Dienstag, 28. Juni 2016

Brief 144 vom 27./28.6.1941


Meine liebe Frau !                                                                                           27.6.41 

Gestern bekam ich keine Post. Dies ist ja lediglich die übliche Feststellung und keine Anklage. Die Erfordernisse des Heeres sind dringender, so daß man seine persönlichen Belange zurückstellen muß. Bis jetzt habe ich ja auch selten länger als drei Tage auf Post warten müssen, darum habe ich auch keine Veranlassung, mich zu beklagen.  Nach den Tagen der Hitze und des schwülen Wetter hat es sich vorgestern und gestern durch Gewitter etwas abgekühlt. Es wollte erst scheinen, als würde heute das Wetter trüb bleiben, doch die Sonne hat wieder gesiegt. Die morgendliche Kühle wird wahrscheinlich nicht lange anhalten und die Schwitzerei kann wieder ihren Fortgang nehmen.  Bei uns wird hier zur Abwechslung eine Umorganisation vorgenommen. Unser Sonderführer scheidet aus unserer Abteilung aus und ich soll, neben meiner bisherigen Sozial und Fürsorgetätigkeit, die außerdem noch das Flüchtlings und Heimkehrerwesen umfaßt und das ich alles mit dem Publikumsverkehr, der bei unserer Abteilung vorkommt, erledige, noch die Kraftfahrzeugangelegenheiten, wie ich sie früher schon beim Stadtkommissariat gehabt habe, mit übernehmen. Da mir diese Sachen nicht ganz unbekannt sind, werde ich mich bald wieder hineinfinden. Wie mir unser Assessor sagte, soll ich, da ich außer ihm nur der einzige Beamte bin, Zeichnungsbefugnisse erhalten. Ob wir noch einen anderen Beamten herbekommen, wird fraglich sein. Auch hier lasse ich am besten die Dinge an mich herankommen.  In dieser Woche war ich nicht im Kino, weil es erstens ja warm war. Ich wollte neben der normalen Schwitzkur nicht noch eine zusätzliche machen. Außerdem habe ich die Filme alle schon gesehen, so daß diese Besuche wirklich überflüssig  gewesen wären.  Heute weiß ich tatsächlich nichts weiter zu berichten.  Außerdem habe ich ziemlich zu tun. Ich bitte Dich, für diesmal schließen zu dürfen. Ich hoffe, daß es Dir nun wieder wesentlich besser geht, bitte Dich aber trotzdem, zu meinen Vorschlägen Stellung zu nehmen, damit Du Dich in der nächsten Zeit mehr schonen kannst. Sei vielmals und herzlich gegrüßt und geküßt. Baldige und vollkommene Gesundung wünscht Dir Dein Ernst

Meine liebe Annie !                                                            28.6 41

Vor einem Jahr traf ich in Köln ein. In Erwartung der Dinge, die an mich herantreten würden, ging ich gemäß Marschbefehl an die zuständige Dienststelle. Inzwischen ist nun ein Jahr vergangen.  In wenigen Tagen jährt es sich auch, daß ich in Frankreich eintrudelte. Was hat sich in diesem Jahr alles ereignet. Man muß nun abwarten, wie lange das alles noch dauert. Eines steht fest, daß wir unsere Pflicht tun, wo wir hinkommen und hingestellt werden. Wenn sich auch manche Mißstimmigkeiten einstellen, so darf man sich das nicht verdrießen lassen. Wie ich Dir gleich am Anfang meines hiesigen Aufenthaltes mitteilte, herrscht hier ein Kleinkrieg über die Zuständigkeiten. Vorgestern war ich wieder einmal dran. Doch man soll sich da nichts draus machen. Bei uns ist es hier so, daß mir nur der Kommandant und der Leiter unserer Abteilung etwas zu sagen haben. Darüber ärgern sich hier verschiedene Herren und wollen, was überhaupt unsere Abteilung anbelangt, nach Möglichkeit am Zeug flicken. Das geht im Allgemeinen sehr schlecht, denn wir verhalten uns so, daß das ziemlich ausgeschlossen ist. Es bleibt diesen Leuten dann weiter nicht übrig, zu ganz verzweifelten Mitteln zu greifen. Unser Spieß (Stabsfeldwebel, der auch 2 Sterne mehr hat als ich und zwölfjähriger Soldat) ließ mich zu sich rufen, um mich etwas über meine Personalien zu fragen. Da ich hier erst etwas dienstlich zu erledigen hatte, ließ ich sagen, daß ich sobald ich frei bin, zu ihm kommen würde. Die Ordonanz war kaum unten, klingelt bei mir das Telefon und er brüllt in das Telefon rein, daß es nur so eine Lust war, sich das anzuhören. Ich habe ihm dann gesagt, daß er mir nichts zu sagen hat und er warten muß, bis ich mit meinen Leuten hier fertig bin. In seinem Ärger ist er gleich zum Kommandanten gelaufen und hat ihm den Fall erzählt. Auch der hat nichts Eiligeres  zu tun und läßt mich sofort zu sich kommen. Nach einer kurzen Erklärung von mir brüllt mich der nun an, daß ich, wenn ich erschrocken wäre, mich nicht mehr hätte halten können. Ich habe aber alles über mich ergehen lassen. Unserem Assessor habe ich dann von dem Vorfall Meldung erstattet. Nachdem diese ganze Geschichte zu Unrecht erfolgte, hat er unseren Chef gestellt und ihm gesagt, daß dies in dieser Form nicht geht. Da mir der Kommandant noch sagte, ich soll wieder beim Antreten mit dabei sein, bedurfte diese Angelegenheit nochmals einer Klärung. Auch diese Geschichte ist dann durch unseren Assessor wieder geradegebogen worden, und der Chef mußte sich auch hier in seine alte Stellung zurückziehen. Es ist wohl rein äußerlich Friede geschlossen worden, doch haben wir das Empfinden, daß das Feuer unter der Decke weiter glimmt. Warten wir auf den neuen Ausbruch. Ich wollte Dir nur an diesem Beispiel zeigen, mit was wir hier manchmal zu kämpfen haben. Ich ärgere mich über diese Dinge nicht mehr, da man mit der Zeit ein dickes Fell kriegt. Im Übrigen ist ja der Schuß hinten hinausgegangen und meine Stellung dadurch gefestigt worden. Ich weiß, daß ich das Vertrauen meines direkten Vorgesetzten habe und das genügt mir, dann können mir alle die anderen den Buckel rauf steigen. Im Übrigen hält unsere Abteilung ausgezeichnet zusammen, so daß es da keinen Mißton gibt. Du brauchst Dir deshalb keine Gedanken zu machen, daß es mir etwa schlechter oder besser ginge, denn die Verhältnisse sind hier nun einmal so, und damit muß man sich abfinden. Auf meinem Schreibtisch habe ich schöne Rosen und die duften. Jetzt ist ja auch auf der Mainau die Zeit der Rosenblüte. Wenn Du kannst, fahre doch einmal mit dem Schiff hinüber. Voraussetzung ist natürlich, daß das Dein Gesundheitszustand erlaubt. Wie das in den nächsten Tagen mit der Post werden wird, muß man abwarten.  Ich sende Dir recht herzliche Grüße und Küsse. Es denkt viel an Dich Dein Ernst

Samstag, 25. Juni 2016

Brief 143 vom 25./26.6.1941


Mein liebes Mädel !                                                                                      25.6.41  

Da es dieser Tage im Radio hieß, es sei eine allgemeine Postsperre, hatte ich nicht gehofft, Post in den nächsten Tagen zu erhalten  Es trafen aber Deine beiden Briefe vom 19. und 20.6. ein und ich bin auch wirklich nicht böse darum, vor allem, weil ich aus Deinen Zeilen lesen kann, daß es Dir nun doch langsam besser geht. Es ist mir ohne weiteres erklärlich, daß das schöne Wetter, das wir ja hier auch haben, viel mit dazu beigetragen hat. Trotz dieses Besserungszustands bitte ich Dich, Dir meine Vorschläge, die ich in meinem letzten Brief gemacht habe, zu überlegen. Es kann Dir nichts schaden, wenn Du vorerst eine Hilfe hast, die Dir die gröberen Arbeiten abnimmt. Du kannst es ja versuchen mit jemand, der Dir am Ende der Woche etwas übernimmt.  Wenn Helga schon so gut einkaufen kann, ist dies für Dich ja auch schon eine große Erleichterung, vor allem, wenn Du weißt, Du kannst Dich auf die verlassen. Wegen des Farbstiftes war es nicht notwendig, daß Du gleich so läufst. Wenn er ihn nicht haben will, kann man ihn ja später als Geschenk nehmen. Da sind die Kinder zu beneiden, wenn sie so im Wasser plantschen können, das möchte ich auch ganz gern, doch die Badeverhältnisse beschränken sich auf das Hallenbad oder auf unsere Badewanne daheim. Gestern sprach hier ein Kamerad vor. An seiner Sprache merkte ich, daß er aus dem badischen Ländle kam. Es stellte sich heraus, daß er ein Freiburger war. Als ich ihm dann sagte, daß ich vom See komme, sagte er, daß man den jetzt ganz gut gebrauchen könnte. Die Feststellung habe ich auch schon getroffen, daß mir der z.Zt. sehr fehlt. Mit dem Taschenkalender werde ich es eben so machen müssen, daß ich den alten nehme, den mir die Eltern geschickt haben. Die Frage nach meinem Geburtstagswunsch ist immer eine der für mich am schwierigsten zu beantwortenden. Jedes Jahr geht es mir gleich so. Ich weiß tatsächlich nicht, was ich darauf antworten soll.  Hier werde ich wahrscheinlich einige Flaschen Getränke stiften müssen, aber sonst werde ich wohl auch nicht viel davon haben. Voraussetzung ist natürlich, daß die Kameraden etwas davon merken, denn ich werde von mir aus natürlich nichts tun bzw. darauf aufmerksam machen. Du weißt es ja selbst, daß es mir an nichts fehlt, denn Essen und Trinken habe ich immer noch da erhalten, was ich gebraucht habe. Wenn Du aber unbedingt etwas tun willst, so überlasse ich dies Deinem Scharfsinn. Ich bitte Dich aber, mach nicht soviel Sachen. Wenn wir wieder einmal beieinander sind, können wir ja wieder etwas machen oder unternehmen. Ich denke nur, daß Du mit Deinen Marken in Konflikt kommst, darum bitte ich Dich, fasse Dich kurz. Nimm viele herzlich Grüße und Küsse entgegen von Deinen Ernst

