Mein liebes Mädel ! 11.11.41
Bis jetzt hast Du also wieder alles erhalten, wie Du mir
in Deinem Brief vom 7.11. bestätigst. Wenn nur wieder alles richtig angekommen
ist, dann ist man schon froh. Die Filzschuhe passen also auch. Wenn sie noch dazu
warm sind, dann ist ja alles richtig. Ich werde nun wieder einige Päckchen
fertig machen müssen, damit ich die Sachen hier wieder los werde. Wegen
Benzinersparnis fährt unser Postwagen nur einen Tag um den anderen. An diesen
Tagen werden dann nur noch die Päckchen mitgenommen. An den anderen Tagen fährt
unser Kurier mit dem Zug. Nun muß man das immer so einrichten, daß die Päckchen
am richtigen Tag mitgenommen werden.
Da hast Du nicht ganz unrecht, wenn Du schreibst, wir sind von den Leuten direkt gemästet worden. Daß das nun einige Tage vorgehalten haben soll, stimmt dagegen leider nicht. Im Gegenteil, der Magen hat sich durch die ungewohnte Ausweitung am folgenden Tag ziemlich leer gefühlt, als er sich wieder auf die normale Kost einstellen sollte.
Deine Mitteilung des Ernst Hagenauers ist ja interessant. Das ist schon ein Geschäft für ihn, denn ich weiß, daß das nicht sein Freund war. Er hält jetzt nun den Zeitpunkt für gekommen und wird selbstverständlich nicht für ihn sprechen. Daß der Hagenauer länger Parteigenosse ist, das ist für mich eine klare Sache. Daß den Meier verschiedene geschoben haben, weil er es verstanden hat, sich zur rechten Zeit vorzudrängen, weiß ich ja auch von den verschiedensten Seiten. Aber ich stehe hier am Rand der Sache und kann in aller Ruhe zusehen, wie sich das alles abspielt. Wenn es ihm das Genick brechen sollte, werden sich jedenfalls mehr Leute darüber freuen als traurig sein.
Bei der Flaschensammlung hast Du ja einen ziemlichen Beitrag geleistet Von wem weiß denn Nannie, daß Deine Mutter gestorben sei. Ich warte ja auch immer auf Antwort von ihr, denn sie hat ja meinen Brief, den ich zuletzt geschrieben hatte, noch nicht beantwortet. Ich werde ihr aber in den nächsten Tagen wieder schreiben. Von Siegfried bekam ich auch einen Brief, den ich Dir mit zugehen lassen, wenn ich ihn beantwortet habe. Das ist ja die erste Mitteilung, die ich über die Hochzeit erhalten habe. Von Deinem Vater habe ich ja noch keine Nachricht erhalten. Er, Siegfried schreibt mir, daß er sich über meine Briefe gefreut habe. Weiterhin bedankt er sich für die Glückwünsche und er will meine Ermahnung beherzigen. Er gibt dann der Hoffnung Ausdruck, daß wir uns in Zukunft öfter schreiben werden. Was sie sich eigentlich zum Hochzeitstag wünschen, hat er ganz offen gelassen. Zu berichten hätte ich heute weiter nichts.
Doch es fällt mir gerade ein. Habe ich einmal ein Lösbuch nach hause geschickt. Es müßte heißen „Im flammenden Morgenrot“. Ich hatte es einem Kameraden geliehen und er meinte, ich hätte es zurückbekommen. Sieh doch bitte einmal nach. Nun schließe ich für heute. Ich grüße und küsse Euch alle meine Lieben, besonders Dich, mein liebes Mädel, Dein Ernst
Da hast Du nicht ganz unrecht, wenn Du schreibst, wir sind von den Leuten direkt gemästet worden. Daß das nun einige Tage vorgehalten haben soll, stimmt dagegen leider nicht. Im Gegenteil, der Magen hat sich durch die ungewohnte Ausweitung am folgenden Tag ziemlich leer gefühlt, als er sich wieder auf die normale Kost einstellen sollte.
