Montag, 14. November 2016

Brief 192 vom 15./17./18.11.1941


Meine liebe Frau !                                                           15.11.41    

Vielen herzlichen Dank für Deine beiden Briefe vom10. und 11.11.  Ich habe mich auch sehr über Deinen Brief an Deinen Vater gefreut, in dem Du in einer schönen Art und Weise für mich eingetreten bist. Ich habe Dir ja gestern schon meine Meinung über die Angelegenheit geschrieben. Ich habe mir dann den Brief gestern Abend noch einmal durchgelesen, den Dein Vater geschrieben hat.
Ich habe versucht, ihn nicht ganz so schroff aufzufassen, wie als ich ihn zum ersten Mal gelesen hatte. Teilweise ist es mir auch gelungen. Ich lasse die ganze Angelegenheit bei meiner Antwort aus dem Spiel und gehe einfach über die ganze Sache weg. Ich glaube, daß ich dabei am besten fahre. 
Die Stiefel habe ich ja inzwischen bestellt und für Dich hatte ich die Absicht auch welche zu bestellen, wenn Du dafür Interesse hast.
Als ich letzthin das Luftgewehr untersuchte, mußte ich feststellen, daß es ein Kleinkalibergewehr war. Aber für später wäre das schon etwas für unseren Jungen, doch das hat wohl noch etwas Zeit.
Für die mit gesandten Briefmarken danke ich Dir vielmals.
Wegen des Mantels habe ich Dir ja schon geschrieben. Ich glaube, daß ich Dir doch einen kaufen bzw. anfertigen lasse. Gestern habe ich, um der Dora auch einen Gefallen zu tun, mich um einen anderen Mantelstoff bemüht. Ich werde ihr, wenn ich heute doch dazu komme, einen Brief schreiben, spätestens morgen. Wenn sie ihn haben will, muß sie mir dann sofort schreiben. Das Muster schicke ich ihr mit und Dir auch ein kleines Stückchen. 
Für die Briefmarken danke ich Dir vielmals. Ich mußte inzwischen schon welche von Kameraden besorgen, weil ich einige Päckchen hatte. Die habe ich aber teilweise wieder zurückgegeben.
Da bist Du aber fleißig, wenn Du nun schon Deine Jacke fertig hast. Ich möchte sie gern einmal sehen. Ich denke, daß ich auch wieder einmal Urlaub bekomme, und dann wirst Du sie ja vorführen.
Siegfrieds Brief habe in inzwischen auch erhalten, von dem ich Dir ja auch berichtete. Wegen seiner Äußerung, daß Erna vielleicht nächstes Jahr mit Deinem Vater zu Dir in Urlaub kommt, ist ja ganz interessant. Mir gegenüber hat er ja nichts erwähnt, daß er so sehr auf etwas Kleines hofft. Wünschen wir beiden recht viel Glück dazu. 
Wegen der Schreiberei von Helga habe ich mir gedacht, daß es vielleicht gut wäre, wenn sie auf der Tafel jeden Tag etwas üben würde. Denn sie hat ja gleich im Buch anfangen müssen, wo ihr das Verhältnis über die Größen der Buchstaben zueinander nicht so ganz klar ist. Wenn sie alles so in die Linien schreiben muß und sie nimmt sich jeden Tag eine halbe Stunde vor, denke ich, daß es schon besser werden wird. Als ich ihren letzten Brief las, habe ich gefunden, daß es schon besser geht. Mir hat ihre Schrift nach der Umstellung auch nicht gerade gefallen, doch ich glaube bestimmt, daß sie bald richtig reinkommen wird. 
Für unseren Jungen hast Du nun auch noch 2 Hosen gekauft. Ich denke, daß es dann genug sein wird, wenn er von mir noch den Stoff für 2 weitere Hosen bekommt. Ich nehme an, daß es ihm keine großen Schwierigkeiten bereiten wird, wenn er sie alle kaputtmachen muß. Oder denkst Du etwa?  
Die Geldsendung ist ja nun auch bald eingetroffen. Für die Übersendung weiterer 25,-RM danke ich Dir vielmals, wenn es eingetroffen sein wird, werde ich sie Dir noch bestätigen. Recht herzliche Grüße und viele Küsse sendet Dir und den Kindern Dein Ernst

Meine liebe Annie !                                                                                                                 17.11.41