Liebstes Mädel !                                                            26.6.41

Schon vor einiger Zeit habe ich davon geschrieben, daß ich verschiedene Sachen absenden werde. Heute habe ich nun einige Päckchen fertig gemacht, und zwar 6 Stück. Es sind dies die Nummern 12 - 17. In einem sind Zigarren und das andere Buch von Finkh. Dann ein Päckchen mit Schokolade und eines mit Pralinen. Dann habe ich noch ein Päckchen mit Schreibpapier zu Recht gemacht. Es ist zwar kein weißes Papier, doch ich denke, wenn Du mit Maschine schreibst, geht es ganz gut. Du kannst es Dir ja einmal ansehen, und wenn Du davon noch welches haben willst, dann gibst Du mir Bescheid. Die Schuhe habe ich in einem weiteren Päckchen ab gesandt. Ich hoffe und wünsche, daß sie Dir passen werden. Wenn nicht, so kannst Du ja einmal sehen, ob Du sie nicht um eine Nummer weiten lassen kannst. In dem gleichen Päckchen sind noch einige Papiere, die Du bitte mit zu den anderen legen kannst. Im letzten Päckchen habe ich Seifenpulver und einige Fischkonserven verpackt. Es ist wieder einmal eine kleine Sendung, die hoffentlich gut ankommen wird. Wie ich Dir schon mitteilte, habe ich keine Frankierung vorgenommen. Ich denke, daß Du dies schon erschwingen kannst. Heute vor einem Jahr erhielt ich von meinem Truppenteil den Befehl, mich nach Konstanz und von da nach Köln zu begeben. Auch das ist schon ein Jahr her. Ich sehe mich noch dort fortfahren und dann bei Euch ankommen. Das war ja eine ziemliche Überraschung. Da ich die Uniform an hatte, erkannten mich die Kinder erst nicht, doch dann setzte ein Indianergeheul ein, und sie stürmten brüllend die Wohnung. In einigen Tagen ist es dann soweit, daß seit meiner Ankunft in Frankreich auch ein Jahr her ist.  Nun will ich Dir noch von einem Hausgenossen berichten, der sich schon bei meinem Einzug in der Wohnung befand. Es ist dies der Hund eines Kameraden, der uns schon allerhand Spaß gemacht hat. Unser Sonderführer geht gern auf die Jagd, und zu diesem Zweck hat er sich diesen Schnauzer zugelegt. Unberechtigterweise hielten sich kürzlich zwei Katzen bei uns im Hof auf, die hat nun unser Jäger abgeschossen. Unser Chauffeur hatte sie im Garten vergraben, doch unser Hund konnte das nicht leiden und hat eine nach der anderen wieder ausgebuddelt. Er leistet sich so manches Stück, und ich glaube, daß solch ein Hund für unsere Kinder auch etwas wäre. Für Deinen Brief vom 21.6. danke ich Dir vielmals. Ich erhielt ihn gestern. Über den zunehmenden Besserungsgang Deiner Gesundung habe ich mich sehr gefreut und ich will hoffen, daß es weiterhin solche Fortschritte macht. Es grüßt Dich und die Kinder recht herzlich, verbunden mit vielen Küssen von Deinem Ernst

Dienstag, 21. Juni 2016

Brief 142 vom 20./21.6.1941

Mein liebes Mädel!                                                           20.6.41

Wie krank Du eigentlich gewesen bist, habe ich erst richtig aus Deinem Brief vom 14. 6. ersehen, den ich gestern erhielt. Wahrscheinlich hättest Du schon eher einen Arzt zu Rate ziehen sollen. Die Sache hat sich, wie ich aus Deinem Schreiben zu entnehmen glaube, ziemlich ausgewirkt. Das ist ja unangenehm, wenn sich die Geschichte auf das Herz gelegt hat. Hoffentlich bleibt das nicht mit dem Asthma. Ich bitte Dich, schone Dich möglichst und gib die Wäsche ruhig ab. Ebenso kannst Du vielleicht auch der Frau Nußbaumer etwas für das Treppenmachen geben. Ich finde das sehr entgegenkommend, doch ich möchte nicht gern, daß wir uns irgendwie den Leuten gegenüber verpflichten. Welchen Arzt hast Du eigentlich aufgesucht? Wenn Du es mit dem Geld einigermaßen machen kannst, so nimm Dir bitte jemand zur Hilfe, und wenn es in der Woche, vielleicht Freitag oder Samstag ein paar Stunden sind. Das Geld selbst spielt dabei keine Rolle. Wichtig ist, daß Du mir wieder gesund wirst. Das macht mir ziemlich Kopfschmerzen, was nun in der Zwischenzeit mit Dir gegangen ist. Aber ich bitte Dich, gib mir über jede Veränderung in Deinem Zustand, ob zum besseren oder zum schlechteren, Mitteilung. Es würde mich noch mehr beunruhigen, wenn Du das unterlassen würdest.
Der Oberinspektor der uns zur Einarbeitung zugeteilt worden ist, ist heute von hier abgereist. Jetzt kann nun der Umzug innerhalb des Hauses steigen. Gestern Abend habe ich einmal regelrecht gefaulenzt. Ich habe daheim zu Nacht gegessen. Die Hausgenossen sind ausgegangen, und ich habe mir ein Bad zu Recht gemacht. Da habe ich mich wieder einmal schön gebadet und mich auf das Bett gelegt und gelesen mit Radiomusik. Gegen ½ 12 Uhr habe ich meinen Laden dicht gemacht und geschlafen.
Unsere Helga hat sich also auch etwas geleistet mit ihrem Unfall. Wenn es noch so abgelaufen ist, kann sie ja noch zufrieden sein. Ich bin es zwar auch, daß es nicht schlimmer gekommen ist. Deinen Schreck kann ich mir ohne weiteres vorstellen, als sie im verbundenen Zustand so vor Dir erschien.
Wie ich Dir gestern schon mitteilte, haben wir hier schönes sommerliches Wetter. Auch das hat zwar seine Nachteile, vor allem wenn man mit so einer luftdicht abgeschlossenen Uniform herumlaufen muß.
Schone Dich bitte und halte Dich gut, damit es wieder mit Dir vorwärts geht. An Dora habe ich zum Geburtstag geschrieben. Den Durchschlag habe ich beigefügt. Ich habe ihr noch nie einen Brief geschrieben. Es ist mir etwas komisch dabei gewesen, doch aus diesem Anlaß hat sich das noch machen lassen. Ich sende Dir viele herzliche Grüße und Küsse verbunden mit den besten Wünschen zur völligen Genesung. Unsere beiden Stromer sollen sich gut halten und Dir nicht so viel Mühe machen. Mit vielen weiteren Grüßen bin ich immer Dein Ernst.

Mein liebes Mädel !                                                        21.6.41

Herzlichen Dank für die Übersendung der 30,-RM, die mir heute ausgezahlt wurden. Nachdem hier heute auch Zahltag war, habe ich wieder etwas Geld auf der Hand. Wir haben gegenwärtig eine unheimliche Hitze, die mich ganz müde und lahm macht. Man hat fast keine Lust zum Arbeiten, es ist aber so, daß dann alles liegen bleibt, dann macht man nur das, was unbedingt notwendig ist. Mit unserer Kluft macht ja die viele Wärme wenig Spaß, und ich habe so das Gefühl, als ob mir der See fehlen würde. Den könnte man ganz gut gebrauchen. Es läuft einem nur so die Brühe am Körper herunter. Kurze Hosen wären auch ganz praktisch. Ich bin nur gespannt, wenn es dann ein Gewitter gibt. Gestern habe ich wieder einmal „Gartenarbeit“ verrichtet. In unserem Wintergarten standen große Palmen, die wir ja ins Freie gestellt hatten. Wahrscheinlich ist da lange nichts daran gemacht worden und Wasser haben die Dinger auch nicht bekommen. Es waren viele Blätter vertrocknet, die mich störten. Ich habe mich dann an das Verschneiden gemacht. Das war bisher in meiner früheren Gartenpraxis noch nicht vorgekommen, denn ich mußte dabei das übliche Lehrgeld zahlen. Ich habe beim Abrutschen mit dem Messer an einem scharfen Blattstengel eine ziemliche Schramme über die Hand bekommen. Heute will ich den Rasen sprengen, Damit er uns nicht auch noch ganz kaputt geht. Es ist zwar nicht viel zu tun, doch man kann sich ja immer ein bißchen beschäftigen, was ja nichts schaden kann. Das ist mir hier überhaupt schon aufgefallen, daß fast hinter jedem Haus so eine Art Garten ist. Meist sind einige Bäume drin oder sonst etwas Grünes. Das entspricht typisch dem französischen Kleinrentnergedanken. Vorgestern hatte ich mich ja „wieder einmal gebadet“. Bei dieser Gelegenheit habe ich mich auch einmal gewogen. Wenn alles korrekt ist, habe ich ohne Kleider 66,5 kg. Außer dem Geld habe ich keine Post bekommen, so daß es nichts zu beantworten gibt. Nachdem nun der eine Kamerad weggezogen ist, bin ich gestern umgezogen. Das Zimmer ist schon wesentlich besser, und hier habe ich auch ein Bett, was sich einigermaßen sehen lassen kann. Das andere hat nach altem Heu gerochen und nicht zu sagen nach verfaultem. Das ist soweit ganz anders. Wenn es mir morgen nicht zu heiß ist, gehe ich einmal in ein französisches Theater. Es werden „Die Glocken von Cornville“ gespielt. Ich werde wohl nicht alles verstehen, aber es interessiert mich einmal, auch das kennen zu lernen. Dich grüße ich recht herzlich, verbunden mit dem Wunsch Deiner baldigen völligen Genesung. Außerdem sendet Dir noch viele Küsse Dein Ernst.