Deine Mitteilung des Ernst Hagenauers ist ja interessant. Das ist schon ein Geschäft für ihn, denn ich weiß, daß das nicht sein Freund war. Er hält jetzt nun den Zeitpunkt für gekommen und wird selbstverständlich nicht für ihn sprechen. Daß der Hagenauer länger Parteigenosse ist, das ist für mich eine klare Sache. Daß den Meier verschiedene geschoben haben, weil er es verstanden hat, sich zur rechten Zeit vorzudrängen, weiß ich ja auch von den verschiedensten Seiten. Aber ich stehe hier am Rand der Sache und kann in aller Ruhe zusehen, wie sich das alles abspielt. Wenn es ihm das Genick brechen sollte, werden sich jedenfalls mehr Leute darüber freuen als traurig sein.
Bei der Flaschensammlung hast Du ja einen ziemlichen Beitrag geleistet Von wem weiß denn Nannie, daß Deine Mutter gestorben sei. Ich warte ja auch immer auf Antwort von ihr, denn sie hat ja meinen Brief, den ich zuletzt geschrieben hatte, noch nicht beantwortet. Ich werde ihr aber in den nächsten Tagen wieder schreiben. Von Siegfried bekam ich auch einen Brief, den ich Dir mit zugehen lassen, wenn ich ihn beantwortet habe. Das ist ja die erste Mitteilung, die ich über die Hochzeit erhalten habe. Von Deinem Vater habe ich ja noch keine Nachricht erhalten. Er, Siegfried schreibt mir, daß er sich über meine Briefe gefreut habe. Weiterhin bedankt er sich für die Glückwünsche und er will meine Ermahnung beherzigen. Er gibt dann der Hoffnung Ausdruck, daß wir uns in Zukunft öfter schreiben werden. Was sie sich eigentlich zum Hochzeitstag wünschen, hat er ganz offen gelassen. Zu berichten hätte ich heute weiter nichts.
Doch es fällt mir gerade ein. Habe ich einmal ein Lösbuch nach hause geschickt. Es müßte heißen „Im flammenden Morgenrot“. Ich hatte es einem Kameraden geliehen und er meinte, ich hätte es zurückbekommen. Sieh doch bitte einmal nach. Nun schließe ich für heute. Ich grüße und küsse Euch alle meine Lieben, besonders Dich, mein liebes Mädel, Dein Ernst
Meine liebe Annie ! 12.11.41
Dein Geld ist heute angekommen. Ich werde es nutzbringend
anwenden. Du willst mir doch 40,-RM übersenden. Soviel ist ja auch angekommen.
Ich habe aber noch eine Frage. Hatte ich nicht noch einige Mark dort gelassen,
die Du mir mit zusenden wolltest. Wenn Du sie gebraucht hast, so ist das nicht
so schlimm. Dann läßt Du es dabei bewenden. Ich dachte nur, ich frage deshalb
bei Dir an, weil es mir so war, als hätte ich Dir noch Geld hinterlassen. Wenn du jetzt von der Zusatzkasse noch etwas
bekommst, dann kannst Du mir in diesem Monat nur noch 25,-RM höchstens
zusenden, denn mein Kontingent beträgt ja im Monat zur Zeit 65,-RM. Es ist mir
unangenehm, Dir soviel vom Geld schreiben zu müssen, denn Du weißt, ich will
Dich nicht allzu sehr belasten. Andererseits möchte ich aber Klarheit haben,
wie alles zusammenhängt. Ich kann Dir noch mitteilen, daß ich jetzt Nägel
bekommen habe. Du siehst also, daß ich nichts vergessen habe, doch manchmal muß
man etwas länger warten, bis man den günstigen
Zeitpunkt erwischt um das zu kaufen, was man braucht. Ich schicke sie Dir in
den Päckchen 15 bis 18 mit zu, die heute mit abgehen. Diese Päckchen enthalten
2 Paar Schuhe für Dich und noch ein Paar Hausschuhe, die Mandeln zum Backen,
dann noch so verschiedenes Zeug für die Kinder, das Du ihnen aufheben kannst
oder geben kannst. Das überlasse ich ganz und gar Dir. Das sind so wieder
verschiedene Sachen, die Du sicher gebrauchen kannst. Ich hoffe, daß alles
richtig ankommt und daß Euch alles zusagen wird. Außerdem sende ich heute
wieder Zeitungen weg, damit Du wieder etwas zum Lesen bekommst. Schreibpapier
habe ich auch wieder für Dich organisiert, das ich Dir dann bei Gelegenheit
wieder mit zuschicken werde. Auch das angeforderte Klosettpapier habe ich noch
nicht vergessen, doch ich muß erst zusehen, wie ich das wieder beschaffen kann.
