Liebes Mädel! O.U., den 20.1.1941
Weil ich die letzten Tage so
schlecht mit Post bedacht worden bin, wurde ich heute voll entschädigt. Es
trafen Deine Briefe vom 14.,15. und 17. ein, über die ich mich riesig gefreut
habe, aus denen ich auch all die fürsorgerische Liebe herauslesen konnte, die
letzten Endes nur Dir eigen ist. Wie ich Dir ja schon schrieb, ist mein Arm bis
auf eine Kleinigkeit, wieder in Ordnung. Du brauchst Dir deshalb also keine
Gedanken machen. Was will das auch schon heißen, so ein bisschen verstauchter
Arm. Durch das Gebackene Schlaraffenland habe ich mich nun so durchgefuttert;
ich bin Dir deshalb wohl nicht böse, wenn du mir etwas abgeschickt hast, denn
ich vertilge es so zwischendurch mit. Ich habe Euch doch schon wiederholt gebeten,
das wenige, das Ihr für Euch erhaltet, selbst zu verwenden. Nimm es mir bitte
nicht übel, wenn ich heute wieder daran erinnere. Wenn es Dein Wunsch ist, die
Frauenwarte zu abbonieren, so habe ich nichts dagegen. Sieh Dich dabei aber
vor, dass du Dich für längere Zeit nicht zu fest bindest. Bezüglich Deines
Hinweises wegen der Trainingsanzüge, die verschiedene Frauen in der Stadt
tragen, so kann ich Dir auch nur mitteilen,, dass dies auch nicht meinem
Geschmack entspricht, wenn du Dich dieser Geschmacklosigkeit anpassen wolltest.
Zieh dir doch, wenn es jetzt so kalt ist, ruhig Deinen neuen Mantel an. Das mit
den neuen Briefumschlägen ist mir heute gleich aufgefallen, es war auch Zeit,
denn bei einem Kameraden tauchten jetzt sehr ähnliche auf. Den Kindern muß ich
wieder meine Anerkennung aussprechen für ihr Verhalten beim Zahnarzt. Ja, man
sieht doch, dass man sich zusammenreißen kann, wenn man will, ganz gleich, ob
man noch klein ist, oder schon groß. Nur nichts anmerken lassen, und hart gegen
sich selbst in erster Linie, dann kann man es auch einmal von anderen
verlangen. Ich freue mich jedenfalls über beide, wenn sie so sind. Sie sind ja
sonst auch keine Weichlinge.
Wenn unsere Briefe durch die
Prüfstelle laufen, so ist ja nichts weiter dabei, denn wir haben doch nichts zu
verheimlichen.
An Deinen Vater muß ich
morgen gleich noch schreiben, sonst kann ich etwas von ihm zu hören bekommen.
Allerdings, wenn Du mich nicht daran erinnert hättest, würde ich es offenbar
vergessen haben.
Der Olkiwicz tut mir trotzdem
leid, dass er auch schon ins Gras beißen musste. Wie es das Schicksal eben
will, so muß man es hinnehmen, man weiß ja nicht, ob man durch Zufall in die
gleiche Lage kommen kann.
Über Deinen Zinsgewinn hast
Du Dich sicher gefreut. Es ist ja besser, wie nichts.
Ausnahmsweise will ich damit
einverstanden sein, wenn Du Deinem Vater eine Büchse von den Sardinen schickst,
die eigentlich für Euch bestimmt waren.
Von Kurt erhielt ich heute
einen Brief. Er schreibt mir, dass er vom 17tägigen Urlaub zurück sei und dass
ihm Nanni so leid tun würde, weil sie dort fast ganz heruntergekommen sei. Sie
sollte eine Olivenölkur durchmachen und er bitte mich darum, ihr welches zu
senden, wenn ich es machen könnte. Die Frage dabei ist nur die des Transports.
Ich weiß noch gar nicht, wie ich dies anstellen sollte.
Heute habe ich wieder einmal
genügend geschrieben, hoffentlich bist Du damit zufrieden. Ich wünsche Euch
allen eine Gute Nacht. Dir sende ich
viele herzliche Grüße und Küsse. Dein Ernst.
Meine liebe Annie! O.U., den 21.1.1941
Pünktlich traf Dein Brief vom
18. heute ein, wofür ich Dir herzlichen Dank sage. Ihr werdet allem Anschein
nach ja sehr reichlich mit Schnee bedacht. Es ist ratsam, wenn du bei solchem
Wetter Dein Fahrrad nicht benutzt, denn Du läufst sehr leicht Gefahr, Dich
einem Unfall auszusetzen. Wenn es Dir Deine Zeit zulässt, ist es ja nicht von
Schaden, wenn du Deine Wege vorübergehend zu Fuß erledigst. Für die Kinder wird
das selbstredend eine Freude sein, wenn du mit Ihnen in die Stadt fährst. Auch
sonst werden sich Beide mit dem Schlitten draußen rumtummeln. Während es bei
Euch schneit, regnet es hier, was nur so runter will. Es ist tagsüber direkt
warm. Meinen Pullover habe ich gegenwärtig abgelegt, sonst ist man ja noch mehr
Erkältungen ausgesetzt, als es schon so der Fall ist.
Wie ich höre, soll ein
weiterer Teil der durch Notverordnung seinerzeit festgelegten Gehaltsabzüge
aufgehoben werden, und der Rest soll im Mai oder Juni in Wegfall kommen. Es
wäre dann so, dass dann ab diesem Monat unser Gehalt ohne welche Abzüge wieder
zur Auszahlung käme. Dies wäre ja ganz günstig, nachdem wir ja schon jahrelang
das Opfer des Abzuges auf uns genommen haben. Wir waren ja bisher auch
zufrieden, doch wird uns eine Besserstellung nicht gerade schaden.
Was Deinen Brief an Deinen
Vater anbelangt, so ist er schon in Ordnung. Wenn ich auch Deine Wendung nicht
damals gesagt habe, so habe ich sie doch dieser Tage bestätigt.
Für heute sind wir am Abend
zum Kaffee eingeladen. Hoffentlich wird es nicht gar zu spät. Es ist gleich
Feierabend, und dann geht’s zum Essen. Richtiger gesagt, der Feierabend wäre
schon dagewesen, denn es ist ½ 7 vorbei, aber einmal muß man aufhören.
Ich schließe deshalb für
heute ab und grüße und küsse Dich recht herzlich. Dein Ernst.
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