Samstag, 18. Juni 2016

Brief 141 vom 18./19.6.1941


Mein liebes Mädel !                                                                 18.6.41     
  
Für Deine beiden Briefe vom 11. und 12. 6  13.6. danke ich Dir vielmals. Ich erhielt sie gestern Abend. Es war nicht meine Absicht, Dich etwa zu ärgern mit meiner Bemerkung wegen des Schießens, sondern ich wollte Dich nur auf den Arm nehmen. Ich sehe aber, daß ich dazu den falschen Zeitpunkt herausgesucht habe, denn wenn man krank ist, hat man nicht die  nötigen Spannkräfte.  Also darüber habe ich mich nicht geärgert. Die Pralinengeschichte habe ich so erledigt, daß ich nochmals welche gekauft habe. Diese sende ich Dir in den nächsten Tagen auch zu. Mit Deinem Brief sandtest Du mir auch den Abdruck Deines Fußes. Wie ich nun mit den Schuhen, die ich hier habe, vergleiche, passen Dir diese auch nicht. Diese sind zwar eine Nummer größer wie die, die ich Dir zuerst für Dich mit zugesandt habe. Ich glaube, daß ich diese nochmals umtauschen muß. Wie mir gesagt wurde, ist es Größe 4o. 
Daß Jörg solche Fortschritte in der Selbständigkeit macht, ist wirklich  schön. Es freut mich, wenn er sich ein bißchen anstrengt. Für ihn werden die wenigen Wochen der vollen Freiheit schnell genug vergehen, dann weht ein etwas anderer Wind. An den muß er sich schließlich auch gewöhnen, auch wenn er manchmal etwas stärker weht. Ich denke aber, daß er sich schon hineinfinden wird. Dann ist ja alles in Ordnung, wenn Du mich auf den mit gesandten Bildern erkannt hast. Es ist nur schade gewesen, daß der Amateur bei dem einen Bild unten Licht rein gelassen hat und daß das gewissermaßen nur ein Brustbild geworden ist. 
Die Sache mit Legler wegen meines Briefes ist doch ohne weiteres in Ordnung. Ich hatte ja auch keinen längeren Urlaub als drei Tage, denn die übrige Zeit war ich ja in Karlsruhe. In dieser Form, wie ich ihm geschrieben habe, glaube ich nicht zuviel gesagt zu haben, vor allem, weil ich die Frage der Zukunft offen gelassen habe.  Wegen den Gardinen werde ich sehen, was ich machen kann. Ebenso wegen den Socken für die Kinder. Was die Fotografie von den beiden Männern anbelangt, so kann ich Dir sagen, daß der Dicke auch bei mir, oder überhaupt bei uns immer als neureich angesehen wurde und sich auch immer entsprechend aufgeführt hat.
Der andere ist zwar der bessere von beiden, er ist aber auch so ein eigener Kopf. Bei uns ist hier auch wieder eine kleine Änderung eingetreten. Erstens auf dem Büro habe ich einen neuen Mann dazu bekommen, der uns als Schreiber zugeteilt worden ist. Dadurch ist diese Schreibangelegenheit endgültig für mich geregelt. Das ist ein junger Soldat mit 20 Jahren. Dafür kommt nun der Unteroffizier aus meinem Büro weg. Ich hatte immer so das Gefühl, daß hier eine Änderung kommen würde, denn gerade dieser Unteroffizier wollte sich mir nicht gern unterordnen, obwohl er genau wußte, daß er es muß. Ich habe ihm gegenüber auch nie den Vorgesetzten herausgestellt. Ich bin nun froh, daß ich das auf ein so gute Art und Weise habe regeln können. Weiter hat sich die "Antreten-Angelegenheit" geregelt. Ich brauche früh nicht mehr mit antreten, weil wir in unsere Wohnung gemeinsames Frühstück und Abendessen haben. Das Frühstück findet um 8 Uhr statt und das Abendessen um 19 Uhr. Da das Antreten schon früh 8 Uhr stattfindet, ist das im Einvernehmen mit dem Kommandanten zu meinen Gunsten geregelt worden.  Gestern war im Kino nicht „Der unsterbliche Walzer“ sondern „Kornblumenblau“. Ich habe schon manchen Schmarrn gesehen, aber so etwas selten. Aber ich habe schon zu dem Kameraden, der mit mir  dort war, gesagt, wir gehen nur aus Bosheit hinein. Es war nur gut, daß wir durch die Wochenschau entschädigt wurden. Außerdem war ich gestern noch ganz bei Euch in der Nähe. Es lief noch ein Kulturfilm „Dem Frühling entgegen“. Es war ein Film aus Baden. Es wurde darin gezeigt Heidelberg, Baden-Baden, Schwetzingen, Freiburg und zuletzt kam der Bodensee. Aber Konstanz ist nicht erwähnt worden. Dagegen Überlingen, Meersburg und noch schöne Bilder von der Mainau. Als ich die Bilder vom Hafen und von der Mole mit der Pappel sah, mußte ich an unsere Schwimmpartien denken, die wir immer im Sommer unternommen hatten bis in die Höhe dieser Mole mit der Pappel. Kannst Du Dich daran erinnern? Das war doch immer schön.  Das war gestern auf diese Weise ein feiner Abschluß des Tages. Es wäre mir zwar lieber, wenn ich alles in natura sehen könnte, aber in dieser Beziehung wird man ja bescheidener mit der Zeit.  Heute habe ich Dir wieder ausreichend berichtet, und ich will nunmehr schließen. Ich wünsche Dir recht baldige volle Genesung und hoffe, daß Du bald wieder auf dem Damm sein wirst. Es grüßt und küßt Dich recht herzlich Dein Ernst.

Meine liebe Frau!                                                   19.6.41

Für Dein Päckchen mit der Zahnbürste und der Zahnpasta sowie das Heft für Kurt Danke ich Dir sehr. Ich erhielt es gestern, dagegen bekam ich aber sonst keinen Brief. Das macht jedoch nichts aus, denn ich erhielt ja am Tage vorher zwei Briefe von Dir, die dann für zwei Tage ausreichen müssen.  Gestern war hier eine Art französischer Revue. Aber ich habe selten so etwas Flaues gesehen wie da.  Wenn ich an das Theater in Lille denke, so kann ich nur feststellen, daß dort ganz andere Sachen geboten werden. Man muß zwar berücksichtigen, daß wir eben doch in der Provinz wohnen. Weiter muß ich Dir noch eine bemerkenswerte Mitteilung machen. Bei meinem jetzigen Umzug bin  ich, wie ich Dir schon mitteilte, an dem Frühstücks und Abendtisch der übrigen Kameraden aufgenommen worden. Zum Frühstück haben wir ja unseren Kaffee, doch zum Abendessen gibt es nur Bier. Der Not gehorchend  muß ich jetzt dort mitmachen, denn ich habe sonst nichts zu trinken. Ich bin aber der festen Überzeugung, daß diese Angewohnheiten sich später wieder legen müssen, und ich glaube, daß das  schon aus wirtschaftlichen Gründen sich von selbst gibt.  Seit einigen Tagen hat hier sommerliches Wetter eingesetzt. Die Uniform wird einem jetzt wieder etwas lästig, und man hätte gern wieder einmal kurzen Wichs, doch solange man nicht zum Afrikacorps gehört, läßt sich das schlecht machen. Bis man sich wieder an das Kleben der Sachen gewöhnt hat, wird wohl wieder Winter sein. Gewiß, Opfer muß man eben bringen. Der Sommer hat auch sein Schönes, obwohl wir hier ja nicht viel davon merken. Ich bekomme zwar ab und zu ein paar Blumen auf den Tisch gestellt, und wie ich Dir kürzlich schon schrieb, haben wir etwas Grünes hinter dem Büro, und auch bei uns im Haus stehen ein paar Bäume. Aber es fehlt noch vieles, was man braucht, um das Gefühl zu haben, daß man daheim ist. Ich grüße und küsse Dich recht herzlich und hoffe, daß Du bald wieder ganz gesund bist. Ich bitte Dich dann aber, fahre an einem Sonntag oder an einem anderen Tag, wenn Helga keine Schule hat, ein Stück hinaus, damit Du etwas vom Sommer hast. Das wird sicher auch zu Deiner völligen Genesung mit beitragen. Nochmals recht herzliche Grüße und Küsse sendet Dir und den Kindern Dein Ernst.

Brief 140 vom 16./17.6.1941


Meine liebe Frau !                                                                                                    16.6.41      