Nun habe ich wieder einen großen Teil meiner Post erledigt; die Maschine wieder beiseite gestellt und bin deshalb wieder zur Handschrift übergegangen. Aber durch die lange Übung kannst Du ja das eine wie das andere lesen. Ich habe gerade ein wenig Zeit und fange schon heute Nachmittag meinen Brief für morgen an.
Heute Abend gehe ich wahrscheinlich ins Kino. Es soll „Friedemann Bach“ gespielt werden. Kurt kennt ihn ja schon, denn in einem seiner Briefe hat er mir das ja mitgeteilt. Hoffentlich fehlen nicht wieder etliche Kilometer.  Durch das wechselhafte Wetter ist unser schöner Baum nun doch entlaubt. Er hat lange durchgehalten.  Er hat uns allen den Sommer über viel Freude gemacht. Man sollte es kaum glauben, selbst Männer, die für Natur keinen Sinn haben, sagten, daß er durch seine Stattlichkeit imponiert. 
Vom Essen könnte ich Dir auch wieder einmal etwas erzählen. Wir hatten hier doch eine Köchin, die aus dem zur Verfügung stehenden Sachen nicht viel machen konnte. Da diese krank wurde, ist eine andere eingestellt worden. Dies hat sich zu unserem Vorteil ausgewirkt.  Die kann das Essen viel besser zubereiten, als die vorhergehende.  Jetzt ist es wenigstens so einigermaßen genießbar. Früher hat es beispielsweise Erbsen, das ist doch ein richtiges Soldatenessen, gegeben. Da war das Wasser, die Erbsen, die Kartoffeln und das Fleisch alles extra. Wenn es jetzt das Essen gibt, so ist es bald so gekocht, wie man es bei uns gewohnt ist. Denk einmal an, jetzt esse ich sogar Kälberzähne. Du weißt ja, daß das auf gut deutsch Graupen sind. 

18.11.

Vorerst erhielt ich Deinen Brief vom 14.11., wogegen der Brief vom 13.11. noch aussteht. Ich muß zwar die Briefe so beantworten wie sie eingehen. Was Du mir im Brief vom 13. mitteilst bezüglich der Kauferei. werde ich Dir dann nach dessen Eingang beantworten.  Ein Lönsbuch hatte ich Dir weder vor meinem noch nach meinem Urlaub geschickt. Mir war es ja auch so, ich wollte aber von Dir nur nochmals die Bestätigung haben. Die Feststellung, daß Du für die nächsten Jahre hast, was Du brauchst, ist ja sehr erfreulich; es ist dies auch eine große Beruhigung, wenn man sich sagen kann, Ihr braucht wenigstens nicht Not zu leiden.
Den Wunsch vom jungen Brautpaar soll Dir also Erna mitteilen.
Hast Du Interesse für ein Fernglas, weil Kurt sich eins gekauft hat.
Wegen eines Radioapparats habe ich mich hier ja auch schon umgesehen. Ich könnte hier auch deutsche Apparate wie „Blaupunkt“, „Nora“ und ich glaube sogar „Telefunken“ kaufen. Die sind zwar dann auch entsprechend teurer wie die Philips-Apparate.
Daß die Familie Frick so für Kurt sorgt, ist ja wirklich nett. Dann war er ja auch direkt verpflichtet, diese Leute bei seinem Urlaub zu besuchen.
Das Zusammensein zwischen Vater und Kurt kann ich mir gut vorstellen. Daß er nicht viel erzählt  und daß man dann noch das meiste aus ihm herausquetschen muß, zeigt, daß er sich nicht geändert hat. Na, mit dem vorhandenen Cognak werden wir schon allein fertig, wenn er keinen haben will. Das ist doch nicht gerade eine Leistung, wenn man über eine halbe Flasche austrinkt. Jeder nimmt eben, so viel, wie er vertragen kann. 
Gestern Abend war ich im Film. Er hat mir außerordentlich gut gefallen. Die Musik war ja ganz großartig. Leider fehlten wieder einige Stücke, aber es wirkte nicht so störend, daß man nicht mehr mitkommen konnte. Heute ist ja wieder Kino, aber diesen Film kenne ich schon, so daß ich auf diesen Besuch verzichte.  Viele recht herzliche Grüße und Küsse sende ich Dir und den Kindern. Ich hoffe, daß Ihr alle gesund seid. Grüße bitte Vater und Kurt auch von mir. Du selbst nimm aber besonders herzliche Grüße und Küsse entgegen von Deinem Ernst. 

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