie nunmehr an Dich auf den Weg kommt. Es hat ein schönes
Päckchen abgegeben. Das Mehl, von dem ich noch in Poltawa schrieb, konnte ich
heute auch mit fertig machen. Das sind wieder 3 Päckchen geworden. Sie haben
die Nummern 19 bis 21. Vorhin habe ich noch die 2 Flaschen Öl verpackt. Ich
habe damit wieder das Möglichste getan. Hoffentlich kommt nun alles gut in
Deine Hände. Die 2 Flaschen haben die Nummern 22 und 23. Wenn diese gut
ankommen sollte, hast Du wohl einen ganz netten Vorrat? Ich sehe zu, daß ich
für Euch bei Gelegenheit etwas erwerben kann. Es nimmt Dir doch manche Sorgen
ab. Es wird sich hoffentlich bald etwas bieten. Mit dem Erfolg in diesem Jahr
in dieser Hinsicht bin ich zufrieden. Ich wäre froh, wenn ich Euch immer einmal
etwas packen hätte. Das ist weniger
schön, so wie Du auszurutschen. Das geht einem durch und durch. Ich kenne das. Hoffentlich hat es keine weiteren
nachteiligen Folgen gehabt. Mit den
Erhebungen für den Garten ist das wohl sehr praktisch. Ich möchte nur wünschen,
daß es nicht nur bei den Feststellungen bleibt, sondern auch die praktische Tat
folgt. Ich muß in diesem Zusammenhang daran denken, wie im letzten Herbst die
Kinder und die Namen der Kinder und die Namen der Kinder von den Veteranen
festgestellt wurden, damit diesen zum Weihnachtsfest etwas geschenkt werden
sollte. Ich bin gewiss nicht darauf erpicht und angewiesen sind wir auch nicht
darauf. Aber ich bin der Ansicht, daß man nicht so großspurig solche
Ankündigungen machen soll, wenn man nichts unternimmt. Es ist aber recht, daß
Du Dich dort gemeldet hast. Man muß ja um alles froh sein, was man heranbekommt,
denn es wird ja von Jahr zu Jahr schwieriger.
Von den Erinnerungen, wie Du sie aus der früheren Zeit schilderst, kann
ich nur erwidern, daß es mir genau so geht wie Dir auch. Wenn ich nocht
einigermaßen Muße dazu habe, dann lass ich mir diese Dinge alle durch den Kopf
gehen, und ich freue mich jedes mal, wenn mir irgendein nettes Erlebnis
einfüllt. In letzter Zeit habe ich mir die letzten Fahrten, die ich mit Kurt
noch gemeinsam unternommen hatte, durch den Kopf gehen lassen. Einmal war ich
mit ihm im Hegau und das letzte Mal auf dem Haldenhof. Das Zusammentreffen
während des gemeinsamen Urlaubs und die Fahrt nach Hagnau habe ich mir
ebenfalls ins Gedächtnis zurückgerufen.
Ich freue mich, daß Dich die Kinder so schön unterstützen. Du kannst
ihnen deshalb mein Lob aussprechen und ihnen sagen, daß es schön ist, wenn man
sein Versprechen einhält. Denn das haben sie mir ja in meinem letzten Urlaub
versprochen. Daß man Kinder nicht so dressieren kann, daß sie sich nicht mehr
mucksen, das wäre ja auch nicht richtig. Wenn sie sich aber in Gegenwart von
anderen Leuten ordentlich aufführen, dann kann man schon zufrieden sein, denn
man müsste sich ja schämen, wenn man mit ihnen auffallen würde. Zuletzt fiele
es doch wieder auf die Eltern zurück, weil sie sich der Kinder nicht
pflichtgemäßerweise angenommen hätten. Das braucht man erfreulicherweise hier
nicht zu sagen. Das ist ein schönes Gefühl, wenn man sich sagen kann, man hat
das getan, was notwendig war. Du siehst es ja bei den Nachbarskindern, welche
Unarten sie an sich haben. Unsere sind
bestimmt auch keine Engel. Das sollen sie ja auch nicht sein, denn das wäre ja
nicht unser Erziehungsziel. Die Kapuze
von meiner Nikolausverkleidung hast Du nun auch wieder nützlichen Zwecken
zugeführt. Daß Helga ihre Freude daran hat, ist ja mehr wie recht. Es kommt
alles wieder an den Mann oder besser gesagt, an unser Mädel. Ich habe nun gesprochen! Hug! Es stand doch
immer in den Indianergeschichten. Ich möchte deshalb nicht gleich als Indianer
angesehen werden, der sich auf dem Kriegspfad befindet. Lasse dich, mein liebes
Mädel, vielmals grüßen und küssen von Deinem immer an Dich denken Ernst.