Nach dem Spielzeug von Jörg werde ich heute einmal sehen, Damit das dann auch
auf den Weg kommt. Du siehst, man hat immer wieder etwas zu erledigen. Gestern habe ich mir im Kino die Wochenschau
angesehen und bin dann bald heimgegangen, denn es lief wieder einmal der Film
„Hochzeitsnacht“. Einmal habe ich ihn
schon hier gesehen, dann hatte ich ihn schon in Karlsruhe gesehen. Für ein
drittes Mal war es mir dann doch zuviel.
Jetzt bin ich nun schon wieder über 4 Wochen hier. Wie doch die Zeit vergeht. Vom Dienst kann ich Dir noch eine interessante Geschichte erzählen, die ich zwar noch nicht als abgeschlossen ansehe. Doch für den Beobachter ist sie bis jetzt interessant. Ich habe Dir ja schon wiederholt berichtet, wie die Dinge hier liegen, seit dem Erscheinen des neuen Inspektors. Nun hat sich da mit der Rückkehr unseres Kriegsverwaltungsrats folgendes ereignet.
Am Sonntag kommt er vom Urlaub zurück und will wieder in sein Zimmer in unserem Haus einziehen. In der Zwischenzeit war aber der Inspektor eingezogen und hatte sich häuslich niedergelassen, weil der Kriegsverwaltungsrat sagte, er kommt nicht mehr in unser Haus zurück sondern zieht in eine neuere Wohnung. Wie sich nun zeigte, war die neue Wohnung nicht fertig, so daß er doch um die alte froh war. Nun hat er den Inspektor veranlaßt, wieder in das Hotel zu ziehen. Du kannst Dir denken, daß dieser Mann nun sehr verärgert ist. Außerdem hat er keinen Platz, wo er arbeiten kann, denn ich hatte ja während des Urlaubs des Kriegsverwaltungsrats meinen alten Platz wieder eingenommen, weil der Inspektor auf den Platz des Kriegsverwaltungsrats gezogen war. Mit der Rückkehr vom Urlaub sind nun beide Plätze besetzt, so daß der Mann hier keine Möglichkeit hat zu arbeiten. Abgesehen davon, daß das eine große Schweinerei ist, kann ich mir das Gefühl der Schadenfreude nicht unterdrücken. Denn die beiden Männer haben eine Wut gegenwärtig aufeinander. Der Inspektor kommt jetzt bis zur Bereitstellung eines Platzes nicht mehr zum Dienst, weil er der Ansicht ist, daß er überflüssig sei. Wie sich die Dinge weiter entwickeln, muß man zwar abwarten. Der Kriegsverwaltungsrat versucht nun wieder meine Freundschaft zu gewinnen, indem er mich entgegen seinem Verhalten vor dem Urlaub wieder um verschiedene Sachen fragte. Ich habe ihm wohl, soweit es notwendig war, Auskunft gegeben, sonst aber die kalte Schulter gezeigt. Dieses Theater mache ich doch nicht mit, daß ich auf ihn warte, bis es ihm gefällig ist. Wenn er denkt, er braucht jemand, um seine Flegeleien wieder an den Mann zu bringen, dann bekommt man wieder einen Tritt. Nein, da mache ich nicht mit. Er muß dann zusehen, wen er dafür findet. Für heute sende ich Dir recht herzliche und viele Grüße. Es küßt Dich eben vielmals Dein Ernst
Jetzt bin ich nun schon wieder über 4 Wochen hier. Wie doch die Zeit vergeht. Vom Dienst kann ich Dir noch eine interessante Geschichte erzählen, die ich zwar noch nicht als abgeschlossen ansehe. Doch für den Beobachter ist sie bis jetzt interessant. Ich habe Dir ja schon wiederholt berichtet, wie die Dinge hier liegen, seit dem Erscheinen des neuen Inspektors. Nun hat sich da mit der Rückkehr unseres Kriegsverwaltungsrats folgendes ereignet.
