Du mein herzliebes Mädel
Du! 17.2.44
Herzlichen und vielen Dank für Deinen lieben Brief vom 7.2.
Er kam heute an und ich habe mich recht über Deine Zeilen gefreut. Einen
späteren Brief hatte ich ja schon bekommen. Dieser hat wieder die Lücke
ausgefüllt. Deine Mitteilung, daß eine Sendung mit Maismehl angekommen ist,
freute mich wieder sehr, denn es ist doch nach hiesigen Geldbegriffen ein
kleines Kapital, was man da anlegt. Wenn Du erst nach und nach die Sachen
verwenden wolltest, so ist das ja gut, denn so habe ich mir das gedacht. Wie
ich Dir ja schon schrieb, habe ich noch weitere Pakete erstanden und Dir
zugeschickt. Hoffentlich bekommst Du auch alles.
Nachdem Du nun meine vernichtende Kritik aber den Film „Der weiße Traum“ erhalten hast, musstest Du auch zu einer Erklärung ausholen, die ich an sich voll und ganz verstehe. Du hast recht, daß man in der heutigen Zeit das Verlangen nach einer leichten Unterhaltung hat. Das vertrete ich vol und ganz, daß die Menschen, die heute soviel Schweres miterleben, sich entspannen müssen. Aber Du kennst mich ja, daß ich gegen eine Verpflichtung bin, die aber recht leicht eintritt, wenn man sogenannte Kunstwaren vorgesetzt bekommt, die in einem Stil gehalten sind, den man vor Jahren bei uns vollkommen abgelehnt hat. Man rechnet aber mit der Vergesslichkeit der Menschen. Ich entsinne mich in diesem Zusammenhang an einen meiner ersten besuche in einem französischen Kino. Dort wurde ein amerikanischer Film gezeigt mit einem ganz großen bekannten amerikanischen Filmstar. Da wurde getanzt und es wurden Gesangseinlagen gebracht und die Handlung war gleich Null. Ich habe mir das angesehen und mir gedacht, ist das der Kulturbeitrag, den Amerika liefert? Bei uns in der Presse hatte man vorher auch diese Art der Filmkunst besprochen und abgelehnt. Kurz nach der Olympiade in Berlin ging die Eiskunstläuferin Sonja Hennie nach Amerika, um ihm Film als Eisstar aufzutreten. Sie verdiente eine Menge Geld damit und man sagte allgemein, das sei doch wirklich erbärmlich, daß man in Amerika keine anderen Filmideale hätte. Nimm Dir diese beiden Beispiele und sieh Dir heute unser Filmschaffen an. Ist das nicht kopiert, was man vor längerer Zeit als Kitsch hinstellte? In unserer Zeit sind wir ja so schnell vergesslich. Gut ist das, denn wir brauchen das, um all das Schwere zu überwinden. Ich kann es aber nicht verstehen, wie man in Bezug auf Kunstgeschmack und Richtung so schnell umschalten kann und wenn man versucht, womöglich einem vorzureden, daß Grün eben nicht mehr Grün sondern rot sei. Ich bin weder ein Kunstbanause noch künstlerisch so vorgebildet, daß ich sagen kann, das muß nun genau so sein, weil die Regeln es so verlangen. Das kann ich nicht. Aber wenn ich meinen gesunden Geschmack dabei entwickle, so muß ich mir sagen können, das ist gut und das ist flach und seicht. Kannst du Dich noch an die Zeit erinnern, als in Deutschland die Tom Mix Filme liefen? An diesen unwirklichen Sachen konnten sich Tausende von Jungens begeistern. Ich weiß noch, daß Dein Bruder ständiger Zuschauer war, wenn einer dieser Filme gezeigt wurde. Ich habe diese Filme genauso abgelehnt wie diese Indianerbücher, die die Fantasie in einer unnatürlichen Weise anregen. Warum ging man nicht daran, die Sachen von Karl May zu verfilmen. Wäre das nicht eine dankbare Aufgabe gewesen? Aber die Filme kamen aus Amerika und lenkten den Geschmack in eine Richtung, die ich für mich ablehne. Man könnte dem gegenüberhalten, die Jungens sind alle ordentlich geworden und sind alle gute Soldaten. Das stimmt, aber vielleicht hat hier schon die Erziehung der HJ einer anderen Entwicklung entgegengewirkt. Denn gerade wir haben die Zeit kennen gelernt, in der man zum großen Teil eine Belastung des persönlichen Ich ablehnte. Wenn man heute mit jungen Menschen über diese Dinge spricht, so kann man die tollsten Ansichten hören. Ich habe vorhin schon betont, daß es nicht meine Auffassung ist, daß man ungehemmt Kritik übt, aber man kann manche dieser Erzeugnisse ohne weiteres in den Ofen stecken, denn der Menschheit fehlt dadurch nichts, im Gegenteil, man hat ihr einen Dienst erwiesen. Ideale muß ein Mensch haben, doch es dürfen nach meiner Meinung keine falschen sein. Ich glaube, daß das eine heitere und beschwingte Angelegenheit genauso zustande bringen kann wie eine Sache mit ernstem Charakter. Es ist nicht notwendig, daß man nur mit ernsten und strengen Themen aufwarten muß. Denn das eine wie das andere kann anregen, aber gleichzeitig Entspannung bringen. Ich kann mir vorstellen, daß man lange Zeit sich über irgendetwas nicht im Klaren ist und sich immer wieder Gedanken macht, ob man in diesem oder jenen Fall richtig gehandelt hat. Diese Unklarheiten bringen gewisse Spannungen mit sich, die aufgehoben werden können, wenn man durch eine Anregung von außen her in diesem Fall durch den Film oder durch ein Buch oder einen Artikel klar bewusst wird. Damit löst sich dann gerade das, was einem auf der Seele gelegen ist. Von Natur aus ist der Mann stärker veranlagt und ich stelle diese Forderung auch in erster Linie an die Männer, denn diese müssen sich eher mit solchen Problemen befassen können. Daß das aber nicht der Fall ist, das ist ein Zeichen der Entwicklung aber auch der Erziehung. Damit wird nun die Kette wieder geschlossen, wenn ich sage, daß die Forderung nach mehr Inhalt notwendig ist. Daß wir nun einmal nicht einer Meinung über eine Sache waren,. empfand ich in diesem Falle insofern als gut, weil es uns Anregung gegeben hat, um sich einmal über den täglichen Rahmen des Briefeschreibens hinauszugehen. Man ist nicht jeden Tag dazu aufgelegt, daß man sich mit diesen Sachen auseinandersetzt. Immer kann man nicht darum herumgehen. Wenn Du nun schreibst, es sei keine Feigheit, wenn Du die anderen Dinge meidest, so weiß ich das genau. Denn Du bist ja von Natur aus nicht so. Aber wenn man sich manches leichter machen kann, so soll man das tun. Dieser Lebensauffassung stimme ich gerade für Dich besonders zu. Auch ich werde mich nicht offensichtlich in eine Sache hineinbegeben, von der ich weiß, daß der Einsatz sich dafür nicht lohnt und bei der ich voraussehen kann, daß sie zu meinem Schaden ausläuft. Sollte der Einsatz aber in einem Verhältnis zu dem zu erwartenden Erfolg stehen, dann gibt es auch bei mir kein Zögern mehr. Ich bin mir nur nicht im klaren, ob es gut ist, wenn man immer nur die Vernunft walten läßt. Aber eine Frage muß ja immer offen bleiben und sie bleibt immer offen. Doch dazu sind sie ja da, damit man an sich arbeiten kann. Doch eines bitte ich Dich nun, lasse Dich von meinen Gedanken in dieser Beziehung nicht zu sehr gefangen nehmen, denn ich will es nicht haben, daß Du Dich unnötig damit belastest. Ich habe aber angenommen, daß Du meinen Standpunkt in dieser Hinsicht kennen lernen wolltest. Ich bin einmal etwas ausführlicher geworden und über den sonstigen Rahmen hin ausgegangen. Doch wie schon oben erwähnt
Nachdem Du nun meine vernichtende Kritik aber den Film „Der weiße Traum“ erhalten hast, musstest Du auch zu einer Erklärung ausholen, die ich an sich voll und ganz verstehe. Du hast recht, daß man in der heutigen Zeit das Verlangen nach einer leichten Unterhaltung hat. Das vertrete ich vol und ganz, daß die Menschen, die heute soviel Schweres miterleben, sich entspannen müssen. Aber Du kennst mich ja, daß ich gegen eine Verpflichtung bin, die aber recht leicht eintritt, wenn man sogenannte Kunstwaren vorgesetzt bekommt, die in einem Stil gehalten sind, den man vor Jahren bei uns vollkommen abgelehnt hat. Man rechnet aber mit der Vergesslichkeit der Menschen. Ich entsinne mich in diesem Zusammenhang an einen meiner ersten besuche in einem französischen Kino. Dort wurde ein amerikanischer Film gezeigt mit einem ganz großen bekannten amerikanischen Filmstar. Da wurde getanzt und es wurden Gesangseinlagen