Freitag, 22. Februar 2019

Brief 521 vom 15./16.02.1944


Liebester und bester Schatz!                                                                    15.2.44

Heute bekam ich Deinen lieben Brief vom 9./10.2.Ich danke Dir recht dafür. Dann trag noch ein Schreiben vom Pfarramt Bautzen mit den Urkunden ein, von denen ich Dir im gestrigen Brief schon schrieb. Es sind wieder schöne Unterlagen und ein Schritt im Dunkeln hat sich weiter aufgeklärt. Dadurch sind wir in der Linie Miersch 250 Jahre zurück. Wenn auch die Geburtsdaten nicht ganz feststehen, so sind doch die Namen bekannt, die zu jener Zeit geboren worden sind. Ich schreibe wieder die Nummern oben in die Ecke. Du kannst sie ja Deinem Vater auch in Deiner Abschrift wieder mitteilen, dann wird er sich in diesen Dingen dann besser auskennen. Denn wie ich aus seinem letzten Brief zu schließen glaube, wirft er alles durcheinander. Das liegt ihm weniger, sich in eine Sache hinein zu vertiefen. Das ist ja nicht weiter schlimm, wenn man ihm die Sucherei abnehmen kann. Ich hoffe, daß ich auch Dir damit eine Freude bereite. Die Eintragungen bei mir habe ich wieder provisorisch vorgenommen, damit ich jederzeit bei mir weiß, was noch zu machen ist und was erledigt ist. Ich werde ab er nochmals hinschreiben, ob ich von der Nebenlinie Schmied noch etwas erfahren kann. Aber erst mit Deiner Linie ist in diesen Ahnenreihen von diesen alltäglichen und gebräuchlichen Namen in die Linie hineingenommen. So erscheinen jetzt die Namen Meier und Schmied. Aber wie Du weiter aus diesen Auszügen siehst, war der eine wieder Oberältester der Fleischhauer. Das muß sicherlich auch ein angesehener Mann gewesen sein.
Heute erhielt ich auch Dein kleines Päckchen mit dem Einsteckheft für die Briefmarken. Es ist gut angekommen. Ich danke Dir dafür. Ich kann wahrscheinlich noch einige Marken davon verwenden. Es ist also nicht ganz um sonst gewesen, daß Du es mit zugesandt hast. Ich habe Dir ja in den letzten Tagen einige schöne Sachen zugesandt. Jetzt wird für mich die Sache schon schwieriger, meine griechischen Marken zu vervollständigen, denn jetzt fehlen meist nur noch dieselben Marken, aber hin und wieder findet sich die eine oder andere Marke dazu,. Was nun die eine Marke „10 Jahre WHW“ betrifft, so muß ich feststellen, daß ich mich verhau en habe, wenn ich NSV schrieb. Durch meine Unaufmerksamkeit bist Du nun wieder ziemlich rumgelaufen . Es ist aber nicht absichtlich geschehen. Entschuldige bitte darum._ Es ist nicht notwendig, daß Du mir die Durchschläge der Briefe Deines Vaters zusendest, denn ich erhalte sie ja schon immer von ihm mit zugeleitet. Ich bin also über alles im Bild, was zwischen uns allen geschrieben wird, und es hat alles seine Ordnung.
Heute habe ich das Brotpäckchen abgesandt, das ich vorgestern fertiggemacht hatte. Es trägt die Nummer 31. Ich bekomme in den nächsten Tagen wieder eine Kleinigkeit an Rosinen, die ich Dir wieder zugedacht habe. Solche Sachen finden sich immer wieder einmal ein, so daß man die Päckchensendungen nicht ganz und gar aufgeben braucht. Es ist nun schon wieder ein Jahr her, seit wir unseren Rückzug von Poltawa nach Kiew fortsetzten. An diesen Dingen merkt man doch immer besonders, wie die Zeit verrinnt. Damals konnte ich Dir noch eine Kiste fertig machen. Das wäre wieder einmal an der Zeit, daß man sowas bekommen könnte. Ich glaube, Du würdest auch nicht nein sagen. Doch es gibt nun einmal nichts anderes wie Rosinen und Korinthen.  Sie sind ja auch ganz gut, doch die Nährkraft wie in Butter oder Eiern steckt nicht darin. Ich habe in Erinnerung an diesen Jahrestag meinem Freund Finessen den Brief beantwortet. Es ist doch eigenartig, wie solche gemeinsamen Erlebnisse miteinander verbinden. Wie ich Dir schon einmal schrieb, er war mir einer der besten mit, die ich kennen gelernt habe.
Ich bin mächtig müde und muß mein heutiges Schreiben daher beenden. Bleibt mir alle gesund und grüße bitte Vater von mit recht herzlich. Sei Du selbst vielmals geküsst von Deinem Ernst.