Am Sonntag kommt er vom Urlaub zurück und will wieder in sein Zimmer in unserem Haus einziehen. In der Zwischenzeit war aber der Inspektor eingezogen und hatte sich häuslich niedergelassen, weil der Kriegsverwaltungsrat sagte, er kommt nicht mehr in unser Haus zurück sondern zieht in eine neuere Wohnung. Wie sich nun zeigte, war die neue Wohnung nicht fertig, so daß er doch um die alte froh war. Nun hat er den Inspektor veranlaßt, wieder in das Hotel zu ziehen. Du kannst Dir denken, daß dieser Mann nun sehr verärgert ist. Außerdem hat er keinen Platz, wo er arbeiten kann, denn ich hatte ja während des Urlaubs des Kriegsverwaltungsrats meinen alten Platz wieder eingenommen, weil der Inspektor auf den Platz des Kriegsverwaltungsrats gezogen war. Mit der Rückkehr vom Urlaub sind nun beide Plätze besetzt, so daß der Mann hier keine Möglichkeit hat zu arbeiten. Abgesehen davon, daß das eine große Schweinerei ist, kann ich mir das Gefühl der Schadenfreude nicht unterdrücken. Denn die beiden Männer haben eine Wut gegenwärtig aufeinander. Der Inspektor kommt jetzt bis zur Bereitstellung eines Platzes nicht mehr zum Dienst, weil er der Ansicht ist, daß er überflüssig sei. Wie sich die Dinge weiter entwickeln, muß man zwar abwarten. Der Kriegsverwaltungsrat versucht nun wieder meine Freundschaft zu gewinnen, indem er mich entgegen seinem Verhalten vor dem Urlaub wieder um verschiedene Sachen fragte. Ich habe ihm wohl, soweit es notwendig war, Auskunft gegeben, sonst aber die kalte Schulter gezeigt. Dieses Theater mache ich doch nicht mit, daß ich auf ihn warte, bis es ihm gefällig ist. Wenn er denkt, er braucht jemand, um seine Flegeleien wieder an den Mann zu bringen, dann bekommt man wieder einen Tritt. Nein, da mache ich nicht mit. Er muß dann zusehen, wen er dafür findet. Für heute sende ich Dir recht herzliche und viele Grüße. Es küßt Dich eben vielmals Dein Ernst
Mein liebes Mädel ! 12.11.41
Ich setze mich heute Nachmittag hin, um meinen Brief für
morgen anzufangen. Heute Nacht ist Großeinsatz für eine Aktion gegen die
Kommunisten, an der ich auch teilnehmen muß. Da wird es verschiedenes zu
schreiben geben, so daß ich dazu mit herangezogen werde. Wann ich dann morgen zum Briefe schreiben
komme, weiß ich nicht. Die 4 Päckchen
sind heute an Dich abgegangen. Ebenfalls die Zeitungen. Ich hoffe, daß alles
gut ankommen und Deinem Geschmack entsprechen wird. Man hat so bei der Packerei
immer seine Mühe, um alles richtig zusammenzubringen, weil man mit dem
Verpackungsmaterial sparsam umgehen muß. Andererseits soll das Paket doch auch
ordentlich ankommen. Denn es soll doch nichts verloren gehen, denn man hat doch
alles erst kaufen und bezahlen müssen.
Das kalte Wetter hat nun schon wieder aufgehört. Die Rizinusstauden bei uns auf dem Hof sind zwar erfroren, doch unser schöner großer Lindenbaum hat immer noch Blätter. Er hat zwar schon ziemlich lassen müssen, doch man sieht ihm immer noch seine Stattlichkeit an. Die volle Pracht ist nun wohl nicht mehr so vorhanden wie im Sommer. Man kann es ja auch nicht mehr verlangen, denn wir sind doch jetzt mitten im November.
Soll ich eigentlich die Hosen für Jörg hier gleich machen lassen oder willst Du den Stoff selbst verarbeiten. Das überlasse ich ganz und gar Dir. Du mußt mir dann aber noch die Maße senden, wenn ich sie hier anfertigen lassen soll. In der Nacht vom 20. zum 21. habe ich wieder Dienst als OvD. Das geht jetzt mit ziemlicher Regelmäßigkeit.
Das kalte Wetter hat nun schon wieder aufgehört. Die Rizinusstauden bei uns auf dem Hof sind zwar erfroren, doch unser schöner großer Lindenbaum hat immer noch Blätter. Er hat zwar schon ziemlich lassen müssen, doch man sieht ihm immer noch seine Stattlichkeit an. Die volle Pracht ist nun wohl nicht mehr so vorhanden wie im Sommer. Man kann es ja auch nicht mehr verlangen, denn wir sind doch jetzt mitten im November.