Ich habe Deinen lieben Brief vom 9.6. erhalten und danke Dir recht sehr. Von Deiner langsamen Gesundung habe ich wieder Kenntnis genommen und freue mich, daß es wieder  mit Dir vorwärts geht. Über einen Satz in Deinem Brief habe ich lachen müssen. Du hast Dir so eine kleine Stilblüte erlaubt. Du schriebst : “Wenn ich wieder ganz hergestellt bin, werde ich nachher Erde über den Mist machen“. Jetzt weiß ich nicht ganz genau, ob Du damit Deine Krankheit meinst oder den, der im Garten liegt. Ich nehme aber an, daß das letztere der Fall sein wird.  Am Samstag bin ich nun umgezogen und habe mich so schlecht und recht dort eingerichtet. Bis jetzt habe ich mich zwar ziemlich verschlechtert, doch man muß sich der Lage anpassen. Unser Haus in Lille war dann schon bedeutend besser eingerichtet. Mein bisheriges Zimmer hier war wohl ziemlich einfach, doch hier muß man alles erst beschaffen, um es  einigermaßen wohnlich zu gestalten. Ich denke aber, daß ich es mit der Zeit doch soweit bringen werde. Die Einrichtung durch die Leute, die ich damit beauftragt hatte, geht eben langsam vonstatten. Wenn dann der eine Kamerad wieder von hier abkommandiert wird, bekomme ich dann sein Zimmer, das dann besser ist. Zwar muß ich dann verschiedenes rauswerfen, damit es etwas wohnlicher wird. Wenn ich noch so eine Weile solche Umzüge mitmache, werde ich mit der Zeit schon genug Routine herausbekommen. Die Kameraden, die mit im Haus wohnen, waren zwar nicht anwesend und auch am Abend nicht, ich habe dann meinen Umzug mit Kameraden gefeiert, die bei mir auf dem Büro sind. Anschließend bin ich dann mit unserem Fahrer heimgegangen. Er wohnt schon einige Tage länger dort, er hat dann auch noch für weiteren Stoff gesorgt. Wir haben dann noch zu zweit jeder eine Flasche Sekt ausgetrunken, das hat dann gelangt bis die anderen drei heimkamen. Das war mein Umzug. Bei dieser Angelegenheit konnte man es auch gar nicht anders machen, Damit man am ersten Abend nicht gleich so merkt, wie man sich verschlechtert hat.  Helgas Wunsch werde ich erfüllen und ihr in den nächsten Tagen wieder schreiben.  Der Kameradschaftsabend soll wahrscheinlich heute steigen, Viel Lust habe ich nicht dazu; vor allem, weil heute wieder Kino ist und mich der Film interessiert. „Das Herz der Königin.“ Ich muß einmal zusehen, wie ich die zwei Sachen auf einen Nenner bringe. Das Wetter ist gegenwärtig wieder in Ordnung. Schön sonnig und nicht zu warm, so daß man es aushalten kann.  Zum Schluß grüße und küsse ich Dich recht herzlich. Ich bitte Dich wiederum, unseren beiden Trabanten einen herzlichen Kuß mit abzugeben. Ich wünsche  Dir heute recht sehr  volle Genesung. Dein Ernst

Meine liebe  Annie  !                                                                                                               17.6.41

Unseren Kameradschaftsabend  haben wir hinter uns, der aus Anlaß und in Erinnerung an die einjährige Anwesenheit gefeiert wurde.  Es ist in gemessenem Rahmen begangen worden und nicht so, wie es hier schon früher teilweise begangen worden ist. Was da für Kerle dabei sind, möchte ich Dir an folgendem Beispiel schildern. Ein Kamerad, der mit auf meinem Büro ist, hat anläßlich eines Kameradschaftsabends unserem Hauptmann folgende schlagfertige Antwort gegeben, die ihm zu einer Gegenfrage keine Gelegenheit mehr bot.  Der betreffende Kamerad war wenige Wochen vor jenem bewußten Abend vom Hauptmann vom Schützen zum Gefreiten befördert worden.  Am Kameradschaftsabend führte nun dieser Gefreite ziemlich laute Reden, so daß es der Hauptmann für gegeben ansah, ihn nach hause zu schicken. Diesem Befehl kam er aber nicht nach. Auch den weiteren Befehlen leistete er keine Folge. Daraufhin sagte der Hauptmann zu ihm: „Sie, Gefreiter wer hat sie eigentlich zum Gefreiten befördert, den Mann möchte ich auch einmal kennen lernen.“ Darauf antwortete der Gefreite: „Das muß ein großes Rindvieh gewesen sein, der das gemacht hat.“ Gefolgt ist an dem betreffenden Abend nichts weiter als ein Gelächter, später aber kam auch nichts mehr nach. In das Kino bin ich gestern nicht gekommen, weil mich die anderen gebeten hatten, Mannschaftsdienst zu machen. Dafür gehe ich aber heute in das Kino. Es wird „Der unsterbliche Walzer“ gespielt, der auch sehr schön sein soll.   Von den Eltern bekam ich eine Postkarte, als Antwort auf meinen letzten Brief. Von Dir ging der Brief vom 10.6. ein. Da brauchst Du Dir keine Gedanken weiter machen, wenn Du mir schreiben mußt, daß Du noch nicht ganz gesund bist. Im Gegenteil, mir ist es lieber, wenn ich immer auf dem Laufenden bin, wie es Dir geht.  Wenn das aber noch länger gehen sollte, würde ich Dir doch raten, einen Arzt dabei zu Rate zu ziehen. Du siehst selbst, wenn Du versuchst, im Garten zu schaffen, daß Dir das schwer fällt und Dich sehr anstrengt. Das Ovomaltine verwende nur für Dich, denn es wird Dir nichts schaden, wenn Du das als Kräftigung verwendest.  Gestern habe ich für Dich ein Paar neue Schuhe erstanden.  Es ist genau das gleiche Muster, das ich schon einmal geschickt habe. Es ist eine Nummer größer und in anderer Farbe. Wenn auch die noch zu klein sein sollten, dann muß Du zusehen, daß Du sie vielleicht noch etwas ausdehnen läßt. Vielleicht geht es auch so.  Ich hoffe, daß sie Dir dann passen werden. Der Preis ist wieder der gleiche. Wenn Du sie nicht gebrauchen kannst, stelle ich es Dir frei, sie weiter zu verkaufen. Du kannst ja dann noch etwas draufschlagen. Doch das kannst Du ja selbst sehen. Ich habe hier noch vier Paar schwarze Socken zu meinen Halbschuhen gekauft. Es läuft alles ins Geld, doch bis jetzt habe ich immer noch alles bezahlen können. Diesmal schicke ich unfrankiert, denn ich habe hier keine Marken, und Du kannst das ja dort zum gleichen Preis erledigen. Ich grüße und küsse Dich recht herzlich Dein Ernst.


Dienstag, 14. Juni 2016

Brief 139 vom 14.6.1941


Meine liebe kleine Annie !                                                                      14.6.41     

Recht vielen und herzlichen Dank für Deine beiden Briefe vom 7. und 8. 6 Leider muß ich immer noch lesen, daß Du mit Deinem Katarrh sehr zu tun hast. Der Gesundungsprozess geht langsam vonstatten, und du mußt schon sehr viel Geduld aufbringen, damit Du wieder ganz in Ordnung kommst. Nimm Du Dich nur in acht und schone Dich.  Kurt hatte mir ja auch geschrieben und wieder Antwort bekommen. Wenn Du nicht gesund bist, ist es besser, wenn Du nicht  so viel schreibst. Die Eltern haben von mir auch wieder Nachricht bekommen.
Ich glaube, das macht Freude, wenn an dem selbstgezogenen Stachelbeerbäumchen nun schon einige Beeren sind.  Bei Kindern ist das einmal so, daß sie allein noch nicht die Ausdauer haben, selbständig und ausdauernd im Garten zu schaffen.  Wenn jemand dabei ist, geht das schon eher. Als ich von der Abtrocknungsgeschichte las, die Du mir mitteiltest, mußte ich an meine eigene Kindheit denken. Wir haben es auch nie gern getan, und wir haben deshalb auch immer Streit gehabt, wer abtrocknen muß. Mit einigem Gemaule haben wir es dann doch getan, aber mit Widerwillen. Hauptsache war aber, daß wir es gemacht haben. Auch Schuhe putzen war nicht meine Stärke, doch das brauche ich ja nicht besonders bestätigen, das weißt du noch aus eigener Anschauung. Aber das läßt sich nicht ändern, diese Arbeit muß gemacht werden. Im übrigen müssen sie sich an die Arbeit gewöhnen. Daß Helga keinen Kuchen mehr essen will, mutet mich komisch an. Wieso kommt dann das. Schokolade habe ich nochmals welche gekauft und auch einige Pralinen. Für Vater etwas Tabak und Zigarren. Wenn er nach dem Preis fragen sollte, und wenn er ihn bezahlen will, kannst Du ihm sagen, daß der Tabak wohl teuer sei.  Es sind 3 Päckchen und kosten 2,70, die Zigarren 3,50 RM. Die Kameraden sagen aber, denn ich kann es nicht beurteilen, daß die Sachen gut sein sollen. Die Pralinen schicke ich auch demnächst mit ab. Es sind wieder besondere Sachen dabei, die Euch sicher schmecken werden.  Unser Kameradschaftsabend wird wahrscheinlich erst Anfang nächster Woche steigen. Ebenso ist für unser neues Heim für Kameraden Donnerstag eine kleine Feier im engen Kreis vorgesehen. Ich selbst will zusehen, daß ich heute nun einziehen kann. Nach echt französischem Muster wird alles hinausgeschoben.  Wenn man sich nicht überall dahinter stellt, kommt es nicht zum Klappen. Die Leute haben eben viel mehr Zeit wie wir. Ich habe das gestern wieder gut beobachten können. Ich war beim Friseur.  Bei uns in Deutschland war ich auch in Karlsruhe bei einem Friseur, der hatte mich innerhalb von 5 - 7 Minuten fertig gemacht. Dafür war ich dann auch gleich 90 Pfennige los. Hier macht man das mit der Ruhe und mit Ausdauer. Da wird man gefragt, wollen sie mit der Schere oder mit der Maschine geschnitten haben. Die Maschine wird zwar auch mit der Hand betrieben, doch das verlangt nicht so viel Fertigkeit und Geschick. Ich sage zu ihm, daß mir das gleich sei. Er legt nun seine ganze Standesehre rein, fängt an mit der Schere zu schneiden. Immer, wenn er ein Stückchen weiter gekommen ist, sieht er es sich von der Seite an, rückt meinen Kopf gegen den Spiegel zu zurecht und fragt mit einer bewunderungswürdigen Ruhe „Ist es so recht“ oder „gut“.
Wenn er dann weiter macht, lobt er seine Arbeit und fügt erklärend  hinzu „Das ist weder lang noch kurz“. Kommt er auf die andere Seite, fängt das ganze wieder von vorne an. Anschließend läßt man sich den Kopf waschen. Da ist es notwendig, daß er da aufklärend wirkt und sagt: „das ist Shampoon“, „gut“ Wieder geht es mit der gleichen Ausdauer los. Erst schön eingeseift, durchmassiert, Wasser hinzu, durchgewaschen und dann gespült. Das vollzieht sich mit einer Selbstverständlichkeit, die ist bewunderungswert. Das Abtrocknen vollzieht sich auch mit einem bestimmten Ritus. Dann fragt er, ob man Massage, Parfüm oder sonst was haben will. Doch damit nicht genug. Mit dem Rasieren würde er die ganze Litanei wieder von Anfang machen. Doch dazu lasse ich es nicht kommen. Das ganze Haarschneiden mit Kopfwaschen kostet dann 60 Pfennig. Da hat man doch etwas für sein Geld, und dafür kann man so eine halbe bis dreiviertel Stunde sitzen. Mit Geduld muß man sich da wappnen und die Nerven darf man dabei nicht verlieren, denn sonst ist man gleich verloren. Das habe ich Dir wieder einmal ausführlich geschildert.  Als ich vorgestern in Lille war, hat ein Kamerad meinen Drehbleistift mit den 5 Farben gesehen. Er hat mich darum gebeten, ihm auch einen zu beschaffen. Du kannst einmal zusehen, ob Du ihn in Konstanz bekommst. Soviel ich weiß, habe ich ihn auf der Marktstätte neben dem Zigarrengeschäft Haisch schon gesehen. Er kostet etwa 3,50 RM. Dazu möchte ich noch einen Satz Ersatzminen haben. Denke bitte einmal daran.
Recht herzliche Grüße und Küsse sende ich Dir heute und bitte Dich wieder, schone Dich und sieh Dich vor. Völlige Besserung wünscht Dir heute  wiederum Dein Ernst

Samstag, 11. Juni 2016

Brief 138 vom 11./13.6.1941


Meine liebe kleine Annie !                                                                              11.6.41     

Gestern habe ich auch wieder vergeblich auf einen Brief von Dir gewartet, doch wie ich Dir in meinem letzten Brief geschildert habe, ist das auf die veränderten Beförderungsverhältnisse zurückzuführen.  Zu berichten hätte ich heute eigentlich nicht viel, denn der Dienst geht hier den allgemeinen Lauf. Am Vormittag Publikumsverkehr und Schriftwechsel, und am Nachmittag ebenfalls wieder Schriftwechsel ohne Publikum.  So besteht ein gewisses Gleichmaß der täglichen Arbeit, das den Tag vorschreibt und einteilt. Die Abwechslung selbst liegt dann in den einzelnen Fällen, und der läßt ja nicht auf sich warten.  Das ist auch das, was den Geist wach hält und immer wieder neu anspannt.
Dieser Tage war ein Kriegsverwaltungsrat bei uns, der kam von der Feldkommandantur und hat mir verschiedentlich in meinen Kram reinpfuschen wollen, dem habe ich aber geholfen.
Wenn es nach dem gegangen wäre, hätte er alles genehmigt, und ich wäre beim Assessor in Teufels Küche gekommen. Sich in jeden neuen Fall hineindenken und immer wieder die Ursache sichten und ergründen, das ist das, was den Geist rege und wach hält.
Auffallend ist hier der Bettel durch Kinder. Hier ist eine Kaserne von Landesschützen.
Von dieser Kaserne wird mittags immer Essen abgegeben. Das hat sich schon so eingebürgert, daß die Leute, meist Kinder, auch zu den übrigen Tageszeiten dort erscheinen. Meine bisherige Wohnung liegt nur wenige Meter von dieser Kaserne entfernt, so daß ich das immer ganz gut beobachten kann. Wenn sich nun irgendein Soldat in der Nähe sehen läßt, wird er entweder nach Brot oder Geld angehauen.  Dieser Geldbettel wird selbstverständlich von den Eltern unterstützt. Dieser Tage mußte ich feststellen, daß Verschiedene auf eine neue Tour gekommen sind. So machte dieser Tage ein kleineres Mädchen halt „Nimm Haltung an“ und grüßte nach deutscher Art. Ich mußte erst lachen, weil ich dies ja auch von unseren deutschen Kindern kenne. Als ich aber lachte, sagte sie gleich  "un Franc"  das ist ihr Kriegsgeschrei. Die Folgen des verlorenen Kriegs mögen diese Verhältnisse, die schon früher auch bestanden haben, noch weiter verschärft haben.  
Am Montag und gestern habe ich das Kino besucht. Am Montag hat es einen Film gegeben, bei dem man am Ende des Films genau so viel gewußt hat wie am Anfang. Der Film von gestern war dagegen bedeutend besser. Es war zwar auch keine große Sache, aber man ging schon befriedigter heim.  Heute ist wieder ein wichtiger Tag. Zahltag. Die Dekade ist vorbei und wir werden wieder einmal Geld empfangen.
Herzlich grüßt und küßt Dich Dein Ernst

Meine liebe Annie !                                                                                                 13.6.41

Gestern bin ich nicht Dazu gekommen, Dir zu schreiben, denn ich bin schon vormittags gegen 8 Uhr hier weggefahren mit dem Zug nach Lille. Ich hatte verschiedene Dienstaufträge zu erledigen. Ich hatte ziemliche Lauferei, doch zu den verschiedenen Besuchen hat es dann am Nachmittag noch gelangt. Erst war ich bei Graser, und zum Mittagessen im Café. Obwohl ich mich nicht angemeldet hatte und gerade erst zum Mittagessen eintraf, bekam ich doch noch ein schönes Essen. Das war wieder einmal ein Lichtblick nach unserer jetzigen Verpflegung. Es ist eben doch etwas anderes als das dauernde Einerlei. Die Buchhandlung habe ich auch aufgesucht und habe nach den beiden Sachen gefragt von Busch. Die eine hatte es nicht da, und in die andere Buchhandlung bin ich nicht mehr hingekommen. Ich werde an einem der kommenden Sonntage wieder 2 x fahren und in der anderen Buchhandlung nachfragen. Es gab wohl einige Sachen von Busch, so unter anderem Skizzen von ihm. Das sind wirklich schöne Sachen. Der Preis mit 4,80 RM ist aber im Verhältnis zu hoch. Später kann man sich dies vielleicht einmal zulegen. Ich werde aber demnächst in dem anderen Geschäft noch einen Versuch machen.  Deine beiden Briefe vom 5. und 6.6. bekam ich vorgestern Abend überreicht.
Ich Danke Dir vielmals Dafür. Leider muß ich immer noch lesen, daß es mit Dir noch nicht wesentlich besser geht. Lasse es nur in Ruhe ausheilen und brich nur nichts übers Knie. Die Amaryllis macht Dir scheinbar sehr viel Spaß. Das freut mich selbstverständlich auch. Mit dem Schulranzen ist es ja nun in Ordnung und wenn er gut gemacht ist, finde ich den Preis für die Reparatur nicht gerade hoch. Nun dient er noch unseren Kindern, nachdem ich ihn die ganze Schulzeit getragen habe, und Kurt ihn auch noch eine Reihe von Jahren benutzt hat. Hier war es also ganz gut, wenn man etwas aufgehoben hat.  Mit der Angelegenheit wegen Nannie kann ich Deinen Standpunkt wohl verstehen.
Ich habe mir Dabei in Bezug auf Deine Einwendung  vorher keine großen Gedanken gemacht. Du hast es, als meine Frau, nicht nötig, anderen Leuten, selbst meinen Verwandten, nachzulaufen. Ich billige Deinen Standpunkt durchaus. Ich bitte Dich aber, wenn sie zu Dir kommen sollte, erst einmal zu sehen, wie sie sich Dir gegenüber verhält.
Nicht daß man das Kind mit dem Bade ausschüttet. Je nach ihrem Verhalten kannst Du Dich dann auch anstellen. Wir müssen ja nicht mit unseren Verwandten zusammenleben und wir beide sind die Jahre vorher auch miteinander ausgekommen, so daß ich keine Veranlassung sehe, wegen dieser Angelegenheit hier einen Stein des Anstoßes zu schaffen.
Scheinbar macht sich, nach Deiner Schilderung, unser Junge jetzt an das Basteln heran.
Das kann bestimmt nichts schaden, wenn er seinen Geist beschäftigt und wenn er etwas Geschick dafür zeigt, soll er es ruhig machen. Bei uns hatten wir früher wenig Gelegenheit gehabt, etwas zu machen, weil unser Vater so kleinlich war mit seinem Werkzeug. Du kannst Dir das ja vorstellen, wie es da gewesen ist.
Recht herzliche Grüße und Küsse sende ich Dir und unseren Kindern Dein Ernst
Recht baldige und gute Besserung wünsche ich Dir auch noch.

Freitag, 10. Juni 2016

Brief 137 vom 9./10.6.1941


Mein liebes Mädel !                                                                                          9.6.41     

