Meine liebe Annie ! 6.11.41
Gestern bin ich leider nicht dazu gekommen, Dir zu
schreiben, weil ich in Lille war. Wie ich Dir in meinem letzten Brief schon
mitteilte, hatte ich mich am Dienstag mit dem Herrn Salzmann, dem Konstanzer,
getroffen. Er hatte mich eingeladen und ich hatte ganz nett gegessen. Es gab
frischen Thunfisch, den ich noch nicht gegessen hatte. Ich muß sagen, daß das
wirklich etwas Feines ist. Er war mit
einer schönen Soße angemacht und dazu Kartoffeln, so daß ich schon etwas ganz
Gutes in den Magen bekommen habe. Dazu hatten wir noch 2 gute Flaschen Weißwein
getrunken, so daß alles schön abgerundet war. Ich selbst konnte mir das ja
nicht leisten, denn das war kein billiger Spaß. Das ganze hat 15 RM gekostet. Wenn ich nicht wüßte, daß er das machen kann,
und daß es auch nicht aus seiner Tasche geht, würde ich nicht mitgehen. Ich
sagte ihm dann so im Laufe der Unterhaltung, daß ich am folgenden Tage mit
unserem Wagen wahrscheinlich noch nach Lille fahren würde. Daraufhin hat er mich gleich eingeladen und
gesagt, daß er am Vormittag schon hinüberfahren würde. Ich habe dann gestern
früh gleich freigefragt und bin dann gleich am Vormittag mitgefahren. Ich habe ihm dann noch so verschiedene
Fingerzeige gegeben, wo er dies und jenes kaufen kann, außerdem habe ich ihm zu
neuen Reifen für sein Auto verholfen, so daß ich mich wenigstens auf diese Art
und Weise erkenntlich zeigen konnte. In Lille haben wir dann in einem der
besten Gasthäuser zu Mittag gegessen, was zwar wieder nicht billig war. Dort
traf ich auch wieder Bekannte, die sich gleich zu uns an den Tisch setzten. Es
ist dies ein Vertreter einer großen deutschen Speditionsfirma, mit dem ich
früher viel zusammengearbeitet hatte. Er lud mich dann auch gleich ein, daß ich
bei meinem nächsten Besuch in Lille einmal bei ihm mit vorbei kommen soll. Ich
habe nur so gedacht, wenn man irgendwo einmal eine Zeit gewesen ist, dann
kennen einen doch ziemlich die Leute. Salzmann lud mich dann noch ein, mit nach
Belgien zu fahren, denn er hatte dort noch etwas zu besorgen. Dann sind wir
noch nach Menin, denn so heißt der Ort, gefahren. Das Wetter war schön und
trocken, so daß eine kleine Fahrt mit dem Wagen wieder einmal Spaß machte. Dort
habe ich einmal in einem Schuhgeschäft gefragt für einen Schaftstiefel, weil
gerade welche da standen. Für Männer kosteten sie schon 75,-RM und für Damen
ohne Schein 100,-RM. Ich dachte, ich muß mich hinsetzen, als ich das hörte. Als
wir wieder in Lille waren, habe ich mich noch zu der Schuhfabrik fahren lassen
und habe mir endgültig für die Stiefel Maß nehmen lassen. Die kosten etwa 30,-RM,
das ist im Vergleich ja eben schon wesentlich billiger. Das findest Du doch
auch. Salzmann hatte ich dann heimgeschickt mit seinem Wagen, weil ich noch
weiteres zu erledigen hatte und ich nicht wußte, wie lange Zeit das in Anspruch
nehmen würde. Ich habe mich noch nach dem Magazin für meine Pistole erkundigt,
dann habe ich mir Besatzstücke für die neue Feldbluse besorgt und dann war ich
noch auf der Kommandantur und habe eine Sache aufklären müssen aus der Zeit des
Stadtkommissariats. Dem Lorenz legte man zur Last, er hätte einen Wagen
vertauscht, um ihn dem Zugriff der deutschen Behörden zu entziehen. Nun kam ich
gerade dazu und man hat mich schon rufen lassen wollen, um die Angelegenheit
aufzuklären.
Aufgrund der Unterlagen, die erst nicht zu finden waren, hat sich dann alles zum guten entwickelt und ich glaube kaum, daß man ihm etwas anhaben kann. Ich weiß ja, und das habe ich Dir ja auch schon immer gesagt, daß der Mann ein Gauner ist. Aber wenn jemand Unrecht geschehen soll, so bin ich nicht dafür, daß so was unterstützt wird. Ich habe ihn zwar nicht mehr sprechen können, aber ich denke, daß er froh sein wird, daß sich das in dieser Weise aufgeklärt hat. Das sind so die Erlebnisse von meiner gestrigen Reise nach Lille, von der ich heute früh wieder zurückgekommen bin, denn ich bin auf Wunsch von Graser noch dort geblieben und mit ihm zusammengesessen. Er hat mir noch angeboten, daß ich ein Jagdgewehr von ihm bekommen soll, das werde ich ihm nicht abschlagen, wenn ihm das nichts ausmacht. Übrigens habe ich hier bei uns ein Luftgewehr gefunden, das einmal für Jörg das richtige wäre. Das ist entschieden besser wie das was er daheim hat, auch fast so groß wie ein richtiges Gewehr. Ich werde es herrichten lassen, dann ist das schon ein schönes Stück. Doch nun will ich Dir für das Päckchen mit den Heften und den Pastillen danken, die ich gestern erhalten habe. Außerdem bekam ich den Brief von Helga, über den ich mich sehr gefreut habe und nicht zuletzt will ich Dir danken für Deine lieben Briefe vom 31.10., 1.11. und 2.11., die ich alle erhalten habe. Du hast aber fleißig im Garten gearbeitet, wenn Dir da dadurch leichter gewesen ist, so bedeutet das mir auch eine Freude. Wenn Du auch mit Gewalt rangehst, kann ich mir schon denken, daß Dir der Rücken weh tut. Mit dem Rick hast Du über die Angelegenheit beim Fürsorgeamt gesprochen. Nun, sei es wie es will, ein Teil der Belegschaft ist belastet mit den Schiebungen beim Amt. Mir sagte hier der Salzmann, daß man auch vom Schiller und vom Bernhard gesprochen hatte. Ich stehe ja bei der ganzen Angelegenheit abseits und kümmere mich nicht weiter drum. Wegen des Klosettpapiers werde ich sehen, was sich da machen läßt. Sobald ich welches habe, schicke ich es ab. Das macht mir gar nichts aus, wenn Du mir schreibst, wenn Du was brauchst. Bei dem Brief vom 1. habe ich lachen müssen, als Du mir schriebst, daß Du in den Garten „rübergerückt“ bist. Das klingt ja bald so wie Vater. Ja das macht der Umgang. Du hast ja nun alles soweit aufgeräumt. Wo Du von Apfelkuchen schreibst, muß ich gerade dran denken, daß ich letzten Sonntag auch ein Stück bekommen hatte. Der war nicht schlecht, aber Deiner schmeckt besser.
Wegen der Besorgung von Verpflegung, so sehe ich schon immer zu, was sich machen läßt. Das eine wirst Du ja wohl haben, und das andere wird wohl auch bald kommen. Vielleicht kann ich bald wieder etwas abschicken. Hier ist jetzt bekanntgegeben worden, daß Päckchen nur noch mit Freimarken angenommen werden. Ich bitte Dich deshalb, schicke mir einmal vorerst 10 Marken her, damit ich das Zeug wieder aufgeben kann und ich nicht immer die Kameraden anbetteln muß. Wegen des Mantels muß ich zusehen, wo ich am günstigsten den Stoff beschaffen kann. Salzmann hat gestern einen Stoff für einen Anzug gekauft, einschließlich Zutaten hat er 110,-RM bezahlt. Ja, die wissen jetzt auch, was sie verlangen sollen. Dein Vater hat Dir inzwischen wieder geschrieben. Ich kann verstehen, daß ihn die neue Tätigkeit schon anstrengt. Ja, wenn man älter wird, ist es nicht so einfach, noch etwas Neues anzufangen. Es freut mich aber, daß er immer noch Energie in sich hat, das mitzumachen. Denn wenn er jetzt nachgeben würde, so wäre es ihm nach dem Tod von Mutter doch schwerer. Denn so ist ja der Tag voll ausgefüllt und Abend muß er sich eben ausruhen. Viel Ablenkung wird er wohl nicht wollen, wenn er abends müde ist.
