Dienstag, 21. November 2017

Brief 340 vom 20.11.1942


Mein liebes, gutes Mädel !                                                       20.11.42  
   
Ich habe mich sehr gefreut über Deinen Briiefe vom 8. und 9. und 10., die gestern alle eintrafen. Du hast diesmnal wirklich sehr nett und lieb geschrieben und ich kann nur sagen, daß auch Du einen Teil meiner Empfindungen ausgedrückt hast. Ich weiß sehr gut, daß es Dir nicht leicht gewesen ist, mich wieder hier hainausfahren zu lassen, aber wir ich feststellen kann, ist es Dir genau so wie mir gegangen, daß der plötzliche Abschied auf dem Bahnhof besser ist, wie wenn man noch lange herumläuft und sich damit quält. Man möchte sich noch manches liebe Wort sagen und alles erscheint einem dann nicht das auszudrücken, was man eigentlich auf dem Herzen hat. Doch was man auch tut, es ändert nichts an dem, daß man eben doch reisen muß. Wir wollen aber doch zufrieden sein, daß uns das Schicksal für einige Wochen wieder zusammengeführt hat, denn unter den hier sonst herrschenden Umständen, die als normal angesehen werden, kann ich nur von Glück reden, daß ich schon zuhause war. Wir haben es ja auch als Geschenk hingenommen und als solches bewertet. DAß es Dir schwergefallen ist, weiß ich , doch Du mußt deshalb keine Tränen mehr vergießen, wie Du es beim Schreiben Deiner ersten Briefe getan hast. Ich hoffe, daß Du Dich mit der Zeit wieder an den Alltag gewöhnst und in ihn hineinlebst. DAß Du mit der Betreuung der Kinder eine Aufgabe hast, das ist mir immer noch eine innerliche Beruhigung. Sie sind, jeder auf seine Art, Lausekerle geworden.  Eines steht aber fest, daß wir froh über sie sind und daß wir unseren Stolz mit ihnen haben können, das habe ich im Urlaub erst richtig wieder merken können. Sie sind gesund, frisch und nicht verschlagen, munter und lebhaft und im allgemeinen sehr aufmerksam. DAß sie nicht auf den Kopf gefallen sind, kann unseren Stolz auf sie nur noch bekräftigen. Wir wollen nur hoffen, daß sie uns gesund bleiben und daß Du mit ihnen gesund bist, wenn ich wieder einmal nach hause komme. Wie ich schon einmal erwähnte, tue ich letzten Endes meine Pflicht hier draußen doch für Euch. Wenn ich das Bestrechen habe, vorwärts zu kommen, so will ich dies doch in erster Linie für Euch tun, denn nur auf diese Weise ist es uns ja möglich, das durchzuführen, was wir noch vorhaben in Bezug auf Besserung unseres Lebensstandards und für die Ausbildung der Kinder. Wenn wir alle gesund und beieinander bleiben, dann werden wir das schon schaffen, was wir uns vorgenommen haben.  Die Art und Weise der Kinder, wie sie den vermantschten Nachmittag durch die Überfüllung des Kinos doch nocht richtig ausgewertet  haben, das hat mich sehr gefreut. Sie sollen sich nur sowas ansehen. Sie verstehen das noch nicht in der letzten Auswirkung, aber sie können schon ihren Geschmack bilden, wenn sie sich etwas ordentlich ansehen. Ich kann diese Art und Weise von ihnen nur begrüßen. Sie haben auch ganz recht getan, wenn sie sich ein Bild und den Führer durch die Ausstellung gekauft haben. Unter den Verhältnissen, die bei uns zuhause geherrscht haben, wäre das nicht möglich gewesen, doch das soll ihnen nicht zum Vorwurf dienen; im Gegenteil, ich bin froh, daß sie nicht in solchen Verhältnissen groß zu werden brauchen. Sie sollen allerdings den Wert des Geldes schätzen lernen, aber ich glaube, daß ihnen das schon noch von selbst eingehen wird. DAß sich Helga so gut ihres gegebenenen VErsprechens erinnert, hat mir auch wieder eine besondere Freude gemacht. DAß Du sie nicht über Gebühr in Anspruch nimmst, das weiß ich, und daß Du ihr noch genügend freie Zeit zum Spielen läßt, ist mir wie auch ihr bekannt. Interessant war mir, daß Du nun zwangsweise zum Briefmarkensammeln mit hineingezogen wirst, hättest Du wohl auch nicht gedacht. So geht es einer geplagten Mutter, zumal wenn der VAter so unverständig ist und die Kinder wohl dazu verleitet, aber es ihnen selbst nicht lern, wie sie es machen müssen. Hoffentlich nehmen sie Dir die Zeit nicht allzusehr in Anspruch damit.  Über den Zustand von Erna waren wir schon durch Deinen Vater unterrichtet. Ich wünsche Erna alles Gute und daß sie diese Zeit gut übersteht. An die Onkel und Tantegefühle müssen wir uns erst gewöhnen. Ich werde Ähnliches an Siegfried mit schreiben, wenn ich in diesen Tagen seinen Brief beantworte. An Deinen Vater habe ich gestern abend geschrieben.  An die Kinder ebenfalls und an meinen Vater. Warum ich Dir davon keine Durchschläge gemacht habe, erklärte ich Dir schon in einem meiner letzten Briefe. Ich will ihnen heute noch besonders zum Nikolaustag schreiben. Es ist nur schade, daß ich ihnen nichts dazu schicken kann, wie das im vergangenen Jahr noch möglich war.  Daran sieht man, wie sich so vieles geändert hat. Es ist aber nicht zu ändern und man muß es tragen, wie die tausende und abertausende anderer Kameraden.  Über den VErlauf meiner Fahrt bist Du wohl durch mein Schreiben so ziemlich unterrichtet. DAs das mit dem Schlafen nicht gerade so angenehm ist, wenn man im Zuge immer hin und hergerüttelt wird, das aknnst Du Dir ja ohne weitere Erklärungen verstehen. Die lange Fahrt hängt einem schon an, aber das ist nun alles überstanden bis zum nächsten Mal. Ich schließe für heute mein Schreiben und beantworte Dir den Rest der Briefe im nächsten Schreiben von mir. Dich grüße ich wieder ganz herzlich und sende Dir recht viele Küsse. In Liebe bin ich immer Dein Ernst.

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