Du meine liebste Annie!                                                                           16.2.44 
       
Ich will Dir heute noch meinen heutigen Gruß zugehen lassen, denn morgen reise ich ja, wie ich Dir schon mitteilte, für einige Tage nach Saloniki. Im Getriebe des täglichen Betriebs ist dies eine ganz nette Abwechslung. Die Erlebnisse sind ja bei mir täglich immer fast die gleichen. Früh steht man auf, macht sich fertig und dann geht es zur Dienststelle. Einmal fährt die Straßenbahn und ein andermal muß man laufen. Frühstück wird dann im Hause der Dienststelle eingenommen. Das ist insofern verbessert worden, als wir jetzt in recht angenehme Räume gekommen sind, die Unterbringung bis jetzt war zwar nicht schlecht, aber man hat schnell gegessen und dann ist man aber auch bald wieder abgerückt. Hier haben wir jetzt wirklich nette Räume, wo man gern sitzt. Seit längerer Zeit höre ich wieder einmal Radio. Wenn es auch nur während der Essenszeit ist, so macht das doch Laune. Gestern Mittag oder besser gesagt, kurz vor Mittag, erhielt ich Bescheid, daß der Chef unseres Stabes sich mit uns zusammensetzen will.  um mit uns zu Mittag zu essen. Ich war wie aus allen Wolken gefallen, daß ich ausgerechnet zu den wenigen Auserwählten gehörte, die an seinem Tisch mit Platz zu nehmen hatten. Ich war erst der Meinung, daß ich bei den Offizieren mitessen müßte und habe erst einmal Radau gemacht, weil man mich früher abgelehnt hatte. Es stellte sich dann aber heraus, daß es bei uns sein sollte, was mich dann etwas beruhigte. Ich haben diesen Gnadenbeweis dieses hohen Herrn nun auch gebührend anerkannt. Du kennst mich ja, wie ich sowas immer kritiklos hinnehme.
In den letzten Tagen habe ich immer einige Marken mit beigefügt, die ich mir wieder eingetauscht habe. Auch diesmal kann ich wieder einige Stücke beilegen. Ich kann wohl sagen, daß ich in den vergangenen Wochen meine Sammlung erheblich bereichern konnte. Auch was meine deutschen Marken anbelangt, so konnte ich verschiedene neue Erwerbungen machen, die mir selbst viel Spaß machen, weil verschiedene schöne Stücke dabei sind. Daß das Tauschheft angekommen ist, das habe ich Dir wohl schon mitgeteilt. Sollte das noch nicht geschehen sein, dann ist es ja hiermit nachgeholt. Doch danken muß ich Dir dann noch dafür. Einige Marken habe ich davon auch schon unterbringen könne. Aber auch die griechischen Marken fülle ich so nach und nach auf. Ich kann jetzt schon bald sagen, daß ich die deutschen Marken nicht so komplett beieinander habe wie die griechischen Marken, wenn ich noch Gelegenheit habe, in nächster Zeit einige Sachen zu bekommen.
Mit meiner Fahrt hat es eine kleine Panne gegeben, denn ich sollte mit einem Transportzug reisen, was ich aber abgelehnt habe, denn für diese kurze Strecke hätte ich dann zwei Tage benötigt. Nun mache ich es auf andere Weise und komme am übernächsten Tag doch mit dem Zug weg, den man mir für morgen versagt hat. Mit Schlichen kommt man schon dahin, wohin man will. Vorhin war ich im Kino, um mir den Film „Gabriele Dambronn“ anzusehen. Es ist nun schon 23 Uhr vorbei, doch diesen Brief wollte ich doch noch beenden. Ich bin ja öfter in der Zwischenzeit im Kino gewesen, doch was soll ich immer davon erzählen, denn vielfach trifft man leichte und seichte Filme an, über die man doch nichts erwähnen braucht. Wenn einer bemerkenswert ist und aus dem üblichen Rahmen herausfällt, dann kann man schon eher darüber sprechen. Dieser hat zwar einige Stellen, die mir etwas schwach erscheinen, doch im großen und ganzen gesehen ist er nicht schlecht und es lohnt sich schon, dass man ihn sich ansieht. Auffallend ist, daß ja die Wochenschau jetzt ziemlich vom eigentlichen Kampfgeschehen abrückt und vielfach Bilder von der Ausbildung oder von der Reserve bringt. Das ist auch gewissermaßen ein Spiegelbild der augenblicklichen Ereignisse. Aber ich habe das feste Vertrauen, daß es in diesem Jahr zu einer Entscheidung kommen wir. Wie sie zwar ausgeht, das kann man nicht vorhersagen, doch bin ich auch hier der Überzeugung, daß sich das Gewicht wieder mehr und mehr auf unsere Seite begeben wird. Die Anstrengungen dazu werden nicht klein sein und auch die Opfer, die zur Erkämpfung des Sieges notwendig sind, werden noch erheblich sein, doch am Ende wird wohl doch unser Sieg stehen. Auch die Zuversicht bei unseren Soldaten ist recht groß, denn jeder rechnet mit einem gewaltigen Gegenschlag. Wenn dieser sitzt, dann kann sich unser Schicksal entscheiden.
Post bekam ich heute von Dir keine. Doch es wird schon wieder einmal welche geben. Zeitungen gingen wieder ein. Ich muß schon sagen, daß es jetzt geradezu beängstigend ist. Aber ich werde schon wieder Ordnung in diesen Laden bringen.  Ich bin froh, daß ich jetzt die Zeitung bei Deinem Vater abbestellt habe, denn ich komme doch meist nicht dazu, sie zu lesen. Dann ist es doch hinausgeworfenes Geld.  Jetzt will ich aber für heute schließen. Mit recht herzlichen Grüßen und vielen lieben Küssen für Dich und die Kinder bin ich immer Dein Ernst. 

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