Sonntag, 10. Februar 2019

Brief 516 vom 03./05.02.1944


Du mein liebes gutes Mädel!                                                                                    3.2.44             

Ich will gleich vorwegnehmen, daß ich gestern wegen anderen wichtigen Unternehmungen nicht zum Schreiben gekommen bin. Ich erhielt gestern Deine Briefe vom 25. und 26.1.  und heute die Briefe vom 22. und 28.1.44. Über alles habe ich mich mächtig gefreut, das kann ich Dir nur immer wieder bestätigen, daß mir ein Brief von Dir immer Freude bereitet und wenn ich gleich 4 Briefe erhalte in zwei Tagen, dann kannst Du Dir ja ausrechnen, wie groß meine Freude war. Aber nicht nur das allen, sondern meine Freude erweitert sich noch dadurch, daß ich einige Kleinigkeiten für Euch organisieren bezw.  dafür vorbereiten konnte. Das hat mir einige Lauferei gekostet, aber das ist ja unwesentlich. Wichtiger ist, daß man etwas bekommt. Aber Zuerst will ich auf Deine letzten Briefe eingehen,. in dem Du mir das Zeugnis von unserem Herrn Sohn mitteilst. Ich muß sagen, daß ich , wenn ich auch weiß, daß er seine SAche in der Schule macht, doch wieder überrascht bin, wie schön gleichmäßig das Zeugnis aus sieht,. Dafür, daß er das geleistet hat, was man von ihm verlangen konnte, gehört er zur Belohnung erst einmal richtig versohlt. Frage ihn, ob er sich über die Belohnung freut. Das ist doch schließlich auch etwas. Ich war schon immer recht froh, daß Helga mit Fleiß und ERnst ihre SAche geleistet hat, denn das ist etwas wert, wenn man aus der Schule herauskommt und man verfügt über ein gutes Wissen. Wenn aber ein Junge den Anforderungen genügt, und das leistet, was man vom Durchschnitt verlangen kann, oder gar noch etwas daürber hinaus, dann ist das noch viel wertvoller, wie bei einem Mädchen, weil er schließlich auf seinem Beruf einmal sein allgemein erworbenes Wissen verwenden muß. Aus diesem Grund bin ich auch froh, daß ich in dieser Bezie hung wohl keine ernste Sorge haben muß, denn an sich ist er praktisch veranlagt und kein Stubenkind, das nicht in Regen und Wind kommen darf, damit es nicht krank wird oder nicht umfällt, weil er anfällig ist. eines steht aber ziemlich fest, daß er das „sehr gut“ in Schreiben nicht von seinem Vater hat. Ich glaube, ich habe es füher schon öfter erzählt, daß ich immer einer von den schlechtesten Schreibern der Klasse war und zur Belohnung von unserem Schreiblehrer immer 3 Stockschhläge über den gespannten Hosenboden bekam. Mein Vater hat ja in der Schule nicht schlecht geschrieben, aber Ihr Michels, Ihr seid ja auch keine schlechten Schreiber. Also alles in allem, ich gratuliere ihm zu seinem Zeugnis und spende ihm aus meinen Rücklagen 5,RMPrämie für gute Leistungen. Ich hoffe, daß ich unserer Helga beim nächsten Zeugnis dafür, daß sie die 4 wegbringt, für die sie vielleicht nis kann, auch eine solche Prämie zuschreiben kann. Aber ein Anreiz muß ja schließlich da sein und wenn ich ihr jezt auch das zubillige, würde ja der Wettbewerb ausbleiben. SAge ihm also, daß er so weitermachen soll, damit er uns weiterhin Freude bereitet. Auf seine Leistungen kann er schon stolz sein. Es werden sicherlich nicht viele in seiner Klasse sein, die ein solches Zeugnis nach hause bringen.  Nun zu der anderen Sache, die mir bis jetzt am Herzen liegt. Das ist die Sache mit Vater. Wie ich aus Deinem Brief ersehe, werden ihm vom Arbeitsamt keine Schwierigkeiten bereitet, daß er seine gegenwärtige Arbeit aufgibt. Wie ich Dir kürzlich schon mitteilte, legen wir großen Weert darauf, daß er sich nicht für uns abrackert. Ich habe ihm das ja auch schon während meines letzten Urlaubs gesagt, daß es nicht notwendig ist, daß er bis zuletzt schafft, um dann nachher so krank zu sein, daß er für immer genug hat. Er soll sich die wenigen Jahre, die ihm noch beschieden sind, soweit es die Zeitumstände gestatten, ein einigermaßen ruhiges Leben gestalten. Wenn er beabsichtigt, sich noch eine leichte Tätigkeit für den halben Tag zu verschaffen, dann finde ich das ganz in der Ordnung. Aber die schwere Schafferei bei Stromeyer, die ist für ihn nichts mehr, das geht über  seine Kräfte, denn seine Reserven sind nun einmal durch die vorangegangenen Jahre nicht mehr so, daß er ohne Schaden zu nehmen daraus schöpfen kann. Daß wir mit der Bausparkasse nicht zu Rande kommen, darüber muß er sich keine Gedanken machen. Für die nächste Zeithaben wir noch einen gewißen Rückhalt, und wir wollen hoffen, daß es uns auch später gelingt, ohne große Schwierigkeiten darüber hinwegzukommen. Ich werde in der Zwischenheit an die Bausparkasse einen hinhaltenden Zwischenbescheid geben.  Ich beabsichtige nicht, ihn aus diesem Vertrag hinauszudrängen und ihn um irgendwelche Rechte zu bringen, im Gegenteil, ich möchte ihn in irgendeiner Weise an allem teilhaben lassen. Es ist ja nun nicht so, wie er von sich aus behauptet, daß er zum alten Eisen gehört, denn es kann ja noch so kommen, daß wir doch das Glück haben, einmal bauen zu können, wo er dann mit uns wohnen kann. Wie sich das alles praktisch auswirkt, kann man jetzt noch nicht im Einzelnen überblicken, aber als Fernziel schwebt mir das jedenfalls vor. So ewig kann der Krieg doch nicht dauern. Um aber in den Genuß der ERnte des Sparens zu kommen, muß man versuchen, keine Lücken in dem Turnus des Sparens eintreten zu lassen. Ich denke, daß wir das gegenwärtig noch ohne weiteres schaffen können und für die spätere Zeit hoffe ich ja, daß uns auch einmal mehr Einnahmen zufließen wie es gegenwärtig der Fall ist, damit wir die Raten ohne große Schwierigkeiten begleichen können. Wenn Du es aber für ratsam hältst, das ich ihm noch einmal persönlich zu diesen dingen schreiben soll, dann mußt Du mir das nur mitteilen. Wenn er es sich aber noch einmal überlegen will, dann will ich ihn auch nicht drängen. _ Ich möchte mein heutiges Schreiben, nachdem ich eigentlich nur zwei SAchen behandelt habe, schon abschließen. Bleibe Du mit den Kindern recht gesund. Übermittle auch Vater viele Besserungswünsche und bleibe Du recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deinem Ernst. _ Einige Briefmarken liegen wieder bei.


 Meine Liebste!                                                                                                            5.2.44     
   
Diese Woche ist nun auch wieder beendet. Eine nach der anderen entschwindet, doch die Dinge nehmen unverändert ihren Lauf. Ich kann heute wieder den Eingang von einigen Briefe verzeichnen und das eine Päckchen mit dem Packmaterial ist auch angekommen. Es hat unterwegs Schiffbruch gelitten und mußte neu verpackt werden. Wie ich aber festgestellt habe, ist das nicht durch Deine Schuld geschehen, denn es muß etwas Schweres daraufgefallen sein, so daß eine Seite ganz aufgerissen und vollkommen beschädigt war. Die Kartons haben auch etwas abbekommen, aber sie lassen sich schon noch verwenden. Den Zettel von dem Päckchenlazarett lege ich Dir einmal mit bei. Bei Deinen Briefen handelt es sich um Deine Schreiben vom 30./31.1. und 1.2. Auch von Deinem Vater kam eine Postkarte vom 31.1. an, in welcher er mir den Eingang meiner beiden letzten Briefe bestätigt. Da kann man wieder einmal sagen, daß diese Post recht schnell gegangen ist. Nun kann es aber wieder leicht passieren, daß ich eine längere Zeit auf Post warten kann. Aber an diese Schwankung hat man sich gewöhnt und man findet sich schon damit ab. Ich bin ja froh, daß ich immer wieder etwas von Dir erfahre, wenn es auch manchmal mit gewissen Unterbrechungen eintritt. _ Doch nun erst einmal zu den Briefen, die ich noch nicht fertig beantwortet habe. Daß Vater es durchgesetzt hat, daß er nicht mehr schafft, ist mir eine Beruhigung. Es wäre zu begrüßen, wenn er sich eine kleine Beschäftigung für halbe Tage suchen bezw.  wenn er eine finden würde. Das schwere Arbeiten, das ist für ihn nichts mehr. Er ist doch zu sehr ausgemergelt. Die Widerstandskraft ist doch nicht mehr da. Er muß sich mehr Ruhe gönnen. Wenn er aber nicht gleich etwas findet, dann braucht er sich auch keine Gedanken zu machen, denn mit dem Moment gehört man doch nicht zum alten Eisen, wie Du schon ganz richtig bemerkst. Die ganzen Jahre früher, wo er doch immerhin noch leistungsfähiger war, hat er doch auch oft lange Zeit feiern müssen und es ist auch gegangen, warum soll das denn jetzt, wo er sich etwas mehr schonen muß, nicht gehen. Da nun in diesem Zusammenhang auch die Frage vom Bausparvertrag eine andere Wendugn genommen hat, erklärt sich ja ganz natürlich. Wenn er aber der Ansicht ist, daß er nichts mehr vom Bauen hätte, so sehe ich das nicht so ohne weiteres ein. Ewig kann dieser Krieg doch nicht mehr gehen. Dann besteht ja auch eher die Möglichkeit, diesen Plänen näher zu treten. Auch ich bin der Meinung, wie ich das früher schon einmal festgestellt habe, daß ich keinen Grund sehe, mich mit ihm zu entzweien. Es kann immerhin einmal Meinungsverschiedenheiten geben, doch die brauchen doch nicht gleich soweit führen, daß man nicht mehr miteinander spricht. Was nun das Weiterzahlen anbelangt, so bin ich mit Deinem Vorschlag einverstanden. Es wird sich so#icherlich einrichten lassen, daß Du diese Raten vorerst entrichten kannst. Wie sich das später entwickelt, das müssen wir dann sehen. Irgendwie werden wir uns schon durchschlängeln. Eine kleine Rücklage haben wir ja noch da, auf die wir dann im Notfall zurückgreifen können. Es muß sich doch auch einmal in meiner Laufbahn eine Wendung ergeben, die dann unsere Einnahmen erhöht. Doch, wie gesagt, darüber müssen wir dann bei Eintritt dieser Fragen entscheiden. Ich schrieb ja schon einmal, daß ich einen Zwischenbescheid geben werde und dann warte ich noch eine Weile, wie es sich Vater überlegt hat. _ Mit der Übersendung von Briefmarken mußt Du wieder etwas abstoppen. Ich hatte nicht, gemeint, daß Du mir  die 8PfennigHindenburgmarken übersenden sollst, sondern nur einmal forschen solltest Du, was ja auch inzwischen geschehen ist. Auvh die andere Reihe von 1926 wollte ich nicht hier haben, sondern nach den 20PfennigMarken wollte ich etwas feststellen. Denn mit den Sondermarken muß ich Dir jetzt schon die Entscheidung überlassen, denn ich kann ja nicht so beurteilen, was mir fehlt und was man weggeben kann. Die Helgolandmarken müssen schon aufgehoben werden. Denn eine ungestempelte und eine gestempelte muß ich schon haben. Soweit noch verschiedene ungestempelte Marken vorhanden sind, so schicke sie nurungehindert her, denn das sind ja nur einzelne Werte, die in ihrer Bewertung keine Geldbeträge darstellen. Da mache Dir nur keine Sorgen. Anders ist es, wenn man die deutschen Marken bogenweise ins Ausland verbringt, das wirkt sich schon anders aus. Hier handelt es sich ja nur um einige doppelte Marken. Auch den einen angeforderten Satz der jetzt laufenden Marken kannst Du mir ohne weiteres übersenden. Daß Du meine doppelten Marken alle einmal geordnet hast, das ist sehr lieb von Dir und dafür danke ich Dir recht sehr. Dann hat man ja nicht mehr große Mühe, wenn alles sortiert ist, dann braucht man ja nur hinzulangen. In den nächsten Tagen sende ich wieder einen Schwung zurück, für den ich hier keine Verwendung habe. Es hat keinen Wert, daß man sich unnötig belastet. Ich Deinen beiden letzten Briefen gingen mir ja wieder einige Marken zu, die ich zum Teil wieder mit verwenden kann. Ich habe hier noch eine kleine Schuld zu begleichen, wofür ich sie verwerten kann. Bei einem anderen Händler habe ich aber noch ein kleines Guthaben. Dafür hole ich mir so nach und nach wieder einige Sachen. _ Das muß schon einmal in unserer Familiengeschichte verzeichnet werden, daß Du Kohlrüben gemocht hast. Ich kann mich aber entsinnen, daß wir, als wir noch bei meinem Vater unten waren, auch welche hatten. In so schlechter Erinnerung habe ich sie jedenfalls nicht. Wenn man nicht hineinkochen kann, dann ist es schon weniger schön. _ Diesen Tag will ich mit dien Grüßen abschließen. Ich grüße und küsse Dich, sowie auch die Kinder recht herzlich. In Liebe, Dein Ernst.

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