Zum Sonntag bekam ich Deine beiden lieben Brief vom 3. und 4.6., für die ich Dir herzlich Danke. Die Feiertage seid Ihr zuhause gewesen. Das ist bei Deinem Zustand auch das Beste, wenn Du daheim geblieben bist. Hier ist es zwar nicht so schlecht mit dem Verkehr, aber in Lille staute sich der Verkehr nur in den wenigen großen Straßen, und auf dem großen Platz, sonst herrschte aber allgemeines Straßenleben. Die Entwicklung in unserem Garten geht ja nach Deiner Schilderung gut vorwärts.
Ja und Vater hat seine Feiertage wie üblich mit Backen verbracht. Das „ein bißchen dunkel geworden“ gehört dann auch dazu, an diesem Programm ändert sich nichts. Ich kann mich noch gut entsinnen, wie wir mit Kurt die Pfingstfahrt gemacht hatten, und als wir heimkamen, hatte er sich einen Streuselkuchen von der bekannten Art gebacken.  Erst brummte er uns an, und nachdem wir das Mittagessen verdrückt hatten, legte er uns von dem bewußten Kuchen vor. Ich glaube, mit dem hat er immer Pech.  Die Angelegenheit mit der Stadt ist ja für mich ziemlich klar. Ich freue mich, daß Du mein Schreiben gutheißt. Der Brief von Alice ist, entgegen den früheren, ziemlich ausführlich, und wenn man so sagen soll, persönlich. Jedenfalls ist er einmal anders und nicht so nichtssagend.  wie das früher der Fall war. Wenn Du sonst keine Wünsche für die beiden Scheiche hast, dann kann sie ja, wenn sie unbedingt will, etwas für den Schulanfang auf das Sparbuch tun. Das überlasse ich aber Dir, was Du da machen willst.  Die Pralinen sind also schon verdrückt. Habt Ihr da kein Bauchweh bekommen, wenn Ihr die so bald vertilgt habt. Wenn sie auch geschmeckt haben, soll es mir recht sein. Ich weiß ja auch, daß Ihr lange Zeit keine guten mehr bekommen habt. Die Sache mit dem Schulranzen hat sich nun auch geklärt. Wenn Jörg den von Helga bekommt, wird sie sich dafür freuen, das kann ich mir ohne weiteres denken. Man kann einem Kind mit einer Sache, die für uns Erwachsene manchmal belanglos erscheint, eine große Freude bereiten. Umgekehrt ist es auch manchmal so, daß man denkt, daß etwas gekauftes besser sei, als irgendetwas Kleines oder  Selbstgefertigtes.  Salat gibt es bei uns schon seit einiger Zeit zum Essen, nur nicht wie daheim mit Zucker. Man ißt ihn letzten Endes auch so, wenn man sich daran gewöhnt hat. Meine Absicht ist es zwar nicht, ihn sich zu entwöhnen.  Die von den Eltern geschickten 5,-RM hebe nur auf, und ich rate Dir, nimm sie und gehe an einem der kommenden Sonntage entweder über den See oder sonst ein Stückchen hinaus, wenn Du wieder ganz gesund bist. Dies schon mit Rücksicht darauf, daß Ihr über Pfingsten daheim geblieben seid. Dir wird das auch einmal gut tun, Dich auf diese Weise zu entspannen und abzulenken.  Nimm wieder viele herzliche Grüße und Küsse entgegen  von Deinem Ernst


Meine liebe Frau !                                                                                               10.6.41

Am Anfang steht immer die Frage des Posteingangs, die heute wieder mit „nichts“ zu beantworten ist. Der unregelmäßige Eingang rührt jetzt daher, daß unsere Post nur noch mit den übrigen Postzügen weitergeleitet wird und nicht wie die vorhergehende Zeit, durch die Sonderzüge der Wehrmacht, an die immer Postwagen angehängt waren. Unsere Post wird wohl bevorzugt befördert, doch bei den verschiedenen Umladungen ergeben sich gewisse Stauungen, die sich nicht immer vermeiden lassen.  Aus Anlaß der Wiederkehr des Jahrestags des Einrückens der Kommandantur soll hier am Samstag ein Kameradschaftsabend abgehalten werden. Es wurde nun der Befehl herausgegeben, daß jeder etwas machen soll. Ich habe mich nun mit den Kameraden in unserer Abteilung zusammengesetzt. Wir haben uns ein politisch-satirisches Stück zusammengesetzt, das wahrscheinlich einen ganz guten Erfolg haben wird. Wie wir so beim Herumhorchen festgestellt haben, wollen die anderen kneifen. Es ist aber meist so, die meiste Zeit haben die Kerle ein großes Maul, wenn es aber einmal darauf ankommt, etwas zu machen, was außer der Reihe des täglichen liegt, dann fehlt der Schneid.
Heute wird nun der Umzug in das neue Heim steigen, und wie mir die anderen gesagt haben, soll es ganz in Ordnung sein. Ich bin noch nicht wieder hingekommen. Ich werde mich eben überraschen lassen.  Dieser Tage komme ich wieder dienstlich nach Lille, da werde ich wie üblich bei Graser einkehren. Seit Sonntag herrscht hier regnerisches Wetter, es ist wohl ziemlich warm dazu, was für das Wachstum sehr nützlich ist. Weiteres hätte ich heute nicht zu berichten. Wenn es Dich noch interessiert, so kann ich Dir noch mitteilen, daß der Streik nun fast wieder aufgehört hat. Von den verschiedenen Gruppen in unsrem Bezirk werden noch zwei richtig bestreikt. Die werden, dank dem kräftigen Zupacken, auch noch beigeben.  Ich sende Dir recht viele Grüße und Küsse. Unseren Kindern richte viele Grüße aus und sage ihnen, sie sollen sich nur brav halten, damit Du Dich nicht so ärgern und anstrengen mußt. Gib jedem einen herzlichen Kuß in meiner Vertretung.
Du selbst nimm speziell viele  Grüße und Küsse entgegen von Deinem Ernst

Dienstag, 7. Juni 2016

Brief 136 vom 7./8.6.1941


Meine liebe Annie!                                                                                         7.6.41      

Ich danke Dir vielmals für Deinen lieben Brief vom 2.6. Weiterhin bekam ich von Kurt einen Brief, der zwar nicht sehr inhaltsreich aber ganz nett gehalten war. Doch nun zuerst zu Deinem Brief. Nach Deinem Schreiben muß es Dich diesmal aber richtig gepackt haben. Aus Deinen anderen Mitteilungen konnte ich es nicht so richtig ersehen, vor allem aus den ersten Mitteilungen. Nach und nach sickert es aber doch so langsam durch, und ich muß feststellen, daß es schlimmer war als man aus Deinen anfänglichen Feststellungen vermuten konnte. Das ist ja schön von Vater, daß er sich so um Dich angenommen hat. Ich bitte Dich, ihm meinen besten Dank auszusprechen für seine Mühe. Das, was er sich mit seinem Garten geleistet hat, ist ja wieder typisch, aber man muß ihn dabei lassen, er würde ja sonst nicht zufrieden sein.  Das Herausschneiden der Brombeeren hat ja keinen Zweck, denn die Wildlinge, die Wurzel geschlagen haben, muß man ausgraben oder heraus hauen. Über unser Pfingstwetter habe ich Dir schon geschrieben, es fällt mir ein, daß ich Dir nicht mitgeteilt habe, daß ich nicht in das Theater gekommen bin, das kam aber daher, daß Graser unterwegs war und nicht die Möglichkeit hatte, mir eine Karte zu besorgen. Vielleicht ein andermal.  Wenn Jörg sich auf das fotografieren von Segelfliegern gelegt hat, so ist er ja fein heraus, wenn er so viel Unterlagen dafür hat. Man sieht doch auch hierbei wieder, daß das meist selbsterfundene Spielzeug viel mehr Spaß macht, wie manches gekaufte. Insoweit es irgend möglich ist, ziehe nur die Kinder mit zu den Gartenarbeiten heran. Ich glaube auch, daß das keine großen Schwierigkeiten macht, denn sie sind ja sehr willig.  Gestern habe ich meinen Zahn fertig machen lassen. Nachdem sich nichts mehr gezeigt hat und keine Schwierigkeiten trotz des festen provisorischen Verschlusses eingestellt haben, hat er ihn jetzt gefüllt. Nun wird es sich zeigen, wie lange die Geschichte jetzt geht.
Das Vergnügen hat 4,50 RM gekostet. Das exakte Arbeiten, wie ich es von Beck gewohnt bin, ist es zwar nicht, aber wenn er hält, soll es auch gut sein. Heute habe ich Dir einige Bilder beigefügt, die gemacht worden sind, als wir auf der Vimy-Höhe und auf der Lorettohöhe waren. Sie sind zwar nicht überragend, aber als Erinnerungsstücke gehen sie schon. Zur Erläuterung will ich noch hinzufügen, der mit den langen Hosen bin ich.  Von einem evtl. bevorstehenden Umzug habe ich Dir gestern schon angedeutet.
Diese Angelegenheit hat sich nun insoweit verdichtet, daß ich den Befehl bekommen habe, mit den anderen Kameraden zusammenzuziehen. Ich habe mir die Wohnung angesehen.
Es ist ein ordentliches Haus. Wir wären 4 Kameraden, evtl. kommt noch ein Fahrer mit. Mein Zimmer ist zwar nicht überragend groß, doch es ist ja nur zum Schlafen bestimmt, da genügt es. Die übrigen Räume befinden sich im Erdgeschoß und dienen für uns zum Aufhalten. Auch die anderen Kameraden schlafen im ersten Stock. Bis zum Dienstag soll die Einrichtung soweit fertig sein, so daß dann umgezogen werden kann. Das eine Zimmer unseres Oberinspektors soll ich dann später bekommen, weil dieser Mann nur vorübergehend hier bleibt und dann wahrscheinlich woanders hinkommt.
Dieses Zimmer ist ziemlich größer und heller. Ich hätte noch mit zu unsren Mannschaften ziehen können und hatte dann die Wahl mit dem Zimmer unseres Sonderführers gehabt. Das ist aber, wie ich finde, nicht so günstig. Ich habe mich deshalb auch dazu entschlossen. Mit der Arbeit geht es so einigermaßen. Am Anfang war ich noch nicht so drin.
Jetzt habe ich mir so verschiedenes herangeholt und habe im Großen und Ganzen ziemlich freie Hand. Dadurch, daß ich mir so verschiedene Arbeitsgebiete habe zukommen lassen, wird es auch interessanter. Jetzt habe ich verschiedene Transporte von Flüchtlingssachen gehabt, dann verschiedene Unterstützungssachen, und zwar regelrechte Fürsorgefälle. Das ist ja mein Gebiet. Auch Familienunterstützungsfälle für einberufene Deutsche, deren Angehörige sich noch hier befinden. Es ist dann sehr geschickt, wenn man da etwas Bescheid weiß. Alles, was ich da gemacht und vorgeschlagen habe, ist auch anstandslos genehmigt worden. Aber abgesehen davon kommt viel anderes vor, mit dem man früher nichts zu tun hatte, und das ist dann immer wieder eine Befriedigung, wenn man so einen Fall durchgepaukt hat. Nimm recht herzliche Grüße und Küsse entgegen und bleibe gesund bzw. werde es wieder. Dies wünscht Dir von ganzem Herzen Dein Ernst

Mein liebes kleines Mädel !                                                                             8.6.41

Heute ist bedecktes, regnerisches Wetter, da habe ich mit Briefschreibetag angesetzt.
An Kurt, Nannie und Legler habe ich heute geantwortet. Die entsprechenden Briefe und meine Antworten dazu lege ich Dir zur Kenntnisnahme bei. Jetzt bin ich ziemlich wieder auf dem Laufenden. Ich habe es nicht gern, wenn ich noch unbeantwortete Briefe hier liegen habe. Post ist von Dir gestern nicht eingegangen. Ich bin dafür die vergangenen Tage nicht zu kurz weggekommen, so daß ich Damit zufrieden sein muß. Es wird sich schon wieder etwas einstellen. Ich hoffe nur, daß Du wieder ganz gesund bist, und ich bitte Dich wiederum, halte Dich gut.  Schuhe hätte ich dieser Tage für Dich bekommen können, doch die hatten so Kreppgummisohle, und die halte ich nicht für praktisch.
Es war ein sehr schickes Modell. Ich glaube aber, daß ich auch etwas anderes noch bekommen kann. Die Preislage ist aber fast die gleiche. Da fällt mir noch etwas anderes ein. Ich habe mich zwar noch nicht erkundigt, aber es sind hier verschiedene Gardinengeschäfte.
Ich weiß nicht, ob es diese Sachen ohne Schein gibt, das läßt sich aber sicher auch so machen. Es gibt also Gardinen und Stores. Du kannst mir ja einmal Vorschläge machen und mir die entsprechende Größe angeben. Ich erkundige mich dann, wie man die am günstigsten beschafft. Wie waren denn eigentlich die hellen Socken, die ich letztes Jahr den Kindern mitgeschickt hatte. Lassen sich die gut tragen. Wenn ja, dann gib mir Bescheid, dann würde ich nochmals welche erstehen, wenn Du welche brauchen kannst.  Als ich hier beim Zahnarzt war, habe ich mir alle Zähne nochmals nachsehen lassen, ob vielleicht irgendwelche Defekte vorhanden sind. Er hat aber nichts finden können.
Er sagte aber noch, daß man es in Deutschland viel bessere im Allgemeinen hätte, wie in Frankreich. Auch zu meinen sagte er, daß sie sehr hart und fest sind.  Was hier die Streiklage anbelangt, so hat nach anfänglicher kommunistischer Propaganda die Bewegung abgeflaut, nachdem man einen Teil der Rädelsführer hinter Schloß und Riegel gesetzt hat. Wie ich schon schrieb, ist es bedauerlich, daß sich Frauen an den Zusammenrottungen beteiligen. Die sind dann aber Tatsächlich noch schlimmer wie die Männer.  Ich bin heute Vormittag im Büro und habe jetzt meine Post fertiggemacht.  Trotz des trüben und teilweise regnerischen Wetters singt mit viel Eifer und Kunst eine Gartengrasmücke, daß es nur so eine Freude ist, ihr zuzuhören. Ich kann hier gerade beobachten, wie einer Kartoffeln und Bohnen gepflanzt hat. Die Kartoffeln sind schon so weit, daß sie beim nächsten sonnigen Tag wahrscheinlich anfangen mit blühen. Es sind zwar frühe, aber immerhin. Die Buschbohnen sind etwa 15 cm hoch und machen sich ganz gut. Wenn ich das sehe, muß ich immer an unsren Garten denken.  Ich sende Dir und den anderen recht viele und recht herzliche Grüße und Küsse.
Ich bitte Dich nochmals, Dich zu schonen, Damit Du wieder voll zu Kräften kommst. Es grüßt und küßt Dich mit den beste n Wünschen zur vollen Genesung Dein Ernst. 

Brief 135 vom 5./6.6.1941


Meine liebe Tapfere Frau!                                                                             5.6.41     

Aus Deinem Brief vom 28.5. ersehe ich, daß es Dir so einigermaßen wieder gut geht, doch machst Du Dir selbst Vorwürfe, daß es noch nicht so geht wie Du willst. Das muß Du Dir abgewöhnen, zu denken, als ob das ein Zeichen von Faulheit sei, wenn man nach so einem Schwächezustand nicht so kann wie man gern möchte.  Ich kann gegenwärtig nichts anderes tun, als Dich zu bitten, daß Du Dich schonen sollst. Ich habe dir gestern schon geschrieben, daß es doch nicht so genau darauf ankommt und daß Du das alles wieder in Ordnung bringen kannst, wenn Du wieder vollkommen auf der Höhe bist.
Ich will darum nur nochmals wiederholen, halte Dich gut und fang nicht zu zeitig mit arbeiten an, denn wenn es einen Rückschlag gibt, ist es meist schlimmer, also sieh Dich bitte vor. 
Wie ich aus Deinem Schreiben ersehe, herrscht bei Euch scheinbar sehr fruchtbares Wetter. Wenn dann alles wächst hat man ja so Spaß an allem, was man selbst geschafft und gebaut hat. Der Regen, der nachts kommt ist ja genau so gut wie der vom Tage. Wenn dann dafür am Tage die Sonne scheint, ist man ja zufrieden.
Ich war gestern Abend hier wieder im Stadtpark mit einem Kameraden. Wir haben uns die blühenden und verblühenden Bäume angesehen. Der Goldregen sowie der  Rot- und Weißdorn  sind nun ziemlich fertig. Dagegen prangen die Kastanien, die roten wie die weißen mit ihren Kerzen, der Schneeball prahlt mit seinen weißen schönen Ballen. Blutbuchen und Blutahorn geben mit ihren schönen roten Blättern im allgemeinen Grün die wirkungsvolle Abwechslung. Einige Kiefern, Lärchen und andere Nadelhölzer erscheinen als schöner Rahmen zu diesem bunten Bild. So ein kleiner Spaziergang am Abend ist eben immer ganz nett, vor allem, wenn er so groß ist, wie es gestern der Fall war. Fast schien es so, als ob es zu einem Gewitter kommen wollte, doch es hat sich dann doch noch verzogen.  Was Deine Frage wegen der Wilhelm-Busch-Sachen anbelangt, so will ich sehen, ob ich die hier bekomme. Ich muß dieser Tage sowieso nach Lille hinüber und dabei will ich zusehen, ob ich diese Wünsche erfüllen kann.
Wenn es nicht möglich ist, werde ich Dir Bescheid geben.  Die mir gesandten Bilder werde ich Dir wieder mit zugehen lassen, weil Du sie Nannie besser übergeben kannst, wenn sie hinkommt, denn in ihrem Schreiben glaube ich zu entnehmen, daß sie in den nächsten Tagen dort eintreffen soll. Das  eine Bild von mir habe ich hier zurückbehalten. Dir und den Kindern sendet viele herzliche Grüße und Küsse Dein Ernst.

Meine liebe Frau!                                                                                           6.6.41

Für Deine 3 Briefe vom 29.,30. und 31.5. Danke ich Dir vielmals.  Das war wieder einmal eine Entschädigung für die in den letzten Tagen ausgebliebene Post. Leider habe ich daraus feststellen müssen, daß es Dir immer noch nicht besser geht. Ich kann, wie in den letzten Briefen auch, Dich nur bitten, halte Dich gut und schone Dich möglichst. Ich wünsche Dir auch heute wieder recht gute und baldige Besserung und Gesundung. Ehe ich aber auf Deine Briefe weiter eingehe, will ich erst noch etwas von hier berichten. In einem meiner vorherigen Briefe schrieb ich Dir doch vom Streik, der hier unter den Bergarbeitern herrscht. In unserer Gegend hat es sich nun noch mehr verschärft, und von der Gesamtheit der Belegschaft sind jetzt über zwei Drittel nicht mehr auf der Arbeit erschienen. Das Schlimme ist hierbei wieder, daß sich hier noch die Frauen einmischen und anfangen, die Arbeiter, die die Arbeit aufnehmen wollen, mit Steinen zu bewerfen. Jetzt muß man sehen, wie sich die Lage weiter entwickelt.  Zu meinen Päckchen kann ich nur das eine bemerken, daß ich die Schuhe genau nach den Mustern beschafft habe. Auch das heutige Muster ist fast nicht größer wie das, welches ich schon hier habe. Ich werde versuchen, nochmals so etwas zu bekommen. Wenn ich in einem meiner Briefe von einer Überraschung gesprochen habe, so kann ich heute nur feststellen, daß mir dies daneben gelungen ist. Ich finde es jedenfalls ulkig, wenn Mutter und Tochter das gleiche Schuhmodell haben. Du findest scheinbar nichts dabei und vor allem, wenn sie Dir nicht passen ist das ja auch hinfällig. Was sagt Jörg zu seinen Schuhen, gefallen sie ihm? Die Absätze müßte man dann eben wegmachen, wenn er sie abgelaufen hat und durch Lederabsätze ersetzen. Man muß hier jetzt eben auch nehmen, was man bekommt. Wenn die anderen beiden Paar richtig passen, ist es auch recht und die, die Dir nicht passen, kannst Du ja aufheben für Helga.  Du schreibst, daß es Dich freut, daß ich beim Schießen doch noch gut abgeschnitten hatte. Worauf liegt da die Betonung, auf dem „doch noch“? Ich glaube zwar nicht, ich will es aber hinnehmen. Morgen ist wieder Schießen, da will ich sehen, ob Du mit Deiner Andeutung „doch noch“ recht hattest. Mein Apparat hat keine Antenne, und ich bin dann meist auf den Nachrichtenkrieg  angewiesen, den die Propaganda ausficht. Zwischendurch ist auch einmal Musik, aber man gewöhnt sich auch an das. Die Zeitungsausschnitte habe ich gelesen, sie haben mich interessiert. Den weiteren Ausschnitt vom Killenweiher, ein Weiher zwischen Unteruhldingen und Salem  werde ich Kurt noch mitschicken, denn er war ja sehr oft dort. Ich habe zwar von ihm bis jetzt noch keine Nachricht auf mein Schreiben bekommen.  Die Sache mit der Überraschung hatte ich ja schon geklärt. Der Karton war hier schon sehr mitgenommen, als ich ihn bekam und ich hatte ihn noch etwas zu Recht geflickt. Wenn aber alles angekommen ist und wie Du es bestätigt hast, dann ist es in Ordnung.  Wegen der Veröffentlichung der bestandenen Prüfung von Strobel ärgere ich mich bestimmt nicht. Ich sehe aber, daß das ganz in den Rahmen des bisherigen Verhältnisses der Stadt mir gegenüber hinein paßt. Die Bezahlung der halben Kosten werden selbstverständlich anerkannt, die für die Bücher für den Kurs von mir verlangt werden. Den Durchschlag von meinem Schreiben an die Stadt hast Du inzwischen wohl erhalten. 
Was das Verhalten meiner Wirtsleute anbelangt, so kann ich sagen, daß sie sich bisher immer rücksichtsvoll mir gegenüber benommen haben. Ich bin schließlich zu denen auch anständig, so daß normalerweise auch kein Grund zu irgendwelcher Verstimmung vorhanden wäre. Gestern haben wir nun den Befehl bekommen, daß unsere Verwaltungsabteilung zusammen ein Haus nehmen soll. Dazu gehören der Reihe nach unser Assessor, der Oberinspektor, der Sonderführer und ich.
Diese Sache wird nun nächste Woche steigen. Ich werde mir heute Nachmittag die Räume ansehen und einmal feststellen, wo ich hinkomme. Dies hängt vor allem auch jetzt mit unserer Verpflegung zusammen, damit die einigermaßen etwas günstiger gestaltet werden kann, wenn für mehrere zusammen gekocht wird.  Ich sende Dir heute viel herzliche Grüße und Küsse und bitte Dich, den Kindern auch einige Davon abzugeben.
In Verbundenheit Dein Ernst

Freitag, 3. Juni 2016

Brief 134 vom 3.6.1941


Mein liebes Mädel!                                                                                        3.6.41      

Deine beiden Briefe vom 23. und 24. sowie den Brief von Helga vom 21. habe ich ja in meinem Schreiben vom 31.5. bestätigt. Als ich am Sonntag nach Lille fuhr  bin ich erst noch an der Post vorbeigefahren und da bekam ich noch Deine beiden Briefe vom 26. und 27. ausgehändigt. Ich Danke Dir für alles vielmals. Mit Sorge habe ich Davon Kenntnis genommen, daß Du zwei Tage krank gewesen bist. Ich hoffe, daß sich das etwas gelegt hat, Damit Du wieder bei vollen Kräften bist, denn ich weiß nur zu gut, daß Du meinst, es soll jeden Tag das volle Pensum geschafft werden.  Nun möchte ich aber alle Briefe der Reihe nach beantworten. Ich muß sehen, wie weit ich komme, denn ich schreibe heute über die Mittagspause, damit Du wieder ein Schreiben von mir bekommst und nicht so lange Warten mußt. Zuerst nun Helgas Brief. Über den habe ich mich sehr gefreut, auch über Jörgs schönes Bild.  Helga hat sich diesmal wieder sehr viele Mühe gegeben, und ich will ihr deshalb auch mein Lob für ihre schöne Leistung aussprechen. Ich werde ihn ihr bald beantworten. Für Deinen Zusatz habe ich Dir schon gedankt. Das Päckchen Nr. 4 ist auch angekommen.
Jetzt sind also alle Päckchen von 1 bis 6 in Deinem Besitz. Von dem Rest der Schokolade habe ich Dir schon geschrieben. Den mache ich heute mit fertig und er geht dann morgen mit ab. Mit der weiß verpackten Schokolade weißt Du ja Bescheid, daß das nur eine alte Verpackung ist, die mit verbraucht worden ist.  Dein Päckchen mit dem Gebackenen vom 24. habe ich erhalten. Ich bekam es am Sonntag mit ausgehändigt. Auch Dafür vielen Dank. Wenn Du es verlangst, ich schimpfe also nicht, sondern ich halte es genau so, wie ich es am letzten Mal gemacht habe, ich schreibe nicht einmal „Es ist nicht nötig“.  Ich werde es also so machen und beim Lesen mir ab und zu eines zu Gemüte führen.  Die anderen Briefe beantworte ich heute noch und auch wie ich die Feiertage verlebt habe, werde ich Dir mitteilen. Nimm für heute Mittag viele herzliche Grüße und Küsse entgegen von Deinem Ernst


Meine kleine liebe Frau!                                                                                 3.6.41

Den einen Brief habe ich gerade abgegeben, nun will ich sehen, wie weit ich mit den anderen komme, die ich noch zu beantworten habe. Die Schwarzwurzeln hast Du nun auch raus gemacht. Ich meinte fast, daß man sie hätte noch drin lassen sollen, auch wenn sie blühen. Aber es ist schon recht, dann setzt Du dort eben Kraut hin. Die Stachelbeeren machen aber schnell voran. Das ist ja köstlich, was sich Da Helga geleistet hat wegen der Schminkerei. Ich möchte nur wissen, wo die das aufgeschnappt hat.
Wegen der Marken für Kuster will ich sehen, daß ich sie hier bekomme. Ein Kamerad hat sie wohl auch auf der Post haben wollen, da waren sie nicht mehr erhältlich.
Da mußt Du aber sehr aufpassen, daß Dich so Viehzeug nicht sticht, ich denke, daß Dir das sehr zu schaffen gemacht hat. Wegen der Angelegenheit mit der Stadtverwaltung muß man sehen, was dabei herauskommt. Wegen des Mistes ist es nicht so schlimm, wenn er schon aufgeschichtet daliegt. Es wird ratsam sein, ihn etwas mit Erde zuzudecken, damit nicht der ganze Stickstoff und Ammoniak herausgeht.  Das ist der Vater von dem, der mit beim Jugendamt ein ganze Zeit war, der da gestorben ist. 
In meinem anderen Brief habe ich mich schon lobend über unsere Helga aussprechen müssen, weil sie so einen schönen, lieben Brief geschrieben hat.
Nun sehe ich mich nochmals veranlaßt, dies zu tun, weil sie sich so sehr um Dich gekümmert hat, als Du Dich umlegen mußtest. Das ist fein, wenn man weiß, daß sie sich schon der Sachen ein bißchen annehmen kann, wenn es einmal nicht geht. Das ist ja ganz fabelhaft, in welch lieber Weise sie sich um Dich angenommen hat und für Jörg hat sie auch noch gesorgt, soweit es für ihn notwendig war. Es ist nur erfreulich, daß alle beide so schön brav waren.  Mädel, ich sage Dir immer wieder das eine, mache dort nicht mehr zuviel und schone Dich mit der Arbeit, denn es geht Dir niemand nach, der Dich treibt, und wenn Du Deinen Laden so in Ordnung hast, daß Ihr drin leben könnt, so ist das doch recht. Die Schuhe sind sicherlich inzwischen bei Dir angekommen.
Mit dem Geld ist das schon in Ordnung. Die Angelegenheit mit der Frau hat sich auch erledigt.  Am Sonntag bin ich mit unserem Postwagen hinübergefahren nach Lille. Graser war mit seiner Kommandantur nach Belgien gefahren und kam erst am Abend wieder. Dann bin ich mit Thomas zusammen gewesen und war auch in unserem Stammhaus, wo ich auch zu Mittag gegessen habe. Auch meine übrige Verpflegung habe ich dort eingenommen. Bei Graser habe ich geschlafen, so daß ich also in jeder  Weise versorgt war. Am Nachmittag war ich mit Thomas zum Kaffee eingeladen bei einer bekannten Familie, und am Abend waren wir nochmals zum Kaffee bei Laurens. Der führte uns ein Kino vor, und zwar Tonfilm. Ich muß schon sagen, das ist ja ganz groß so in der Wohnung ein Tonfilm. Es sind zwar keine großen Sachen, die dort gemietet werden können, aber immerhin, es ist schon fabelhaft.  Gestern waren wir am Vormittag auch schon beieinander, nach dem Mittagessen sind wir an der Zitadelle gewesen und haben uns Abbrucharbeiten angesehen, die dort im Gange sind, und anschließend waren wir zu einem Fußballspiel gegangen. Es spielten zwei Soldatenmannschaften gegeneinander.
Es war nicht gerade sehr überragend, aber der Nachmittag ist so auch herumgegangen und das Wetter hat schön ausgehalten. Hier bei uns hat es geregnet, wie ich heute feststellen mußte.
Heute bin ich hier wieder im Kino gewesen. Es wurde gespielt „Unser kleiner Junge.“ Der Film ist zwar nicht überragend, aber man konnte sich ihn ansehen.
Dann lief noch ein Kulturfilm dazu über „Münster“. Unter anderem war da auch vom Tollen Bomberg die Rede. Dabei mußte ich an das Buch denken, was wir früher einmal gelesen hatten. Dann kam noch die Wochenschau, dabei konnte man den Kampf von Fallschirmjägern in Griechenland sehen, das war ganz fabelhaft. 
Du könntest mir noch eine große Tube Zahnpasta senden, außerdem hatte ich noch eine Zahnbürste daheim gelassen, die Du mir schon früher einmal zugedacht hattest.  Auch diese kann ich jetzt gebrauchen. Ich habe mir hier Zahnpasta kaufen lassen, das war ein Dreckzeug und ist nicht zu gebrauchen. Dabei handelt es sich um Markenware.  Ich weiß nicht, ob die Ware so lange gelagert hatte, denn da hatte sich die Masse und das Wasser schon voneinander geteilt. Von hier ist als Besonderheit zu melden, daß ein Teil der Bergarbeiter, die unter Tage arbeiten, streiken. Über die Gründe sich hier auszulassen, ist nicht der Platz. Der Hilfszug mit Arbeitern allein schafft es auch nicht mit der Ernährung der Bevölkerung. Politische Gründe spielen auch dabei eine gewichtige Rolle.
Das Wetter ist früh hier immer sehr neblig. gegen Mittag oder Nachmittag klart es sich dann meistens auf.  Für diesmal sende ich Dir viele Grüße und Küsse.
Unseren Kindern sende ich ebenfalls viele Grüße und Küsse, und ich Danke ihnen nochmals für den schönen Brief und das schöne Bild. Dir nochmals viele Grüße sendet Dein Ernst