Dienstag, 12. Januar 2016

Brief 93 vom 8./9.1.1941


Meine liebe Frau!                                                                           O.U., den 8.1.1941          

Ich kann ja heute wieder zufrieden sein, denn ich erhielt heute deinen Brief vom 4./5. und die der Kinder. Über alles habe ich mich wieder gefreut. Wie ich aber aus Deinem Brief entnehme, wirst Du noch einen weiteren Brief am Samstag geschrieben haben, der noch nicht bei mir angekommen ist. Oder täusche ich mich? Die Zeitungsbeilage hat mich sehr interessiert, weil ich schon einmal Zeuge einer Fehldiagnose dieser Frau war. Ja, die haben sehr herzhaft vom Leder gezogen. Es schadet in diesem Falle aber gar nicht. Der Gasableser hat sich ja auch ein schnelles Ende bereitet. Da hast Du ganz recht getan, wenn Du Dir eine neue Mundharmonika gekauft hast, mit dieser wirst Du noch mehr Freude haben. Aber ich hätte kaum geglaubt, dass sich Helga diese Kenntnisse so schnell aneignet. Auch das ist richtig, wenn ihr Euch in der kleinen Stube aufhaltet, soweit es nicht unbedingt notwendig ist, dass ihr in der Küche sein müsst. Ihr habt es ja dort unzweifelhaft wärmer und es ist auch gemütlicher. Ich würde es auch begrüßen, wenn Du wieder neuen Lesestoff bekommen würdest, damit Dir die Abende nicht gar zu lang werden. Es ist nun wieder eine Woche her, seit ich von Euch abreiste. Die Zeit geht doch wie im Fluge dahin. Ich merke aber auch, dass die Arbeit zum großen Teil daran schuld ist. Ich hoffe auch, dass Du heute von mir Post erhalten haben wirst, denn ich kann mir denken, dass du schon mit Spannung darauf wartest. Eins wundert mich aber, dass Du die restlichen Päckchen noch nicht erhalten hast. Ich bin nun gespannt, wo die abgeblieben sind, und ob sie Dich vielleicht doch noch erreichen.
Die Witterung ist augenblicklich ziemlich gleichmäßig, nicht übermäßig kalt, so dass man es gut aushalten kann. Unsere Büros sind ja gut durchgewärmt, auch unsere großen Fenster machen nicht viel aus. Nur wenn es viel kälter wird,, kann man sich zum arbeiten nicht ins Zimmer setzen, ohne dass man eine Zusatzheizung benutzt. Ich habe mir einmal unsere Heizsonne heraus geholt, dann geht es auch wieder.
Ich bin heute zeitig nach hause gekommen, so neben bei Radio, anschließend habe ich noch Arbeit da, und wenn es dann noch langt, werde ich noch etwas lesen. Für Abwechslung ist gesorgt und Langeweile bekomme ich nicht so leicht, doch wenn man keine Kameraden hat, und einmal wieder mit jemand so sprechen kann, wie einem der Schnabel gewachsen ist, ohne dass der andere es gleich übel nimmt, so istes auf die Dauer schon schwer. Einesteils ist es mir auch gleichgültig, ob die anderen es krumm nehmen, wenn ich ihnen auch das sage, was ihnen nicht passt.
Ich grüße und küsse Euch alle recht herzlich, doch wie schon so oft sende ich Dir wieder diese Wünsche besonders.   Dein Ernst.



Meine liebe Frau!                                                                               O.U., den 9.1.1941                                                               

Bereits eine Woche bin ich wieder hier, man gewöhnt sich ganz aus den Zeitbegriffen heraus. Doch einmal wird auch der Tag kommen, an dem es heißt „Parole Heimat“, und ich werde wieder mit Euch zusammen sein können. Unser Oberleutnant hat heute die Genehmigung erhalten, dass er demnächst seinen Dienst in der Heimat antreten kann. Er ist der erste aus unserer Dienststelle, der abtreten kann. Er ist ja auch schon Weltkriegsteilnehmer, und den Polenfeldzug hat er auch mitgemacht. Wie gesagt, auch für uns wird diese Stunde einmal kommen.
De noch ausstehende Brief von Dir vom 4., sowie der Brief vom 5./6. sind eingegangen. Außerdem erhielt ich heute die 70.- RM. Ich habe keinen Anstand deswegen bekommen, schon deshalb nicht, weil man gar keine Notiz von dem  Vermerk auf meinem Urlaubsschein genommen hat. Ich am besten auch nichts weiter gesagt. Ich habe nun ziemlich alle Schulden bezahlt und werde dieser Tage wieder einige Einkäufe vornehmen, denn nun habe ich wieder freie Hand. Auch um einen Mantel für mich werde ich mich noch kümmern. Wir hatten vergessen, uns die Maße für die Gardinen aufzuschreiben, die Du haben wolltest. Ich wäre Dir gleichzeitig dankbar, wenn Du mir mitteilen würdest, wie sie ungefähr aussehen sollen, und ob sie für die Fenster geteilt sein sollen, oder was da noch zu beachten ist. Vielleicht schickst Du mir anhand eines Abdruckes noch die Schuhgrößen für die Kinder mit, denn man weiß nicht, ob man sie brauchen kann. Doch nun zu Deinen Briefen. Du hast ja so bald alles wieder abgefertigt. Ja, ich wäre froh, wenn ich das auch erledigt hätte.
Das wird aber Zeit, wenn Du Dir endlich eine Wärmflasche nimmst, vor allem, wenn Dein Schlaf bisher darunter gelitten hat, weil Du kalte Füße hattest. Man merkt doch gleich, wenn niemand da ist, der auf Dich aufpasst. Auf diesem Wege kann man doch nicht so durchgreifen, wie es notwendig ist. Ich habe davon gehört, dass ihr so viel Schnee habt, da sind unsere beiden wohl nicht böse, zumal wo Helga noch Ferien hat.
Ich möchte mich nicht gar zu spät zu Bett legen und will jetzt Schluß machen. Ich grüße und küsse Euch alle Ihr Lieben, doch sei Du recht oft gegrüßt und geküsst von Deinem Ernst

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