Wenn Du Dir Äpfel gekauft hast, so hast Du aber recht getan. Das ist doch immer wieder ein kleiner Ausgleich, den man über den Winter schon haben muß. Laßt sie Euch gut schmecken. Ich besorge mir hier ja auch ab und zu Obst. Die Zeitungen schicke ich Dir immer wieder, solange es sich irgendwie machen läßt. Heute geht wieder ein Brief damit ab. Dafür brauchst Du doch kein Porto zu bezahlen. Denn das habe ich immer schon so eingerichtet. Ich denke jedenfalls, daß es stimmt. Jörgs Ehrgeiz ist ja erfreulich. Das ist recht, wenn er wieder während der flauen Zeit etwas übt, denn verlernt er doch nicht so bald. Gerade wenn er noch so am Anfang steht, vergißt sich das doch noch eher, wie wenn das alles schon eine Weile sitzt. Ich muß immer wieder feststellen, daß die Wetterverhältnisse bei Euch fast die gleichen sind wie hier. Es handelt sich vielleicht um einige Tage Unterschied, aber sonst stimmt es meist. Als Entschädigung für den gestern ausgefallenen Brief habe ich Dir heute ja wieder etwas mehr geschrieben. Ich weiß ja, daß Du mir deshalb nicht böse bist. Jetzt möchte ich aber doch für heute Schluß machen und Euch alle zusammen herzlich grüßen. Außerdem sendet Dir und den Kinder viele Küsse Dein Ernst
Aufgrund der Unterlagen, die erst nicht zu finden waren, hat sich dann alles zum guten entwickelt und ich glaube kaum, daß man ihm etwas anhaben kann. Ich weiß ja, und das habe ich Dir ja auch schon immer gesagt, daß der Mann ein Gauner ist. Aber wenn jemand Unrecht geschehen soll, so bin ich nicht dafür, daß so was unterstützt wird. Ich habe ihn zwar nicht mehr sprechen können, aber ich denke, daß er froh sein wird, daß sich das in dieser Weise aufgeklärt hat. Das sind so die Erlebnisse von meiner gestrigen Reise nach Lille, von der ich heute früh wieder zurückgekommen bin, denn ich bin auf Wunsch von Graser noch dort geblieben und mit ihm zusammengesessen. Er hat mir noch angeboten, daß ich ein Jagdgewehr von ihm bekommen soll, das werde ich ihm nicht abschlagen, wenn ihm das nichts ausmacht. Übrigens habe ich hier bei uns ein Luftgewehr gefunden, das einmal für Jörg das richtige wäre. Das ist entschieden besser wie das was er daheim hat, auch fast so groß wie ein richtiges Gewehr. Ich werde es herrichten lassen, dann ist das schon ein schönes Stück. Doch nun will ich Dir für das Päckchen mit den Heften und den Pastillen danken, die ich gestern erhalten habe. Außerdem bekam ich den Brief von Helga, über den ich mich sehr gefreut habe und nicht zuletzt will ich Dir danken für Deine lieben Briefe vom 31.10., 1.11. und 2.11., die ich alle erhalten habe. Du hast aber fleißig im Garten gearbeitet, wenn Dir da dadurch leichter gewesen ist, so bedeutet das mir auch eine Freude. Wenn Du auch mit Gewalt rangehst, kann ich mir schon denken, daß Dir der Rücken weh tut. Mit dem Rick hast Du über die Angelegenheit beim Fürsorgeamt gesprochen. Nun, sei es wie es will, ein Teil der Belegschaft ist belastet mit den Schiebungen beim Amt. Mir sagte hier der Salzmann, daß man auch vom Schiller und vom Bernhard gesprochen hatte. Ich stehe ja bei der ganzen Angelegenheit abseits und kümmere mich nicht weiter drum. Wegen des Klosettpapiers werde ich sehen, was sich da machen läßt. Sobald ich welches habe, schicke ich es ab. Das macht mir gar nichts aus, wenn Du mir schreibst, wenn Du was brauchst. Bei dem Brief vom 1. habe ich lachen müssen, als Du mir schriebst, daß Du in den Garten „rübergerückt“ bist. Das klingt ja bald so wie Vater. Ja das macht der Umgang. Du hast ja nun alles soweit aufgeräumt. Wo Du von Apfelkuchen schreibst, muß ich gerade dran denken, daß ich letzten Sonntag auch ein Stück bekommen hatte. Der war nicht schlecht, aber Deiner schmeckt besser.
Wegen der Besorgung von Verpflegung, so sehe ich schon immer zu, was sich machen läßt. Das eine wirst Du ja wohl haben, und das andere wird wohl auch bald kommen. Vielleicht kann ich bald wieder etwas abschicken. Hier ist jetzt bekanntgegeben worden, daß Päckchen nur noch mit Freimarken angenommen werden. Ich bitte Dich deshalb, schicke mir einmal vorerst 10 Marken her, damit ich das Zeug wieder aufgeben kann und ich nicht immer die Kameraden anbetteln muß. Wegen des Mantels muß ich zusehen, wo ich am günstigsten den Stoff beschaffen kann. Salzmann hat gestern einen Stoff für einen Anzug gekauft, einschließlich Zutaten hat er 110,-RM bezahlt. Ja, die wissen jetzt auch, was sie verlangen sollen. Dein Vater hat Dir inzwischen wieder geschrieben. Ich kann verstehen, daß ihn die neue Tätigkeit schon anstrengt. Ja, wenn man älter wird, ist es nicht so einfach, noch etwas Neues anzufangen. Es freut mich aber, daß er immer noch Energie in sich hat, das mitzumachen. Denn wenn er jetzt nachgeben würde, so wäre es ihm nach dem Tod von Mutter doch schwerer. Denn so ist ja der Tag voll ausgefüllt und Abend muß er sich eben ausruhen. Viel Ablenkung wird er wohl nicht wollen, wenn er abends müde ist.
Wenn Du Dir Äpfel gekauft hast, so hast Du aber recht getan. Das ist doch immer wieder ein kleiner Ausgleich, den man über den Winter schon haben muß. Laßt sie Euch gut schmecken. Ich besorge mir hier ja auch ab und zu Obst. Die Zeitungen schicke ich Dir immer wieder, solange es sich irgendwie machen läßt. Heute geht wieder ein Brief damit ab. Dafür brauchst Du doch kein Porto zu bezahlen. Denn das habe ich immer schon so eingerichtet. Ich denke jedenfalls, daß es stimmt. Jörgs Ehrgeiz ist ja erfreulich. Das ist recht, wenn er wieder während der flauen Zeit etwas übt, denn verlernt er doch nicht so bald. Gerade wenn er noch so am Anfang steht, vergißt sich das doch noch eher, wie wenn das alles schon eine Weile sitzt. Ich muß immer wieder feststellen, daß die Wetterverhältnisse bei Euch fast die gleichen sind wie hier. Es handelt sich vielleicht um einige Tage Unterschied, aber sonst stimmt es meist. Als Entschädigung für den gestern ausgefallenen Brief habe ich Dir heute ja wieder etwas mehr geschrieben. Ich weiß ja, daß Du mir deshalb nicht böse bist. Jetzt möchte ich aber doch für heute Schluß machen und Euch alle zusammen herzlich grüßen. Außerdem sendet Dir und den Kinder viele Küsse Dein Ernst
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