Mein
liebster Schatz
25.2.43
Ich
habe mich heute sehr gefreut, als ich von Dir wieder 3 Briefe erhielt. Die
passen zwar nicht ganz in die zeitliche Reihenfolge, aber man kann sich nun
nach und nach das, was man wissen will, zusammenkonstruieren. Gestern erst
schrieb ich, daß ich von den Kindern seit einiger Zeit nichts Geschriebenes bekommen
hätte, und sprach die Vermutung aus, daß das mit dem Ausbleiben der anderen
Post zusammenhängen würde. Das war ja nun auch der Fall. Ich erhielt nun auch
die Zeugnisse unserer beiden Stromer, und ich kann nur feststellen, daß sie
wieder ganz ordentlich sind. Daß bei Helga gerade Schönschreiben, Zeichnen und
Größenlehre ein „befriedigend“ erhalten hat, ist ein Zeichen dafür, daß dies
auf eine gewisse manuelle Veranlagung zurückzuführen ist. Alle anderen Fächer,
auf die es ankommt, wie auf das Mündliche und Schriftliche sind ja gut, und das
ist sehr wesentlich. Ob uns der Pfarrer mit dem „sehr gut“ in Religion ärgern
wollte. Das ist doch interessant, daß sie in diesem Fach, auf das von uns aus
kein Einfluss weiter ausgeübt wird, eine solche Note zustande kommt. Mit dem
Zeugnis von unserem Borzel, ist er, wie er in seinem Schreiben anführt,
noch ? , geht es auch ganz in Ordnung.
Daß er für seinen Gesang ein „befriedigend“ geerntet hat, ist nur ein kleiner
Schönheitsfehler. Mit der Schrift ist das bei uns so eine Sache. Das weißt Du
ja schon von meinem Erzählen aus meiner Schulzeit. Ich muß zwar zu ihrer Entlastung sagen, daß sie besser schreiben
wie ihr Vater damals geschrieben hat. Wenn Du ihnen für ihre Arbeit ein
Belohnung hast zukommen lassen, so kann ich das nur unterstützen, denn das habe
sie sich damit verdient. Jede Arbeit ist ihres Lohnes wert, sagt man doch, so
auch diese. Es soll ihnen ja nur eine Anerkennung und ein Ansporn sein. Ich
werde ihnen noch selbst dazu schreiben. Daß sich unser Junge so verschiedene
Wunden und Verletzungen zugezogen hat, das ist doch richtige Bubenart. hat er
dann etwa geheult, als er damit nach hause kam? Das mit dem Schleuderbrett hat
er mir aber ziemlich verständlich erklärt. Das ist schön, wenn er das kann. Es
ist noch kindlich, aber das kann man nicht anders verlangen. Bei den eingegangenen Schreiben handelt es
sich um Deine Briefe vom 27.1., 7.2. und 10.2. Ich muß immer wieder
feststellen, daß Du ein richtiger Bastler geworden bist. Nun hast Du Dir den
Vorschaltwiderstand zurecht gemacht. Ich habe die Bestellung noch nicht
vergessen. Ich warte aber immer noch auf Nachricht von Thomas. Ich werde ihm
dann gleich meine Bitte mitteilen. Ich hoffe, daß er dann meinem Wunsch
nachkommen kann. Der Blumenstock zeigt sich also immer noch dankbar. Ich
glaube, daß er Dir eine schöne Erinnerung an den letzten Urlaub ist, und zwar
eine ziemlich nachhaltige. Von dem Eintreffen weiterer Päckchen habe ich auch
wieder erfahren. Das freut mich immer. Gleichzeitig ist mir das eine Beruhigung,
weil ich dann weiß, daß nicht mehr soviel unterwegs ist. Daß Helga von der
Hautcreme probiert hat, ist ja so recht weiblich. Darum auch entschuldbar. Oder
hörst Du das nicht gern, wenn ich das sage.? Es würde mich interessieren, wie
viel Honig dann das zusammen gewesen ist.
Kannst Du das etwa feststellen? Auch das Öl, das ich gesandt habe, würde
mich mengenmäßig interessieren. Man sieht dann erst, was und wie viel es
gewesen ist. Wenn man so nach und nach die Sachen absendet, kann man das nicht
so übersehen. Bei den Flaschen mit dem Honig handelt es sich um
Milchflaschen. Ich schließe heute
wieder in der Erwartung, daß Ihr alle gesund und munter seid und gebe Euch im
Geiste recht herzliche Küsse und grüße Euch vielmals. Dein Ernst.
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