gebracht und die Handlung war gleich Null. Ich habe mir das angesehen und mir gedacht, ist das der Kulturbeitrag, den Amerika liefert? Bei uns in der Presse hatte man vorher auch diese Art der Filmkunst besprochen und abgelehnt. Kurz nach der Olympiade in Berlin ging die Eiskunstläuferin Sonja Hennie nach Amerika, um ihm Film als Eisstar aufzutreten. Sie verdiente eine Menge Geld damit und man sagte allgemein, das sei doch wirklich erbärmlich, daß man in Amerika keine anderen Filmideale hätte. Nimm Dir diese beiden Beispiele und sieh Dir heute unser Filmschaffen an. Ist das nicht kopiert, was man vor längerer Zeit als Kitsch hinstellte? In unserer Zeit sind wir ja so schnell vergesslich. Gut ist das, denn wir brauchen das, um all das Schwere zu überwinden. Ich kann es aber nicht verstehen, wie man in Bezug auf Kunstgeschmack und Richtung so schnell umschalten kann und wenn man versucht, womöglich einem vorzureden, daß Grün eben nicht mehr Grün sondern rot sei. Ich bin weder ein Kunstbanause noch künstlerisch so vorgebildet, daß ich sagen kann, das muß nun genau so sein, weil die Regeln es so verlangen. Das kann ich nicht. Aber wenn ich meinen gesunden Geschmack dabei entwickle, so muß ich mir sagen können, das ist gut und das ist flach und seicht. Kannst du Dich noch an die Zeit erinnern, als in Deutschland die Tom Mix Filme liefen? An diesen unwirklichen Sachen konnten sich Tausende von Jungens begeistern. Ich weiß noch, daß Dein Bruder ständiger Zuschauer war, wenn einer dieser Filme gezeigt wurde. Ich habe diese Filme genauso abgelehnt wie diese Indianerbücher, die die Fantasie in einer unnatürlichen Weise anregen. Warum ging man nicht daran, die Sachen von Karl May zu verfilmen. Wäre das nicht eine dankbare Aufgabe gewesen? Aber die Filme kamen aus Amerika und lenkten den Geschmack in eine Richtung, die ich für mich ablehne. Man könnte dem gegenüberhalten, die Jungens sind alle ordentlich geworden und sind alle gute Soldaten. Das stimmt, aber vielleicht hat hier schon die Erziehung der HJ einer anderen Entwicklung entgegengewirkt. Denn gerade wir haben die Zeit kennen gelernt, in der man zum großen Teil eine Belastung des persönlichen Ich ablehnte. Wenn man heute mit jungen Menschen über diese Dinge spricht, so kann man die tollsten Ansichten hören. Ich habe vorhin schon betont, daß es nicht meine Auffassung ist, daß man ungehemmt Kritik übt, aber man kann manche dieser Erzeugnisse ohne weiteres in den Ofen stecken, denn der Menschheit fehlt dadurch nichts, im Gegenteil, man hat ihr einen Dienst erwiesen. Ideale muß ein Mensch haben, doch es dürfen nach meiner Meinung keine falschen sein. Ich glaube, daß das eine heitere und beschwingte Angelegenheit genauso zustande bringen kann wie eine Sache mit ernstem Charakter. Es ist nicht notwendig, daß man nur mit ernsten und strengen Themen aufwarten muß. Denn das eine wie das andere kann anregen, aber gleichzeitig Entspannung bringen. Ich kann mir vorstellen, daß man lange Zeit sich über irgendetwas nicht im Klaren ist und sich immer wieder Gedanken macht, ob man in diesem oder jenen Fall richtig gehandelt hat. Diese Unklarheiten bringen gewisse Spannungen mit sich, die aufgehoben werden können, wenn man durch eine Anregung von außen her in diesem Fall durch den Film oder durch ein Buch oder einen Artikel klar bewusst wird. Damit löst sich dann gerade das, was einem auf der Seele gelegen ist. Von Natur aus ist der Mann stärker veranlagt und ich stelle diese Forderung auch in erster Linie an die Männer, denn diese müssen sich eher mit solchen Problemen befassen können. Daß das aber nicht der Fall ist, das ist ein Zeichen der Entwicklung aber auch der Erziehung. Damit wird nun die Kette wieder geschlossen, wenn ich sage, daß die Forderung nach mehr Inhalt notwendig ist. Daß wir nun einmal nicht einer Meinung über eine Sache waren,. empfand ich in diesem Falle insofern als gut, weil es uns Anregung