Du
mein liebstes Mädel !
27.2.44
Gestern Nachmittag bin ich, wie vorgesehen wieder hier gelandet. Es ist alles gut gegangen, nachdem ich einige Unstimmigkeiten vorher noch geradebiegen konnte. Ich habe während dieser Tage einiges gesehen und auch manches hinzugelernt. Was mir nun sehr wichtig war, ich finde von Dir fünf Briefe vor, auf die ich mich schon mächtig gefreut hatte. Sie stammen vom 12. 13. 14. 16. und 17.2. Von Deinem Vater waren inzwischen einige Hefte wieder eingegangen und von Amelshain bekam ich noch einen Auszug aus dem Geburtsregister über Jubisch. Das war alles, was ich an Post vorfand. Das ist doch ganz nett. Interessant ist, daß dieser Jubisch am gleichen Tag geboren wurde wie unsere Helga. Den Auszug sende ich Dir gleich wieder mit, nachdem ich schon meine Unterlagen entsprechend ergänzt habe. Doch nun will ich erst einmal schön der Reihe nach Deine Briefe beantworten.
Gefreut habe ich mich, daß Du mit wieder von Eintreffen verschiedener Päckchen berichten konntest. Das ist immer fein, wenn die Sachen bei Dir richtig ankommen. Wie ich lese, hast Du für diese Sachen immer wieder laufend Verwendung. Daß Dir das getrocknete Brot bei der Fütterung der Kinder zustatten kommt, das freut mich ganz besonders. Ich habe hier und vor allem von meiner Reise her einiges ersparen können, das gibt nun etwas für Euch. Ich kann in diesen Tagen schon etwas zusammenpacken und das geht dann gleich auf den Weg. Daß Du in der letzten Zeit mit Deinem Geld so in Anspruch genommen warst und daher keine Ersparnisse machen konntest, das läßt sich nun einmal nicht ändern. Ich hoffe aber, daß Du doch nicht genötigt bist, Einschränkungen in Eurem Leben vornehmen zu müssen, weil Du Geld auf der Bank liegen hast und Ihr müßtet etwa hungern. Du weißt, ich lasse Dir in diesen Dingen immer freie Hand, denn ich bin davon überzeugt, daß Du keine Ausgabe machen wirst, die nicht notwendig ist. Bei passender Gelegenheit kann man ja wieder etwas einzahlen, doch das gebe ich Dir wieder bekannt. Es ist ja schon ein ganz ansehnlicher Betrag, den wir in den letzten Jahren zusammengespart haben. Wenn ich zwar sehe, was andere Kameraden anstellen, dann hätten wir während dieser Jahre eigentlich nichts erreicht. Aber ich bin kein Freund von dieser Art, das Geld zu erwerben. Ich habe gesehen, wie Soldaten im Zug 50 RM und mehr innerhalb kurzer Zeit mit Karten verspielt haben. Ich habe mir erzählen lassen, daß Soldaten zehntausend Mark während eines Urlaubs einkassiert haben aus verschiedenen Geschäften, die sie gemacht haben. Aber das soll mich nicht sonderlich kümmern. So, wie wir bis jetzt gelebt haben, werden wir durchkommen und ich hoffe, daß wir es auch in Zukunft schaffen werden.
Ich hatte hier einige Eier durch einen glücklichen Umstand erhalten. Wie ich nun lese, daß Ihr schon länger keine bekommen hattet, da habe ich bedauert, daß ich sie Euch nicht schicken kann. Aber es ist ja ein großes Risiko, von hier aus welche nach hause zu senden, denn der Transportweg ist doch recht weit. Es ist schade, daß man immer nur so wenig von manchen Sachen hat. So auch von der Hirse. Das freut mich, daß sie den Kindern geschmeckt hat. Aber wenn es auch nicht viel ist, so helfen doch die verschiedenen Wenig zu einem Ganzen. _ Mich freut es dann außerdem noch, wie ich von Dir hörte, daß unser Sprößling sich nun über das Schlittschuhlaufen hergemacht hat. Daß unser Mädel dabei Pech hatte und auf den Steiß gefallen ist, das ist schade. Ich weiß, das ist sehr schmerzhaft. Inzwischen hat sich das wohl wieder gegeben und ist sicher schon vergessen.
So intensiv brauchst Du Dich nun nicht mit den Briefmarken zu beschäftigen, daß Du gleich Kopfschmerzen bekommst. Ich kann mir das zwar nicht vor stellen, aber es muß es schon geben, wenn Du davon Schreibst. Mir persönlich macht das nichts aus. Ich bin zwar auch keiner von denen, der nun stundenlang über eine Abart oder irgendeine Änderung an einer Marke diskutieren kann, aber was das Sammeln so im landläufigen Sinn anbelangt, so habe ich einige Kenntnisse. Wenn ich hier zu jemand komme und fange an mit zu sprechen, dann legt man mir schon entsprechende Sachen vor. Habe ich einmal die Absicht, mir etwas anderes anzusehen, was so an die große Masse verkauft wird, dann heißt es, das sei doch nichts für mich. Ich muß dazu lächeln, denn mich interessieren auch einmal diese Marken. Zu den Landkarten für unseren Sohn bin ich noch nicht gekommen. Ich hoffe aber, daß ich es in diesen Tagen möglich machen kann. Das ist ja ein billiges Vergnügen, das man ihm bereiten kann. Du fragst mich, für wie viel Male das Backpulver ist. Das kann ich nicht genau sagen, denn ich habe doch zwei Sorten geschickt. Das eine ist meines Wissens für 3 und das andere für 4 Pfund Mehl. Ist das nur auf griechisch darauf geschrieben? Ich glaube, daß Jörg genau so fleißig oder faul in der Schule ist wie ich. Soweit ich mich entsinne, habe ich immer nur das gelernt, was mir ohne große Anstrengung von selbst zugeflogen ist. Dieser Herr macht es wie sein Vater. Aber mit dem Ergebnis kann man trotzdem zufrieden sein. Wenn er sich dann später, wenn es mehr darauf ankommt, in die Dinge hinein kniet, dann kann er schon noch etwas schaffen. Wenn man nur wüßte, wie man seinen Ehrgeiz anspornen könnte. Er frisst eben nicht mehr als er gerade für den täglichen Bedarf braucht, wenn man es einmal grob ausdrücken soll. Daß unser Mädel einmal Pech gehabt hat im Rechnen, das kann sehr schnell passieren. Aber ich will ihr eines raten. Sie soll, wenn sie bei solchen Arbeiten noch Zeit dazu hat, ihre Aufgaben noch einmal richtig ansehen und durchdenken, dann kann sie sich manchen Fehler ersparen. Das ist zwar nicht notwendig, daß man sich nach negativen Beispielen richtet und sagt, andere Kinder haben den gleichen Fehler gemacht. Aber immerhin, ich hoffe, daß dies eine Ausnahme war. Aufpassen ist eben alles in der Schule und besonders in einigen bestimmten Fächern. Daß sie Dir davon erzählt, ist auch richtig, denn so kann man ihr doch nur helfen, wenn es irgendwo fehlt. Einige Marken, die ich in Saloniki erworben habe, lege ich wieder für meine Sammlung mit bei. Dir und den Kindern viele liebe Grüße und recht herzliche Küsse. Bleibt gesund und denkt an Euer Vaterle. Dein Ernst.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen