Mittwoch, 2. November 2016

Brief 187 vom 1.11.1941


Meine liebe Annie !                                                 1.11.41        

Heute haben wir schon wieder Samstag und Monatswechsel. Wie lange wird es noch dauern, dann ist dieser Monat auch herum und dann geht es stramm auf Weihnachten zu. Doch zuerst einmal herzlichen Dank für Deinen lieben Brief vom 28. Bis auf 3 Zuckerpäckchen hast Du nun soweit alle da. Das ist ja ganz erfreulich. Daß ich da ein Päckchen  noch mit Kaffee dabei hatte, ist mir gar nicht aufgefallen. Das macht ja nichts weiter. Den hast Du ja nun auch mit versorgt.  Die Angelegenheit mit dem Fürsorgeamt ist ja schon eine heikle Sache. Daß in der Stadt nun noch mehr Gerüchte im Umlauf sind und daß die Leute mehr wissen als überhaupt wahr ist, das ist ja eine altbekannte Tatsache. Daß der Meier in irgendeiner Weise mit belastet ist, ist mir ohne weiteres klar, doch es kommt eben immer wieder auf die Zeugen an und darauf, wie es ihm gelingt, sich aus dieser Affäre herauszuziehen. Es wird sich ja dann zeigen, so er dann hinkommt. Wir haben schon so lange warten müssen und haben den Dingen ihren Lauf gehen lassen müssen, so werden wir auch das noch abwarten können.  Mit meinem Rücken ist das wieder soweit in Ordnung. Nur wenn das Wetter sich stark verändert, dann spürt man es noch, doch ich denke, daß sich das auch noch geben wird. Die Lauferei bei Dir wird sich wohl auch wieder gegeben haben. Ich wünsche es Dir jedenfalls, denn ich glaube, daß das schon sehr hinderlich ist. Das Wetter ist ja bei uns auch miserabel. Es hat hier so geregnet, daß die Dächer, die nicht ganz dicht waren, das Wasser durchgelassen haben. So auch bei uns in der Wohnung, da war der ganze Gang durchnäßt. Der Regen hat nun wohl aufgehört, doch nun ist es auch ganz schön kühl geworden. Über allzu viel Hitze haben wir dieses Jahr nicht klagen brauchen. Schnee hatte es ja bei uns auch neulich Abend gegeben. Für diese Jahreszeit ist das auch schon sehr zeitig. Daß der Schweizer Buckel den Schnee schon hält, kann ich mir wohl denken.  Kurt meint nun nach Deinem Schreiben, daß er Mitte November auf Urlaub kommen kann. Wahrscheinlich wird er ja über Paris fahren, denn ich glaube nicht, daß er durch unsere Gegend kommt. Ob ich ihm vorher nochmals schreibe, weiß ich noch nicht genau.  Gestern habe ich Dir noch Deine Hausschuhe eingepackt.  dann habe ich noch 3 große Käse beigelegt. Du wirst sie schon riechen. Ich denke aber, daß sie die Reise bis nach Konstanz aushalten werden. Dann habe ich noch einen Film beigelegt. Du kannst jetzt also wieder knipsen. Die Taschenlampenbatterie habe ich noch nicht vergessen. Ich werde die Sachen so nach und nach besorgen, so wie ich sie hier erhalten kann. Vielleicht langt es mir auch noch für je ein Paar Hausschuhe für Helga und Jörg.
Weiter sende ich Dir heute wieder einige Zeitungen ab. Für Jörg habe ich hier ein schönes Spielzeug gesehen. Es sind so Fliegerkanonen, die man selbst zusammensetzen kann. Es handelt sich um verschiedene Kaliber. Ich denke, daß ihm das sicher Spaß machen würde. Vielleicht lasse ich mir so ein Ding zurücklegen.
Heute wieder recht viele herzliche Grüße und Küsse sendet Dir und den Kinder Dein Ernst