Soll ich eigentlich die Hosen für Jörg hier gleich machen lassen oder willst Du den Stoff selbst verarbeiten. Das überlasse ich ganz und gar Dir. Du mußt mir dann aber noch die Maße senden, wenn ich sie hier anfertigen lassen soll. In der Nacht vom 20. zum 21. habe ich wieder Dienst als OvD. Das geht jetzt mit ziemlicher Regelmäßigkeit.
13.11.41
Wie ich gestern schon mitteilte, hatten wir vergangene Nacht Großeinsatz. Ich war als Schreiber eingeteilt. Weil jemand gebraucht wurde, der Schreibmaschine schreiben kann. In der vergangenen Nacht wurden hier bei uns etwa 60 Personen verhaftet, die gleich vernommen werden mußten. Wie sich nun zeigte, fehlte bei uns ein Dolmetscher. Es war wohl ein Feldgendarm und ein Schreiber vorhanden, doch fehlte zur Übersetzung der Dolmetscher. Wir bekamen erst einen, der deutsch verstand, den hatten wir dann auch bald erledigt, doch als dann Leute kamen, die nur französisch verstanden, dachten wir, daß die Schwierigkeiten anfangen würden. Der Feldgendarm verstand zwar noch weniger französisch als ich, aber wir haben es versucht und ich muß feststellen, daß meine Kenntnisse soweit ausreichten, um die Vernehmungen machen zu können. Um Mitternacht haben wir angefangen und früh gegen 9 Uhr haben wir von den elf Personen, die uns zugeteilt waren, den letzten vernommen. Es war einmal eine ganz interessante Arbeit, wenn ich sie zwar auch nicht alle Tage machen möchte. Eins kann ich ja sagen, daß ich heute sehr viel dazugelernt habe und auch etwas von der Befangenheit, die man den Leuten gegenüber hat, eingebüßt habe. Wenn man dann das hinter sich hat, geht es schon eher. Man stolpert immer wieder einmal, am Anfang mehr und später etwas weniger, aber man muß es wagen, dann geht es schon. Der Feldgendarm, der mir gewissermaßen in die Maschine diktieren sollte, sagte dann immer wieder, ja ich fühle mich hier ziemlich überflüssig, weil ich meinen Kram selbst schrieb. Anstandshalber sagte ich ihm aber, was ich ihm in seine Vernehmungsniederschrift reinsetzen will. Heute Vormittag habe ich dann freigehabt. Ich bin dann nach hause gegangen und habe mich erst einmal in das Bett gelegt und bis gegen Mittag geschlafen. Daher kommt es auch, daß heute früh mein Brief nicht weggegangen ist. Gestern Abend bekam ich Deine beiden Briefe vom 8. und 9.11., die ich Dir gleich beantworten will. Für die Kinder hast Du ja nun schon selbst verschiedenes besorgt. Ich denke, daß dann zunächst für die Bekleidung genug gesorgt ist. Ich brauche dann für nichts weiter sorgen, denn ich wüßte nicht, was sonst noch notwendig sei. Das glaube ich gern, daß die im Geschäft gestaunt haben, daß Du noch nicht einmal die zweite Kleiderkarte angefangen hattest. Ich habe hier ja auch noch Punkte zu beanspruchen, da ich mir meine Sachen zumeist ohne Punkte besorgt habe. Wir sprachen doch einmal für ein Paar Schaftstiefel (braun) für Dich. Kannst Du Dir vielleicht einmal bei jemandem das Maß nehmen lassen. Sieh Dich doch einmal um deswegen. Ich habe nämlich noch Anspruch auf einen Schuhschein, den würde ich dann auf diese Art anwenden. Wenn sich Jörg so nützlich auf diese Art betätigt und Dir den Garten umgräbt, so muß man ihm schon ein Lob aussprechen. Das kann man sich gar nicht denken, daß er das schon kann. Man denkt immer noch, daß er ein so kleiner Bub ist. Ich denke aber, daß es ihm Freude macht, wenn er Dir etwas praktisch helfen kann.
Den Artikel wegen des Eisernen Sparens habe ich mir durchgelesen. Bei uns käme das ja erst ab Monat Januar 42 in Frage, weil wir Gehaltsempfänger sind, die ihren Gehalt im Voraus bekommen. Der höchste Betrag, der von uns gespart werden kann, beträgt im Monat 26,-RM. Man müßte sich ausrechnen, das geht am besten durch Einsichtnahme in die Steuertabelle, wo wir die Grenze errechnen und damit am besten wegkommen. Sozialversicherungsbeiträge kommen für uns ja doch in Wegfall, so daß wir nur die eine Vergünstigung haben. Ich nehme an, daß Du das irgendwo erfahren kannst. Da es jetzt noch nicht so eilig ist, kann man ja erst in aller Ruhe diese Feststellungen treffen. Von der Zusatzversorgung schicke mir vielleicht 40,-RM, über den Rest kannst Du verfügen, wie Du willst.
