Samstag, 9. März 2019

Brief 527 vom 02.03.1944


Mein liebster Schatz!                                                                             2.3.44     
      
Nun habe ich noch zwei Deiner restlichen Briefe zu beantworten, was ich jetzt nachholen will. Du bist also auch der Ansicht, daß Dein Vater nicht ganz mit mir zufrieden war, weil ich meine Zustimmung nicht für eine Reise nach Leipzig gab. Nun muß ich aber in seinem letzten Bericht lesen, daß er selbst zu der Überzeugung gekommen ist, daß es so besser wäre. Denn er meint ja auch, daß er sich Vorwürfe machen würde, wenn dann mit Eingeladenen etwas zustoßen würde. Es ist mir gewissermaßen eine Genugtuung, daß sich meine Meinung ohne großen Streit durchgesetzt hat.
Daß unserer Helga die 2,RM Freude gemacht haben, ist richtig. Man kann aber auch einmal Pech habe. Ich nehme es jedenfalls an, daß es wirklich eine Ausnahme war. Wenn ich von ihr auch nicht verlange, daß sie immer eine Eins schreibt, aber wenn sie sich in dieser Nähe hält, dann kann sie damit rechnen, daß es hin und wieder eine kleine Belohnung gibt. Wie ich so sehe, kommst Du auf allerhand Einfälle. Mit dem Brot bist Du nun soweit, daß Du es frisch auflackiert hergeben kannst. Das ist ein ganz origineller Gedanke und wird wohl bei unseren Kindern mehr An klang finden wie das harte Brot. Ich habe wieder ein Päckchen, das ich in diesen Tagen an Dich absenden kann. Gestern habe ich ja zwei Päckchen an Dich abgesandt. Ich weiß nicht, habe ich es schon erwähnt oder vergaß ich es. Es ist die zweite Sendung Zigaretten und Käse und einmal Rosinen. Die Päckchen haben die Nummern 32 und 34, mein Wunsch über guten Empfang begleiten sie jedenfalls wieder.
Daß sich unsere Beiden den Film „Wunschkonzert“ nochmals angesehen haben, hat ja nach Deiner Schilderung seine Begründung gehabt. Die Sportaufnahmen sind ja auch sehr gut. Ich habe hier kürzlich wieder einige Ausschnitte von der Olympiade gesehen. Einmal vom Laufen und dann Kurz und Langstreckenläufer. Das waren sehr nette Sachen, die immer wieder anziehend wirken.
Du schreibst, daß die Entfernung doch ziemlich weit sei von hier bis Saloniki.  Ich teilte es Dir ja in einem meiner letzten Schreiben mit. Da fällt mir im Zusammenhang damit etwas ein, was mir in Rußland noch in den Sinn kam. Ich erhielt von einem Kameraden dort eine Landkarte von Europa, in der er seine sämtlichen Fahrten während des Krieges eingezeichnet hatte. Da war auch die Strecke bis hierher drin.  Ich dachte mir damals, das ist doch eine ganz schöne Strecke, bis man hier unten ist.  Das muß doch ganz interessant sein, war mein nächster Gedanke. Damals hätte ich mir nicht träumen lassen, daß mir eine solche KdF Reise auch noch beschert würde. Nun ist es schon über ein halbes Jahr, daß ich mich hier unten aufhalte. Wenn man es so bedenkt, es hat mich auch schon ziemlich auf unserem Erdteil herumgetrieben. Was einem noch alles bevorsteht, liegt ja noch im Dunkel. Vielleicht ist es gut so, wenn man es nicht weiß, aber Angst braucht man ja deshalb nicht haben, denn ich sage mir, daß man seinem Schicksal nicht entgehen kann.  Ich muß schon sagen, daß Du mir eine ordentliche Standpauke gehalten hast auf meine schüchternen Einwände, die ich mir gewagt hatte, als Du mir die Absendung eines Päckchen ankündigtest. Ich bin mir nun im Zweifel, was ich machen soll. Soll ich das nächste Mal alles ruhig und ohne Widerspruch hinnehmen oder soll ich gleich von vornherein mit stärkerem Kaliber auffahren, um Dir gleich die Möglichkeit einer Einrede wegzunehmen. Befohlen hast Du mir zwar, ich soll ganz ruhig sein, inwieweit das nun klappt, das muß ich erst einmal sehen. Vorbeugend will ich versuchen, mich doch noch im Laufe der Zeit zu bessern. Habe also bitte noch ein wenig Geduld mit mir, es wird schon werden.
Ich freue mich, daß ich Dir heute mitteilen kann, daß ich wieder etwas Öl bekommen werde. Ich weiß ja nicht, wie weit Deine Ölvorräte zusammengeschmolzen sind, aber ich denke, daß eine Auffrischung keinen Schaden anrichten wird. Ich kann Dir gar nicht sagen, was mir das immer für eine Beruhigung bedeutet, wenn ich wieder etwas Fettung für Euch heranbringen kann. Das Wichtigste ist nun noch, daß ich das nun richtig zu Dir besorgen kann. Aber da wird sich sicherlich auch ein Weg finden. Bis man so die einzelnen Etappen dieser Beschaffungskriterien durchschritten hat, gibt es immer verschiedene Schwierigkeiten zu überwinden, doch das ist ja nicht weiter von Bedeutung. Es braucht ja immer erst einiger Vorarbeit, bis man solch eine Quelle erschließt, manchmal ist es fraglich, ob sie überhaupt ergiebig ist, denn manchmal werden einem nur leere Versprechungen gemacht und man sieht dann hierher in die Röhre. Darum kann man nur über das verfügen, was man tatsächlich in der Hand hat.
Lasse Dich und die Kinder bestens grüßen und nehmt jeder von mir einen recht herzlichen Kuß entgegen. In Liebe zu Euch bin ich immer Dein Ernst.

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