Mein liebstes, bestes Mädel !                                         1.11.41                                  

Ich setze mich gleich heute Abend noch hin, um Dir Deinen lieben Brief vom 28./29.10. zu beantworten, den ich vorhin bekommen habe, und für den ich Dir wiederum recht herzlich danke. Es ist gerade nach dem Abendbrot und im Radio hat soeben das Abendprogramm angefangen. Das Zimmer ist zwar nicht überheizt, denn wir müssen sparen mit unseren Kohlen, denn man weiß noch nicht, wie sich der Winter zeigen wird. Der Auftakt ist ja schon ziemlich vielversprechend. Die Leute, die hier eigentlich richtige Kälte nicht gewohnt sind, hüllen sich schon bis über die Ohren ein. Die Pelze sind schon hervorgeholt worden. Ich habe mir jetzt in diesen Regentagen meinen Mantel angezogen. Den Pullover habe ich immer noch daheim gelassen, denn das wird ja im Büro zu heiß, wenn man den noch an hat. Der Weg bis zur Kommandantur ist ja nicht weit,  etwa 5 - 7 Minuten. Wenn es dann dauernd kalt bleibt, dann kann man ihn schon anziehen. Ich will mich nur nicht verpimpeln, denn man setzt sich dann viel eher einer Erkältung aus. Über Mittag erwärmt es sich meist immer noch ein wenig, so daß es dann schon wieder zuviel werden würde. Morgen wollen wir zwar wenige Kilometer von hier einen Reichsdeutschen besuchen, der uns schon öfter eingeladen hat, da werde ich mir schon meinen Mantel mitnehmen, denn das Wetter ist doch zu unsicher. Du mußt Dich aber mächtig gefreut haben, als Du den Belgrader Sender bekommen hattest. Vor allem, nachdem Du mir am Tag vorher, oder vielmehr am gleichen Tag den Ausschnitt aus der Zeitung mit gesandt hattest über das allabendliche Lied dieses Senders. Ich kann Deine Freude darüber nachfühlen und verstehen.  Es ist manchmal so ein eigenartiges Gefühl der Verbundenheit, wenn man einmal etwas erlebt, wodurch man selbst sicher weiß, der andere hat es auch gern. Manchmal wird man ganz plötzlich durch irgendeine Tatsache erinnert oder man weiß, der andere hat das so und so gemacht oder er liebt das und das Stück.  Die restlichen Päckchen sind nun auch bei Dir angekommen. Inzwischen sind ja wieder zwei Päckchen unterwegs, wie ich Dir ja schon berichtete. Sie werden Dir hoffentlich auch eine Freude machen und Eurer Ernährungsbasis etwas erweitern helfen.  Wie ich schon in meinem vorhergehenden Brief andeutete, habe ich hier für Jörg ein Spielzeug gesehen, das ihm sicher Freude machen wird. Es sind verschiedene Räder und  Rohre und auch Granaten, die er sich selbst zusammenbauen kann. Das Ganze sieht ganz nett aus und ist aus Metall. Wir hatten zwar die Absicht, ihnen kein Spielzeug mehr zu kaufen. Teile mir bitte mit, ob Du meinst, ob ich ihm das kaufen soll.  Am kommenden Donnerstag auf Freitag habe ich wieder OvD. Es ist immer wieder für Abwechslung gesorgt. Vielleicht schreibe ich an diesem Abend wieder einmal an unsere Kinder einen Brief.  Ich denke, daß sie mir deshalb nicht böse sein werden.  Vorgestern hat es wieder einmal Hasenbraten gegeben und wahrscheinlich wird es am Montag wieder welchen geben, denn unser Jäger hat wieder einen strammen Burschen heimgebracht.  Es ist immer eine willkommene Abwechslung, das ändert auch wieder einen eintönigen Speisezettel. Beim letzten Mal haben wir uns noch Salat dazu machen lassen. Das Öl dazu hatte ich organisiert.  das war dann ein ganz gutes Abendessen. In diesem Jahr ist es scheinbar mit den Hasen nicht so wild. Durch Wilddieberei und durch die Schlingensteller kommt der größte Teil der Hasen weg.  Die Jäger müssen dann zusehen, was ihnen gerade noch so vor die Flinte kommt.  Recht viele Grüße und Küsse sende ich Dir für heute wieder. Ebenfalls auch an die Kinder. Ich hoffe, daß sie brav sind und Dir auch richtig folgen.  Dein Ernst.

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