gegeben hat, um sich einmal über den täglichen Rahmen des Briefeschreibens hinauszugehen. Man ist nicht jeden Tag dazu aufgelegt, daß man sich mit diesen Sachen auseinandersetzt. Immer kann man nicht darum herumgehen. Wenn Du nun schreibst, es sei keine Feigheit, wenn Du die anderen Dinge meidest, so weiß ich das genau. Denn Du bist ja von Natur aus nicht so. Aber wenn man sich manches leichter machen kann, so soll man das tun. Dieser Lebensauffassung stimme ich gerade für Dich besonders zu. Auch ich werde mich nicht offensichtlich in eine Sache hineinbegeben, von der ich weiß, daß der Einsatz sich dafür nicht lohnt und bei der ich voraussehen kann, daß sie zu meinem Schaden ausläuft. Sollte der Einsatz aber in einem Verhältnis zu dem zu erwartenden Erfolg stehen, dann gibt es auch bei mir kein Zögern mehr. Ich bin mir nur nicht im klaren, ob es gut ist, wenn man immer nur die Vernunft walten läßt. Aber eine Frage muß ja immer offen bleiben und sie bleibt immer offen. Doch dazu sind sie ja da, damit man an sich arbeiten kann. Doch eines bitte ich Dich nun, lasse Dich von meinen Gedanken in dieser Beziehung nicht zu sehr gefangen nehmen, denn ich will es nicht haben, daß Du Dich unnötig damit belastest. Ich habe aber angenommen, daß Du meinen Standpunkt in dieser Hinsicht kennen lernen wolltest. Ich bin einmal etwas ausführlicher geworden und über den sonstigen Rahmen hin ausgegangen. Doch wie schon oben erwähnt
Doch wie schon eben erwähnt, bin ich Dir für Deine Fragen
dankbar, denn Du hast mir wieder einige Anregungen gegeben, die ich ja in
verschiedener Weise wiedergegeben habe. Ein Teil Marken ist auch wieder
angekommen. Wenn Du sie nicht einsortierst, weil Du keine Zeit dazu hast, dann
ist das nicht weiter schlimm,. denn
dazu wird sich schon einmal Gelegenheit finden, wenn ich wieder einmal nach
hause komme, wenn das auch noch in der grauen Zukunft liegt. Vielleicht schickst
Du mir doch noch die beiden hohen Werte der jetzt laufenden Marken mit zu. Das
Geld nimmst du aber von meinem Vorrat. Du schreibst, daß Du glaubst, daß mich
der Briefmarkenhändler schon als festen Kunden ansieht, so muß ich Dich in
dieser Richtungleider etwas verbessern. Du mußt schon sagen, die
Briefmarkenhändler, denn wenn ich mich nur an einen halte, so haut der mich
übers Ohr. Die eine Sache bekomme ich bei dem günstig und die anderen bei
jenem. Das ist recht unterschiedlich. Ab besten ist es, wenn man dem einen
sagt, daß der andere die Marke billiger hergibt. Das hilft meist etwas. Damit
habe ich schon manches heruntergehandelt. Trotz allem verdient dieser Mann noch
schön, aber wenn ich das nicht gemacht hätte, dann hätte ich diesen Betrag auch
noch mit dazugezahlt. Das gehört hier mit zum guten Geschäftston. Heute hatte ich wieder beobachtet, wie sich
einige geschäftlich auseinandersetzten. Ich dachte, sie gehem im nächsten
Augenblick aufeinander los. Doch als sie sich trennte, schieden sie im besten
Einvernehmen lachend voneinander. Daß
ich das kleine Tauschheft schon erhalten habe, das schrieb ich Dir ja
schon. Sage einmal, hast Du noch Zulassungsmarken für Päckchen daheim? Wenn ja,
dann hebe doch bitte eine für meine Sammlung mit auf. Jetzt kommt nähmlich eine
neue Sorte heraus und die gezähnten gibt es wahrscheinlich nicht mehr. Ich
lasse Dir dafür das nächste Mall eine mehr mit zugehen, dann ist ja alles
wieder ausgeglichen.
Daß von Siegfried kein Bescheid kommt, ist wohl langsam
besorgniserregend. Ich hoffe aber doch fest, daß inzwischen Erna von ihm wieder
Nachricht erhalten hat. Das ist nun nicht immer leicht in solchen ernsten
Situationen, zum Schreiben zu kommen. Heute ist es wieder einmal etwas mehr
als sonst geworden. Aber ich denke, daß Du daran keinen Anstoß nimmst. Bleibt
mir alle recht, recht gesund und laß Euch vielmals küssen in treuen Gedanken,
Dein Ernst.
Einige Marken habe ich wieder mit beigefügt.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen