Samstag, 9. März 2019

Brief 528 vom 03.03.1944


Du mein gutes Mädel, Du !                                                                        3.3.44 

Recht frühlingshaft ist es geworden. Man könnte glaube, es sei schon Mitte April. Bei uns auf dem Esstisch stehen schön Hyazinthen und Mandelblüten. Das läßt auf manchen anderen Mangel hinwegsehen. Das macht alle gleich viel freundlicher und angenehmer. Der Himmel zeigt sich schon viel mehr von der blauen Seite wie in der vergangenen Zeit. Es ist auch schon recht ordentlich warm, wenn man sich im Freien aufhält. Zwar wenn der Wind aufkommt, dann wird es wieder frischer, aber das ist ja bei uns daheim auch nicht anders. Man spürt es aber schon tüchtig, daß wir den südlichen Winter hinter uns haben. Wenn man nicht gerade in Kriegszeiten leben würde, könnte man sich darüber freuen, doch so hat man nichts vom Sommer und nichts vom Winter. Die Zeit, die man in der Kälte zugebracht hat, ist ja nun vorüber.  Für Deine lieben Briefe vom 19. und 22.2. muß ich Dir heute wieder recht herzlich danken, denn ich habe mich sehr über alles freuen können. Du schreibst, daß Du Dich eingehend mit meinen Marken beschäftigt hattest und erst ziemlich spät zum Schreiben gekommen bist. Das nimmt schon oft recht viele Zeit weg. Einen Teil hast Du mir von meinen doppelten Marken wieder herausgesucht. Einige sind ja schon angekommen. Ich habe davon schon einige an den Mann gebracht. Man muß nur zusehen, daß man dabei nicht übers Ohr gehauen wird. Aber Interessenten finden sich bald, wenn man sie nur recht schmackhaft anbietet. Wenn sie der eine nicht haben will, dann freut sich womöglich ein anderer darüber. Du schreibst mir davon, daß ich von dem Kameradschaftsblock die zweierlei Marken habe. Ich wußte es selbst nicht und ich wollte schon einmal anfragen deshalb. Anscheinend habe ich dann alle von diesen Marken. Das stimmt, daß die Aufschläge bei der zweiten Auflage bedeutend höher waren.  Ich Beringmarken hast Du mir zwar schon ungestempelt zugeschickt, doch wenn es mehrere Stücke sind, die aneinander hängen, die Du noch daheim hast, dann hebe sie mit auf. Andernfalls kannst Du sie mir ja mit zusenden.
Den Kalender von mir hast Du, wie Du mir in Deinem Brief mitteilst, auch erhalten. Da dieser Kalender anders anfängt wie sonst, ist mir nicht aufgefallen, doch das hat ja weniger Bedeutung. Wie mir scheint, hast Du auch einen anderen Kalender schon da. Das Papier ist aber für unsere beiden Maler gut zu verwenden.
Bei Euch war es wohl auch recht kalt, und ich muß feststellen, daß das zur gleichen Zeit, in der ich in Saloniki war, war. Dort habe ich es ja auch nicht besonders warm gehabt. Daß unsere Helga die Kälte bei Eurem Gang in die Stadt dadurch hat besonders zu spüren bekommen, daß sie in ihrer Eitelkeit auf das Anziehen der langen Hosen verzichtet hat, das ist ja ihr eigener Schade gewesen. Sie hat es ja am eigenen Leibe selbst gespürt und vielleicht hat sie es sich nun auch gemerkt. Von Deinem Kuchenbacken hast Du mir gerade geschrieben, daß Du mit dem Fett sparen mußtest und außer den Rosinen nichts weiter hineintun konntest. Sage einmal, geht denn das nicht, wenn Du etwas Öl hineinmengst? Das ist nur eine Anregung von mir, deren Auswirkung ich nicht kenne. Ich habe weiterhin keine Ah nung, ob Du genügend Öl da hast, um davon zum Backen dann verwenden zu können. Wie klappt es denn mit dem Backpulver? Stimmt es mit den angegebenen Mengen, die Du dafür verwenden kannst, die ich Dir erst angab?  Was Du mir so schreibst, was unsere Tochter zur Abendmahlzeit verdrückt, dann kann ich mir schon vorstellen, daß Du es nicht leicht hast, sie immer satt zu bekommen. Es ist nur gut, daß Du bisher immer noch das zusammengebracht hast, was für unsre beiden hungrigen Schnäbel notwendig war. Ich muß schon sagen, daß das, was Du mir da mitteilst, für mich schon eine Leistung wäre, das während einer Mahlzeit aufzuessen. Ich weiß aber noch zu gut, wie man mir während meiner Kindheit immer sagte, Junge, wo frißt Du das alles hin. Manchmal habe ich auch gedacht, ich bin verfressen, aber wenn ich mir das später immer wieder einmal vor Augen gehalten habe, dann mußte ich mir immer sagen, daß die Nahrungsmittel keinen Nährwert hatten. Das ist ja heute auch wieder soweit. Der Körper muß größere Massen verarbeiten, wie wenn der Nährgehalt wie zu Friedenszeiten ist.
Du willst mir nun suggerieren, daß ich auch einmal träumen soll. Du kennst ja meinen Schwächezustand in dieser Beziehung. Du bist ja damit besser dran wie ich. Das wäre an sich nicht zu verwerfen, doch, wie Du ja selbst weißt, wäre alles Bemühen fruchtlos. Ich habe auch keine Hoffnung, daß sich dieser Zustand jetzt bei mir ändern wird. Ich kann dagegen aber sagen, daß ich sonst einen gesunden Schlaf habe und das ist ja recht viel wert. Während der ersten Nacht in Saloniki, da hatte ich unruhig geschlagen und dort hatte ich mich mit irgendwelchen Dingen beschäftigt. Ich muß aber sagen, daß ich nicht so ganz mit mir zufrieden war, denn ich war nicht so ausgeruht, wie sonst. Deine Absicht liegt ja nun nicht darin, mir den Schlaf zu stören, vielmehr wolltest Du ja, daß ich etwas Angenehmes erlebe. Für mich ist es aber besser, wenn wir den bisherigen Zustand belassen.
Für heute einen lieben und herzlichen Kuß für Euch alle; dazu aber auch einen innigen Gruß von Deinem Ernst. .  So nach und nach werde ich Dir meine griechischen Marken mit heim senden. Heute folgen zwei Serien. Hebe sie bitte mit auf. 

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