Daß ich Dir Deine beiden lieben Päckchen nicht bestätigt habe, ist ja schandbar, aber ich war immer der Meinung, daß ich das schon getan habe. Also sei mir deshalb bitte nicht böse darum. Ich hole es hiermit offiziell nach. Ich habe von den Tabletten schon bald wieder eine Schachtel vertilgt, denn ich muß mich doch immer mit meinem Hals etwas vorsehen, weil ich bei dem nebligen Wetter, wie es hier teilweise auch herrscht, immer gleich etwas belegt bin. Das Gebäck habe ich mir schon teilweise zu Gemüte gezogen. Es ist wieder ganz und gar in Ordnung und schmeckt schwer nach Zuhause. Also ich habe alles richtig erhalten, es ist nichts weggekommen und ich danke Dir noch vielmals dafür. Nimm es also nicht krumm, wenn ich vergessen habe, Dir den Erhalt zu bestätigen. Es freut mich, daß Dir der Käse auch schmeckt. So habt Ihr doch immer noch etwas Zubrot. Ich bekomme heute vielleicht wieder welche. Die werde ich Euch wieder zu Recht packen und abschicken. Ich habe noch einmal Gelegenheit Seide zu kaufen. Dieselbe, wie Du sie im letzten Jahr auch schon bekommen hattest. Das Zeug wird jetzt sehr selten, darum freue ich mich, daß ich nochmals hier welche gefunden habe. Mit der Kriegsseide kommt man ja doch nicht weit und die ist ja so zum Waschen nicht besonders, vor allem wenn sie jetzt mehr Sand enthält wie am Anfang.
Außer Deinen beiden Briefen bekam ich auch noch einen von Deinem Vater. Über die ersten Seiten habe ich mich wirklich gefreut, doch als er mir dann das vorhält, daß ich ihm schreibe, daß ich das Opfer für alle gebracht habe und Dich gern habe fahren lassen, da habe ich mich fest geärgert. Ich will aber nicht derjenige sein, der nun einen Streit vom Zaun bricht. Wenn er nun einmal so eine Kleinigkeit krummer ist, so will ich dies seinem Alter zurechnen. Eines kann ich aber hier feststellen, daß sich das sein Junge nicht hätte gefallen lassen. Die schroffe Art und Weise, in der er mir das vorhält, ist ja geradezu verletzend. Ich hatte vor, ihm wieder einige Zigarren zuzusenden, so brauche ich erst eine gewisse Zeit, um über diese Wortklauberei Gras wachsen zu lassen. Wenn ich dann dagegen wieder lese, was für ein feiner Mensch dieser Jüngling geworden ist und wie er dann die fremden Leute so herausstellt, dann kann einem das große Kotzen ankommen. Wie Du schon auch richtig bei meinem Urlaub sagtest, wir sind zwei so grundverschiedene Menschen, daß wir auf die Dauer nicht gut miteinander auskommen würden. Ich bin ja auch nicht mit ihm verheiratet. Eines ist mir dabei manchmal unerklärlich, daß das Dein Vater sein soll, wo Du doch charakterlich so wenig Wesensverwandtes mit ihm hast. Meinen Ärger habe ich mir nun runter geschrieben. Du wirst nun zwar die Leidtragende sein, auf die nun alles zuletzt abgeladen wurde. Ich sage mir zwar auch, daß er so verbraucht werden muß wie er nun einmal ist, doch er sollte von anderen nicht mehr verlangen, als er selbst zutun imstande ist. Aber noch zu etwas anderem. Ich habe wieder ein Käsepäckchen auf den Weg gebracht. Es ist das Nr. 20, der riecht jetzt schon. Ich denke, daß der Postmensch froh ist, wenn er es bei Dir abgeliefert hat. Hoffentlich kommt auch das gut in Deine Hände. Jetzt grüße ich Euch alle wieder recht herzlich. Sende Dir und den Kinder noch viele Küsse dazu. Dein Ernst
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